Kaptiel 2 – I loved you more than you'll ever know

Die Tage zu Hause in Irland verstrichen ebenso langsam, wie die in Hogwarts und Amy quälte sich von Minute zu Minute. Sie hatte versucht die Bilder von Cedric, die auf ihrem Regal standen, umzudrehen. Doch sie hatte es nicht geschafft. So lächelten sie Tag für Tag drei Cedrics aus glücklicheren Zeiten an. Ihr Vater war jedoch nicht so barmherzig, wie ihre Freundinnen. Er ließ Amy nicht einfach so vor sich hinvegetieren, sondern beschäftigte sie regelmäßig und zwang sie mindestens einmal am Tag etwas zu essen. Amy zeigte es zwar nicht, was wohl daran lag, dass sie es selbst nicht wahrnahm, aber sie war ihm dafür dankbar.

So zog sich die Zeit bis zum gefürchteten Donnerstag hin. Aber jetzt war er da und thronte wie ein unüberwindbarer Berg vor Amy. An diesem Morgen ging es ihr noch schlechter, als an allen Tagen bisher. Sie lag bewegungslos auf ihrem Bett herum und starrte die Decke an, während im Hintergrund die Jungs von Incubus eines ihrer Lieder zum Besten gaben. Ihr Rücken und ihre Arme waren gebrandmarkt von den Nächten, in denen sie, von Alpträumen gequält, aus dem Bett gefallen war. Aber das war im Moment eines der Probleme, die sie am wenigsten störten.

Erst als ihr Vater von unten hoch schrie, dass sie sich beeilen müsste, erwachte Amy aus ihrer Starre. Langsam stand sie auf und tapste zum Bad, wo sie sich am Vortag unter größter Anstrengung, ihre Klamotten rausgelegt hatte. Es hatte sie all ihre Mühe und Konzentration gekostet, während dieser eigentlich einfachen Aufgabe, nicht die Nerven zu verlieren. Für das Anziehen, ließ sie sich ebenso viel Zeit, wie sie sich für das Aufstehen gegeben hatte. Doch als ihr Vater erneut nach ihr rief, war sie fertig – aber längst nicht bereit. Amy betrachtete sich im Spiegel. Sie trug eine schwarze Stoffhose, ein schwarzes T-Shirt mit ¾ -Armen, ihre schwarzen Chucks – selbst das Haarband war schwarz. Die schwarze Kleidung und die dunklen Ringe um ihre Augen standen im krassen Kontrast zu ihren blutunterlaufenen Augen und ihrer blassen Haut.

Als sie in die Küche kam, war ihr Vater deutlich schockiert, verlor aber kein Wort über das Aussehen seiner Tochter. Immerhin wusste er selbst am besten, wie sie sich jetzt fühlen musste, hatte er doch vor gerade einmal sechs Jahren ähnliches durch gemacht. Er legte einen Arm um die Schulter seiner Tochter und seine andere Hand gab er Amys Bruder Ian und gemeinsam appapierten sie in den kleinen Ort in Devon, wo die Diggorys lebten.

Im Haus der Diggorys musste sie zwei weitere Umarmungen über sich ergehen lassen – nach Amys Geschmack zwei zu viele. Dann kam ein kleines, blondes Etwas auf sie zu gerannt und klammerte sich an ihren Beinen fest. Amy war geschockt, während Mrs. Diggory versuchte die Kleine von Amys Beinen zulösen. „Cecilia, komm" ,meinte Cindy, „Ich glaube nicht..." Doch Amy schüttelte den Kopf: „Ist schon in Ordnung." Sie nahm Cedrics Schwester hoch und strich ihr ein paar Strähnen aus dem verweinten Gesicht, um in die blauen Augen zublicken.

„Amy..." ,meinte das 3-jährige Mädchen und schloss ihre dünnen Arme um Amys Hals. Amy öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne zusammenhängende Wörter hervor zubringen. Was sollte sie auch sagen? Die ganze Situation erschien ihr so absurd. Ein kleines Mädchen, die Schwester ihres verstorbenen besten Freunds, hing an ihrem Hals und weinte. Dabei hatte Amy Cecilia noch nie in ihrem Leben gesehen, außer auf dem Bild, dass in ihrem Regal stand. Erst diese Situation machte Amy bewusst, dass sie erst seit etwa einem Jahr in der Zauberwelt lebte, obwohl es ihr schon so viel länger vorkam.

Gemeinsam machten sich die beiden Familie auf den Weg zum Friedhof. Amy hatte Cecilia noch immer auf dem Arm und vielleicht war es gerade das, was ihr die Kraft gab, weiter zulaufen, obwohl sie nicht zu dieser Beerdigung gehen wollte. Zu jeder anderen Beerdigung wäre sie jetzt lieber gegangen, aber nicht auf die, ihres besten Freundes. Das war einfach zu viel für sie. Selbst bei der Beerdigung ihrer Mutter hatte sie sich nicht annähernd so miserabel gefühlt.

Einige Minuten später kamen sie am Friedhof an, wo schon einige andere Leute warteten. Sie gaben ein erbärmliches Bild ab – alle in schwarz gekleidet, der Sommerhimmel über ihnen in tiefem grau, so als wollte er sich bald zu einem Gewitter aufbäumen. Amy konnte ihn verstehen, sie würde an seiner Stelle das Selbe tun. Der Trauerzug folgte dem Pfarrer zum Grab.

Es war das übliche „Asche zu Asche, Staub zu Staub"- Geschwätz und so hörte Amy schon bald nicht mehr zu. Das war sicherlich nicht, was Cedric gewollt hätte. Aber andererseits konnte sie auch die Leute verstehen – Trauer zeigen und dabei an den christlichen Traditionen festhalten. Für Cedric war das genauso bedeutungslos gewesen, wie es für Amy war. Er hatte zwar an Gott geglaubt, aber die Kirche war sicherlich eine Institution, die er verabscheut hatte.

Dann wurde der Sarg ins Grab gelassen und nun flossen auch bei Amy endlich die Tränen. Nach Cedrics Eltern war sie die nächste, die Blumen und Erde ins Grab werfen sollte. Amy glaubte sie würde gleich zusammen klappen, als die Rosen von ihrer Hand auf den Sarg glitten und als sie die Schaufel mit Erde füllte, fiel beinahe beides ins Grab. Zitternd machte Amy für die Nächsten Platz und stellte sich neben Cedrics Eltern. Es folgte eine Arie von leeren Trauerbekundungen von Freunden, Bekannten und entfernten Verwandten Cedrics, von denen Amy mehr als die Hälfte nicht kannte. Doch Amy ließ sie stumm über sich ergehen, mit Tränen in den Augen und den Blick auf das halbgefüllte Grab.

Als dieser Teil der Beerdigung beendet war, gingen die Gäste zum Leichenschmaus – ein fundamentales Paradoxon, wie Amy befand. Sie selbst blieb alleine am Grab zurück und starrte auf den Grabstein. Dort stand es in Stein gemeißelt für die Ewigkeit – Cedric war tot, gestorben am 24. Juni 1995. Erst jetzt schien sich der Gedanke in ihrem Kopf fest zusetzten und seine volle Wahrheit zu entfalten. Amy sackte vor dem Grab auf die Knie. Sie konnte einfach nicht mehr stehen, der Druck war zu groß. Tränen rollten über ihre Wangen, zum ersten Mal nicht stumm, sondern begleitete von lauten Schluchzern. Genauso wie Amy erlaubte sich nun auch der Himmel einen Ausbruch. Urplötzlich begann es wie aus Kübeln zuschütten, Blitze durchzuckten die Idylle und wurden von lauten Donnergrollen gefolgt. Amy fühlte sich wie in einem schlechten Hollywoodfilm, aber es interessierte sie nicht.

Es dauerte einige Momente, in denen sich ihre Tränen mit dem Regen vermischten, bis Amy sich wieder ein wenig gefasst hatte. Doch anstatt sich wieder aufzurichten, setzte sie sich im Schneidersitz auf den durchweichten Boden vor Cedrics Grab und starrte eben dieses an. Sie fühlte sich so klein und verletzlich. Und der einzige Mensch, bei dem sie sich richtig sicher fühlte, lag nun einige Meter unter ihren Füßen. Es war einfach nicht fair. Amy fühlte sich plötzlich, als hätte jemand die Zeit zurück gedreht. Vor sechs Jahren hatte sie schon einmal im strömenden Regen vor einem Grab gesessen und sich furchtbar alleine gefühlt. Es war so, als wäre sie wieder das Kind von damals und deshalb tat sie das, was sie vor sechs Jahren auch getan hatte. Sie begann zu reden.

„Ich weiß, es muss dir absurd vorkommen, dass gerade ich hier sitze und mit dir rede. Ich, die Atheistin und Gotteslästerin, aber die anderen sind alle essen. Und glaub mir, ausnahmsweise kann ich überhaupt nichts essen. Mir wird beim bloßen Anblick von Essen schon schlecht. Oh Ced, warum? Warum musstest du mich hier alleine lassen? Ich weiß, es ist nicht deine Schuld, aber..." ,Amy schluchzte und atmete tief durch, bevor sie weitersprach, „Ich kann nicht mehr, Ced. Das ist alles zu viel für mich. Ohne dich macht alles keinen Sinn mehr. Ich komm mir so klein und dumm vor. Alle leben weiter, als wärst du nur im Urlaub, nur ich kann das nicht. Selbst Cho scheint es schon wieder gut zugehen. Glaubst du wirklich, dass sie die Richtige war? Warst du blind gegenüber ihr oder bin ich einfach nur unfair, wenn ich ihr unterstelle, dass sie dich nie geliebt hat? Jedenfalls nicht so... egal, vergiss es. Ich kann sie einfach nicht leiden."

Amy stockte kurz und hielt schließlich ganz inne. Was tat sie hier eigentlich? Sie war kein Kind mehr. Cedric konnte sie nicht hören. Trotzdem redete sie schließlich doch weiter. „Du fehlst mir. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Diese Leere frisst mich auf und ich kann nichts dagegen tun. Die Welt um mich herum, das normale Leben, glückliche Menschen... das kommt mir alles so falsch vor. Ich will nicht mehr, Ced. Du wolltest sicher nicht, dass ich mich so von der Welt abkapsle. Aber was soll ich tun? Meine Gedanken erdrücken mich bald, da kann ich mich nicht auch noch mit anderen Dingen beschäftigen. So viele Fragen gehen mir im Kopf herum, aber ich kann einfach keine Antworten finden. Ced, ich..."

Erneut hielt sie inne, um laut zuschluchzten und sich die Tränen und den Regen aus den Augen zuwischen. Es gab noch so vieles, was sie ihm sagen wollte, aber ein Gedanke drängte sich immer weiter in den Vordergrund. Aber wie sollte sie das sagen...? „Du... du warst immer für mich da" ,fuhr sie stockend fort und schaute sich kurz um, um sicher zugehen, dass sie wirklich alleine war. Wäre sie nicht so verzweifelt, würde sie sich schon dumm vorkommen, dass sie überhaupt hier saß und mit niemanden sprach. Aber das was sie jetzt sagen wollte, braucht wirklich niemand zuhören. „Du warst mein bester Freund, ein Teil von mir. Aber... aber erst jetzt, wo du weg bist, fällt mir auf, wie wichtig du eigentlich für mich warst. Immer hast du mich zum Lachen gebracht, mich getröstet, mir geholfen... du hättest alles für mich getan. Und genauso hätte ich auch alles für dich getan. Oh Ced, ich hab keine Ahnung, wie ich dir das sagen soll."

Immer öfters wurde Amy nun von ihren eigenen Schluchzern unterbrochen, was sie aber nicht davon abhielt, weiter zusprechen. Sie musste es ihm endlich sagen, auch wenn er sie nicht hören konnte. Es musste aus ihr heraus, vielleicht würde sie es dann auch endlich begreifen. „Für all die anderen war es immer so offensichtlich, aber ich hab's nie gemerkt, nie gerafft. Ich weiß nicht, ob du es gemerkt hast, aber wenn, dann hast du es gut versteckt. Genauso gut, wie ich es vor mir selbst versteckt habe. Warum war ich nur so blöd, so blind? Warum hab ich es nie gemerkt? Jetzt muss ich damit leben, dass ich es dir nie sagen konnte und der Gedanke macht mich fertig. Ständig schwirrt mir die Frage im Kopf herum, was gewesen wäre, wenn... wenn ich es nur eher gemerkt hätte. Hätte ich es dir sagen können? Was hättest du gesagt? Aber du hattest ja Cho, was hättest du also schon sagen können? Ich weiß, dass du nie mehr für mich empfunden hast, als Freundschaft, aber... ich... Wie soll ich nur...? Ced, ich liebe dich."

Nun war es raus und Amy brach entgültig in sich zusammen. Sie schluchzte hemmungslos und drückte ihr Gesicht in ihre Handflächen. Über ihr krachte es und Blitze zerrissen den dunklen Sommerhimmel, ohne dass Amy davon Notiz nahm. Ihr Kopf dröhnte von den vielen Tränen, die sie vergossen hatte und ihr war unheimlich schlecht.

„Amy, bist du denn verrückt geworden?" ,fragte die Stimme ihres Vaters und Amy zuckte erschrocken zusammen. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Wie auch? „Du kannst doch nicht... Bist du die ganze Zeit hier gesessen?" Ihr Vater schien sichtlich besorgt, zog sie nach oben und unter seinen Regenschirm. „Wir holen jetzt Ian und dann fahren wir sofort nach Hause und du nimmst ein warmes Bad, verstanden?" ,meinte er auf Amys Nicken hin.

Ihr Vater schleppte Amy mit sich, wie einen nassen Sack, da diese viel zu schlapp war, um alleine zulaufen. Er gabelte Ian auf, verabschiedete sich vom Rest der Trauergemeinde und apparierte schließlich mit seinen beiden Kinder nach Hause. Dort angekommen verfrachtete er Amy ins Badezimmer, ließ warmes Wasser in die Wanne und verschwand besorgt aus dem Bad. Langsam stieg Amy aus ihren Kleider und in die Badewanne. Sie fühlte sich noch elender als am Morgen.

Bald war Amy in dem angenehm warmen Wasser eingeschlafen. Das erste Mal seit Tagen, dass sie wieder richtig schlafen konnte. Jedoch wurde sie auch diesmal von Alpträumen geplagt. Wie so oft zuvor gingen die Träume fließend ineinander über. Eben hatte sie noch von Wurmschwanz geträumt, der seinen Zauberstab auf Cedric gerichtete hatte und die tödlichen Worte sprach, dann sah sie auch schon Cedrics toten Körper vor sich liegen und plötzlich verpuffte auch dieses Bild und sie fand sich Cho in Cedrics Armen gegenüber. Bis sie schließlich im nur noch lauwarmen Badewasser wieder aufwachte.

Nachdem sie abgetrocknet und wieder angezogen war, schlurfte sie durch die weit geöffnete Schiebetür in den großen Raum, welcher Küche, Wohn- und Esszimmer in einem war. Dort wartete ihr Vater mit einer dampfenden Tasse Tee schon auf sie. Amy versuchte ein Lächeln, blieb aber erfolglos. Sie setzte sich zu ihm an den Esstisch und wärmte ihre Hände an der warmen Tasse.

„Amy, du kannst so nicht weiter machen" ,sagte ihr Vater nach einigen Minuten des Schweigens. Er klang besorgt und auch seine Augen ruhten fast schon mit etwas wie Angst darin auf seiner Tochter. „Ich weiß es ist hart, aber du kannst das nicht alles in dich reinfressen. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Es bringt dir nichts. Cedric will das sicher auch nicht. Er wollte immer nur, dass du glücklich bist, Amy. Es klingt schwer, aber du musst weiter machen."

Die Angesprochene schwieg einen Moment, bevor sie leise und mit gebrochener Stimme antwortete: „Ich kann nicht ohne ihn glücklich sein." Erneut stiegen die Tränen in ihre Augen und rollten einen Moment später über ihre Wangen. David Even saß unruhig auf seinem Stuhl. Zum ersten Mal in seinem Leben, wusste er nicht, wie er sich gegenüber seiner Tochter verhalten sollte. So gerne würde er sie irgendwie trösten. Aber selbst wenn ihm irgendwelche Worte eingefallen wären, die er hätte sagen können, hätten sie ihr den Schmerz nicht nehmen können. Er kannte ihre Situation nur zu gut. Umso mehr wollte er ihr helfen, so schnell als möglich wieder aus dem Gewirr dunkler Gefühle heraus zufinden. Er wusste, wie es sich anfühlte, wenn die Leere an einem nagte und wollte Amy nicht länger als nötig diesen Umständen aussetzen.

Mangels der richtigen Worte, ging David stattdessen um den Tisch herum und nahm seine Tochter in den Arm. „Er fehlt dir, nicht wahr?" ,fragte er leise und strich über ihr rotblondes Haar. Amy nickte heftig, drückte sich fest an ihren Vater und weinte in sein T-Shirt. Lange verweilten sie so, bis Amy sich wieder ein wenig beruhigt hatte und ihren Tee trinken konnte.

Die nächsten Wochen vergingen noch schleppender, da Amy auf Grund einer Erkältung an ihr Bett gefesselt war. Sie fühlte sich elend, schlapp und müde. Ihr Vater kam täglich dreimal mit einer neuen Tasse Tee und ein paar Zwiebacks oder einer Suppe bei ihr vorbei. Meist blieb er eine Weile und erzählte Amy, was in der Welt so los war, um sie von ihren Gedanken abzulenken.

So auch an diesem Mittag, Amy glaubte, das es wohl Anfang August war. Er hatte sich ihren Sessel an das Bett heran geschoben und hatte eine zusammengefaltete Zeitung in der Hand. Er maß noch schnell ihr Fieber, 38,5°, bevor er die Zeitung aufschlug und vorlas.

Eigentlich wollte Amy, wie sonst auch, nicht zuhören, doch als schon in der Überschrift der Name Voldemort fiel, lauschte sie. Laut dem Artikel hatte man in den vergangenen Wochen einige Todesser gefasst. Einige davon lebendig, andere tot. Weiter hieß es, dass Harry Potter, ernannter Held der Zauberwelt, den dunklen Lord und seinen treuen Wurmschwanz aufgespürt und vernichtet hätte. Amy traute ihren Ohren kaum. Konnte das wirklich sein? Sollte das, was sie Dumbledore am Tag von Cedrics Tod prophezeit hatte, wirklich so viel Einfluss auf ihn ausgeübt haben? Sollte es wirklich die schrecklichen Dinge verhindert haben, die im Buch eigentlich noch geschehen würden?

Amy hakte nach und ihr Vater bestätigte den Artikel. „Es stimmt wirklich" ,meinte er und legte die Zeitung beiseite, „Amos arbeitete doch im Zauberministerium, dort weiß man es schon seit gestern. Du kannst dir nicht vorstellen, was draußen los ist." Nein, das konnte sie nicht. Aber das wollte sie auch nicht. Ein Haufen glücklicher Menschen, war das Letzte, was sie sehen wollte. Natürlich freute es sie, dass Voldemort tot war und vor allem auch der Mörder von Cedric. Aber das änderte nichts daran, dass ihr bester Freund tot war.

„Ach ja, ich hab hier noch etwas für dich" ,meinte Amys Vater nach einer Weile und zog einen Umschlag aus seiner hinteren Hosentasche, wobei er ein kleines Lächeln auf den Lippen hatte, „Dein Hogwartsbrief. Ians ist auch gekommen, du glaubst nicht, wie er sich gefreut hat." Er reichte seiner Tochter den Brief, der erheblich schwerer war, als Amy gedacht hätte. Sie wollte ihn aufritzen, doch das hatte ihr Vater scheinbar schon für sie erledigt, also zog sie die Pergamente heraus. Dabei fiel etwas auf ihre Decke. Verwundert nahm Amy den Anstecker hoch – es war ein Schülersprecherabzeichen. Sie musterte das silberne Abzeichen mit dem S drauf und wusste nicht, ob sie es gut oder schlecht finden sollte. Ihr Vater dagegen war mächtig stolz: „Schülersprecherin – ist das nicht super, Amy?"

„Doch, doch" ,murmelte Amy und faltete das erste Pergament auseinander. Schnell überflog sie den Brief.

Hogwarts- Schule für Hexerei und Zauberei

Schulleiter: Albus Dumbledore

Sehr geehrte Mrs. Even,

Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie in diesem Schuljahr Schülersprecherin in Hogwarts sein werden. Ich hoffe, dass Sie dieses Amt eben so ernst nehmen, wie das Vertrauensschülersamt im letzten Jahr.

Auf Grund der unglücklichen Umstände konnte nicht, wie eigentlich von mir und Professor Dumbledore geplant, Mr. Diggory, den Platz des Schülersprecher bekleiden. Stattdessen haben wir nun Mr. David Rower aus Ravenclaw für dieses Amt ausgewählt. Ich denke Sie beide werden ihre Aufgabe gut lösen und ein effizientes Team bilden.

Mit freundlichen Grüßen,

Minvera McGonagall,

Stellvertretende Schulleiterin

Amy seufzte, sie wusste nicht, ob sie unter diesen ‚unglücklichen Umständen', wie McGonagall es nannte, den Aufgaben der Schülersprecherin gewachsen war. Hatte sie denn nicht schon genug Probleme mit sich? Musste sie sich denn nun auch noch mit den Problemen der Schülerschaft herumschlagen? Andererseits würde sie das ganze vielleicht auch auf andere Gedanken bringen. Sie beschloss, die Sache erst mal so auf sich zu beruhen lassen und abzuwarten, wie es sich entwickeln würde. Aber ein andere Gedanke beschäftigte sie trotzdem – sie und Cedric das Schülersprecherpaar? Wer war denn auf diese absurde Idee gekommen? Sie hatten sich schon als Vertrauensschüler kaum durch gesetzt, weil sie beim Blödsinn machen immer selbst mit vorne dabei gewesen waren. Wie wäre es wohl erst gewesen, wenn sie Schülersprecher und Schülersprecherin geworden wären? Amy schüttelte den Kopf, ganz so als könnte sie damit auch den Gedanken abschütteln, aber es klappte nicht.