Kapitel 5

Es war für Hermine gewiss nicht leicht, dem schwarzhaarigen den ganzen Abend aus dem Weg zu gehen. Zumal sie sich doch nichts schöneres vorstellen konnte, als in seiner Nähe zu sein. Mit Mühe überredete sie sich kurz vor neun Uhr, ihr Muggelbuch, das sie von ihren Eltern bekommen hatte in den Gemeinschaftsraum zu nehmen, und weiterzulesen. So sehr sie sich auch bemühte, die Wörter, die da standen zu verstehen, sie scheiterte kläglich daran. Was vielleicht auch an Ginny lag, die zusammen mit Neville in der anderen Ecke des Raumes sass und sich förmlich die Augen ausheulte.

Irgendwie tat sie ihr ja Leid, dennoch konnte sie das glückliche Gefühl, das sich jedes Mal in ihrem Bauch ausbreitete, wenn sie an Harry dachte, nicht unterdrücken.

"Siehst du, was ich meine?"
Vor Schreck liess Hermine ihr Buch auf den Boden fallen und schnappte nach Luft. "Spinnst du, mich so zu erschrecken?" Sie schlug gegen Rons Bein, der sich gerade eben zu ihr auf das Sofa gesetzt hatte und mürrisch durch den Gemeinschaftsraum starrte. In Richtung Ginny, versteht sich.
"Erschrocken? Tut mir Leid!" Er bückte sich nach dem Buch und hielt es Hermine vor die Nase. "Was liest du nun schon wieder... Illuminati. Was zum Teufel ist das?"
"Nimm es mir nicht übel, Ron, aber ich habe weder Lust noch die Motivation mit dir über meine Bücher zu reden!", sagte Hermine und liess ihr Buch verschwinden.

"Ich ehrlich gesagt auch nicht!", meinte Ron.
"Und was tust du dann hier?"
"Ich habe es nicht mehr ausgehalten, neben Ginny zu sitzen, die eh die ganze Zeit nur heult!" Ron vergrub genervt sein Gesicht in den Händen und schnaubte. "Und das alles nur wegen Harry!" Hermine schluckte leise. "Dabei kann ich sie nicht mal verstehen... Ich meine- mir kam ihre Beziehung zu Harry nie gerade sehr eng vor!"
"Das glaub ich schon... Sonst hätte sie ja nicht mit-!" Augenblicklich brach Hermine ihren Satz ab und hörte für einen Moment auf zu atmen. Hatte sie das tatsächlich gesagt?
"Was?"
"Ach nichts!", so gut wie möglich versuchte Hermine die Situation noch zu retten, ehe sie vollkommen eskalierte. "Hör mal, Ron: Ich habe keine Lust über Harry und deine Schwester zu sprechen- zumal du dich anscheinend sowieso auf Ginnys Seite geschlagen hast! Versteh ich, denn sie ist ja deine Schwester. Aber versuch die ganze Geschichte auch mal aus der Sicht deines besten Freundes zu sehen!"
"Ich will wissen, was du vorhin sagen wolltest, Hermine!", Ron blieb hartnäckig.
"Es ist nichts. Glaub mir..." Mit schlechtem Gewissen, dass sie ihren Freund soeben angelogen hatte, stand sie auf und ging in ihren Schlafsaal. ´Noch mal gut gegangen!´, dachte sie erleichtert.

Harry war vor Hermine an ihrem abgemachten Ort angekommen und warf nun einwenig nervös Steine in den See und schaute in den Mond, der sich im pechschwarzen See spiegelte. Er strich sich das Haar nach hinten und atmete nochmals tief durch, als Hermine sich mit langsamen Schritten ihm näherte. Mit verschränkten Armen setzte sie sich im Schneidersitz neben ihn ohne ein Wort zu sagen und zog ihren Pulli fester um sich. Es war zwar Frühling, dennoch zu kalt.

"Wie soll das jetzt weitergehen... mit uns?"

Hermine zuckte mit den Achseln und drehte den Kopf zu Harry, der sie liebevoll musterte. Der Mond erhellte sein schönes Gesicht und liess seine Augen leuchten, die heute Abend etwas ruhiges in sich hatten.
"Na schön... Dann frag ich dich anders: Was willst du?"
Hermine zog ihre Knie an sich ran, legte ihren Kopf drauf und starrte in den dunklen See. "Ich kann es dir nicht sagen, Harry!"
"Warum nicht?"
"Weil ich mir selbst diese Gefühle nicht mal erklären kann. Ich verstehe sie nicht. Sie sind so neu für mich..."
Harry sah sie ruhig an. "Du musst nicht immer alles verstehen, Hermine." Hermine nickte, und sah zu Harry rüber, der ihr Einbisschen aufmunternd zunickte und schließlich seine Hand auf ihren Schenkel legte. Mit einem Klos im Hals hielt sie die Luft an, als seine Fingerspitzen ihr Bein berührten und gleichzeitig genoss sie diese simple Berührung. Noch nie wurde sie so angefasst.
"Soll ich dir zeigen, was ich will?" Harrys Gesicht war Hermines gefährlich nah gekommen, und gerade als Hermine matt genickt hatte, legte er seine Lippen auf die Ihren. Nur ganz kurz und dennoch so intensiv, dass Hermine, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, mit geschlossenen Augen seufzen musste. "Das!", flüsterte Harry, als Hermine ihn wieder ansah und ein kleines Lächeln über ihre Lippen huschte. Mit seinen Fingern fuhr er über die weiche Haut ihres Gesichtes und zauberte damit ein weiteres Lächeln herbei. "Du weisst gar nicht, wie sehr ich mich danach gesehnt habe!", hauchte Hermine, ehe Harry zu einem weiteren Kuss ansetzte. Sorgfältig beugte er sich über sie und drückte sie nach hinten auf die Wiese. Langsam schob er seine Zunge zwischen den Spalt ihrer Lippen und als Hermine mit aller Leidenschaft seinen Kuss erwiderte, konnte er nicht glauben, wie gut sie schmeckte. So gut, dass er nicht genug davon kriegen konnte, sie zu küssen.