1954
„Was war die Anweisung, Unsäglicher Thomas?", fragte der ältere Mann nochmals. Thomas war in einen Verhörraum gebracht worden.
Thomas starrte den Tisch an. Albus hatte nicht erwartet, dass er sofort antworten würde. Thomas war doch recht trotzig geworden im letzten Jahrzehnt.
Der ältere Mann war allerdings auch unnachgiebig und wartete geduldig auf eine Antwort. Es verging ein langer und unangenehmer Moment, bis Thomas schließlich antwortete.
„Nicht mit den Menschen reden. Nicht auf Beschuldigungen reagieren. Keinen Dialog mit Menschen außerhalb der Zentrale. Ich werde als Eingreifzauberer eingesetzt und habe keine darüber hinaus gehende Funktion.", rezitierte Thomas stoisch. Es war wie mit einem Teenager, nur, dass die Person infrage gerade 35 geworden war und damit nun circa 14 Jahre seit der Befreiung gelebt hatte.
Albus seufzte. Es würde wohl schlimmer werden, bevor es sich besserte.
„Mein Junge.", sprach er dann, „Wir versuchen dich davor zu schützen, dass du für Dinge belangt wirst, für die du nichts kannst."
Thomas sah zu ihm hoch. Noch ein so jugendliches Gesicht. Er alterte immer langsamer und das verunsicherte Albus ein wenig. Die Bindung zum Bruder schien stärker zu sein, als er zunächst gedacht hatte. Der Geist wusste überhaupt nicht, wie er die Uhr des Körpers stellen musste, wenn so viele Seelen auf der einen Seite der Verbindung hausten.
„Ich habe die Familie der Frau umgebracht.", sprach Thomas dann, „Ich war bei vollem Bewusstsein. Ich bin kein gewöhnlicher Schatten. Die Regeln der Ethik, die ihr mir beigebracht habt, diktieren, dass ich verhaftet und verurteilt werde."
„Thomas. Du musst noch so viel lernen, und aktuell fürchte ich, dass du eher Rückschritte machst als Fortschritte.", beruhigte Albus, „Du musst aber lernen, mit der Situation zu leben. Wir können sie nicht ändern. Ich kann sie nicht ändern. Aber wenn wir das Beste daraus machen, beinhaltet das nicht, dass wir dich als Monster wegsperren. Du hast jetzt schon so viel Gutes getan."
„Ich verstehe die Standards nicht. Wieso werde ich nicht bestraft, wenn wir das bei Anderen tun, die weniger Menschen getötet haben?"
„Weil sie die nicht dazu bringen können, andere Menschen zu verhaften.", erwiderte der ältere Mann kalt.
Thomas sagte nichts mehr.
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„Was wissen wir denn überhaupt bisher?", fragte Alexander nun bestimmt zum dritten Mal.
„Ich bin doch dran Herrgott ich weiß nicht, wieso du so ungeduldig bist.", murmelte Jason, als er den Bericht Blatt für Blatt an die Pinnwand heftete.
„Die Bilder sind aber nicht so toll muss ich sagen.", kommentierte Alexander weiter.
„Wolltest du A3 Abzüge davon?", fragte Emilia schnippisch.
„Was ich sagen möchte, ist, dass wir gerade einmal dreieinhalb Leute sind.", sagte Alex schließlich.
Die Tür zum Büro öffnete sich und Caroline betrat den Raum.
„Wieso genau treffen wir uns bei euch in der Abteilung?", fragte sie dann, „Und dann auch noch in diesem Büro."
„Vielleicht weil Alex und ich zu zweit in unserem Büro sitzen und du aus irgendeinem Grund in einem Großraumbüro sitzt obwohl du deutlich dienstälter bist?", fragte Jason, als er das letzte Blatt anklemmte.
„Ich mag es dort, was ich auch schonmal gesagt habe. Ich könnte ein eigenes Büro bekommen, aber ich möchte nicht.", betonte Caroline und nahm sich einen Stuhl von der Seite.
„Außerdem ist mein Büro über Tage, danke schön.", schloss Jason nun.
„Können wir dann anfangen?", fragte Emilia, „Und glaub nicht, dass ich vergessen habe, dass du mich als halbe Person bezeichnet hast."
„Das war doch nur weil du nicht mehr bei uns im Team bist.", murmelte Jason, „Du bist ja jetzt professioneller Heiler und so. Aber ja, die Bühne gehört dir."
Jason nahm sich ebenfalls einen Stuhl. Sie hatten die Schreibtische zur Seite geschoben, eine Pinnwand geholt und die Stühle in einen Halbkreis gestellt. Jason kam sich ein wenig vor wie in der Muggelgrundschule, aber Emilia bestand auf die Sitzstellung und Caroline wollte das Brett.
Immerhin war Caroline von ihnen die einzige und beste Ermittlerin und sie hatten eine Person zu finden.
„Wir haben Auror Kingsley und Aufklärer Brodeur jeweils tot in der Winkelgasse gefunden. Beide wurden an den Handgelenken aufgehangen, an verschiedenen Körperstellen mit einem Messer verwundet, ihnen wurden Lippen und Wange bis zum Kieferknochen entfernt und sie sind schließlich verblutet als der Quellzauber beendet wurde.", erklärte Emilia.
„Scheiße.", murmelte Alexander und Jason klopfe ihm auf die Schulter.
„Harry hat Kingsley gefunden, nicht?", fragte Jason darauf.
„Kingsley und die anderen Opfer. Kingsley hat anscheinend versucht, ein paar Menschen aus Voldemorts Fittichen zu retten. Wir wissen bisher nicht, wieso er umgebracht wurde.", erwiderte Caroline.
„Ist aber komisch, oder? Sagen wir, irgendeine Seele aus der Suppe von Erick hätte sich in das Abbild von Thomas geflüchtet. Ich habe diverse Probleme mit der Theorie aber übergehen wir die mal. Wieso zur Hölle sollte das Ding dann Kingsley anfallen? Brodeur, ja, meinetwegen, aber Kingsley?", fragte Jason nun.
„Du kennst mich Jason, du weißt ich glaube daran, dass manche Menschen auch einfach mal Pech haben.", antwortete Alexander, „Aber meine Meinung zählt hier auch überhaupt nicht, Caroline ist die Ermittlerin."
„Was der Mord an Kingsley auf jeden Fall zeigt ist die Tatsache, dass sich das Abbild noch einen geraumen Zeitraum in der Winkelgasse aufgehalten hat. Vermutlich kommt es nur langsam zu Bewusstsein. Die Raben die Thomas verloren hat waren jedenfalls nicht mehr ganz bei Trost. Es kann sein, dass das Wesen, das wir suchen von lethargisch zu flüchtig übergegangen ist.", meinte Caroline.
„Aber wieso dann töten? Das lenkt doch Aufmerksamkeit auf ihn und Thomas könnte ihn finden und absorbieren, wenn ich das so nennen möchte.", fragte nun Jason.
„Das Wesen wird nicht ganz sein.", murmelte Emilia. Etwas lauter fuhr sie dann fort, „Was auch immer Erick beinhaltet hat… Grindelwald hat, wie Thomas das formuliert hat, seine Seite der Verbindung mit Seelen angereichert. Ich weiß nicht, was das beinhaltet, aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass eine Seele durch diesen Vorgang keinen Schaden nimmt. Denkt an das Horcruxverfahren, dass Voldemort für seine Seelenfänger verwendet hat. Ähnliches Konzept, aber es ist ein lebender Wirt benötigt."
„Ich möchte mal ganz kurz eine Metafrage stellen.", begann Alexander, sich nach vorn lehnend, „Wieso kümmern wir uns um ein Abbild von Thomas? Bei der IVZ geht aktuell wirklich genug ab, und wir versuchen ein Wesen zu jagen das vermutlich sowieso nur halb bei Bewusstsein ist? Ich habe das Gefühl, dass Voldemort noch immer eine höhere Priorität wäre."
„Thomas ist doch mit dem Quartett nach Osteuropa, wo sie herausfinden sollen was Voldemort dort sucht und damit sie ihn vielleicht etwas hinhalten können. Bis auf die tatsächlichen Zugriffseinsätze in Großbritannien können wir ja wohl nicht viel tun. Also tun wir das hier in der Zwischenzeit.", antwortete Caroline.
„Also schön. Wie gehen wir das an? Es ist ja nicht wie einen Menschen zu suchen.", fragte Alexander dann, „Ich meine, einen Menschen zu suchen ist ja vergleichsweise einfach! Wie lernen wir Verhaltensmuster von etwas, was vermutlich nicht klar denken kann?"
„Es verhält sich definitiv nicht wie ein Tier.", erwiderte Emilia dann, „Es wurde als Illusion mit einer Aufgabe geschaffen. Weil Thomas nicht gerade ein normaler Schatten ist, sind seine Illusionen sehr autark und können sich selbst am Leben erhalten. Im ersten Krieg gegen Voldemort sind sehr viele von seinen Raben herumgeflogen, um nach Aktivitäten der Schatten zu suchen."
„Was hast du gesagt wie er die Leute umgebracht hatte?", fragte Caroline nun.
Emilia kramte kurz in ihrem Umhang, ehe sie kleine Bilder aus der Tasche zog. Tatortaufnahmen. Jason konnte sich nicht davon abhalten eine Grimasse zu schneiden, als sie die sich bewegenden Bilder an das Brett heftete.
„Ganz schön makaber.", beschwerte er sich dann, „Mussten es bewegte Bilder sein?"
„So funktionieren unsere Kameras, Jason.", kommentierte Alexander, „Aber jemanden baumeln zu sehen ist tatsächlich vielleicht etwas ablenkend."
„Ich verstehe nicht, wieso wir nicht einfach eine N50 dafür kaufen können. Eine Leiche bewegt sich sowieso nicht und ich glaube, dass die Muggel bessere Kameras haben als wir.", beschwerte sich Jason weiter.
„Wieso wurden die Lippen entfernt?", unterbrach Caroline dann, „Um besser an die Zähne zu kommen?"
„Vermutlich. Üblicherweise ist es relativ schwierig und in jedem Fall sehr unschön, diese Foltermethode einzusetzen. Sie ist aber vermutlich unter den nichtmagischen Methoden die Effektivste, wenn man sich nicht darum kümmern muss, keine Spuren zu hinterlassen.", antwortete Emilia, „Die Zahnnerven sind sehr nahe am Gehirn und der Schmerzreiz ist enorm."
„Es ist ein universaler Trieb, am Leben bleiben zu wollen.", warf Alexander ein, „Ich nehme schon an, dass das das oberste Ziel des Wesens ist. Wie könnte es umgehen, von Thomas absorbiert oder anderweitig… zerstäubt zu werden? Ich meine, ich glaube nicht, dass eine Illusion eine sonderlich stabile Form ist, egal ob eine Seele sich reingeschlichen hat oder nicht."
„Das ist ein guter Einwand. Ich habe aber absolut keine Ahnung. Vielleicht weiß… Eigentlich kenne ich niemanden, der sowas wissen könnte.", erwiderte Caroline, „Immerhin ist Thomas nicht mehr da. Wer weiß noch genug über Erick und Thomas, um uns behilflich sein zu können?"
„Vielleicht Aberforth? Der Orden wird wohl einige Informationen haben, wenn Dumbledore da ebenfalls seine Finger im Spiel hatte.", sagte Emilia.
„Du meinst Albus.", erwiderte Alexander, „Aberforth ist auch ein Dumbledore."
„Ja gut, aber wenn wir bisher Dumbledore gesagt haben, meinten wir immer nur eine Person.", erwiderte Emilia.
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Tonks ging es okay.
Sie fühlte sich nicht toll oder überragend, aber sie war okay. Der Drang sich zu übergeben, weil sie morgens aufgewacht war, war nicht mehr so stark und das hielt sie schon für einen echten Fortschritt.
Sie begleitete Aberforth in die Zentrale der Unsäglichen, auf direkten Wunsch von Jason hin, der normalerweise mit dem Orden sprach. Tonks hatte das nie verstanden, immerhin war der Mann kein Diplomat und davon hatte die Zentrale doch sicherlich welche.
In jedem Fall war es eine sehr chaotische Halle und Zentrale, in die Tonks und Aberforth zusammen traten. Unsägliche waren in wildem Aufruhr und sie konnte nicht verstehen wieso. Immerhin waren zuvor unglaubliche Schrecken geschehen und die Zentrale war nicht so aufgeregt gewesen. Vielleicht war der Druck der AAW langsam doch größer geworden.
„Albus würde jetzt eine unpassende Bemerkung über Bienen machen. Aber das möchtest du glaube ich gar nicht wissen.", murmelte Aberforth neben ihr, beinahe zu leise als dass sie es hören könnte. Es war schon ironisch. Der alte Dumbledore war hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, dem Verlust seines Bruders Ausdruck zu verleihen und Tonks' Gefühle zu schonen.
„Du musst bei mir nicht um das Thema drum herum tanzen. Es ist ja nicht so als wäre es etwas Neues gewesen, wie Dumbledore sich gegenüber Menschen verhalten hat. Es ist auch unnötig gewesen, dass du dich an seiner Stelle entschuldigt hast.", murmelte Tonks als Antwort. Aberforth nickte nur ruppig und sie machten sich auf dem Weg zu den Transporträumen.
Im Vergleich zum Rest der Zentrale war die Ermittlungsabteilung extrem ruhig. Leises Gemurmel drang von allen Ecken zu ihnen, aber weiter war hier wohl nichts los.
„Hey!", rief eine Stimme aus der Nähe. Eine rothaarige Unsägliche stand in ihrer Nähe und schritt auf sie zu, „Caroline."
„Tonks.", erwiderte Tonks als sie die Hand der Frau schüttelte.
„Die anderen warten in einem der Räume. Wir versuchen uns auf eine Strategie zu einigen und benötigen dafür etwas Expertise.", erklärte die Unsägliche sachlich.
„Na dann los.", brummte Aberforth. Bei seiner Stimme war es manchmal schwierig zu wissen, ob er freundlich oder unfreundlich war, aber Tonks war mittlerweile so daran gewöhnt, dass sie nun ohne Probleme sagen konnte, dass es in der Tat freundlich gemeint war.
Sie folgten der Unsäglichen in eines der Büros. Hier saßen drei weitere Unsägliche, darunter auch Emilia. Als diese Tonks sah, sprang sie schnell auf und schritt auf sie zu um sie zu Umarmen. Tonks war das schon von Molly gewöhnt. Solche Leute kommen auf einen zu und glauben, eine Umarmung würde wieder weg machen, was geschehen war. Es würde Tonks ja sonst nicht stören, aber es war in diesem Fall deutlich zu spüren, dass Emilia definitiv an die Zeit dachte, in der sie verflucht gewesen war.
Das machte alles etwas kaputt. Es war ja nicht falsch und vermutlich lieb, dass die Leute sich sorgten. Aber das brauchte sie echt nicht.
Alexander und Jason grüßten sie nur knapp, aber fröhlich, und Caroline schritt um sie herum auf die Pinnwand zu, an der verschiedene Dokumente und Berichte geheftet waren. Tonks erkannte sofort die Tatortbeschreibung von dem Ort, an dem sie Kingsley gefunden hatten. An dem Brett hatten zuvor auch definitiv Bilder gehangen, die nun provisorisch abgeklebt waren. Tonks schüttelte den Kopf und mit leicht roten Haarspitzen schritt sie neben Caroline und zog die Papiere von den Fotos.
Sie musste dennoch schlucken, als sie die baumelnde Leiche von Kingsley dort sah, aber sie ließ sich nichts anmerken und bedeutete der Unsäglichen Caroline anzufangen.
„Wir haben bisher einiges zusammengetragen und wir können bestätigen, dass es eine schattenmagische Illusion ist, die Auror Kingsley Shacklebolt getötet hat. Sie hat einen Unsäglichen auf dieselbe Art getötet und Unsäglicher Thomas hat den Angreifer als ein Abbild identifiziert.", erklärte Caroline.
Das war viel zum Schlucken. Mit einem Seitenblick auf Emilia sagte sie, „Schattenmagische Illusion heißt was genau?"
Emilias beruhigender Tonfall wirkte gerade nicht auf sie und das was sie sagte war ja auch kein schönes Thema, „Mächtige Schattenmagier sind in der Lage, semipermanente und teilweise körperliche Illusionen zu schaffen, die sowohl Flüche als auch physische Attacken wirken können. Der Prozess ist nicht ganz eindeutig, allerdings wissen wir, dass man mit besonderem Kraft- und Konzentrationsaufwand auch Illusionen erschaffen kann, die sich selbst am Leben erhalten können und auch eigenständig arbeiten. In Nestern werden diese oft zur Verteidigung eingesetzt, du wirst sicherlich schon welche gesehen haben. Werden sie getötet verpuffen sie in schwarze Wolken und ihre Energie wird wieder vom Beschwörer absorbiert. In diesem Fall handelt es sich um-"
„Humanoid, relativ groß mit blonden Haaren und etwas, was wohl Grindelwalds Vorstellung von einem unauffälligen Umhang ist?", brummte Aberforth ungehalten, „Das Vieh rennt in der Winkelgasse rum und bringt unsere Leute um und er flieht tatenlos nach Osteuropa?"
Emilia war bereits aufgestanden und Tonks wich von ihr zurück, als urplötzlich eine schattenmagische Aura im Raum frei wurde und sie wenige Zentimeter vor Aberforth zum Stehen kam.
„Aus Respekt der guten Taten, die Thomas im Namen der Zentrale und im Namen von demokratisch gewählten Räten verübt hat, wirst du ihn in meiner Gegenwart gefälligst bei seinem Vornamen nennen!", zischte sie gut hörbar.
„Du glaubst doch nicht wirklich, mich einschüchtern zu können?", brummte Aberforth zurück.
„Dein Mangel an Angst rührt daher, dass du glaubst mich zu kennen, obwohl dem nicht so ist.", zischte sie weiter, „Also werden wir jetzt so tun als wäre das nicht passiert und du wirst darauf aufpassen, was aus deinem runzligen Mund kommt."
Damit drehte sie sich prompt um und ließ Aberforth stehen, welcher nur die Augenbrauen hob.
„Nun nachdem das geklärt ist machen wir doch mal weiter.", rief Jason ein wenig zu laut.
„Was tatsächlich geschehen ist hängt vor allem mit der Zerstörung von Thomas Bruder zusammen. Wir können nur grobe Fetzen zusammensetzen, aber es scheint als hätten sich verschiedene Stücke von Seelen in die Abbilder von Thomas über den gemeinsamen Kanal geflüchtet. Thomas kann seine Abbilder nicht mehr spüren und hat auch keine Kontrolle über sie. Wir wissen nicht, wie die Illusionen genau aufgebaut sind, haben keine Informationen darüber, wie die Seelen dort drinnen ihr Handeln beeinflussen, aber wissen sehr wohl, dass wir sie stoppen müssen. Fragen?", fuhr Caroline sachlich fort.
„Es sind keine Seelen in irgendwelche Abbilder geflüchtet.", knurrte Aberforth, „So etwas geht nicht. Seelen haben in unserer Ebene keine Handlungsmacht. Geister sind in die Abbilder eingekehrt."
„Langsam für die Dummen unter uns einmal bitte den Unterschied.", sagte Alexander gähnend, „Ich bin sicher, wir hatten das schonmal, aber tun wir mal so als hätte ich noch nie davon gehört."
Statt Aberforth antwortete Emilia, „Ein Geist ist das Verbindungsstück zwischen der Seele und der physischen Hülle. Man kann keine Aussage darüber treffen, wie eine Seele denkt, da sie ganz anders funktioniert. Aber von dem was Dumbledore sagt, könnten wir unsere Suche ein wenig anpassen."
„Also das Verbindungsstück ist wirklich eine eigene Sache, die man in sich trägt oder so?", hakte Alexander nach, „Also war in der Suppe, aus der Erick bestand, nicht nur irgendein Pool aus Seelenhack sondern auch Geisterhack?"
„Wenn du es unbedingt so ausdrücken möchtest, ja.", murmelte Emilia.
„Was ist genau euer Problem?", unterbrach Aberforth barsch, „Könnt ihr es nicht finden?"
„Genau.", antworte Caroline, „Wir haben das Problem, dass wir keine Hypothesen darüber aufstellen können, wie sich das Ziel verhält, wenn wir keine Informationen darüber haben, wie es sich verhalten könnte. Wir sind etwas in der Zwickmühle."
„Die Theorie, dass es überleben möchte, wird aber dadurch bestärkt, was Aberforth gesagt hat.", warf Emilia ein.
„Aber wieso dann Kingsley töten? Das verstehe ich immer noch nicht.", sagte Jason dann.
Tonks war sich nicht ganz einig. Irgendwie hatte sie ein ganz schlechtes Gefühl, allerdings wusste sie nicht unbedingt, ob sie etwas sagen sollte. Sie schluckte ihre Sorgen so schnell sie konnte herunter und warf in den Raum, „Wenn der Geist Schaden nimmt, kann man nicht mehr klar denken. Die Person, die sich nun im Abbild befindet, ist ganz tief drin beschädigt, weiß nicht wo sie ist und wie sie überleben kann, aber sie weiß sehr wohl, dass sie sterben wird. Ihr direkter Kontakt, der Unsägliche, und die erstbeste Person, die sie in der Winkelgasse angetroffen hat, scheinen optimale Möglichkeiten, wenn man so tief verzweifelt ist. Es erscheint einem alles logisch. Die unglückliche Person in der Winkelgasse muss sie zu Kingsley geführt haben. Vielleicht mit einem Vorwand oder einem kleinen Schauspiel, wenn der Geist so klar denken kann. Dann gibt es die nächst bessere Informationsquelle, die Kingsley war."
Aberforth und Emilia sahen etwas betreten drein, jedoch wurde der Unterton von den drei Anderen Unsäglichen ignoriert, wofür Tonks ehrlich gesagt sehr dankbar war.
„Also wäre das ja geklärt. Aber was ist der nächste Schritt? Überleben ist das einzige Ziel und der Geist ist extrem verzweifelt. Was tut er dann?", murmelte Jason vor sich hin.
„Er sucht eine mächtigere Person. Eine Person, die vielleicht besser helfen kann. Aberforth wurde nicht aufgesucht, und wir können davon ausgehen, dass sowohl Brodeur als auch Shacklebolt gebrochen wurden. Die Zentrale und der Orden sind also beides keine guten Alternativen. Dann wohl die Todesser?", fragte Alexander.
„Aber die Frage ist doch auch, wieso das Abbild nicht längst auf Widerstand gestoßen ist.", warf Caroline ein.
„Pah!", bellte Aberforth plötzlich, „Ich fass es nicht, dass ihr so häufig daneben liegt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie mächtig Thomas Grindelwald ist! Euer lieber Chef ist als Jugendlicher allein gegen polnische Zauberer vorgegangen! Gegen Truppen, Verbände und alte magische Familien! Wieso begreift ihr nicht wie mächtig die Kreatur ist? Ist das Teil eurer Indoktrinierung? Offensichtliche Dinge zu ignorieren aber dann zu fordern, dass er euch rettet, wenn es euch in den Kram passt?"
Er stand auf und mit einer ruppigen Geste knallte er seinen Finger gegen die baumelnde Leiche von Kingsley und Tonks zuckte nochmals etwas zusammen.
„EIN AUSGEBILDETER AUROR! WIE VIELE DUNKLE ZAUBERER HAT KINGSLEY ALLEINE ZUR STRECKE GEBRACHT! Selbst wenn das Abbild nur einen Bruchteil der Macht hat, die Thomas hat, ist es DENNOCH GENUG!", brüllte Aberforth weiter, „Das Abbild weiß wahrscheinlich gar nicht WOHIN mit der Macht, die durch es fließt!"
Emilia blickte auf, „Er muss nicht fürchten, zu einem Dementor zu werden. Er hat ja keinen Körper!"
„Scheiße.", flüsterte Alexander, „Er kann alles verballern und hat keine Konsequenzen zu tragen. Denkt doch an August. Ohne Umgebungszauber ist er in den ersten Stunden gestorben, weil er seine Kraft zu viel eingesetzt hatte. Das Ding muss das nicht fürchten."
„Umso wichtiger ist es, dass wir das Wesen schnell finden.", erwiderte Caroline, „Wenn er die Todesser zu kontaktieren versucht, werden wir nur sehr schwer schaffen…"
Ein lauter Gong unterbrach sie. Direkt darauf ertönten weitere Töne. Es verging beinahe zwanzig Sekunden, in denen nur diese Alarmtöne aus den Gängen schallten, bis schließlich von Jason ein „Verdammt" zu hören war.
Caroline wandte sich ihnen zu, „Ihr könnt das nicht hören, aber eben wurde durchgegeben, dass eine weitere Leiche gefunden wurde. Diesmal allerdings nicht in Großbritannien, sondern in Deutschland."
Jason nickte bedächtig, „Was wohl heißt, dass sich das Wesen nicht nur sehr schnell bewegt, sondern dass es auch springen kann."
„Kommt. Wir müssen uns beeilen, vielleicht finden wir etwas, was uns schneller zu dem Ding führt. Ihr könnt ebenfalls mitkommen, wenn ihr wollt.", forderte Caroline.
„Pah. Ich muss mich um einen Orden kümmern. Geht davon aus, dass das Ding zu Voldemort selbst will. Das ist die einzige weitere Person, die direkten Kontakt zu dem Geist hatte, als er Erick zerstört hat.", brummte Aberforth und verließ zuerst den Raum.
„Also gut, los geht's.", sagte Tonks dann zu den Anderen gewandt. Etwas Ablenkung war sicher gut.
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Hannover war eine große, allerdings nicht unbedingt neuartige Stadt. Die flachen Landstriche waren Emilia bereits von Straßburg gewöhnt und man konnte auch nicht sagen, dass es um Thomas Haus sonderlich hügelig wäre.
Jason hatte Tonks zu einem Wettbewerb hingerissen, bei dem sie sich bezüglich ihrer Tarnung zu übertrumpfen versuchten. Man konnte deutlich sehen, wo die Unterschiede waren. Jason war extrem effizient und wechselte sein Gesicht mit einer enormen Schnelligkeit. Er kannte all die kleinen Tricks und Kniffe, mit denen man nicht viel verändern musste, sodass es den Umstehenden auffiele, aber dennoch nicht mehr erkannt wurde.
Tonks wiederrum war sehr kreativ bei der Verwendung ihrer Gabe und sie ließ Formen und Farben auf ihrem Gesicht entstehen, die Emilia für unmöglich gehalten hätte. Wenn sie die Farbe der Wand hinter sich annehmen wollte, so würde sie das sicherlich hinbekommen.
Sie liefen langsam auf die angegebene Stelle zu. Die Polizei war bereits da gewesen, hatte wiederrum die deutsche magische Einheit alarmiert und die wiederrum hatten die IVZ angefunkt. Es war eine reibungslose Kette, die allerdings dazu geführt hatte, dass zwei Gruppen an Ermittlern bereits am Tatort gewesen waren. Glücklicherweise hatte die Muggelpolizei schnell genug reagiert und den eindeutig magischen Tatort in Ruhe gelassen, sodass kein Gedächtnis gelöscht werden musste.
Deutlich betreten wurden sie von einem Vertreter der magischen Einheit in Empfang genommen, welcher sie zunächst auf Deutsch begrüßte, ehe er sich fing und auf Englisch mit ihnen sprach. Emilia hatte relativ häufig mit Deutschen zu tun, aber das lag auch daran, dass Frankreich und Deutschland mit Abstand die aktivsten Länder in der Zentrale waren, vor allem, da viele östlichere Länder sich eher Sankt Petersburg zugehörig fühlten.
Der Mann war an einer Straßenlaterne in einer Gasse aufgehangen, in der es nicht sehr sauber war. Beim Umsehen bemerkte Emilia, dass er wohl definitiv in die Ecke getrieben worden war, da es nur hier Spuren des Kampfes gab. Einige Flüche waren geschleudert worden. Der Mann hatte überwiegend dunkle Magie verwendet, allerdings war er gegen die Macht des Abbildes kaum angekommen und war schnell überwältigt worden.
Trotz allem war er auf dieselbe Art gefoltert worden wie alle anderen auch. Doch in diesem Fall schien kein Quellzauber verwendet worden zu sein. Beim Prüfen des Todeszeitpunktes und der Spuren am Boden stellte Emilia fest, dass er vor und innerhalb weniger Stunden gestorben war.
„Erste Resultate bezüglich der Magie des Angreifers?", fragte nun Caroline von der Seite, „Ich kann es nur sehr schwach sehen. Es ist irgendwie verworren."
„Er hat… Ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt spezielle Zauber verwendet hatte. Bei der Schattenmagie ist das nicht notwendig, aber es wundert mich schon, dass ein gebrochener Geist genug Kontrolle über seine Emotionen hat, um Schattenmagie wirken zu können. Vielleicht war das eher ein Kraftakt als eine geistige Anstrengung. Es wirkt als wäre ein Sturm durch diese Gasse gefegt.", antwortete Emilia sachlich.
Tonks und Jason, die beide wie sehr grimmige alte Männer aussahen, schritten um die Ecke und besahen sich den Tatort.
„Dasselbe Bild.", kommentierte Jason, „Was an und für sich auch erstaunlich ist, immerhin soll der Geist doch kaputt sein. Was möchte er so dringend und wieso foltert er jeden, den er trifft?"
„Oder sie.", kommentierte Caroline, „Wir wissen überhaupt nichts. Vielleicht wäre es die beste Anrede."
„Es bewegt sich aber tatsächlich in Richtung von Voldemort oder Thomas.", kommentierte Tonks.
„Dann müssen wir uns beeilen dem Wesen auf die Spur zu kommen.", sagte Alexander.
Der plötzliche Eindruck von magischer Kraft in Emilias peripherer Sicht erschrak sie kurz. Doch alte Reflexe traten beinahe sofort in Kraft und Emilia spürte, wie sie in eine Art Kampfmodus überging. Als wäre alles andere plötzlich ausgeblendet.
„Er ist noch hier!", zischte sie den Anderen zu und ließ sich in die zweite Ebene fallen. Schatten und Rauch umgaben sie als sie sich zum Dach bewegte, ein kalter Wind fuhr direkt durch ihren Körper durch.
Auf dem Dach des Gebäudes versuchte sie die Kreatur zu erspähen. Neben ihr tauchte Jason auf, etwa sechs Sekunden später. Die schattenmagische Kraft, der eindeutige Abdruck, der ein wenig wirkte wie der von Thomas, war noch deutlich wahrzunehmen.
Es war wieder nur in ihrer Peripherie zu sehen. Emilia war ausgezeichnet in dem Aufspüren von Auren. So hatte sie Thomas damals gefunden und bei ihm Schutz gesucht, bevor sie ihren Namen erhalten hatte. Das war nun ein paar Jahre her, aber verlernt hatte sie über die Jahre nichts. Im Gegenteil; vermutlich war sie ein wenig besser als früher.
Sie sprang wieder der Aura hinterher. Sie wusste nicht, wie das Wesen immer außerhalb ihrer Reichweite bleiben konnte.
Da war es wieder, genau so, dass sie es gerade erst erspüren konnte. Emilia preschte hinterher. Schatten lernten, zu springen und dabei möglichst kurze Pausen zu machen – nur gerade lang genug, um sich orientieren zu können. Sie wusste, dass sie die Anderen längst abgehängt hatte. Sie hatten keine Chance, mit ihr mitzuhalten.
Sie verfolgte das Abbild über viele Dächer, durch ein Waldstück mitten in der Stadt und über etwas, was wie ein Zoo aussah. Als sie schließlich am Rande der Stadt waren wurde es scheinbar langsamer. Es erlaubte ihr, es einzuholen. Es gab keine andere Möglichkeit. Es war viel zu schnell.
Emilia kam zum Stehen als es sich nicht mehr zu bewegen schien. Das Abbild stand auf einem großen Lagerhallendach und schien auf sie zu warten.
Emilia näherte sich vorsichtig. 20 Meter zuvor hörte sie auf zu springen, allerdings schien das Wesen überhaupt nicht damit vertraut zu sein. Es war sogar irgendwie überrascht, wo sie auftauchen würde.
Mit magisch verstärkten Beinen machte sie einen Satz und landete auf dem Dach des Gebäudes.
Eine schwarze, aber wenig auffällige Robe und ein Gesicht wie jemand, der in der Verwaltung arbeitete, starrte sie an. Unfokussierte Augen und kein Blinzeln. Es schien sich zwar noch wie ein Mensch zu sehen, denn es hatte die Illusion aufrecht erhalten, aber es hatte aufgehört zu blinzeln als es merkte, dass das nicht nötig war.
Emilia erkannte auch sofort, dass Thomas es mit einer ungewöhnlichen Menge an magischer Kraft erschaffen hatte. Diese Illusion war stark genug, um unter dem Einfluss von Flüchen nicht zu verzerren und selbst Voldemort könnte es vermutlich angreifen und noch immer für einen Menschen halten.
„Ihr seid an vielen Orten.", rief das Abbild. Irgendwie klang die Stimme falsch. Es war als würden die Stimmbänder nicht funktionieren, doch es war noch immer so laut, dass Emilia es hören konnte.
„Wenn das heißen soll, dass wir dich verfolgen, dann hast du sehr recht!", rief Emilia zurück. Es machte vermutlich überhaupt keinen Sinn mit dem Wesen zu reden.
Das Wesen hob den Arm und starrte ihn an. Emilia bemerkte es erst dann. Der Arm bewegte sich wie im Nebel. Schwarze Fäden verbanden den Arm mit dem Körper und Emilia sah, dass die Illusion begann, sich aufzulösen.
„Du bist nicht unser Schöpfer.", stellte das Abbild fest, „Wo ist der der diese Hülle erschaffen hat?"
„Lustigerweise genau da wo du auch hin willst. Ich wäre vielleicht vorsichtig, wenn ich du wäre.", erwiderte Emilia. In ihr schrien die Sinne, sich kampfbereit zu machen.
„Wir müssen eilen. Mein Ziel ist noch fern.", schrie das Abbild und eine mächtige Welle von Schattenmagie schnitt durch die Luft und auf Emilia zu. Sie löste sich aus der Ebene und leitete die Welle an ihr vorbei, manifestierte sich wieder und sandte einen Fluch auf das Wesen. Es versuchte gar nicht, auszuweichen. Vielmehr fing es den Fluch mit der Hand auf und die erstarrende Wirkung setzte sofort ein.
Die Hand zerbarst in schwarzen Rauch und das Wesen starrte auf den getroffenen Arm. Es schien sehr langsam zu begreifen, dass eine echte Gefahr bestand. Dann verschwand es, bevor Emilia auch nur den Finger rühren konnte.
Es war urplötzlich weg. Panisch löste sich Emilia und durchsuchte die zweite Ebene, doch sie spürte es einfach nicht mehr. Es war einfach verschwunden. Die Aura war weg und die Restenergie verpuffte langsam. Der Strom von Magie, der eigentlich zu Quelle hinfließen sollte, erstarrte und verschwand ebenfalls.
Zehn Minuten dauerte es bis Tonks neben Emilia erschien, mit dem Zauberstab draußen und selbst nach Gefahren suchend.
„Was ist passiert? Hast du es gesehen?", fragte Tonks.
Emilia nickte.
„Wo ist es hin?", fragte sie dann.
„Ich weiß es nicht.", antwortete Emilia leise, „Es ist einfach weg. Es ist nicht gesprungen und es hat sich nicht… Es ist einfach weg."
Tonks näherte sich ihr, „Glaubst du, dass es eine Methode von Thomas gelernt hat, die er bisher nicht offenbart hat?"
Emilia zuckte mit den Schultern, „Wenn ja, dann ist es verdammt schnell und ich habe keine Ahnung wie das sein kann. Es war mir immer voraus. Ich konnte es erst einholen, als es mir das erlaubt hatte. Wäre es gesprungen, wären wir zumindest ähnlich schnell gewesen."
„Ich dachte Schattenspringen ist instantan?", fragte Tonks.
Emilia schüttelte den Kopf, „Nein, das ist es nicht. Aber im Vergleich zu apparieren ist der Schatten normalerweise zuerst da, da wir sozusagen im Flug navigieren können. Normalmagier konzentrieren sich auf den Ort und müssen einen Tunnel schaffen, was Zeit kostet. Die Schatten verdrängen außerdem nicht so schnell die Luft bei der Ankunft und sind generell leiser. Ich habe keine Ahnung, was das Ding gemacht hat, aber es ist ja auch nicht so als wäre ich nahe rangekommen."
Tonks sah dem Geschöpf hinterher, „Was glaubst du wie schnell es bei Voldemort ist?"
„Zu schnell. Viel zu schnell.", murmelte Emilia.
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Remus wartete auf Aberforth im Eberkopf. Es war ein wenig ruhiger geworden in Hogsmeade, da Todesser und Voldemort gerade nicht in Hogwarts waren. Remus hatte dem, was in England geschah, keine Beachtung geschenkt. Irgendjemand würde das aber tun müssen, da man würde herausfinden müssen, was die Herrschaft von Voldemort mit den Menschen gemacht hatte. Es war schließlich schon einige Zeit.
Die Tür wurde aufgestoßen und Aberforth stampfte über den Lehmboden in Richtung seiner Theke. Es war irgendwie seltsam. Aberforth war ganz anders als sein Bruder und dennoch gab es diese unvermeidliche Ähnlichkeit, die wohl jedem ab und zu Flausen in den Kopf setze. Aberforth war sich seiner aktuellen Rolle allerdings sehr bewusst.
„Bist du hier, um mich ebenfalls anzumeckern?", knurrte der alte Mann.
Remus seufzte, „Ich denke nicht, nein. Ich nehme an, dass die drei… oder vier… Jüngeren wohl die beste Chance haben, Informationen über alte magische Artefakte aufzudecken, besonders, wenn Voldemort auch danach sucht. Aber es kommt mir ein wenig komisch vor, dass du für sie keine Unterstützung eingeplant hattest."
Aberforth schnaubte abfällig, „Grin… Thomas ist dabei und untersucht die Situation. Denen wird nichts geschehen. Außerdem brauche ich alle die kampffähig sind, hier."
Remus blickte auf und sah Aberforth neugierig an. Das war eine neue Information. Remus war sich nicht ganz sicher, wieso ihn das überraschte. Voldemort war nicht in der Nähe, sondern so weit weg, dass er etwas Zeit benötigen würde, um zurück zu kommen. Besonders nun, da die Feldzauber alle weg waren.
„Wir attackieren die Todesser in England?", fragte Remus direkt.
Aberforth machte einen der Schränke auf und nahm zwei kleine Gläser aus dem Schrank und goss beiden etwas Feuerwhiskey ein.
„Die IVZ greift die Todesser in England an. Die AAW wird ebenfalls dort sein. Was der Orden tun wird ist versuchen, die Zivilisten vor Kreuzfeuer zu schützen. Mir liegt nur am Herzen, dass niemand zu Schaden kommt."
„Also gut, du hast wohl Recht.", stimmte Remus zu, „Wie fangen wir damit an? Wissen wir, was die Unsäglichen vorhaben?"
Aberforth ließ sich auf den Hocker hinter der Theke fallen. Es verging ein Moment in Stille, in dem niemand sprach.
Schließlich antwortete Aberforth, „Wo du jetzt schon da bist, kümmern wir uns um die Menschen in Hogsmeade. Wir kümmern uns danach um die Wesen des Waldes. Ich habe jemanden kontaktiert, der in der Lage ist, sie in Sicherheit zu bringen. Wenn ich richtig gehe, müssen wir eine riesige Spinne transportieren. Die Menschen aus Hogsmeade haben nirgendwo, wo sie hin können, aber das ist auch erstmal nicht wichtig. Wir müssen sie nur so weit weg bringen, dass sie überleben können."
Remus war direkt besorgt, „Erwartest du, dass die Unsäglichen Hogwarts angreifen? Ist es wegen der Todesser, die dort sind?"
Aberforth schüttelt den Kopf, „Nicht doch. In Hogwarts ist eine ganz fiese Plage von Schatten. Das letzte Mal, dass ich wirklich nachgesehen habe, habe ich hunderte von ihnen gespürt. Die Unsäglichen werden Hogwarts nicht angreifen. Keiner von ihnen wird hier auch nur in die Nähe kommen. Es würde auch nichts nützen, denn die Flammen werden sowieso alles verschlingen."
Remus stellte das Glas ab. Er versuchte sich auszumalen, wie Großbritannien ohne Hogwarts aussehen würde, aber sein Geist weigerte sich irgendwie.
„Hogwarts und Hogsmeade? Wieso Hogsmeade?", fragte Remus dann leise.
„Sie wissen nicht, wo die Schatten sich herumtreiben.", erwiderte Aberforth.
„Das ist der Punkt, oder?", fragte eine neue Stimme. Remus erschrak und wandte sich um, mit dem Zauberstab bereits in der Hand. Aberforth jedoch legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn wieder um.
Der Mann am anderen Ende des Pubs näherte sich langsam. Er war irgendwie tonlos reingekommen, oder war schon die ganze Zeit dort gewesen. Remus war sich aber sicher, dass er ihn bemerkt hätte.
Der Mann setzte sich neben Remus an die Theke und Aberforth bot auch ihm ein Glas Feuerwhiskey an, doch der Mann lehnte ab.
„Was führt dich hier her?", fragte Aberforth nun, aber nicht unbedingt unfreundlich. Der Mann schien keine Bedrohung zu sein. Doch die makellose Kleidung bereitete Remus ein kleines bisschen Unbehagen. Doch er brauchte sich auch nicht zu schämen. Sie waren in einer schwierigen Zeit und Remus kämpfte aktiv. Der Mann neben ihm schien das nicht zu tun.
„Ich entschuldige, Mister Lupin, mein Name ist Sebastian Delacour. Ich fürchte ich bin wohl in eine Unterhaltung über ein sehr ernstes Thema hineingeplatzt.", sprach der Mann sanft. Remus fiel auf, dass er nicht nur keinen Akzent hatte, sondern ebenfalls sehr Englisch sprach. Remus würde ihn nach Yorkshire platzieren, wenn er gefragt werden würde.
„Durchaus, allerdings ist das nicht schlimm. Aber es wundert mich doch, wieso Sie hier sind.", antwortete Remus vorsichtig.
Der Mann lächelte.
„Es wird ein Sturm durch England ziehen. Und es wird der Zweite sein. Ich wage zu mutmaßen, dass dieser Sturm noch verheerender sein wird als der davor. Die Todesser kümmern sich nicht um das Land, in dem sie leben."
„Dafür, dass du dich immer so zu sorgen scheinst, wirfst du mit besonders viel Wörtern und wenig Taten um dich, Sebastian.", brummte Aberforth, „Butterbier? Wasser? Kaffee?"
„Kaffee, danke schön. Ich habe nicht behauptet, ich würde mich sorgen. Ich stelle lediglich fest, wie diese Situation sich entwickeln wird.", antwortete Sebastian.
„Gemütliche Prognosen zu tätigen scheint dein Spezialgebiet zu sein.", erwiderte Aberforth, „Weißt du was mein Spezialgebiet ist?"
„Wenn du mir den Kaffee bringst, können wir zumindest eine deiner Fähigkeiten testen.", sprach Delacour. Sein Betragen schien sich langsam zu wandeln. Vielleicht war es ja die Präsenz von Aberforth, die dem Franzosen deutlich machte, dass er jemanden gegenüber saß, der vermutlich keine Geduld für seine übliche Herangehensweise hatte.
„Es gibt aber doch sicher einen Grund, wieso du jetzt anfängst, den Orden ständig aufzusuchen.", forderte Aberforth schließlich.
„Abgesehen von dem Offensichtlichen? Euer Unterfangen ist sehr ehrenvoll und ich kann mir aktuell niemanden sonst vorstellen, den zu Unterstützen meine Ressourcen wert wäre.", schloss Delacour.
„Sie wollen uns helfen?", fragte Remus neugierig. Er fühlte sich ein wenig seltsam, immerhin war Delacour mit seinen vielleicht 40 zwar deutlich älter als Remus, aber doch sehr viel näher an Remus dran als an Aberforth.
„Ich persönlich natürlich nicht."
„Nein, natürlich nicht.", spöttelte Aberforth dazwischen, aber Delacour ignorierte den Mann.
„Ich bin aber sehr wohl in der Lage, bestimmte Kräfte frei zu machen, um euch behilflich zu sein. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, eine Welt zu schaffen, in der sich die Menschen zurecht sicher fühlen können."
„Weißt du was?", brummte Aberforth, „In diesem Fall ist mir dein verstecktes Motiv sowas von egal. Ich kann mir nichts vorstellen, dass du möglicherweise in England haben wolltest, was nicht bereits zerstört oder vollkommen wertlos für uns ist. Die Mysteriumsabteilung wurde von den Unsäglichen längst gesäubert. Croaker hat sich sicherlich zwei Stunden darin verbarrikadiert und Todesser umgenietet, bis alles raus war."
„Ich finde es schön, dass du meine Absichten für ehrenvoll hältst. Aber ich bin tatsächlich nicht hier, um mir dein Einverständnis abzuholen.", sagte Delacour und zu Remus Erstaunen wandte sich der Mann zu ihm um, „Ich habe etwas, was ich Ihnen zeigen möchte."
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„Einen Moment. Wie weit sagtest du können sie sich entfernen?", fragte Jason nun.
„Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie eine Grenze gespürt.", murmelte Emilia.
Tonks saß den Beiden gegenüber, während Alexander und Caroline versuchten Feldzauber einzurichten, um ihre Stellung zu verschleiern.
Zusammen starrten sie die Maus an, die Emilia aus Nichts erschaffen hatte. Sie hatte einen Teil ihrer Kraft genommen und damit ein Wesen geformt, dass sich tatsächlich von selbst bewegte. Tonks wusste, dass Schattenmagie ganz anders als Normalmagie war, daher nahm sie an, dass es besonders eindrucksvoll war.
„Und es kann… es läuft einfach überall hin, oder?", fragte Jason dann.
„Eigentlich ja. Aber Abbilder sind dafür gemacht, dass man sie mit einfachsten Verhaltensweisen füttert. Ich kann der Ratte beibringen zu suchen und durch sie sehen, aber ich wüsste nicht, was sie tun würde, wenn plötzlich eine Seele sie für einen vollwertigen Körper hält und von ihr Besitz ergreift.", antwortete Emilia dann, „Ich weiß auch immer noch nicht, wie das Abbild sich so schnell bewegt hat."
„Vielleicht hältst du es für etwas schlauer als es tatsächlich ist. Du hast selbst gesagt, dass deine Bewegungen es überrascht haben. Es war eher Verbissenheit als Raffinesse.", kommentierte Jason.
„Verbissenheit bringt einen mit Schattenmagie aber normalerweise nicht weiter, wir müssen…", setzte Emilia an, doch sie stockte.
„Was?", fragte Tonks dann, „Ist es wegen der Dementorsache?"
Emilia ließ ein kurzes, genervtes, und lautes Kehlkopfgeräusch verlauten.
„Es muss immer noch nicht fürchten zu einem Dementor zu werden, da kann es auch Dinge probieren, die man normalerweise nicht macht. Scheiße, ich weiß, wie er sich bewegt."
Damit verpuffte sie urplötzlich und ohne, dass Tonks irgendetwas spüren konnte, tauchte sie hinter ihnen auf.
„Japp. Das wird's gewesen sein.", murmelte Emilia dann und verschwand direkt wieder.
In der Ferne war ein Schreien zu hören und Tonks wollte erst ihren Zauberstab ziehen, doch dann sah sie, wie Alexander in der Ferne die Hand auf die Brust drückte und Caroline mit stoischer Miene den Zauberstab auf Emilia gerichtet hatte, die ihnen von ihrer Entdeckung erzählte.
Kaum zwei Sekunden später war sie wieder bei Ihnen.
„Alter.", murmelte Jason, beinahe müde.
„Was?", fragte Emilia mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ich habe das mit dem Rennbesen ja einfach hinnehmen können und habe es auf deinen Wunsch geschoben, etwas normaler zu sein, aber du hast buchstäblich gerade erst ein Wesen bei dieser dir vorher vollkommen unbekannten Methode beobachtet! Jetzt teleportierst du hier rum als wäre es keine große Sache! Ich weiß nicht, ich fühle mich etwas dumm dabei.", murmelte er weiter.
Emilia schmunzelte, „Ja, aber du kannst deine Haarfarbe verändern."
„Mhm ja danke schön.", erwiderte Jason, „Also was macht es denn jetzt?"
„Sich selbst auflösen. Es zerstückelt sich in kleine Teile, die sich einzeln viel schneller bewegen können. Ich kann nicht lange in diesem Zustand bleiben, wegen der Gefahr durch die Schattenmagie, aber er kann das auch nicht, weil er nicht tatsächlich einen Körper hat. Bei dieser Methode läuft er in die Gefahr, seinen Körper selbst nicht mehr zusammensetzen zu können. Dann verpufft die Energie und die Seele hat keinen Anker mehr.", erklärte Emilia.
„Also ist es doch nicht ganz so schnell?", fragte Jason nun.
„Es ist immer noch verdammt schnell, aber es muss etwas Zeit als Mensch verbringen, bevor es weiter ziehen kann.", sagte Emilia.
„Aber heißt das nicht, dass es wieder jemanden umbringt?", fragte Tonks besorgt, „Wenn es so schnell ist, erfahren wir doch erst, wo es als nächstes ist, wenn wieder jemand stirbt."
„Wie alt ist sind die Leichen von Brodeur und Kingsley jeweils gewesen?", fragte Jason nun.
„Kingsley war schon länger tot und Brodeur etwa vier Tage.", klärte Emilia auf.
„Moment, dann stellt sich die Situation doch anders da!", erwiderte Tonks, „Wenn er erst auf Kingsley getroffen ist und danach Brodeur umgebracht hatte, dann ist doch das Verhaltensmuster anders!"
Jason setzte sich auf, „Sie hat Recht. Ich war erst in der Annahme, dass das Abbild seine Opfer nach irgendeinem Muster heraussucht. Aber was ist, wenn es den Mord nur als letzten Ausweg sieht, weil niemand versteht, was es eigentlich möchte?"
Emilia sah zwischen ihnen hin und her.
„Du sagtest ja, dass es schlecht darin wäre, sich auszudrücken.", sagte Tonks, „Vielleicht wollte es erst mit den Leuten reden, aber niemand hat es verstanden. Dann wurde es wütend und hat versucht mit Gewalt Informationen aus ihnen herauszubringen."
„Das heißt, dass wir es vielleicht das nächste Mal erwischen können, bevor es jemanden umbringt.", schloss Emilia, „Jason, wie ist dein Deutsch?"
Jason schmunzelte, „Eingerostet, aber man sollte doch eigentlich erwarten, dass du Deutsch lernst."
„Wieso sollte ich?", erwiderte Emilia schnippisch.
Jason runzelte mit der Stirn, „Vielleicht solltest du Thomas generell etwas mehr entgegen kommen."
„Gibst du jetzt Beziehungsratschläge? Wann warst du das letzte Mal in einer Beziehung?", fragte Emilia darauf.
„Nur, weil die meisten davon 5 Stunden dauern, heißt das nicht, dass ich dir nicht trotzdem Ratschläge geben kann.", sagte Jason, „Aber ich müsste es hinbekommen. Tonks kommt mit mir mit, dann muss ich nicht alleine gehen."
Emilia nickte, „Sag der magischen Einheit, dass sie das so schnell es geht an die Leitstellen weitergeben sollen. Sowohl Polizei als auch Rettungsdienst. Wenn der Mann für krank statt gefährlich gehalten wird, dann schlüpft er uns wieder durch die Finger."
Jason nickte und sie verschwanden.
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„Es ist nicht leicht für dich, das ist mir durchaus klar. Die Zauberwelt ging seit jeher schon einen sehr schmalen Grat dazwischen, die sehr reale Gefahr durch Werwölfe zu erkennen, und dennoch den Betroffenen ein würdiges Leben zu verschaffen.", sagte Delacour.
Der Mann hatte Remus überredet, mit ihm zu gehen. Sie waren appariert und liefen nun Schritt für Schritt durch die Straßen von Paris. Es drang von überall irgendwelche Geräusche an sie heran als sie an der Seine entlangschritten. Viele kleine Boote waren aufgereiht und in der Nähe ragte der Eiffelturm weit über ihre Köpfe in die Höhe. Wenn Delacour mit diesem Ort versuchte, Remus zu beeindrucken, dann schaffte er es definitiv.
Es machte Remus aber auch etwas unbehaglich. Er mochte Städte. Er war ein Stadtmensch und er lebte viel lieber in der Zivilisation als auf dem Land. Er war nun mal so. Es war aber gerade hier so furchtbar schwierig für Werwölfe. Es war, wie mit seinem Traum konfrontiert zu werden, aber ihn nie ausleben zu können.
Delacour fuhr fort, „Jeder Mensch ist anders und man kann nicht abstreiten, dass dies für alle Arten gilt, die auf unserem Planeten hausen. Zentauren galten so lange als unintelligent, dass sie verschmäht wurden. Doch seit jeher waren es doch immer die Menschen, die das Ruder in der Hand hatten, und damit haben sie viele der magischen Wesen abgeschreckt.
Wenn es eine Welt gäbe, in der sie zusammen arbeiten könnten, dann gäbe es sicherlich auch eine Welt, in der die vielen unterschiedlichen Charaktere und die vielen unterschiedlichen Vorlieben der Wesen alle Platz haben und unterstützt werden könnten. Eine Welt, in der ein Werwolf nicht von der Zivilisation vertrieben, sondern hier leben kann, wenn er möchte."
Okay, Remus konnte nicht anders. Er musste zugeben, dass Delacour ihn an der Angel hatte. Es war aber vermutlich nicht schwierig. Irgendwie wollte Remus die Hoffnung dann doch niemals aufgeben. Es passte einfach nicht zu ihm.
„Es gibt so viele fehlgeleitete Ansätze beim Umgang mit magischen Wesen. Viele davon ignorieren, dass auch diese Arten so divers sind wie Menschen. Wir denken zu oft im Sinne von artgerecht statt menschengerecht, obwohl wir das durchaus tun sollten. Wir brauchen keine Werwölfe in irgendwelchen Reservaten, wo sie ganz Werwolf sein können. Wir brauchen keinen Platz in den Wäldern, damit wir Zentauren dort einsperren können. Wir brauchen keine Plätze in den Reihen von blutrünstigen Unsäglichen, wo wir übergelaufene Schatten unterbringen können."
Delacour war stehen geblieben. Remus bemerkte es nach ein paar Schritten. Delacour bot ihm wieder seinen Arm an. Remus griff dankend danach. Er konnte nicht erwarten, was er noch gezeigt bekäme.
Die Reise war unangenehm, aber kurz. Angekommen, befanden sie sich in einer Schule. Remus war hier noch nie gewesen, aber es war nicht schwer zu erraten, dass es sich um Beauxbatons handelte. Eine Wache begrüßte sie und Delacour leitete ihn zielstrebig hinein.
Ein Klassenzimmer. Etwa zwanzig Schüler, die einer Demonstration des Lehrers zusahen. Dort war ein spezieller Schüler und Remus spürte deutlich die Aura, die von diesem Schüler ausging. Es war ein Schatten.
Delacour trat neben ihm in den Klassenraum und die Schüler versuchten sehr zielstrebig, sie zu ignorieren. Es war abgesprochen. In dem Moment war es Remus allerdings egal.
„Siehst du, Remus?", flüsterte Delacour ihm zu, „Mir wird oft vorgeworfen, ich wäre nur ein Mann des Wortes. Dass ich nicht wirklich meine Versprechungen halte. Es ist schon etwas her, da ist Harry Potter zum ersten Mal zu mir gekommen, in der Hoffnung, meine Familie für die Zentrale zu gewinnen. Er wusste es nicht, allerdings war das durchaus das Ziel der Zentrale, als sie das Team von Thomas Grindelwald zusammen mit Harry Potter zu unserem Schutz abbestellte."
Der Schüler führte einen Verwandlungszauber vor und nach bestandener Demonstration klatschen die Schüler etwas. Als er sich hinsetzte, wirkte der Schatten fast wie ein normales Kind.
Delacour fuhr fort, „Ich war erschüttert, als ich sah, dass Harry Potter, die Ikone der englischen Zauberwelt, in dieselbe Maschine geraten ist, in der die Zentrale alle anderen ebenfalls drückt. Dass ein Schüler aus seiner Schule gezogen wird, unter dem Vorwand, mit seiner Magie leben zu lernen und das, obwohl Filius Flitwick ja anscheinend auch von dieser Magieform weiß. Ich habe ihm gesagt, dass er hier zur Schule hätte gehen können. Nun, Remus, siehst du hoffentlich, dass ich die Dinge nicht nur mit leeren Händen sage. Ich behaupte nichts. Ich habe Taten und Fortschritt vorzuweisen, von dem andere nur träumen können."
Remus Mund war trocken. Er wusste nicht ganz, was er sagen sollte, da in seinem Kopf noch immer die Worte von Delacour schwammen.
„Wir sind noch nicht einmal fertig. Ich habe dir noch ein paar Sachen zu zeigen.", sagte Delacour dann, und Remus ließ sich von dem Mann wieder aus dem Raum leiten.
Es ging Treppen hinunter und durch lange Gänge. Selbst in den unteren Geschossen schien es in Beauxbatons viel heller und freundlicher als in Hogwarts. Vielleicht bildete Remus sich das in dem Moment auch nur ein.
Die nächste Tür, die aufgestoßen wurde, führte sie in ein Zaubertränkelabor. Dort standen zwei Personen, die in einem unverfänglichen Gespräch schienen, während sie Zutaten vorbereiteten. Diagramme und Mondzyklen waren an Tafeln abgebildet und insgesamt machte der Raum einen sehr professionellen Eindruck.
„Was… Was sehe ich hier?", fragte Remus unsicher an Delacour gewandt.
„Vereinigung und Zukunft. Du solltest dich noch einmal, aber genauer, umsehen.", erklärte Delacour.
Die meisten Dinge hier waren Muggelfabrikate. Erlenmeyerkolben, Reagenzgläser, und sehr, sehr viele Versionen desselben Aufbaus, scheinbar mit kleinen jeweiligen Änderungen.
„Ich war bereits in Sankt Petersburg, bei den Wissenschaftlern, die es uns so einfach machen, uns in Höhlen vor den Nichtmagiern zu verstecken.", sprach Delacour, „Dort seziert man Technologie der Muggel, findet Wege, sie zu umgehen, und ignoriert sie dann den Rest der Zeit. Ich denke, dass jedem klar ist, dass die Muggel nie zu uns aufschließen können. Die Magie spielt einfach nicht nach denselben Regeln. Wir haben kein Bedarf an technischen Fortschritt. Wir müssen nicht optimieren. Die Magie findet einen Weg und selbst, wenn es nicht immer der Beste ist, ist es dennoch ein funktionierender Weg und der Aufwand ist vernachlässigbar.
Aber heißt das, dass wir nicht voneinander lernen können? Heißt das, dass wir nicht vielleicht auch eine Verantwortung über die Nichtmagier haben, die wir so lange ignoriert haben? Wir können die Welt zum Besseren beeinflussen, wenn wir uns nur nicht so verstecken würden."
Jetzt war die rosarote Blase doch etwas dunkler geworden und Remus wandte sich schnell zu Delacour um.
„Was…"
„Ich sage dir, was jetzt geschieht. Wir haben Methoden der Nichtmagier angewandt, um den Banntrank für Werwölfe ein kleines Bisschen zu optimieren. Es erlöst dich nicht von dem Leid, aber es sorgt dafür, dass du nicht infektiös bist. Es sollte dir auch den Großteil des Leids der Transformation ersparen. Ich schlage Folgendes vor. Einen Handel zum beidseitigen Vorteil, wie es sein sollte. Ich gebe dir die Mittel und Möglichkeiten, deine Träume zu erfüllen und im Gegenzug hilfst du mir, meine Träume zu erfüllen.", führte Delacour dann aus.
Der Mann hatte auch irgendwie eine geschmeidige Stimme, man konnte es ihm einfach nicht absprechen.
Der Mund von Remus war noch immer etwas trocken.
„Was… Was brauchen Sie?", fragte er schließlich.
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Tonks lief hinter Jason hinterher, der energisch voran schritt. Er hatte sie beide direkt in die magische Einheit des Bundesnachrichtendienstes in Pullach gebracht. Das Gebäude, vorher noch unter einem Tarnnamen, allerdings neuerdings der Öffentlichkeit bekannt, hatte ein ganzes Stockwerk, dass nicht für Muggel sichtbar war.
Sie landeten im Foyer dieses Stockwerkes. Es war ein wenig anders als bei der Zentrale der Unsäglichen. Die Zentrale war auch eine politische Institution. In der magischen Einheit des BNDs arbeiteten praktisch nur Aufklärer und Eingreifzauberer.
Entsprechend misstrauisch waren sie gegenüber Besuchern. Ein starkes magisches Feld wirkte plötzlich auf sie und Tonks verlor die Fähigkeit, sich zu wandeln. Es war keine bewusste Sache, aber sie spürte sich in ihrer Form eingefroren. Diese Art von Zauber kannte sie überhaupt nicht. Außerdem waren Metamorphmagier so selten, dass es unmöglich den Aufwand wert gewesen sein konnte.
Jemand sprach sie mit einer lauten Stimme an. Tonks verstand kein Wort, aber Jason antwortete in derselben Sprache, allerdings deutlich langsamer. Der Mann schien sofort darauf zu kommen, und sah kurz zwischen ihnen hin und her. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er auf Jasons Abzeichen.
„Francais? Espanol?", fragte der Typ dann.
„Englisch, bitte.", antwortete Jason, „Wir kommen von einem Einsatz. Ich bin Unsäglicher und sie ist Aurorin. Wir müssen dringend eine Fahndung rausgeben und benötigen die Mithilfe aller Leitstellen."
„Das ist nicht billig.", erwiderte der Mann, „Folgen Sie mir."
Er drehte sich um und beim Verlassen des Foyers fand es Tonks nicht mehr komplett unmöglich, die Form zu wechseln, doch es ging sehr, sehr schwierig.
Kaum waren sie im Gang tauchten hinter ihnen zwei Angestellte auf. Tonks schielte nach hinten, allerdings waren es offensichtlich Wachen und tatsächlich, mit kleiner Aufschrift war auf deren Uniformen „Eigensicherung" zu lesen.
Sie begleiteten sie, als sie dem ersten Beamten durch den dunklen Gang und in einen Raum folgten, in dem sie wieder starke Feldzauber passierten. Diese Zauber waren extrem stark und schattenmagischer Natur. Sie betraten eine magiefreie Zone.
Ein einsamer Computer stand in diesem Raum, auf dem nichts anderes zu sehen war als ein großes, ein wenig flimmerndes, Formular.
„Ihr tragt euren Aufruf hier ein und wir erledigen den Rest. Es gibt keine zweite Steuerung und es ist auch nicht an das Netzwerk angebunden. Ich entnehme nachher die Diskette und gebe sie persönlich nach unten.", instruierte der Mann.
Darauf verließ er den Raum. Die Beamten der Eigensicherung verblieben um Raum und standen einfach nur regungslos da.
„Das klingt doch spaßig! Technik und so!", rief Jason jovial, als wolle er die Stille im Raum auffüllen.
Dann machte er eine einladende Geste, „Bitte, sei mein Gast, ich möchte das Ding nicht benutzen."
„Na dann.", murmelte Tonks und setzte sich vor den Computer. Sie hatte durchaus schonmal einen verwendet, allerdings war das schon einige Zeit her. Doch wenn sie sich richtig erinnerte war da irgendein Ding für das Bewegen von einem kleinen Zeiger und ein anderes Ding mit Buchstaben drauf, die man drücken musste.
Das Formular enthielt hauptsächlich Einträge für die Beschreibung und andere Details, die wichtig sein konnten. Tonks trug alles ein, was Emilia ihr gesagt hatte und fand sogar überall Platz dafür. Auch bei dem Formular schienen sie alle Eventualitäten abgedeckt zu haben, obwohl es auch hier vermutlich nicht nötig gewesen wäre.
Es gab eindeutig zu viele Tasten mit irgendwelchen Pfeilen drauf, die auch noch alle etwas Anderes taten.
Nach einer halben Stunde kam der Beamte wieder und drücke auf einen der Knöpfe aus dem beigefarbenen Kasten. Ein schwarzes Quadrat sprang heraus und er steckte es in einen Umschlag.
Dann verließ er den Raum und die Beamten geleiteten sie wieder nach draußen.
„Was sagst du verwandeln wir uns ineinander, wenn wir zurück gehen?", fragte Jason nun.
„Du bist aber einen Kopf größer als ich. Ich weiß nicht ob ich das hinbekomme.", erwiderte Tonks skeptisch, obwohl er schon ihr Interesse geweckt hatte.
„Du bist doch kreativ, mach irgendwas draus.", erwiderte Jason grinsend.
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Emilia ließ beschworene Spinnenabbilder hin und her teleportieren, als Jason mit Tonks zurückkam. Tonks sah schon viel besser und etwas schmunzelnd aus. Vielleicht hatte ihr die Unterhaltung mit Jason auch gut getan. Es war wohl keine sonderlich spaßige Aufgabe gewesen.
Sie wandte ihre Konzentration schnell wieder den Spinnen zu.
„Jetzt müssen wir etwas warten, bis die die Sachen alle geprüft und herausgegeben haben. Ich weiß gar nicht, wie genau das funktioniert.", sagte Tonks darauf mit einer seltsamen Betonung auf dem Satzende. Jason stupste sie mit der Faust an, ebenfalls ein klein wenig seltsam.
Emilia ignorierte die sonstigen Anstalten der beiden und antwortete an Tonks gewandt, „Der BND kopiert den Datenträger mithilfe von Magie und verteilt ihn auch so. Das wird an die Bundesländer gegeben, die wiederrum die Sachen überspielen können. Innerhalb der magischen Einheit sind die Sachen alle sehr effizient, aber ich hatte immer das Gefühl, dass der nichtmagische Teil von Deutschland extrem ineffizient ist."
„Der Mann meinte, dass sie der Zentrale Bescheid geben würden, wenn sie es wieder gefunden haben.", sagte nun Tonks mit einer ähnlich seltsamen Betonung auf ihrer Stimme.
„Alex finde bitte kurz heraus wieso die Beiden sich so komisch benehmen.", forderte Emilia dann und versuchte, weiterzuarbeiten.
Man musste irgendwie herausfinden können, wie man diese Transportmethode verhinderte. Sie konnte das Abbild nicht schon wieder entwischen lassen.
Sie erschuf ein spinnenartiges Abbild mit mittelmäßiger Intelligenz und extrem kurzen Beinen.
„HA!", rief Alexander aus, „Nein, ähm, die sehen beide für mich vollkommen normal aus."
Emilia seufzte genervt.
Sie fütterte ihr Abbild mit dem Wunsch, von ihr wegzukommen. Üblicherweise tat man das nicht bei den Abbildern, da die Gefahr bestand, dass sie tatsächlich entwischen und dann keine Ahnung mehr hatten, was sie tun sollten. In diesem Fall hielt sich Emilia allerdings für schnell genug, der Spinne zuvorzukommen.
Anfangs konnte die Spinne kaum laufen. Dann fing sie an tollpatschig zu krabbeln. Emilia hatte die Beine vielleicht ein wenig zu kurz gemacht.
Es krabbelte vor ihr weg und langsam schritt Emilia hinterher und fragte sich, ob es von selbst lernen würde, wie das Abbild von Thomas zu fliehen.
„Ihr seid bescheuert.", murmelte Caroline, als sie ebenfalls dazu kam und Tonks brachte in schallendes Gelächter aus.
Die Spinne machte ein paar vergebliche Versuche, sich aus der Ebene zu lösen. Emilia sorgte schnell dafür, dass sie das nicht konnte. So blieb der Spinne eigentlich nichts anderes übrig, als…
Sie verschwand. Mit der einzigen Motivation, von ihr weg zu kommen, hatte die Spinne erstaunlich schnell gelernt, genau das zu tun.
Emilia bemerkte allerdings, wo sie hin wollte. Die Spinne war sehr tollpatschig. Emilia machte das Gleiche wie die Spinne. Es war sehr schwierig. Sie fühlte sich zerdrückt, gezerrt, und alle sonst noch unangenehmen Beschreibungen, die man normalerweise normalmagischen Reiseformen ankreidete.
Weit war die Spinne am Ende nicht gekommen. Doch so einfach Emilia dieses Wesen verfolgen konnte, dasselbe galt nicht für das Abbild von Thomas. Sie konnte die Spinne einfangen und wieder absorbieren. Wie sie sie daran hindern konnte, auf diese Weise zu entkommen, wusste Emilia allerdings noch immer nicht.
„Willst du es mal mit einem Klebezauber probieren?", fragte nun Tonks.
„Mit einem was?", erwiderte Emilia.
„Du weißt schon, du könntest versuchen, das Abbild zusammen zu kleben!", führte Tonks dann aus.
Emilia blickte zu Tonks hoch und bemerkte erst dann, dass ihre Aura falsch war. Dass Jason albern war, war nicht unbedingt, neu. Was sie jedoch freute war das fröhliche Gesicht von Jason, welches Tonks aktuell trug.
Die beiden Metamorphmagier standen hier mit verschmitzten Gesichtern rum und unterhielten sich mit den Anderen.
„Na schön, dass ihr die Zeit findet um Spaß zu haben.", stichelte Emilia.
Die falsche Tonks grinste, „Ja ich hatte auch nicht erwartet, dass das klappt, aber es ist durchaus eine gute Übung! Also, was hältst du von Klebezaubern?"
„Ja ich bezweifle, dass das eine gute Idee ist.", sprach Emilia dann, „Glaubst du, die Zentrale ist gegen Eindringlinge mit dieser Methode gewappnet?"
Jason zuckte mit den Schultern, „Also das mit dem physisch dahin navigieren ging ja irgendwie nicht, da denke ich nicht, dass wir in Probleme laufen."
Ihr Abzeichen pfiff. Emilia presste ihre Hand darauf, damit es leise wurde. Etwas verwundert sah sie Jason an, welcher mit Tonks Schultern zuckte.
„Emilia Brown hier?", fragte sie erstaunt, als sie die Sprechfunktion aktivierte.
„Heilerin Brown, wir haben tatsächlich bereits Rückmeldung von einer der Polizeidienststellen Berlin. Anruf wegen Belästigung durch einen unbekannten Mann, passende Beschreibung, innerhalb des erwarteten Bewegungsmusters.", gab der Disponent durch, „Sie müssten direkt hinspringen können. Dort ist keine magische Einrichtung. Wollen Sie eine Adresse oder sind Ihnen Koordinaten lieber?"
„Koordinaten bitte.", erwiderte Emilia.
„Also gut. Wir haben einen Anruf aus 52 Grad 28 Minuten 31.9 Sekunden Nördlich und 13 Grad 27 Minuten und dann 10.5 Sekunden Östlich. Ich hätte lieber eine Adresse genommen aber sie können ja tun was sie wollen.", gab der Disponent durch und unterbrach die Verbindung.
„Wieso ist die Leitstelle der Zentrale immer mit so viel Sarkasmus besetzt?", fragte Jason.
„Vermutlich, weil die unterbesetzt sind und nicht genug Geld bekommen.", erwiderte Emilia, „Machen wir uns auf den Weg. Ich benötige sofortige Feldzauber, sobald wir da sind. Darum kümmert ihr euch."
Damit sprang sie.
Der Mann in der Sonnenallee von Berlin war tatsächlich das gesuchte Abbild. Irgendwo auf der Straße hupte jemand, als der Mann quer über die Spuren lief. So desorientiert wie das Wesen war, war es ein echtes Wunder, dass es so weit gekommen war.
Doch das Glück, dass das Abbild am Anfang gehabt hatte, legte sich sehr schnell, je weiter es sich von Großbritannien entfernte. Eine solch weite Strecke zu überbrücken kostete es zu viel Kraft und es war nicht im richtigen Geisteszustand für so eine Reise.
„Na mal los mit dem Exorzismus!", rief Alexander jovial. Emilia ließ die anderen das Wesen einkreisen, während sie damit redete. Sie musste sich selbst nähern, damit sie die beste Chance hatte, es zu verfolgen, sollte es sich wieder aufzulösen versuchen.
„Hallo.", sprach Emilia darauf. Sie musste es hinhalten.
„Wo?", fragte es nur, nicht an sie gewandt. Bewegung schien es schwer zu fallen. Die Stimme hörte sich noch unmenschlicher als vorher an.
Langsam drehte es sich zu ihr um. Das Auto fuhr mit durchdrehenden Reifen ein paar Meter rückwärts und dann an ihnen vorbei. Emilia zauberte mit einer Handgeste den Gestank weg.
„Du bist auf gutem Weg zu deinem Ziel. Es scheint mir aber, als könntest du nicht so lange reisen, wie es dir lieb wäre.", antwortete Emilia.
Das Abbild sah nochmals an sich herunter, als könnte es seinen eigenen Körper nicht verstehen. „Nicht… fest."
„Überhaupt nicht fest. Ich kann dir helfen, wenn du möchtest.", log Emilia.
Das Abbild sah zu ihr. Die Augen wurden von schwarzen Fäden verschlungen. Für Einzelheiten hatte das Abbild nicht mehr genug Kraft. Vielleicht mangelte es auch an Konzentration.
„Ich bin nicht mehr ganz.", sagte das Abbild leise.
Emilia trat einen Schritt näher. Die Feldzauber standen noch nicht. „Du warst so lange eingesperrt, dass es nun sehr schwierig für dich sein muss. Dir wurde die Chance verwehrt, dich aus dieser Ebene zu lösen. Nun bist du ein herrenloser Geist ohne Anker. Du brauchst Hilfe. Wir können dir helfen."
„Ich spüre… Kraft die mich befreit hat. Ich muss… folgen.", flüsterte das Abbild.
Das Abbild löste sich auf. In dem Bruchteil der Sekunde konnte Emilia sogar sehen, wie sich das Wesen löste. Schwarze Muster zeichneten das Gesicht des Abbildes, als es sich wegdrehte. Die Muster wurden feiner und feiner, bis es schließlich komplett schwarz war und verschwand.
Das untrainierte Auge konnte das nicht sehen, so schnell wie es ging, doch Emilia hatte mittlerweile herausgefunden, wie es funktionierte.
Sie verfolgte es sofort. Es war schnell und musste nicht vorsichtig sein, aber Emilia war noch ganz bei Trost – jedenfalls soweit sie wusste.
Diesmal wirkte es erschrocken, und vielleicht sogar etwas ängstlich, als sie zu es aufgeschlossen hatte.
Es richtete einen unglaublich starken Kraftstoß auf sie. Die dunkle Energie sorgte dafür, dass in der Optik ein Riss entstand und ein Zischen ging durch die Luft, als der Kraftstoß auf sie zuraste. Emilia katapultierte sich mit einem Zauber zur Seite und traf hart auf dem Boden auf.
Sie sandte einen Zauber auf das Abbild, welches wieder versuchte, zu fliehen. Dem Wesen zuvorkommend verschwand sie ebenfalls und tauchte hinter dem Ding wieder auf. Es war sehr schnell und sehr mächtig, aber irgendwie nicht sonderlich schlau.
Emilia griff nach ihrem Dolch und warf diesen sogleich auf die sich noch formende Gestalt des Abbildes. Der Dolch fand Halt. Schafttief stak die Waffe in dem Rücken der Kreatur. Als sie zu Boden sackte, kam die Instabilität zum Vorschein.
Als würde sie sich aufrollen griffen kleine schwarze Fäden nach dem Boden oder nach Steinen. Mit einer unmöglichen Bewegung griff die Kreatur in ihren eigenen Bauchraum und schrie, als sie den Dolch innen griff und rausruckte. Sie warf ihn achtlos zur Seite und schrie weiter.
Jason war angekommen und sandte einen Feuerzauber auf die Kreatur, welchen sie mit einem Kraftstoß parierte. Die Energien trafen aufeinander und beide Angriffe verpufften.
Jason beschwor Seile, doch nun hielten sie nicht mehr an dem Abbild. Emilia sandte noch einen Fluch aus.
Das Abbild keuchte laut und drückte seinen Rücken durch. Nach einem Sprengzauber von Jason rutschte die Gestalt über den Boden und sie konnten sie fesseln.
Das Abbild hatte weit aufgerissene Augen und atmete nicht. Als es sprechen wollte, atmete es einmal ein und flüsterte dann, „Ich kann es nehmen."
„Was?", fragte Jason verwirrt.
„Das ist… Meine Gestalt. Mein Wesen. Ich kann es nehmen aus anderen. Ihre Kraft wird meine Kraft.", flüsterte es weiter.
„O…kay, aber was…", fragte Jason nun, doch das Abbild verschwand unter ihren Blicken und die Fesseln fielen zu Boden.
Emilia löste sich direkt aus der Ebene und nahm die Verfolgung auf. Es flüchtete nun weiter Richtung Osten.
Es bewegte sich so schnell es konnte und Emilia hoffte, dass es bald anhalten müsste.
Doch es tat es nicht. Auch nicht, als Emilia stoppen musste, damit sie sich nicht schädigte. Nach vielen Kilometern war das Abbild noch immer in seiner Reiseform, ohne Rücksicht auf seine menschliche Hülle. Keuchend stand Emilia in einem Feld irgendwo in Litauen. In der Ferne war ein Traktor zu hören.
Sie realisierte erst danach, was sie getan hatte. Es war nicht nur von ihrem Fluch unbeeindruckt gewesen – es hatte ihn sogar absorbiert. Es hatte sich mit ihrer Magie gestärkt, obwohl die extra dazu auf ihn gerichtet war, um Schaden anzurichten. Er konnte einen Fluch nehmen und sich damit heilen.
Und Emilia wusste, wer gerade einiges an bösartiger schattenmagischer Energie in sich trug und diese vermutlich loswerden wollte.
A/N
Beim nächsten Mal schwenken wir den Blick wieder zurück auf Harry&co!
