Kapitel 8 – I don't believe that anybody feels the way I do about you now
Der Winter ging so schnell, wie er gekommen war und bald war es Frühling. Amy und alle anderen 7. Klässler wurden mit Hausaufgaben überhäuft, da in zwei Monaten die UTZe anstanden. Meistens arbeiteten sie bis 1 Uhr in der frühe an Aufsätzen und waren am nächsten Morgen tot müde. Bei Amy und Cedric kamen noch die Schülersprecherpflichten und das Quidditchtraining hinzu, sodass die beiden erst gegen zwei oder halb drei völlig erschöpft ins Bett fielen und sich am nächsten Morgen nur schwerlich wieder rausquälen konnten.
„Zum Glück ist am Wochenende das letzte Quidditchspiel" ,stöhnte Amy an einem Dienstagabend Ende April, „Dann fällt wenigstens das weg." Cedric stimmte ihr zu: „Hast Recht. Aber hey, ist dir klar, dass wir den Pokal gewinnen könnten?" „Natürlich! Aber ich denke nicht, dass wir wirklich gegen Gryffindor gewinnen." „Warum nicht? So schlecht sind wir gar nicht. Wir haben einen erstklassige Hüterin." Amy grinste ein wenig verlegen, bevor sie antwortete. „Ja, und eine super Sucher. Aber trotzdem ist Gryffindor nicht zu unterschätzen." „Sicher nicht. Aber wir haben eine realistische Chance. Dann würden wir auch den Hauspokal wieder einsacken." „Mhm. Ja. Wir werden sehen... wär cool."
Lauter Applaus empfing Amy und die anderen Spieler des Hufflepuff- Quidditchteams, als sie am Samstagnachmittag in ihren kanariengelben Umhängen das Quidditchfeld betraten. Nicht nur die Hufflepuffs klatschen für ihr Team, sondern auch die Slytherins, da sie den Pokal nicht in den Händen der Gryffindors sehen wollten und die neutralen Ravenclaws applaudierten für beide Mannschaften. Nervös stieg Amy auf ihren Sauberwisch und beobachtete Cedric und Angelina, wie sie Hände schüttelten und sich anlächelten. Dann, nach Madam Hoochs Zeichen, stieß sie sich vom Boden ab und flog zu den Torringen.
Kaum das sie in der Luft war, fühlte Amy sich auch schon besser. Der Wind peitschte über sie hinweg und zupfte immer mal wieder einige Strähnchen aus ihrem Haarband, während sie die Torringe umkreiste und auf den ersten Angriff der Gryffindor- Jägerinnen wartete. Dieser ließ auch nicht lange auf sich warten. Einen Moment später kamen Katie, Angelina und Alicia gemeinsam auf Amy zu geflogen. Der Quaffel wechselte ständig die Hände, doch Amy verlor ihn nicht aus den Augen. Katie warf zu Angelina, diese warf zu Alicia, Alicia zu Katie, Katie wieder zurück zu Alicia, Alicia zu Angelina, Angelina zu Katie... Bis schließlich wieder Alicia im Ballbesitz war und diesen Richtung mittleren Torring warf. Amy jedoch machte ihr einen Strich durch die Rechnung, fing den Quaffel geschickt auf und warf ihn zu Sean, einem ihrer Jäger, der damit zu den Toren der Gryffindors stob.
Etwa zwei Stunden später war das Spiel vorbei und Amy fand sich in einem Knäuel aus Armen wieder. Sie hatten gewonnen! Cedric hatte gerade den Schnatz gefangen. Sie hatten 290 zu 110 gegen Gryffindor gewonnen. Hufflepuff hatten den Quidditchpokal gewonnen und den Hauspokal hatten sie auch so gut wie sicher, so viele Punkte wie sie eben gewonnen hatten, konnten sie nicht so schnell wieder verlieren, immerhin ging das Schuljahr nur noch knapp 2 Monate. Amy konnte es nicht fassen. Stattdessen quetschte sie sich aus dem Armknäuel heraus und landete auf dem Rasen. Sie schaute sich nach Cedric um und fand sich einen Moment später in seinen Armen wieder. „Wir haben gewonnen" ,brüllten sie sich gegenseitig ins Ohr und führte eine Art Freudentanz auf.
Amy und Cedric waren die Helden des Tages in Hufflepuff. Auf Händen wurden sie in den Gemeinschaftsraum getragen, während sie selbst ihre Finger nicht vom Quidditchpokal lassen konnten. Dieser prangerte nun in seiner ganzen goldenen Schönheit auf einem Tisch in Mitten des Gemeinschafsraum der Hufflepuffs, wo schon mächtig die Party abging. Aus der Küche hatte man Butterbier, Kürbissaft und alle möglichen Süßigkeiten und Pasteten besorgt, aus einem Zauberradio in der Ecke dröhnten die Sicksals Schwestern, überall hingen Banner herum, im Kamin knisterte das Feuer, obwohl es sowieso schon viel zu warm war und überall standen Schülergrüppchen herum und schrieen sich über den Krach hinweg an, um irgendwie eine Unterhaltung zu führen.
Nur die zwei Helden hielten sich heraus. Amy und Cedric hatten es sich auf ihrem alten Sofa vor dem Kamin gemütlich gemacht. Cedric saß am Rand des Sofas und hatte die Füße auf dem Boden ausgestreckt, während Amy das ganze Sofa in Beschlag nahm und ihren Kopf auf Cedrics Schoß ruhen hatte. „Hast du gut gemacht" ,meinte er und grinste sie von oben herab an. „Du aber auch" ,erwiderte Amy ebenfalls grinsend und knuffte ihn in die Wange. „Hey, lass das" ,rief Cedric und hielt ihre Hand fest, bevor sie seine Wange noch einmal misshandeln konnte. „Wieso denn?" ,schmollte Amy, „Ich mag deinen Babyspeck." „Babyspeck?" ,empörte Cedric sich, „Welchen Babyspeck?" „Na, den da" ,lachte Amy und knuffte mit der anderen Hand in seine Wange. „Herrgott, gibt's du denn niemals Ruhe?" ,seufzte Cedric und hielt auch ihre linke Hand fest. „Nie, nie, nie" ,rief Amy und lieferte sich mit Cedric einen erbitterten Kampf um ihre Hände.
„Ced?" ,rief Amy. „Huh?" ,fragte dieser, „Was denn?" „Kann ich jetzt bitte meine Hände wieder haben?" „Wenn's sein muss" ,grinste Cedric und ließ ihre Hände wieder los. „Danke, zu gütig von dir." „Ich weiß, Eve, ich weiß. So bin ich halt." „Haha." „Ist doch wahr." Amy wollte gerade etwas erwidern, als sie spürte, wie etwas kaltes über ihren Oberkörper geschüttet wurde. Erschrocken sprang Amy vom Sofa auf, während Cedric sie auslachte und ein Viertklässler eine Entschuldigung lallte. Notdürftig säuberte Amy ihr T-Shirt, bevor sie sich an den immer noch lachend Cedric wand. „Willst du nicht mal deinen Pflichten als Schülersprecher nachgehen?" ,fauchte sie und Cedric verging das Lachen. „Warum? Bloß weil dich jemand voll gesaut hat?" ,erwiderte er und begann erneut zu grinsen. „Neiiin" ,stöhnte Amy und seufzte laut auf, „Aber vielleicht, weil das kein Butterbier ist, sondern Feuerwhiskey." „Bitte was?" ,rief Cedric und sprang auf, um an ihrem T-Shirt zu schnüffeln, „Du hast Recht. Uh... und jetzt?" „Keine Ahnung" ,nuschelte Amy und warf einen Blick auf die Uhr, „Du könntest die Party beenden. Es ist kurz vor 1 Uhr. Sprout kommt sicher auch gleich und ich denke es wäre besser, wenn sie das nicht mitkriegen würde." „Du hast Recht" ,meinte Cedric nickend, „Woher haben die das Zeug bloß!" Amy zuckte mit den Schultern, während Cedric versuchte die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, indem er erst einmal das Radio ausstellte. „Okay, Leute" ,rief er dann, „Ab ins Bett. Und zwar alle! Ich will keinen von euch mehr außerhalb der Schlafsäle sehen, außer denjenigen, der sich bei mir oder Amy melden will, weil er Hochprozentiges hier reingeschafft hat. Alles klar? Seit froh, dass Professor Sprout das nicht mitbekommen hat. Und jetzt ins Bett."
Nachdem sich der Gemeinschafsraum unter Gebrummel und Gemurre geleert hatte, ließen Cedric und Amy sich wieder auf dem Sofa fallen. „Die arme Hauselfen" ,nuschelte Amy, nachdem sie sich das Chaos im Gemeinschafsraum genauer angesehen hatte. Überall lagen vertretene Krümel herum, Schüssel waren unbemerkt umgekippt worden und hatten ihren Inhalt über den Boden verteilt, auf den Teppichen, dem Boden und den Sesseln klebte Kürbissaft, Butterbier oder Whiskey, auf den Tischen waren klebrige Ränder von den Flaschen und Gläsern zurückgeblieben, die Banner waren zerrissen worden und Luftschlangen waren durch den ganzen Raum gepustete worden.
„Mh" ,machte Cedric und zog Amy an sich, „Warum lassen wir nicht den Idiot aufräumen, der den Feuerwhiskey hier reingeschafft hat?" „Keine schlechte Idee" ,gähnte Amy und kuschelte sich an ihn, „Aber ich glaube nicht, dass sich wirklich jemand melden wird." „Wahrscheinlich nicht" ,seufzte Cedric, „Wer würde das schon?" „Ich nicht. Ich hätte viel zu viel Angst vor deinen Strafen." „Ha. Für dich hätte ich mir das besonders fieses ausgedacht." „Ah ja, was denn?" „Weiß nicht. Irgendwas fieses... schwere physische und psychische Arbeit!" „Du bist aber gemein!" ,rief Amy und angelte sich ein Kissen, um es gegen Cedrics Kopf zu klatschen. „Schon wieder eine Kissenschlacht?" ,stöhnte dieser und griff sich das Kissen. „Was heißt schon wieder?" ,rief Amy und langte nach dem nächsten Kissen, „Unsere Letzte ist schon ewig her." „Na gut, dann mach dich auf was gefasst" ,grinste Cedric und schleuderte das Kissen in ihre Richtung.
„Na gut" ,keuchte Amy nach etwa einer halben Stunde, „Ich geb auf. Du hast gewonnen. Ced, hey? Ich geb mich geschlagen!" „Hmm?" ,machte Cedric und beugte sich über sie, ihre Hände hielt er über ihrem Kopf gefangen, „Was sagst du? Ich versteh dich so schlecht." „Ich sagte" ,brüllte Amy, „Dass du gewonnen hast! Gehst du jetzt von mir runter?" „Ich find's aber bequem" ,erwiderte Cedric leise. „Ced, das ist nicht lustig" ,murmelte Amy und wand sich, um frei zukommen. Sie fühlte sich plötzlich schrecklich unwohl und doch gefiel es ihr auch wieder. Amy spürte wie ihr Gesicht heiß wurde und war sich sicher, dass sie ganz rot war. „Find ich schon" ,grinste Cedric, „Sehr sogar." „Nein... Cedric, wirklich... n-nicht" ,stotterte Amy, „Geh runter... ich will schlafen gehen." Cedric lockerte seine Griff etwas, ließ sie jedoch immer noch nicht los, stattdessen schaute er sie verwundert an. „Eve, was ist los mit dir?" ,fragte er dann. „N-nichts, ich bin nur müde" ,nuschelte Amy und wich seinem forschenden Blick aus, „Ich will schlafen." „Okay. Gehen wir hoch" ,meinte Cedric und richtete sich stirnrunzelnd auf.
Amy lag in ihrem Bett, die Bettdecke bis an die Nase nach oben gezogen und starrte die dunkle Decke über sich an. Eigentlich hätte sie schlafen sollen, aber die Gedanken an die Kissenschlacht mit Cedric plagten sie und ließen sie nicht schlafen. Cedric benahm sich ihr gegenüber wie früher, so als wäre nichts gewesen, kein Kuss, aber genau das machte Amy so fertig. Solange sie nur Blödsinn miteinander machten, war es in Ordnung, aber wenn er wieder so anfing wie eben... andere Leute würden es wohl flirten nennen, hatte Amy ihren Herzschlag plötzlich nicht mehr unter Kontrolle. Es fiel ihr immer schwerer ihrer Fassade aufrecht zu erhalten, wo sie Cedrics Lippen doch so gerne wieder auf ihren fühlen würde. Sie wusste nicht, wie lange sie noch nur die beste Freundin spielen konnte, bevor ihre Gefühle aus ihr herausbrechen würden. Wenn sie nicht wüsste, dass sie damit die Freundschaft zu Cedric zerstören würde, hätte sie ihm schon längst gestanden, dass Cho und all die anderen Recht hatten. Aber so?
Wie sollte sie ihm sagen, dass sie ihn liebte, wenn er doch Cho liebte? Wie sollte sie ihm erklären, dass sie in ihm mehr sah, als nur einen besten Freund? Nein, das ging einfach nicht. Damit würde sie alles kaputt machen. Sie musste weiterhin ihre Rolle spielen, so tun als wäre nichts. So schwer es ihr auch fiel, aber sie konnte die Freundschaft zu Cedric einfach nicht riskieren. Lieber hatte sie ihn nur als besten Freund, als das er ganz aus ihrem Leben verschwinden würde. Das würde sie erstrecht nicht aushalten. Sie brauchte ihn, er war ihr bester Freund und sollte es schließlich auch bleiben. Vielleicht... ja, vielleicht würden die Schmetterlinge irgendwann von alleine verschwinden. Auch wenn Amy nicht daran glaubte, klammerte sie sich an diese Hoffnung und schlief schließlich ein.
Die nächsten Wochen vergingen schnell und Amys Maske bröckelte weiter, doch sie ließ sich nichts anmerken. Spielte ihre Rolle weiter, als wäre nichts, doch innerlich brach sie fast entzwei. Es war Samstagabend und am Montag begannen die UTZ- Prüfungen, sodass es nicht weiter verwunderlich war, dass man alle 7. Klässler über ihre Bücher und Notizen gebeugt, vorfand. So auch Cedric und Amy. Die beiden saßen in ihrem Wohnzimmer und waren in ihre Zauberkunstunterlagen vertieft. „Ich werde mir das nie merken können" ,stöhnte Amy und schlug ihr Buch zu. Cedric tat es ihr gleich, bevor er ihr antwortet: „Wird schon, wird schon... wir haben ja noch einen Tag." „Wow, einen ganzen Tag" ,seufzte Amy, „Ich bräuchte noch ne Woche." „Quatsch nicht, du schaffst das schon. Machen wir Schluss für heute." „Das klingt doch schon besser" ,grinste Amy, schob ihre Unterlagen von sich und lehnte sich zurück, „Was machen wir stattdessen?" „Wäre ich du, würde ich jetzt eine Kissenschlacht vorschlagen. Aber da ich das zum Glück nicht bin... keine Ahnung, was hältst du von einem Mondspaziergang?" „Einen Mondspaziergang?" ,fragte Amy und zog skeptisch die Augenbraue nach oben.
Doch schon wenige Minuten später schlenderte sie mit Cedric über das vom Mondlicht erleuchtete Hogwartsgelände. Je nachdem wie sich die Wolken vor dem hellen Vollmond verschoben, liefen sie entweder durch Schatten, Halbschatten oder durch ein voll angeleuchtetes Stück Gras. Als Amy einen Blick zu ihrem besten Freund warf, fiel ihr auf, dass er im Mondlicht seltsam blass wirkte. Und nachdem sie ihn genauer gemustert hatte, musste sie feststellen, dass er dünner geworden war. Nicht viel. Jemand anderem würde es wahrscheinlich nicht einmal auffallen, aber vor Amy blieb eben nichts geheim. Das war sicherlich nicht nur der Prüfungsstress. „Hast du Stress mit Cho?" ,fragte Amy leise. Cedric neben ihr schreckte aus seinen Gedanken hoch, hielt in seiner Bewegung inne und starrte sie erstaunt an. „Wo... ich meine, wie kommst du denn jetzt darauf?" ,stotterte er. „Hm... ich hab also Recht. Was ist los?" „Nichts weiter. Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit." Amy wusste, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber sie sagte nichts weiter. Natürlich wollte sie nicht, dass Cedric unglücklich war, aber sie konnte auch nicht gerade sagen, dass es sie störte, dass er Krach mit Cho hatte.
Nachdem sie den See zwei Mal umrundet hatten, hielten sie inne. Amy wollte sich im Gras fallen lassen, doch Cedric hielt sie zurück und zog sie stattdessen in seine Arme. Eine ganze Weile standen sie so da. Cedric strich immer wieder zärtlich über Amys Rücken, während diese sich ganz in seinen Armen verlor. Die Schmetterlinge flogen in größeren Scharen denn jemals zuvor in Amys Bauch herum und sie konnte nichts dagegen tun. Sie wollte sich von ihm lösen und davon laufen, doch es blieb nur bei dem Gedanken, da sich irgendetwas in ihrem Hinterkopf dagegen aussprach. So blieb sie also wo sie war und versuchte jegliche Gedanken, die auch nur annähernd etwas mit küssen zu tun hatten, aus ihrem Kopf zu wischen und stattdessen einfach nur diesen Moment zu genießen.
„Danke" ,flüsterte Cedric plötzlich in ihr Ohr und Amy zuckte erschrocken zusammen, als sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut fühlte. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen und sie war froh, dass sie hinter Cedrics Rücken versteckt waren. „Wofür?" ,erwiderte Amy ebenso leise. Sie glaubte schon fast, dass er sie nicht gehört hatte, da er sich mit seiner Antwort lange Zeit ließ. „Dafür, dass du du bist" ,meinte er schließlich, „Dass du da bist." Amy lächelte und die Schmetterlinge in ihrem Bauch schlugen noch stärker mit ihren kleinen Flügelchen. „Äh... ja, das...", stotterte sie völlig verwirrt, „Kein Problem." Cedric grinste über ihre Verlegenheit, während Amys Blick einen Moment zu lange an seinen Lippen hing. Sie wollte ihn küssen, wollte endlich wieder seine weichen Lippen auf ihren spüren. Sie wollte in seinen Augen versinken und mit seinen Haaren spielen. Sie wollte... ‚Nein' ,rief sie sich selbst zur Ordnung. Es ging nicht! Er war doch ihr bester Freund, er liebte Cho nicht sie. Ruckartig, um ja nicht noch einmal in Versuchung zu kommen, riss sie sich aus seinen Armen. Auf seine Lippen, die sich zum Widerspruch geöffnete hatten, achtete sie nicht. „Gehen wir hoch" ,murmelte Amy und wand sich Richtung Schloss, „Wir sollten noch ein wenig schlafen." Langsam ging sie davon. Cedric starrte ihr einen Moment entgeistert hinterher, bevor er folgte.
Die nächsten 1 ½ Wochen waren stressiger denn je. Eine Prüfung folgte der nächsten und die 7. Klässler kamen aus dem Lernen nicht mehr heraus. Doch an diesem Mittwochnachmittag war alles vorbei – zumindest für Amy. Gerade hatte sie ihre letzte Prüfung hinter sich – den praktischen Teil von Verwandlung, während die meisten anderen Schüler noch Wahrsagen und/oder Pflege Magischer Geschöpfe vor sich hatten. Sie war froh, dass sie endlich alles hinter sich hatte und nun endlich wieder ausspannen konnte. In den meisten Fächern hatte sie sogar ein Recht gutes Gefühl. So schlimm würden die Noten schon nicht werden.
Allerdings zog das Fehlen des Prüfungsstress auch eine negative Seite mit sich. Amy wusste schon nach wenigen Minuten, in denen sie im Gras am See gelegen hatte, nichts mehr mit sich anzufangen und kam ins Grübeln. Cedric... Sie sehnte sich so sehr nach einem dritten Kuss von ihm, dass es schon fast schmerzte. Es störte sie, dass sie absolut nichts gegen diesen oder ähnliche Gedanken tun konnte. So sehr sie sich auch anstrengte, sie schossen immer wieder durch ihren Kopf. Amy hielt das nicht mehr lange aus. Ihre Fassade war kurz davor auseinander zu brechen. Jemand zog ihr die Maske vom Gesicht und sie konnte es nicht ändern. Es passierte einfach. Sie wunderte sich sowieso schon, dass es noch niemandem aufgefallen war. Nicht ein mal Lenny, Ciara oder Luca. Und Cedric schon dreimal nicht. Er war viel zu sehr mit Cho beschäftigt.
Amy wollte nicht mehr nur beste Freundin sein. Das reichte ihr schon lange nicht mehr. Sie wollte Cedrics Freundin sein, wollte mit ihm Händchen halten, seine weichen Lippen küssen. Aber es ging nicht! Cedric wollte nicht das, was sie wollte. Würde sie ihm sagen, was sie empfand, würde sie ihn auch als Kumpel verlieren. Er wüsste sicherlich nicht, wie er damit umgehen sollte. Amy wusste es ja selbst nicht. Wie ging man denn damit um, wenn man in seinen besten Freund verliebt war? Ignorieren funktionierte nicht. Das hatte Amy in den letzten Wochen mehr als deutlich zu spüren bekommen. Aber es Cedric zu sagen, war fast genauso unmöglich. Selbst wenn Cho nicht wäre. Cedric würde sie mit offenem Mund anstarren und sie womöglich auch noch auslachen, weil er es für einen Witz hielt. Aber es war nun mal kein Witz. So sehr Amy es sich auch wünschte.
Plötzlich setzte sich jemand neben sie und Amy schrak zusammen. Es war Lenny, nicht Cedric. Kein Grund ein schlechtes Gewissen zu haben. Oder doch? Immerhin hatte sie auch Lenny nichts von ihren Gefühlen für Cedric erzählt. Aber das war scheinbar auch nicht nötig. „Denkst du an Cedric?" ,fragte Lenny und streckte sich im Gras aus. „Wie bitte?" ,stotterte Amy, „Wie kommst du denn darauf?" „Amy, tu nicht so. Vielleicht kannst du es vor den anderen verheimlichen, sogar vor Cedric selbst. Aber ich bin nicht blöd. Ich seh doch was mit dir los ist, wie du ihn anstarrst. Ständig bist du in Gedanken und völlig abwesend. Warum sagst du es ihm nicht?" „Bist du eigentlich völlig übergeschnappt?" ,erwiderte Amy, die sich schnell wieder gefangen hatte. Natürlich konnte sie Lenny so etwas nicht verheimlichen. „Wie stellst du dir das denn vor?" ,fragte Amy weiter, „'Hallo Cedric, ich liebe dich'? Haha. Das wird sicher eine lustige Unterhaltung." Lenny seufzte: „Vielleicht nicht ganz so direkt, aber der Ansatz ist doch schon mal gar nicht schlecht."
Daraufhin herrschte eine lange Pause, bis sich Amy schließlich doch zu einer Antwort herabließ. „Lenny, begreifst du denn nicht, dass das alles kaputt machen würde? Unsere ganze Freundschaft? Das will ich nicht. Lieber hab ich ihn als Kumpel, wie gar nicht." Lenny musste grinsen. „Von ‚Ganz oder gar nicht' hast du auch noch nie was gehört oder?" Amy zwang sich zu einem Lächeln und schüttelte den Kopf. „Du musst es ihm sagen, Amy" ,fuhr Lenny fort, „Sonst machst du dich kaputt. Du kannst das nicht in dich hineinfressen. Rede mit ihm." „Er wird es nicht verstehen." „Natürlich wird er es verstehen. Hat er dich jemals nicht verstanden?" Amy dachte einen Moment nach, bevor sie mit dem Kopf schüttelte. Cedric hatte immer versucht sie zu verstehen und meistens war er damit auch erfolgreich. „Na also. Dann geh zu ihm und rede mit ihm" ,meinte Lenny grinsend und erhob sich aus dem Gras. Dann zog sie Amy ebenfalls nach oben und umarmte sie. „Was immer er auch sagen wird" ,murmelte sie in Amys Ohr, „Auf mich kannst du trotzdem zählen." Amy lächelte und stolperte Richtung Schloss davon.
Doch kaum, dass sie Cedric, der auf dem Weg in die Bibliothek war, gefunden hatte, hatte sie das bisschen Mut, dass Lenny ihr eingeredet hatte, schon wieder verlassen. Für einen Rückzieher war es jedoch schon zu spät. Cedric hatte sie entdeckt, schick Cho schon einmal vor und kam auf Amy zu. „Hey, Eve" ,begrüßte er sie, „Wo warst du? Nach Verwandlung warst du einfach weg." „Äh... ja" ,nuschelte Amy, „Ich war... am See. Hab mich ins Gras gelegt..." „Mhm. Und was hast du jetzt vor?" „K-keine Ahnung. Und du... also, ich mein ihr?" „Lernen." „Oh, na dann! Ich will nicht stören." Amy wand sich um und wollte davon laufen, doch Cedric hielt sie am Arm fest und drehte sie wieder zu sich herum. „Eve, was ist los mit dir?" ,fragte er und schaute sie dabei eindringlich an. „N-nichts" ,stotterte Amy, die unter seinem Blick ganz nervös wurde, „W-was soll denn schon sein?" „Du benimmst dich komisch in letzter Zeit... und das liegt nicht nur an den Prüfungen. Sag mir, was los ist. Bitte! Lass mich dir doch helfen. Ich seh doch, dass was nicht stimmt." „Das kannst du nicht…" ,flüsterte Amy und wich seinem Blick aus.
Cedric schwieg einem Moment überrascht, bevor er erneut das Wort ergriff: „Warum nicht? Erzähl es mir, Eve! Ich kann es nicht sehen, wenn dich was bedrückt." „I-ich... nein. Es geht nicht" ,flüsterte Amy und wollte erneut davon laufen. Doch Cedric hielt noch immer ihr Handgelenk umfasst und hielt sie zurück. „Du kannst mir alles sagen, dass weißt du..." „Nein, nein. Das hier nicht." Amy wandte ihren Arm herum, doch Cedric klammerte sich daran fest, als würde sein Leben davon abhängen. „Warum nicht?" „Weil... Oh, Ced, es geht einfach nicht. Verstehst du das denn nicht?" „Nein. Erklär es mir. Sonst hast du mir auch immer alles erzählt." „Es geht nicht, weil... weil es dabei um dich geht." „Um mich?" ,fragte Cedric verdutzt, „Aber was hab ich denn getan?" „Du hast nichts getan... es ist nur..." „Was denn, Eve? Nun sag es schon! Es wird doch wohl nicht so schlimm sein."
Doch Amy sprach nicht weiter. Ihre gelben Chucks sahen auf einmal so verlockend interessant aus. Wie schnell sie wohl damit davon laufen konnte? Cedric schob eine Hand unter ihr Kinn, um ihren Kopf anzuheben, doch Amy schob seine Hand zärtlich, aber bestimmt weg. Sie konnte ihn nicht ansehen. In ihren Augenwinkeln glitzerten die Tränen. Sie wollte weg hier. Warum hatte sie sich bloß dazu überreden lassen? Sie konnte es ihm nicht sagen. „Eve, bitte..." ,flehte Cedric erneut, „Sag mir doch endlich, was los ist." Amy hörte ihn kaum noch. In ihren Ohren hallten Lennys Worte nach: ‚Du machst dich noch selbst kaputt.' Und plötzlich machte etwas in ihrem Kopf Klick, ganz so als hätte sich ihr Verstand ausgeschalten. Die Worte sprudelten aus Amys Mund, bevor sie darüber nachdenken konnte. Bevor sie es verhindern konnte. „Ich liebe dich, Cedric."
Stille – Es schien so als würde plötzlich das ganze Schloss schweigen und hätte all seine Aufmerksamkeit auf Cedric und Amy gerichtet. Cedric stand vor Amy und starrte diese mit weit geöffnetem Mund und aufgerissenen Augen an, während Amy interessiert und purpurrot im Gesicht den Boden musterte. Was hatte sie getan? Wieso hatte sie es ihm gesagt? Sie stierten den Boden an, als würde sich jeden Moment ein Loch darin auftun, indem sie versinken konnte. So bekam sie jedoch nicht mit, wie Cedric seine Lippen langsam wieder schloss und öffnete. Er formte Worte, lautlose Worte, die Amy verborgen blieben. Diese hatte jedoch schon längst einen anderen Entschluss gefasst – weglaufen.
Amy lief, so schnell sie ihre Füße trugen und mehrere Stufen gleichzeitig nehmend, die Treppen hinunter. Ihre Schritten hallten laut in ihren Ohren nach, sodass sie Cedric, der ihr nachrief, nicht hörte. Eine Stimme in ihrem Kopf schrie sie an, ob sie denn völlig verrückt sei und was sie sich denn dabei gedacht habe. Eine zweite Stimme, die leise und kläglich klang, antwortete aus ihrem Hinterkopf, dass es richtig gewesen wäre, dass es gut gewesen wäre. Und eine dritte Stimme brüllte ihren Namen, doch diese Stimme kam von außerhalb, sie war hinter Amy. Also wand Amy ihren Kopf herum und entdeckte Cedric, der nun, einige Stufen über ihr, schwer atmend anhielt und sie mit seinen blau-grauen Augen anstarrte. Seine Stimme zitterte, als er zum Sprechen ansetzte. Doch er brach schon noch einem Wort ab, da er schneller begriff als Amy, was passierte. Amy hatte die nächste Stufe verfehlt, stolperte und fiel.
