22:56 Ortszeit
Vor Mac's Apartment
Georgetown

Harm begleitete Mac noch bis zu ihrem Apartment hoch, dann verabschiedeten sie sich.

"Es war ein schöner Abend. Danke, dass du mich mitgenommen hast.

Ihr Lächeln, die Lippen, die er hatte küssen dürfen, raubten ihm beinahe den Verstand. Um nicht wieder in Versuchung zu geraten, sagte er nur "Wir sollten das unbedingt wiederholen. Gute Nacht, Mac" und drehte sich um. Sie wünschte ihm ebenfalls eine gute Nacht und sah, wie er sich ihr noch ein letztes Mal zu ihr umwandte, um ihr sein berühmtes Lächeln zu schenken, bevor er die Treppen hinunter ging und verschwand.

Mac stand noch einen Augenblick im Rahmen ihrer Wohnungstür, riss sich dann aber aus den Gedanken und betrat ihr Apartment, wo Jingo schon freudig mit dem Schwanz wedelnd auf sie wartete.

"Na mein Alter!", begrüßte sie ihn und streichelte seinen Kopf.

Sonntag, 24. Dezember, 17:13 Ortszeit
Harms Apartment
Nördlich der Union Station

Harm stand in seinem Schlafzimmer und zog sich gerade warm an, um sein übliches Weihnachtsritual hinter sich zu bringen, also zur Memorial Wall zu fahren. Dies war schon seit Jahren eine Gewohnheit für ihn. Er redete mit seinem Vater, ließ das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren. Das half ihm, sich über vieles klar zu werden. Auch dieses Jahr wieder hatte er einiges, was ihn beschäftigte. Harm hoffte, sein Vater könnte ihm dabei vielleicht helfen. Er wusste natürlich, er würde nie eine Antwort bekommen, aber sein Vater war die einzige Person, der er alles sagen konnte. Wenn er an der Wall stand, konnte er Dinge aussprechen, die er sonst nie über die Lippen bringen würde. Dabei ging es um Mac, um seinen Halbbruder Sergei und um Mattie. Aber natürlich am meisten ging es um Mac. Als Harm an sie dachte, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Was machte sie wohl gerade? Sicher zog sie sich ein tolles Kleid an, denn später wollte sie zu den Roberts zum alljährlichen Weihnachtsessen gehen. Bud und Harriet hatten Harm auch eingeladen, aber ihm war nicht so nach Gesellschaft, dieses Jahr noch weniger als sonst. Er konnte es sich nicht erklären, aber er hatte das dringende Bedürfnis, allein zu sein. 'Aber ich wüsste schon gerne, wie toll Mac heute wieder aussieht' schoss es ihm durch den Kopf. Im nächsten Augenblick fragte er sich, wo denn dieser Gedanke plötzlich hergekommen war. Er schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg zu seinem Vater.

17:25 Ortszeit
Macs Apartment
Georgetown

Mac war tatsächlich gerade dabei, sich etwas zum Anziehen zu suchen. Sie wusste zwar, dass Harm nicht kommen würde, er hatte es ihr ein paar Stunden zuvor am Telefon erzählt, aber sie gab sich trotzdem viel Mühe, ein schönes Kleid zu finden. Als sie schließlich etwas Passendes angezogen hatte, betrachtete sie sich noch einmal im Spiegel, danach ging sie ins Wohnzimmer. 'Was Harm wohl gerade macht? Schade, dass er heute nicht kommt. Irgendwie war er in letzter Zeit anders als sonst, ob das etwas mit dem Kuss zu tun hat?' Bei der Erinnerung an seine Lippen auf ihren bekam sie eine Gänsehaut. Es war so schön gewesen, und sie hätte ewig weiter machen können, aber schließlich war auch dieser Kuss einmal zu ende. Nun war sie sich noch unsicherer als vorher. Damals, auf dem Pier in Norfolk, hatte er Diane geküsst, dessen war sie sich sicher. Sie hatten ihn einfach an seine tote Freundin erinnert, da war es kein Wunder, das er das Verlangen hatte, sie zu küssen. Aber dieses Mal? Wieso hatte er sie dieses Mal geküsst? Dachte er immer noch an Diane, wenn er sie sah? Mac spürte einen Stich. 'Hoffentlich nicht...' Sie waren beste Freunde, vielleicht hatte er sich auch nur bedanken wollen. 'Das wird es sein. Jetzt hör auf, an Harm zu denken, und mach dich auf den Weg, MacKenzie', sagte sie in Gedanken zu sich selbst. Sie schloss die Tür ab und ging zu ihrem Auto, aber es gelang ihr nicht so recht, einen gewissen Commander aus ihrem Kopf zu vertreiben.

18:01 Ortszeit
Memorial Wall
Washington, D.C.

Harm näherte sich langsam der schatzen Wand. Jedes Mal, wenn er hier war und all die Namen der vielen Männer las, die im zweiten Weltkrieg umgekommen waren, fühlte er sich schrecklich. Aber sobald er den Namen seines Vaters erblickte, ging es ihm wieder besser. Dort fühlte er sich seinem Vater so nah, näher als irgendwo sonst. Es fühlte sich ein bisschen so an, als wäre er zu Hause. Außer ihm war nur noch ein älterer Mann dort, der aber nach ein paar Minuten ging. Nun war Harm alleine. Er flüsterte "Hi Dad" und stricht über die Buchstaben. "Harmon Rabb Sr." war in den Stein eingraviert. Diese Buchstaben waren alles, was er noch von seinem Vater hatte. Er dachte kurz daran, wie schrecklich es gewesen war, als er und seine Mutter gewartet hatte, aber niemand Heim gekommen war... Dann erzählte er seinem Vater, wie das Jahr für ihn verlaufen war. Er erzählte, dass es seiner Mutter und Frank gut ging, von seiner Arbeit und seinen Freunden. Schließlich landete er natürlich bei einer speziellen Freundin. "Eigentlich ist sie mehr als eine Freundin", redete er noch immer leise mit der Wand. "Wir haben so viel zusammen durchgemacht. Sie hat mir das Leben gerettet und ich ihr. Sie war immer für mich da, ist mir nach Russland gefolgt, als ich dich gesucht habe. Mac ist unglaublich! Ich wünschte, du hättest sie kennen gelernt, Dad. Weißt du was? Vor einer Woche haben wir uns geküsst! Das war der beste Moment dieses Jahr. Aber danach haben wir nicht ein Mal darüber geredet. Seitdem ist die Stimmung zwischen uns zwar anders, aber ich bin nicht sicher, ob das gut ist. Warum hat sie mich überhaupt geküsst? Wenn du doch bloß hier wärst und mir helfen könntest... Ich weiß nicht, was ich machen soll. Mac ist so... - es gibt gar kein Wort dafür. Jedes Mal, wenn ich sie sehe, werden meine Knie ganz weich und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ein Wunder, dass sie meinen rasenden Puls noch nie bemerkt hat, dabei waren wir uns schon so oft sehr nah." Er dachte zurück an Afghanistan, wo sie zusammen auf dem Boden gelegen hatte, ganz dicht aneinander gekuschelt um ihre Körperwärme zu teilen. Da hatte sein Herz wieder einmal so laut gegen seinen Brustkorb geschlagen, dass er gedacht hatte, man würde es noch eine Meile entfernt hören. Aber seine Mac hatte davon nichts gemerkt. 'Moment mal, meine Mac?' Er schüttelte lachend den Kopf. "Weißt du, Dad, sie ist meine beste Freundin und ich will unsere Freundschaft auf keinen Fall kaputt machen. Aber ich liebe sie über alles." Dies kam ihm so leicht von den Lippen, nun wo die Frau, über die er sprach, nicht dabei war. Sobald er sie jedoch sah, konnte er es nicht mehr sagen. Es war wie verhext! "Was soll ich nur machen? Ich kann es ihr einfach nicht sagen! Sie würde eh antworten, dass sie meine Gefühle nicht erwidert. Und dann wäre unsere Freundschaft dahin. Andererseits..." Diesmal sprach er nicht aus, was er dachte, es war zu unwahrscheinlich. Jedoch darüber nachdenken musste er trotzdem: 'Vielleicht liebt sie mich ja auch? Immerhin ist sie nicht zurückgeschreckt, als wir uns neulich geküsst haben...' Beim Gedanken an den Kuss lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Es hatte sich so richtig angefühlt, sie im Arm zu halten. Danach hätte er so gerne mit ihr darüber geredet, ihr gesagt, was er empfand. Aber da war wieder dieser Moment gewesen, den er zu lange gewartet hatte, dann hatte er wieder nichts sagen können. Wieder hatte er den richtigen Zeitpunkt verstreichen lassen, ohne seine Chance zu nutzen. 'Chance? Was machst du dir eigentlich vor, Rabb?' Er schüttelte erneut den Kopf, aber diesmal mit einem traurigen Gesichtsausdruck. In seinem Kopf argumentierten schon wieder zwei Stimmen gegeneinander. Die eine gehörte seinem Verstand, der kühl argumentierte, welche Punkte gegen ein Gespräch mit Mac über seine Gefühle sprachen, die andere war die Stimme seines Herzens, die ihm sagte: 'Tu es! Rede mit ihr! Sag ihr, was du empfindest! Was hast du schon zu verlieren?' Da schaltete sich wieder sein Verstand ein: 'Sie. Du könntest sie verlieren, und zwar für immer.' Sein Herz sehnte sich nach Mac und wies in an, doch noch zum Weihnachtsfest der Roberts zu gehen. Sein Verstand war natürlich wieder anderer Meinung. Schließlich entschloss er sich aber doch, auf sein Herz zu hören. "Ich muss jetzt los, Dad, ich muss zu Mac. Wenn ich ihr schon nicht sagen kann, dass ich sie liebe, dann will ich wenigstens so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. Bye, Dad, und frohe Weihnachten, wo immer du auch sein magst."

Harm ging zurück zu seinem Auto und schnallte sich an. Eigentlich wollte er gar keine Musik hören, aber irgendetwas zwang ihn dazu, das Radio anzuschalten. Schon nach ein paar Sekunden wollte er es wieder abschalten, als er den Song erkannte, ein typisches Weihnachtslied, doch wieder veranlasste ihn diese Kraft, es nicht zu tun. Er fuhr los. Kurz bevor er bei Bud und Harriet ankam, begann ein neues Lied im Radio.

"If you're not the one then why does my soul feel glad today?
If you're not the one then why does my hand fit yours this way?
If you are not mine then why does your heart return my call?
If you are not mine would I have the strength to stand at all?

I never know what the future brings
But I know you are here with me now
We'll make it through
And I hope you are the one I share my life with

I don't want to run away but I can't take it, I don't understand
If I'm not made for you then why does my heart tell me that I am?
Is there any way that I can stay in your arms?

If I don't need you then why am I crying on my bed?
If I don't need you then why does your name resound in my head?
If you're not for me then why does this distance maim my life?
If you're not for me then why do I dream of you as my wife?

I don't know why you're so far away
But I know that this much is true
We'll make it through
And I hope you are the one I share my life with
And I wish that you could be the one I die with
And I pray in you're the one I build my home with
I hope I love you all my life

I don't want to run away but I can't take it, I don't understand
If I'm not made for you then why does my heart tell me that I am
Is there any way that I can stay in your arms?

'Cause I miss you, body and soul so strong that it takes my breath away
And I breathe you into my heart and pray for the strength to stand today
'Cause I love you, whether it's wrong or right
And though I can't be with you tonight
I know my heart is by your side

I don't want to run away but I can't take it, I don't understand
If I'm not made for you then why does my heart tell me that I am
Is there any way that I can stay in your arms"

Inzwischen hatte er Tränen in den Augen. Der Song beschrieb genau das, was er für Mac empfand. Sein Herz sagte ihm, dass er für sie geschaffen war, nur für sie. Sie war diejenige, mit der er sein Leben teilen und zusammen sterben wollte. Sie war der andere Teil seines Selbst. Ohne sie fehlte ihm die Luft zum Atmen, ohne sie konnte er einfach nicht leben. Als die letzten Takte des Liedes zu ende waren konnte er nichts mehr sehen vor Tränen, aber sein Auto stand glücklicherweise schon in der Einfahrt der Roberts.


A/N: So, ein Kapitel habe ich noch, wenn ihr wollt! ;)