12. Kapitel
Alex stand neben dem Pfarrer.
Heute war die Hochtzeit von Nick und Tess und nun warteten sie darauf, dass die Braut den Mittelgang runter kam.
Neben ihm stand sein überaus nervöser Bruder. Er sah ihn an und grinste ihm aufmunternd zu.
Die Musik setze ein. Zuerst kam Becky den Gang hinunter, gefolgt von Jodi.
Alex hielt nun den Atem an. Claire kam als nächste und sie sah umwerfend aus.
Sie trug ein schieferfarbenes Satteinkleid, das ihr bis zu den Knöcheln ging. Feine Spagettiträger verteilten sich fächerartig über ihre Schulten, die dann im Rücken sich zu einem Netzartigem Geflecht verbanden.
Alex konnte die Augen nicht von Claire lassen. Er war es ja langsam gewöhnt sie so zu sehen und jedes Mal verschlug es ihm die Sprache.
Er war nicht mehr in der Lage, sich auf die Zeremonie richtig zu konzentrieren und verpatzte fast seinen Einsatz, als er Nick die Ringe übergeben sollte.
Als sich die Beiden ihr Ja Wort gaben sah er Claire in die Augen.
Ein merkwürdiges Kribbeln erfasste seinen Körper. Claire sah ihn schüchtern an, doch auch sie konnte ihren Blick nicht von ihm lösen. Sie hatte das Gefühlt, dass tausend Schmetterlinge in ihrem Bauch waren.
Erst als die Gäste applaudierten und das Ehepaar Tess und Nick Ryan begrüßten, lösten sich Claires und Alex Blicke und damit verflog auch diese seltsame Spannung, die sie beide gefangen gehalten hatte.
Sie gratulierten ihren Geschwister und machten sich auf den Weg zum Festzelt. Claire brauchte dringend etwas zu trinken, sie musste ihre Gefühle ordnen.
Sie unterhielt sich hie und da mit einigen Gästen, bis Claire auf Alex traf.
"Für uns wird sich so einiges ändern, nicht wahr Claire." meinte Alex.
"Wie meinst du das?" fragte sie unsicher.
"Nun du wohnst wieder alleine, Meg zieht weg und ich muss wieder nach Killarney einziehen." erklärte er.
"Wieso ziehst du nach Killarney?" wollte Claire wissen.
"Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich weiterhin in Wilgul wohnen bleibe. Immer hin sind die Zwei frisch verheiratet, da stört ich nur." grinsend sah er sie an.
Claire verstand was er meinte und grinste ebenfalls.
"Nun Zuhause leben kann Vorteile haben. Du musst nicht mehr kochen, aufräumen, putzen. Ist doch schön" zog ihn Claire auf.
"Ja, vor allem wenn ich meine nächtlichen Besuche am morgen rausschmuggeln will. Die Verhöre, wenn ich über Nacht wegbleibe und geschweige von Moms eisiger Stimmung." zählte Alex ironisch auf.
"Sie hat sich noch immer nicht beruhigt? Ich hätte nicht gedacht, dass Liz tatsächlich der Hochzeit fernbleibt. Immerhin ist Nick ihr Sohn." wunderte sich Claire.
"Ich sag's mal so, gewisse Worte soll man nicht ihn ihrer Gegenwart fallen lassen."
Claire sah in halb belustigt an "Lass mich raten, Tess, Hochzeit!" fragte sie dabei.
"So um einige zu nennen, aber egal. Ich kann auch nicht verstehen, dass Mom nicht hier ist. Dad und sie liegen im Moment nur im Dauerclinch.
Wird toll zu hause zu leben" schloss Alex sarkastisch ab.
Beide unterhielten sich noch eine Weile und dann wurde das Essen serviert.
Bis spät in die Nacht feierten sie, todmüde ging Claire ins Bett.
Am nächsten morgen wurde ein regelrechter Abschiedmarathon gefeiert.
Meg hatte ihren Wagen gepackt und Terry fuhr sie nach Sydney. Tess und Nick waren auf Drovers geblieben um von ihr Abschied zu nehmen.
Es flossen viele Tränen, bis Meg endlich in den Pick-up stieg und los fuhr.
Alex war nun gekommen um Tess und Nick zum Flughafen zu begleiten, sie gingen für drei Wochen in die Flitterwochen. Harry hatte ihnen einen Traum Urlaub zu den Malediven geschenkt.
Claire verabschiedete sich rasch von den Beiden und wünschte ihnen eine schöne Zeit. Als Alex mit ihnen wegfuhr sah sie ihnen traurig nach.
Nachdem sie aus ihrem Blickfeld waren entschied sie sich etwas zu chatten.
Sie hatte in den letzten Wochen keine Zeit gehabt online zu gehen und wollte nachsehen ob Wildboy online war. Leider war er es nicht. Dafür fand sie eine E-Mail von ihm.
Hi Horse Whisper,
du warst schon lange nicht mehr im Chat und habe mir Sorgen gemacht.
Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, aber immerhin sind wir ja so was, wie Freunde.
Ich hoffe dass bei dir alles ok ist und wir uns bald mal wieder on line treffen.
Wenn du Lust hast kannst du mir ja antworten,
Machs gut
Wildboy!
Claire grinste, er hatte sie also vermisst und setzte sich gleich an eine Antworte.
Hi Wildboy,
entschuldige dass ich so lange off line war, aber ich hatte jedemenge um die Ohren und war abends so müde, dass ich regelrecht ins Bett fiel.
Ich habe unsere regelmäßige Chats auch vermisst und hoffe, dass es mal wieder klappen wird.
Bis bald
Horse Whisper.
Claire sendete das E-Mail ab und hoffte dass sich Wildboy bald melden würde.
Claire fühlte sich seit langer Zeit einsam im Haus.
Es war schon seltsam, vor über vier Jahren liebte sie diese Einsamkeit, doch nun ertrug sie diese nicht. Meg war weg, Tess auch und ein Mann war auch nicht in Sicht.
Sie beschloss reiten zu gehen, um sich auf andere Gedanken zu bringen.
Alex war inzwischen vom Flughafen zurück und holte seine restlichen Sachen aus Wilgul, um wieder nach Killarney zu ziehen.
Er hatte kaum alles eingeräumt, als er hörte wie seine Eltern sich stritten.
Er beschloss diesmal einzugreifen, doch als er merkte worum es ging blieb er hinter der Tür stehen und lauschte.
"Liz um Himmelswillen, komm zu dir! Es ist vorbei, sie sind verheiratet und werden eine Familie gründen." hörte Alex seinen Vater.
"Ich werde dieses Flittchen nie als Teil meiner Familie ansehen. Sie hat alle meine Pläne für Nick und Claire durchkreuzt. Dein Traum Drovers und Killarney zusammen zu führen, alles aus!" rief Liz.
"Liz, das war so eine Idee die Jack McLeod und ich einmal hatten. Man kann nun mal nicht Schicksal spielen und wer weiss vielleicht werden ja Claire und Alex ein Paar!"
Alex musste grinsen als er seinen Vater hörte.
"Du weisst so gut wie ich, dass das nicht gilt, Harry." Alex stutzte bei den Worten.
"Liz, mein Gott, hör auf mit der alten Geschichte. Ich verstehe dich nicht! Ich müsste derjenige sein der so denkt, nicht du. Alex ist ja immerhin dein Sohn."
Alex erstarrte als er Harrys Worte begriff.
Er trat nun ein und seine Eltern sahen ihn geschockt an.
"Was meinst du damit, dass ich ihr Sohn bin, Dad?" wollte Alex wissen.
Harry sah ihn an.
"Alex, als ich deine Mutter geheiratet habe war sie bereits schwanger, mit dir. Als du drei Jahre alt warst, hattest du einen Unfall und bei der Blutuntersuchung fiel dem Arzt auf, dass ich dir kein Blut spenden konnte. Deine Mutter hatte mir erst nach einem heftigen Streit gebeichtet, dass ich nicht dein leiblicher Vater bin." erklärte ihm Harry sachlich.
"Warum weiss ich nichts davon?" fragte Alex verwirrt.
"Weil es keine Rolle für mich spielt. Du, Alex bist mein erstgeborener Sohn, daran ändert so ein Bluttest nichts. Ich hielt es nicht für wichtig." gab Harry zu.
"Für dich nicht, aber für Mom. Nun verstehe ich alles. Klar! Ich bin der Unfall, während Nick das Wunschkind war. Gott und du bist meine Mutter." spuckte Alex Liz entgegen.
Liz sah ihn an unfähig ihm zu widersprechen.
"Ja es war so Alex, aber das heisst nicht, dass ich dich nicht liebe." versuchte sie ihn zu besänftigen.
"Ach hör doch auf mit dem Gesülze. Du wirst Tess vor eine geldgierige, und berechnende Schlange zu sein, dabei bist du es! Du warst berechnend und hast ihn des Geldes wegen geheiratet. Du tust mir leid Mutter. Mit deinem Starrsinn hast du nicht nur Nick verloren, sondern auch mich." wütend wandte sich Alex ab.
Harry sah im traurig hinterher.
"Nun Liz ich hoffe du bist zufrieden!" sagte er zu ihr und liess sie stehen um Alex zu folgen.
"Alex, Alex warte" rief er ihm hinterher.
"Dad ich verstehe nicht, wie du ihr das verzeihen konntest. Sie hat dich angelogen und mich. Ich halte es in ihrer Nähe kaum aus." fuhr Alex Harry an.
"Junge, Liebe verzeiht so manches. Und ich liebe deine Mutter, so wie ich dich und Nick liebe. Wir zwei sind uns so ähnlich und verdammt hitzköpfig, aber ich versehe dich. Du brauchst Abstand, warum ziehst du nicht ins kleine Gästehaus ein.
Es ist weit genug vom Haupthaus entfernt und du hättest deine Privatsphäre." schlug Harry ihm vor.
"Danke Dad, doch ich kann nicht. Ich werde schon was finden.
Lässt du meine Sachen in den Wagen bringen? Ich möchte gerne Ausreiten und mich abreagieren."
Harry nickte und lies ihn gehen.
Alex ritt zum kleinen See und war überrascht Claire hier vorzufinden.
"Na du, hier ist wohl der beste Platz um Trübsal zu blasen." begrüßte sie ihn.
"Oder die Scherben seines Lebens aufzusammeln." antwortete er ihr.
Claire sah ihn erstaunt an.
"Was ist geschehen?" fragte sie vorsichtig.
Schwer liess sich Alex neben sie fallen und erzählte ihr was geschehen war.
Claire fühlte mit ihm, sie erinnerte sich genau wie sie sich gefühlt hatte, als sie es erfahren hatte.
Tröstend legte sie ihm einen Arm um die Schulter.
"Was hast du jetzt vor?" fragte sie ihn nach einer Weile.
"Ehrlich, ich weiss es nicht! Ich hab ja noch etwas Zeit, ich werde wohl oder übel doch in Wilgul bleiben. Wird zwar eng werden, aber ich weiss im Moment keine andere Lösung." gab Alex zu.
Claire sah in an und ihr kam eine Idee, sie war zwar ungewöhnlich, aber sie fühlte, dass es das Richtige war.
"Alex, warum ziehst du nicht in Drovers ein? Megs Haus steht leer. Das wäre doch die ideale Lösung." bot sie ihm an.
Erstaunt sah er sie an.
"Claire, das geht doch nicht, was würden die Leute denken, wenn ich bei dir einziehe." widersprach er ihr.
"Technisch gesehen ziehst du ja nicht bei mir ein, sonders auf Drovers. Du bist eh viel bei uns, wegen des Trainings. Was die Leute sagen hat uns doch eh nie gekümmert, komm das wird sicher lustig!" versuchte ihn Claire zu überreden.
Es war seltsam, aber sie wollte, dass er ihr Angebot annahm.
Alex sah sie lange an. "Claire du bist wirklich der beste Freund den man sich wünschen kann. Ich nehme an."
"Gut, aber denk daran, du musst selber kochen, waschen und putzen!" sagte nun Claire lachend.
"Gut abgemacht!" antwortete Alex und stand auf.
"Wo gehst du hin?" fragte sie neugierig.
"Nun ich hole meine Sachen, so kann ich einziehen. Ist das ok?" Alex sah sie erwartungsvoll an.
Claire lachte und nickte. "Klar, das heißt ich muss nun auch zurück und sauber machen."
Sie stand nun ebenfalls auf und setze sich auf Blaze. "Bis naher Alex." verabschiedete sie sich.
Alex stieg auch aufs Pferd und sah ihr nach, kopfschüttelnd machte er sich auf den Weg.
Claire war einfach großartig, sie hatte ihm ohne zu zögern aus der Patsche geholfen. Nun würde er auf Drovers leben, das seltsame warme Gefühl, das ihn bei dem Gedanke erfasste, schob er zur Seite.
Claire hatte bereits alles bereit gemacht und Alex´ Einzug stand nichts im Weg.
Als sie Alex Auto sah ging sie ihm entgegen.
"Hey du bist ja schon hier" begrüßte sie ihn. Lachend stieg Alex aus.
"Nun warum warten! Es war eh nicht viel"
Jodi kam auch an und schnappte sich eine Schachtel.
"Hey Alex du hast ja einen Laptop, darf ich mir den mal ausleihen?" fragte sie frech.
"Nichts da, den hab ich erst vor zwei Tagen gekauft. Ich habe lange genug den Computer teilen müssen!" antwortete er lachend aber bestimmt.
"Ach komm, du brauchst den eh nur zur Arbeit, ich würde ihn nur fürs Internet brauchen." bettelte sie weiter.
"Wer sagt, dass ich nicht auch surfe?" erwiderte Alex.
Jodi sah ihn platt an "DU? Ach komm, was willst du schon im Net?" fragte sie erstaunt.
"Ob du es glaubst oder nicht gelegentlich chatte ich, Jodi." gab er grinsend zu.
Claire hatte das gehört und grinste auch "Du auch? Gelegentlich mache ich das auch!" gab sie zu.
"Hey stellt euch vor, ihr würdet euch in so einem Chatroom begegnen und wisst nicht, dass ihr es seid. Wäre doch sicher witzig!" foppte Jodi nun die beiden und schleppte einen weitern Karton ins Haus.
Claire uns Alex sahen sich an gleichzeitig schüttelten sie den Kopf.
"Nein das würden wir doch merken, oder?" fragte Alex Claire etwas verunsichert.
"Alex ich bitte dich, natürlich würden wir das merken. Wir kennen uns zu gut, um so aneinander vorbei zu reden! Glaub mir wir würden es merken." verstreute sie seine Befürchtung.
"Stimmt" gab er ihr grinsend recht.
Es dauerte nicht lange bis Alex Zeug verstaut war.
Claire zog sich nun zurück und wollte noch etwas surfen.
Wildboy: hey fremde, schön das es dich auch noch gibt. danke für dein mail. hatte mir etwas sorgen gemacht. alles ok bei dir?
HorseWhisper: hi, ja alles ok. es war nur viel los. ich hatte einige private verpflichtungen die ich nicht umgehen konnte. und du?
Wildboy: ähnlich, manchmal ist einfach der wurm drin. was machen deine dates, den traummann gefunden?
HorseWhisper: nein noch nicht, hatte aber wie gesagt, hatte auch den kopf dafür nicht frei.
Wildboy: nicht dass du nun aufhörst.
HorseWhisper: nein, aber ehrlich gesagt ich hatte auch keine lust. ich würde einfach mal mit jemand ausgehen ohne dass etwas von mir erwartet wird.
Wildboy: kenne ich. dates können anstrengend sein, ein gemütlicher abend mit einem freund ist schon sehr entspannend.
HorseWhisper: schade das du nicht in der gegen wohnst, sonst hätten wir uns mal treffen können.
Wildboy: stimmt, wobei wo wohnst du überhaupt? vielleicht ist es ja nicht so weit entfernt.
HorseWhisper: ich wohne im outback
Wildboy: hey das gibts doch nicht, in der nähe fisher?
HorseWhisper: genau! du kennst fisher? wohnst du da?
Wildboy: nicht direkt aber in der nähe. scheint wohl schicksal zu sein, also wollen wir uns treffen.
HorseWhisper: also gut. ich weiss ja dass du kein psychopath bist. wann und wo?
Wildboy: am freitag um 19:00 in der bar, neben der polizeiwache. wie währe das?
HorseWhisper: perfekt, falls was ist, kann ich zur polizei gehen ;-)
wie soll ich dich erkennen?
Wildboy: ich werde ein rotes hemd tragen und eine gelbe rose dabei haben. ok?
HorseWhisper: ok ich werde auch eine gelbe rose dabei haben. ich freu mich. cu!
Zufrieden loggte sich Claire aus.
Sie würde Wildboy kennen lernen. Das versprach interessant zu werden.
Wildboy loggte sich ebenfalls aus.
Er würde sich mit Horse Whisper treffen, während er das dachte, schloss er seinen Laptop.
TBC
