Teil 2: Benjy Fenwick
„JETZT REISST EUCH DOCH EINMAL ZUSAMMEN!", schrie Benjy Fenwick die Rekruten zusammen. Er war nicht gerade beigeistert von der Tatsache, dass er für die Ausbildung, der neuen Rekruten zuständig war. Wieso musste ausgerechnet er dafür herhalten? Es gab viele Auroren, die die Ausbildung nur zu gerne übernommen hätten. Aber Benjy gehörte nicht zu jenen, denen es Freude machte. Er sah es als eine Last an.
Jeder Auror musste eine Ausbildung durchlaufen und es waren drei Ausbilder. Einer für Theorie, einer für Praxis unter dritte war für die Aufsicht zuständig. Und wie es das Glück so für Benjy gedacht hatte, war er für die Aufsicht zuständig. Praxis hätte ihm am Besten gefallen. Theorie hätte ihm auch nicht viel gemacht, obwohl er der Meinung war, dass man von der Theorie nicht viel lernen konnte, sondern viel mehr durch die Praxis und Anwendung. Aber für ihn war es das Letzte, die Aufsicht für die Rekruten zu übernehmen. Er fragte sich die ganze Zeit, wie Moody bloß auf diese verrückte Idee gekommen war, ausgerechnet ihn für diesen Posten einzuteilen.
Benjy hatte sich lange beschwert, über Wochen hinweg, aber Moody blieb taub und hörte einfach nicht hin. Moody hatte nur eine Antwort parat: Jeder Auror sollte einmal für die Aufsicht zuständig sein und sie es so Fenwick, wenn du es jetzt machst, hast du es bald hinter dir.
Ja, gleich hinter ihm, aber Benjy war schon am Verzweifeln mit diesen Rekruten. Sie brachten einfach nichts zu Stande, von dem was er alles hörte und sie schienen sich nicht einmal besondere Mühe zu geben. Er fragte sich immer wieder, wie ein Großteil von ihnen es durch die Aufnahme- und Eignungstests geschafft hatte. Wenn es alleine nach Benjy ging, dann waren viele für diesen Beruf einfach nicht geeignet und er hätte die Meisten schon aus der Ausbildung geschmissen, weil sie so inkompetent waren.
Von seinen Kollegen hatte er von einigen auch erfahren, dass ein paar der Rekruten sich einen Spaß aus dieser Ausbildung machten. Aber eine Ausbildung zum Auroren sollte keinen Spaß machen, sie sollte ernst genommen werden, denn wenn man sich im Feld, auch nur einen kleinen Fehler erlaubte und es als Spaß sah, dann konnte man sich diesen ‚Spaß' von unten ansehen.
Benjy war niemand, der sich eine schlechte Nachrede leisten wollte. Er war jemand, der allen beweisen wollte, dass er was konnte, was er dadurch zeigte, dass er sich offen gegen die Todesser stellte und somit auch zu einem Hauptziel geworden war.
Auch gehörte er nicht zu jenen, die einfach nur herumsaßen und die Anderen einfach machen ließen. Er konnte nicht warten, sondern musste handeln und wenn jemandem etwas passierte, dann fühlte er sich, obwohl er es nicht zeigte, in gewisser Weise schuldig.
So kam es auch, dass er sich die Rekruten zur Seite nahm und ihnen mal eine saftige Predigt hielt, die sie ein wenig zusammen zucken ließ. Benjy konnte ziemlich überzeugend sein, wenn er wollte und mit dieser Art, erreichte er bei den Rekruten eben die erwünschte Wirkung. Innerlich lächelte er ein wenig über ihre Reaktionen, doch sie mussten sich mit so einem Ton abfinden. Die Ausbildung war kein Zuckerschlecken und er musste es ja wissen, er hatte sie auch gemacht.
Eine Ausbildung zum Auroren war nicht leicht und schon gar nicht zu Kriegszeiten. Die Chance, dass jemand während der Ausbildung starb, hatte sich um beinahe fünfzig Prozent erhöht. Eine Beschreckende Statistik!
„Diese Ausbildung soll kein Spaß sein! Ihr sollt sie gefälligst ernst nehmen und wenn sie nur ein Einziger von euch nicht ernst nimmt … dort hinten ist die Tür!" Benjy wies mit seiner Hand hinter sich, auf eine große, braune Tür, die nur mit einer Formel zu öffnen war. Ein Alohomora war hier auch fehl am Platz, denn die Aurorenzentrale war durch viele Zauber geschützt, dass niemand Unbefugtes sie betreten konnte. „Hier wird niemand gebraucht, der alles was hier passiert als Spaß ansieht, sondern hier werden solche gebraucht, die sich bewusst sind, dass es hart und schwer sein wird. Das Wissen, dass jeder Einsatz der Letzte sein könnte, sollte euch allen bewusst sein.
Dort draußen herrscht kein Spaß, es ist Krieg und Krieg, ist niemals auch nur eine kleine Albernheit. Krieg bedeutet für einen Auroren, sich zu stellen und allen zu helfen, die die Hilfe benötigen. Zu Kriegszeiten werden Auroren gebraucht, die wissen, was sie wollen. Jene die Wissen, dass es viel werden kann und der Tod immer ein stetiger Begleiter ist.
Macht ihr auf dem Feld auch nur einen kleinen Fehler, kann es euch das Leben kosten!"
Die Rekruten fühlten sich betroffen und nahmen sich seine Worte wirklich zu Herzen, denn seit diesem Gespräch, waren sie so entschlossen etwas zu erreichen, dass Dorcas sogar meinte, Benjy hätte sie mit einem Fluch belegt.
Benjy gehörte seit Jahren zu den besten Auroren, die das Ministerium bieten konnten. Je besser und bekannter man als Auror war, desto mehr Feinde hatte man auch, die einen aus dem Weg räumen wollten.
In der Aurorenzentrale herrschte die pure Hektik. Hier ein Angriff, dort ein Angriff. Niemand konnte genau vorhersagen, wo der nächste Angriff stattfinden sollte, doch zu den Hauptzielen der Todesser wurden die Auroren. Alleine an der Art, wie sie die McKinnons umgebracht hatten, hatte schon gezeigt, dass die Todesser vor den schlimmsten Methoden nicht zurück schreckten und alles tun würden, um das zu bekommen, was sie wollten.
Jeder war vorsichtiger geworden. Es gab irgendwo einen Verräter, der Voldemort die ganzen Informationen zusteckte. Es musste einfach einen Verräter geben, denn es war nicht möglich, dass Voldemort und die Todesser sonst wussten, wo sich die wichtigsten Personen aufhielten und sie dann, ohne ein Anzeichen und ohne größere Probleme, aus dem Weg räumen konnten. Nur wusste niemand wer dieser Verräter war. Natürlich gab es Vermutungen, doch mit Sicherheit konnte es niemand sagen und schon gar nicht beweisen.
Es war Sonntag und nur wenige Auroren waren in der Zentrale. Mehrere Teams waren unterwegs, sie mussten den Todesser, die schon wieder ihr Unwesen trieben, Einhalt gebieten.
Benjy gehörte zu einen der vier Auroren, ohne die Rekruten mitzuzählen, die noch in der Zentrale waren, als eine Nachricht einlangte, dass in Noxville ein Angriff von mehreren Todessern stattfand.
Benjy erklärte sich sofort bereit dieser Meldung nach zu gehen.
„Du gehst nicht alleine Fenwick", meinte Dorcas und machte sich ebenfalls bereit.
Er schüttelte leicht den Kopf und schloss seine Augen, aber seine braunen Augen funkelten ein wenig.
Als er und Dorcas in Noxville ankamen, konnten sie die Zerstörung sofort sehen. Sie schärften ihre Sinne und konzentrierten sich auf das Bevorstehende.
Benjy erinnerte sich an seine ersten Tage als Auror Er selbst war gerade mit der Ausbildung fertig geworden und war das erste Mal in so einen Kampf verwickelt worden. Als er überhaupt mit diesem Beruf begonnen hatte, war er ein wenig kleinlaut, doch nichts ließ sich auf diese Zeit zurückführen, denn er wurde mit jedem Kampf mehr und mehr selbstbewusster und routinierter. Alleine sein Auftreten mochte auf viele einschüchternd wirken.
Es herrschte das pure Chaos. Häuser standen in Flammen. Auf der Straße lagen viel Schutt und Asche.
„Wo sind sie bloß", meinte Benjy und blickte sich suchend umher. Irgendwo hier mussten sie sein. So schnell konnten die Todesser doch nicht verschwunden sein.
Hinter sich hörten sie plötzlich ein Geräusch und schon zischte ein Fluch bei ihnen vorbei.
„Stupor!" Dorcas hatte bereits ihren ersten Fluch los gelassen, als Benjy hinter sich noch weitere Todesser bemerkte. Neun Todesser hatten sich hier aufgehalten und sie nun eingekesselt. Mit allem Geschick versuchten sie wieder freie Bahn zu bekommen und nicht von allen Seiten die Todesser um sich zu haben.
In nur einem Moment, in dem Benjy nicht aufgepasst hatte, hatte ein Todesser, der es geschafft hatte ihn von hinten zu überraschen, gepackt und war mit ihm appariert.
Als Benjy endlich wieder festen Boden unter seinen Füßen spürte, befand er sich in einem Raum, dessen Boden mit kaltem Stein bedeckt war. Die Wände waren auch aus Stein es roch nach Moder, Moos und Schimmel.
„Sie sieht man sich also wieder, Fenwick?", sagte der Todesser hinter ihm. Benjy wandte sich um. Der Todesser nahm Kapuze und Maske von seinem Kopf und blickte Benjy schelmisch und gehässig an.
„Leider", meinte Benjy, als er wusste, wer vor ihm stand.
„Und ich dachte, dass du dich freust, einen alten Schulfreund wieder zu sehen."
„Schulfreund nicht, wohl eher Feind, Lestrange."
„Das verletzt mich aber", sagte Rodolphus.
„Dich kann was verletzen? Tatsächlich?", fragte Benjy überrascht und tat schockiert.
Rodolphus' Gesicht wurde ausdruckslos. „Komm mit, ich habe keine Zeit mich mit dir hier zu unterhalten."
„Wer hat denn angefangen?", fragte Benjy, doch schon hatte Rodolphus seinen Zauberstab vor Benjys Gesicht hingehalten.
„Umdrehen und geh!", forderte er.
Benjy fühlte sich unwohl. Er fragte sich, wie er so unvorsichtig hatte sein können und in diese Lage gekommen war. Auch viel ihm ein, dass Dorcas komplett alleine war. Hatten die Todesser auch sie schnappen können? Oder konnte sie vor ihnen fliehen? Oder war ihr jemand zur Hilfe gekommen?
Sie erreichten eine Zelle, in die Benjy hinein gestoßen wurde.
„Einen schönen Aufenthalt wünsche ich dir, Fenwick", sagte Rodolphus und verschloss die Tür hinter Benjy. Wütend schlug Benjy gegen die Wand und machte ein wutverzerrtes Gesicht. Es konnte einfach nicht wahr sein, dass er sich in der Gefangenschaft von einem Todesser befand. Das Schlimmste war aber, dass er sich ausgerechnet von Rodolphus Lestrange hatte erwischen lassen. Rodolphus war zwar in Hogwarts nie besonders aufgefallen, doch Benjy hatte ihn noch nie gemacht, allein wegen der Tatsache, dass Rodolphus Flüche gekannt hatte, die er nicht hätte kennen dürfen – nicht in diesem Alter!
Hass war das beste Wort, das das Verhältnis der Beiden zu einander gut beschreiben konnte.
Die Zeit verging und Benjy bekam Besuch von weiteren Todessern. Die Meisten kannte er nicht. Vielleicht kannte er sie doch, aber konnte sie nicht zuordnen.
„Crucio!", sagte Dolohow mit ruhiger Stimme. Je mehr Cruciatus Benjy abbekam, desto unerträglicher wurden die Schmerzen. Sein ganzer Körper war von der Folter gezeichnet. Er zitterte am ganzen Leib und konnte es nicht abstellen. Die ersten Flüche konnte er noch leichter ertragen, aber er konnte sich nicht mehr zusammen reißen.
Bevor Benjy ohnmächtig werden konnte, hörten die Todesser mit ihren Flüchen auf und verließen ihn. Dann war er mit seinen Schmerzen alleine. Seine Gedanken kreisten fast nur noch darum, wann sie es hinter sich brachten, aber sie würden ihn leiden lassen, noch lange leiden lassen. Ein einfacher Todesfluch würde ihn nicht töten, nein, es wird ein langsamer und grausamer Tod. Benjy wusste, dass dieser Weg des Todes für ihn begonnen hatte und er keine Möglichkeit hatte, sich daraus irgendwie hinauszubringen.
Schmerz – es war das Einzige worüber er noch denken konnte. Er versuchte die Schmerzen zu unterdrücken, doch er konnte es nicht. Er konnte sie nicht verheimlichen, er zeigte sie offen und wollte es dennoch nicht.
Benjy hoffte eines und zwar, dass Voldemort eines Tages besiegt wird, wenn er es schon nicht tun konnte. Er wünschte ihm und seinen Gefolgsleuten einen schmerzhaften Tod. Einen Tod, wie ihre Opfer ihn bekommen hatten.
Die Türe öffnete sich quietschend und herein kamen wieder mehrere Todesser. Unbeeindruck sah Benjy auf.
„Nah, sind wir nun nicht mehr so vorlaut, Fenwick?"
„Ich war noch nie vorlaut, da musst dich aber gewaltig irren", gab Benjy zurück.
„Wie ich sehe, hast du noch nichts daraus gelernt", sagte er und wies seine Kollegen an, sich bereit zu machen. „Wir werden dir schon noch Manieren beibringen."
„Das habt ihr die letzte Zeit ja schon versucht und es hat nichts genutzt. Glaubt mir, jetzt wird es auch nicht mehr viel nutzen. Ich werde mich sicher nicht von euch belehren lassen."
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Die Suche nach ihm hatte lange gedauert. Die Hoffnung, dass man ihn noch lebend finden würde, schwand von Tag zu Tag, doch als sie ihn in diesem Zustand sahen … so schlimm hatten sie es sich auch nicht ausgemalt. Er lag verstreut in kleinen Stücken auf diesem Boden. Keine ganze Leiche, so wie sie es sich vielleicht erhofft hatten. Nein, von ihm waren nur noch Stückchen über. Die Todesser wurden immer grausamer und barbarischer. Alleine, dass sie mit so einem Gewissen überhaupt noch leben konnten.
