Kapitel 8 – I can't tell you what you want to hear

Es war ein warmer Tag mitten im Mai und Amy saß mit Jamie am Seeufer im Gras. Die letzten Monate waren wie im Flug vorbei gezogen. Amy war in der Schule wieder auf ihre alten Noten vorgerückt und zählte wieder zu den besten Schülerin, die der Abschlussjahrgang zubieten hatte. Aber nicht nur ihre schulischen Leistungen hatten sich deutlich gesteigert, sondern auch Amys psychischer und physischer Zustand hatte sich deutlich verbessert. Sie aß wieder normal und hatte wieder ihr Normalgewicht erreicht, sie lachte wieder und beteiligte sich an Gesprächen und Veranstaltungen.

Das alles war eigentlich nur Jamie zu zuschreiben, der schon längst das Passwort hatte, dass ihm die Wand hinter dem staubigen Teppich im zweiten Stock den Zugang zu Amys und Daves Räumlichkeiten öffnete. Er hatte sich um sie gekümmert und ihr die Augen geöffnet, ihr erklärt, dass das Leben weiter gehen musste. Nun saß er neben ihr, in Shorts und T-Shirt und hatte die langen Beine weit von sich gestreckt. Im Mund hatte er einen Grashalm. Auch er hatte sich verändert. Er lachte öfters und seine Gefühle spiegelten sich nicht nur in seinen Augen wieder, sondern waren auf seinem ganzen Gesicht erkennbar. Das wiederrum hatte er nur Amy zu verdanken und er war ihr genauso dankbar wie sie ihm.

Auch Amy trug nicht mehr nur schwarz und vor allem fror sie nicht mehr so viel. Zum ersten Mal seit langem hatte sie wieder ihre gelben Chucks an, die dunkelblauen Jeans hatte sie bis zu den Knien nach oben gekrempelt und ihr T-Shirt war rot-schwarz gestreift. Ihre Haut war nicht mehr so blass, sondern leicht gebräunt von der frühsommerlichen Sonne, da sie wieder mehr Zeit außerhalb des Schlosses verbrachte. Meistens saß sie, wie jetzt, mit Jamie am See oder machte einen Spaziergang mit ihren Freundinnen. Es ging ihr deutlich besser.

„Wenn ich fertig bin mit der Schule" ,erzählte Amy Jamie gerade von ihren Zukunftsplänen und legte sich im Gras zurück, „Dann möchte ich gerne Schriftstellerin und Journalistin werden. Nicht so wie diese Kimmkorn-Tussi die ständig Lügen über andere Leute verbreitet... Nein, eine richtige Journalistin, die Wahrheiten ans Licht bringt und Sensationen aufdeckt. Das würde mir Spaß machen... und neben her noch Bücher schreiben. Was ist mit dir? Willst du weiterhin im Eberkopf arbeiten oder ist das nur eine vorrübergehenden Lösung, weil du nichts besseres gefunden hast?"

Jamie schwieg einen Moment nachdenklich, bevor er ihr antwortete: „Das klingt wirklich interessant. Du wirst das sicherlich gut machen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ohne Schulabschluss kommst du heutzutage ja nicht mehr als so weit, also mal schauen..." Er zuckte mit den Schultern und ließ seinen angefangenen Satz offen in der Luft hängen. „Hm, schon klar" ,nickte Amy, „Aber was willst du machen? Ist Kellner dein Traumjob oder würdest du lieber... hm, keine Ahnung, Lehrer werden oder Quidditchprofi?" Sie drehte sich auf die Seite, um Jamie in die Augen zu schauen und seine Reaktion zu sehen. Doch alles was sie zu sehen bekam, war ein Grinsen auf seinen Lippen. „Nein, natürlich ist Kellern nicht unbedingt mein Traumberuf, aber ich muss mich eben erst mal damit abfinden..." ,grinste er, „Ach und Qudditch ist nun überhaupt nicht meine Stärke. Du willst mich nicht auf einem Besen sehen..." „Oh doch, dass würde ich bestimmt gerne" ,lachte Amy und piekste ihn in die Seite, „Und was ist mit Lehrer? Du könntest bestimmt gut mit Kinder oder meinst du nicht?"

Amy wollte ihre Hand wieder zurück ziehen, doch Jamie griff danach und verschränkte seine Finger mit ihren, bevor er zufrieden lächelte. „Ich weiß nicht... vielleicht schon, aber was bringt's?" ,seufzte er, „Dazu brauch ich auch erst mal einen guten Schulabschluss." „Dumbledore würde dich sicher auch so nehmen, wenn du es trotzdem schaffst, den Stoff rüber zubringen... Welches Fach würde dich denn interessieren?" Jamie antwortete nicht gleich. „Zaubertränke" ,nuschelte er dann, „Darin war ich immer gut. Mein einziges gutes Fach." Amy grinste. „Ja, die Schule könnte wirklich einen neuen Zaubertranklehrer vertragen..."

Jamie lachte leise: „Nana, das habe ich jetzt aber nicht gehört." Amy streckte ihm die Zunge raus und piekste ihn mit der anderen Hand, auch diese nahm Jamie an sich und verschränkte ihre Finger miteinander. „Und was wird dann aus uns?" ,fragte er dann und war plötzlich wieder ernst, „Also ich meine, wenn du rasende Reporterin wirst und von deinem Chefredakteur in der Welt herum geschickt wirst... und ich tatsächlich in Hogwarts herumlungern werde und versuche Schülern zu erklären, was sie in ihren Kessel schmeißen müssen, damit sie sich nicht vergiften?" Amy lächelte: „Was soll mit uns sein? Es ist ja nicht so, dass wir erwachsene Zauberer sind, die apparieren können und wissen, wie man mit Flohpulver umgeht, oder? Ich würde doch nicht..."

Doch Jamie erfuhr nie, was sie nicht würde, denn in diesem Moment beugten sich drei Schatten über die Beiden und lachten leise. Sofort hatte Amy ihre Finger aus Jamies gelöst und hatte sich aufgesetzt, um ihre drei Freundinnen ein wenig missmutig und doch erfreut anzuschauen. Sie war froh, dass man sie unterbrochen hatte, da sie selbst nicht recht wusste, wo ihre Worte sie hingeführt hätten, was ihr ein bisschen Angst machte. „Hey" ,sagte sie und deutete ihren Freundinnen sich zu setzten. „Hey Amy" ,kam die dreistimmige Antwort, „Jamie..." Jamie nickte nur und wand sich wieder dem Himmel entgegen. Mussten die Drei immer zu den ungünstigsten Momenten auftauchen?

Zu fünf verbrachten sie den Rest des Nachmittags am See, bis Jamie sich schließlich gegen 7 Uhr verabschiedete. Kaum dass er außer Sicht war, rutschten Lenny, Ciara und Luca näher an Amy heran, um sie auszuquetschen. „Was läuft denn da zwischen euch?" ,platzte Ciara heraus. Amy schaute die Freundin stirnrunzelnd und verwirrt an: „Wa...? Nichts, was soll da schon laufen?" „Ach komm schon, Amy, nicht schon wieder" ,seufzte Lenny und rupfte büschelweise Gras aus, „Siehst du es wirklich nicht oder willst du es nicht sehen?" „Was denn?" „Er... du" ,seufzte Luca, „Das ist ja so süß!" „Was?" ,stöhnte Amy, „Seit ihr jetzt völlig bescheuert? Jamie und ich? Nein, nein, er ist nur ein Freund." „So wie Cedric auch nur ein Freund war?" ,warf Lenny sarkastisch ein und seufzte. Amy warf ihr einen bitterbösen Blick zu und sprang auf, um zum Schloss zu laufen.

Doch noch bevor sie das Schloss betreten hatte, packte sie jemand am Arm und drehte sie herum. Es war Lenny, die Amy entschuldigend anblickte. „Hör mal, es tut mir Leid" ,meinte sie dann und ließ sich mit Amy auf den Treppen vor der großen Eingangstür fallen, „Ich hab nicht daran gedacht, dass die anderen Beiden es noch nicht wissen. Aber du hättest es ihnen sowieso irgendwann sagen müssen. Sie sind nicht blöd, auch sie haben gemerkt, wie du Cedric angeschaut hast." „Ich weiß" ,erwiderte Amy, „Alle waren nicht so blöd wie ich und haben es gemerkt. Ist ja auch egal... Aber das mit Jamie stimmt nun wirklich nicht." Lenny seufzte: „Oh Amy, willst du wirklich den selben Fehler schon wieder machen? Warum glaubst du uns nicht diesmal? Letztes Mal lagen wir schließlich auch richtig. Jamie ist vernarrt in dich, das merkt ein Blinder. Und du bist es auch, auch wenn du es versucht zu verstecken. Vielleicht kannst du es vor Jamie verstecken und sogar vor dir, aber mir bleibt so was nicht verborgen. Ich kenne dich schon zu lange."

Amy schwieg, während sie ihre Schuhe musterte und über Lennys Worte nachdachte. Hatte sie Recht, war Amy tatsächlich schon wieder dabei den selben Fehler zu begehen? Nein, sie war sich ganz sicher nur freundschaftliche Gefühle für Jamie zu hegen. Allerdings hatte sie das auch bei Cedric geglaubt... Na und? Sie sollte sich von Lenny nichts einreden lassen. „Lenny, ich bin mir sicher" ,nuschelte Amy nicht besonders überzeugend und stand auf, „Jamie ist ein netter Typ. Nicht mehr und nicht weniger. Ich muss mich fertig machen, Quidditchtraining." Sie war schon durch die Tür geschlüpft, so dass sie Lenny nicht mehr nuscheln hörte: „Du rennst in dein Unglück. Warum begreifst du das nicht?"

Doch anstatt sich für das Training fertig zu machen, knallte sich Amy erst einmal auf das Sofa und dachte über Lennys Worte nach. Hatte sie Recht, konnte sie Recht haben? Sie wusste es nicht. Das Einzige, was sie wusste, war, dass sie Cedric noch immer liebte. Und Jamie? Sie konnte es nicht sagen. Gerne würde sie behaupten, dass es definitiv nicht so war, aber es ging nicht. Sie war sich absolut nicht sicher. Bei Jamie fühlte sie sich so wie bei Cedric, sicher, geborgen und gut. Kann man zwei Menschen gleichzeitig lieben? „Nein" ,fauchte Amy und sprang auf, „Und jetzt hör auf darüber nachzudenken." Vor sich hergrummelnd ging sie in ihr Zimmer, um ihre Klamotten und ihren Besen zuholen.

Sie war die Letzte, die am Feld ankam und gesellte sich kleinlaut zu Luca, welche sie angrinste. „Schön, dass du auch endlich da bist, Amy" ,meinte Mickey, „Dann können wir ja jetzt anfangen." Amy blickte ihn mit einem entschuldigenden Lächeln an. „Hab meinen Besen nicht gefunden" ,nuschelte sie und patschte ihren Sauberwisch. „Jaja, ist schon in Ordnung" ,erwiderte Mickey kopfschüttelnd, „Hör zu, ich hab den anderen gerade erklärt, dass wir den Pokal holen können, wenn wir mit mehr als 100 Punkten Vorsprung am Samstag gegen Slytherin gewinnen. Das hängt zum Großteil auch von dir ab... können wir uns auf dich verlassen?" „Natürlich, Captain" ,nickte Amy und schwang sich auf ihren Besen.

Das Training verlief prächtig, ganz besonders für Amy, sie ließ keinen einzigen Quaffel durch die Torringe. Dementsprechend erschöpft war sie auch, doch Mickey war einfach nur begeistert. „Kannst du am Samstag bitte auch so spielen? Dann ist der Pokal unser" ,rief er freudig. „Ja, natürlich" ,meinte Amy und wischte sich den Schweiß aus der Stirn, „Wenn du versprichst, den Schnatz zu fangen, sobald wir mit 100 Punkten vorne liegen, denn Stunden halte ich das nicht durch." Mickey grinste und patschte ihr väterlich die Schulter: „Wird schon, keine Sorge. Wir schaffen das schon. Schön, dass du dich wieder gefangen hast." „Mhm" ,machte Amy und schob sich zum Mädchenumkleideraum, „Gute Nacht Mickey." „Nacht Amy" ,rief dieser noch, bevor die Tür hinter Amy ins Schloss fiel.

„Kannst du mir mal verraten, warum die ganze Männerwelt rund um Hogwarts dir zu Füßen liegt?" ,fragte Luca, als nur noch sie und Amy im Umkleideraum waren, „Wie machst du das?" „Wie meinst du das?" ,erwiderte diese verwirrt und zog sich ihr T-Shirt über den Kopf. „Na" ,machte Luca, „Erst Cedric, dann Jamie und jetzt auch noch Mickey. Würde mich nicht wundern, wenn noch mehr Jungenherzen für dich schlagen würden." Amy ließ das Handtuch, mit dem sie eben noch ihre Haare trocken gerubbelt hatte, sinken und starrte Luca mit hochgezogener Augenbraue an: „Mickey? Wie kommst du denn darauf? Und ich wiederhole mich nur ungern, aber Jamie ist nur ein guter Freund." „Natürlich, ich vergaß" ,seufzte Luca, „Naja, soll nicht mein Problem sein... Mickey? Ist das denn nicht offensichtlich? Er macht dir ständig Komplimente, grinst dich die ganze Zeit dämlich an, sagt nichts, wenn du zu spät bist und starrt dich an, als wärst du ein Ufo." „Meinst du wirklich?" ,fragte Amy und fühlte sich irgendwie ein wenig geschmeichelt. Luca nickte: „Japp. Und wie sieht's bei dir aus?" Amy zuckte mit den Schultern, beschäftigte sich wieder mit ihren Haaren und entlockte Luca damit einen gequälten Seufzer.

Der Samstag kam schneller, als Amy lieb war, denn inzwischen war sie doch ein wenig nervös. Immerhin hatte man nicht jeden Tag die Chance den Quidditchpokal zu gewinnen. „Viel Glück " ,rief eine tiefe, melodische Stimme Amy zu, bevor sie den Umkleideraum der Mädchen betrat. Schon war ihre Nervosität wie weggeblasen und sie grinste von einem Ohr zum anderen. Sie machte noch einmal Kehrt und fiel Jamie um den Hals. „Danke" ,flüsterte sie in sein Ohr und jagte ihm damit einen warmen Schauer über den Rücken, „Genau das habe ich gebraucht." Jamie grinste und kratzte sich verlegen am Kopf. „Mh... ich sitzt oben bei den anderen Beiden" ,meinte er und deutete vage in Richtung der Tribunen. Amy nickte und wand sich wieder um, um sich endlich umziehen zu gehen, doch kurz darauf blickte sie noch einmal zurück. „Schön, dass du da bist Jamie."

Amy flog in Schlangenlinien um die Torstangen, eigentlich hätte sie konzentriert sein sollen, aber ihr Blick huschte immer wieder zur Huffelpufftribune, wo Jamie mit Ciara und Lenny saß. „Pf" ,machte sie dann und versuchte sich auf das Feld und den Quaffel zu konzentrieren. Wundersamerweise klappte es sogar. Nur zweimal schafften es die Jäger aus Slytherin den Quaffel in Amys Torringe zu versenken, während Luca und die anderen Jäger ihres Teams es ungefähr zehn Mal so oft schafften. Es stand 230 zu 20, als Mickey den Schnatz fing und damit einen Freudentanz aufführte. Es dauerte einen Moment bis die Botschaft auch bei Amy ankam: Sie hatten den Pokal gewonnen!

Sie steuerte auf den Boden zu und mischte sich strahlend in das Gewühl von 12 Huffelpuffarmen. „Wir haben den Pokal" ,schrieen sie alle durch einander und veranstalteten einen Ringelreihen, dem die Zuschauer begeistert zu sahen. Nun ja, alle bis auf die Slytherins, die sich geknickt wieder Richtung Schloss verzogen. „Du warst super" ,brüllte Mickey in Amys Ohr und drückte ihr übermütig einen Kuss auf die Wange. Amy riss die Augen auf und starrte ihn entgeistert an. „Das tut mir Leid... ich wollte nicht..." ,nuschelte er mit geröteten Wagen, „Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist... Vergiss das einfach wieder, ja?" Amy hob nur die Schultern und musterte ihre Füße.

Vorsichtig schlich sich Amy aus dem Kreis der anderen Spieler und wartete etwas abseits auf die Vergabe des Pokals. Mickeys Verhalten irritierte sie ein wenig, denn das musste bedeuten, dass Luca Recht hatte. Aber Amy konnte und wollte sich nicht vorstellen, solch eine Wirkung auf einen Jungen geschweige denn auf mehrere zu haben. Amy kam jedoch nicht umher sich zu fragen, ob Luca denn dann auch bei Jamie Rech hatte. War es doch mehr als eine Freundschaft? Zumindest von seiner Seite aus? „Amy, komm schon" ,rief Luca, „Der Pokal." Amy schreckte aus ihren Gedanken und folgte den Anderen zu Madam Hooch, die den Pokal an Mickey überreicht, der ein paar Tränen in den Augen hatte. Auch Amy musste die Freudentränen unterdrücken, als der Pokal an sie weitergereicht wurde und auch die richtigen Tränen, da sich ein Gedanke in ihrem Hirn eingenistet hatte. Ob Cedric wohl stolz auf sie wäre, ob er sich ebenso gefreut hätte, wenn er noch Captain gewesen wäre und sie gewonnen hätten?

Doch diese Gedanken waren schnell wieder weggewischt, als sie lachend mit den anderen in die Umkleideräume ging. Sie hatten den Quidditchpokal! Amy beeilte sich mit duschen und umziehen, denn sie wollte unbedingt noch mit Jamie sprechen, bevor es zum Feiern in den Gemeinschaftsraum der Huffelpuffs ging. Als sie aus der Umkleide kam, wartete er schon auf sie und lächelte. „Ich versteh zwar nicht allzu viel davon" ,grinste er, „Aber ich glaube ihr wart ganz gut." Amy knuffte ihn in die Seite, bevor sie ihm erneut um den Hals fiel. „Ganz gut?" ,fragte sie dann empört, „Wir waren besser als jemals zuvor. Wir haben den POKAL gewonnen." „Soso, dass war also dieses goldene Ding, dass herumgereicht wurde!" Amy lachte und erklärte ihm, dass er ein Spinner sei. „Ich weiß" ,nickte Jamie grinsend und löste sich wieder ein wenig von ihr, um sie anschauen zu können. Er strich ihr eine nasse Strähne aus dem Gesicht und lächelte. „Kommst du mit feiern?" ,fragte Amy und griff nach seiner rechten Hand, um ihn mit zum Schloss zu ziehen. Doch Jamie hielt sie zurück und schüttelte den Kopf: „Ich würde ganz gerne mit dir reden. Alleine." Amy musterte ihn stirnrunzelnd, was war so wichtig? „Gut" ,meinte sie dann jedoch und steuerte anstatt dem Schloss den See an, „Reden wir."

Die Beiden ließen sich am Seeufer fallen und starrten schweigend in den Himmel, der sich zum Sonnenuntergang bereit machte. Doch lang hielt Amy das Schweigen nicht aus und wand sich Jamie zu. „Na nun erzähl schon, damit wir feiern gehen können" ,drängte sie und stupste ihn leicht an. Jamie seufzte, wenn sie nur wüsste wie schwer ihm das fiel. „Amy, das ist nicht so einfach..." ,murmelte er ohne sie anzuschauen. Er konnte das nicht. „Was ist nicht so einfach?" ,wollte Amy wissen, er machte sie nur noch neugieriger. Erneut entließ Jamie einen Seufzer und riss ein paar Grashälmchen aus. „Ich hab dich gern, Amy" ,meinte er dann und griff nach einem Stein, um ihn in den See zu verwerfen. „Natürlich" ,erwiderte Amy und nun war es an ihr zu seufzten, „Ich dich doch auch. Würdest du mir jetzt bitte sagen, warum du mit mir reden wolltest? Das macht mich nervös..."

Jamie betrachtete die Ringe, die sein Stein im Wasser zog und schwieg. Amy stöhnte. Was war denn in ihn gefahren? „Amy, du verstehst mich nicht" ,fuhr er dann fort, „Ich mag dich wirklich. Ich..." „Jamie, wenn du mir nicht gleich sagst, warum wir hier sind, gehe ich" ,grummelte Amy und begann nun ebenfalls Gras aus der Erde zu reißen. Jamie fluchte leise: „Verdammt noch mal. Begreifst du es denn nicht oder willst du es nicht begreifen? Ich liebe dich, Amy." Amy fiel aus allen Wolken, ließ das Gras fallen und ihren Kiefer nach unten klappen. „Wa...? Wa... Was?" ,stotterte sie dann, „Du... WAS?" Jamie schaffte es nur zu einem neuerlichen Seufzen, bevor er wiederholte: „Ich hab mich verliebt... Ich liebe dich."

Auch als Amy aufsprang und auf Jamie herabsah, stand ihr Mund noch weit offen. Das meinte er nicht ernst, dass konnte er nicht ernst meinen. „Das... nein, dass kann nicht sein" ,flüsterte sie. Jamie stand ebenfalls auf und wollte nach ihrer Hand greifen, doch Amy schlang die Arme um ihren Oberkörper. „Scheiße, Amy, es tut mir Leid" ,meinte Jamie leise, „Ich wusste ich hätte es dir nicht sagen sollen. Ich wollte nicht... Können wir das vergessen?" „Vergessen?" ,rief Amy hysterisch, „Bist du bescheuert? Wie soll ich das denn vergessen? Jamie, ich..." Sie driftete ab und schüttelte nur den Kopf. „Hör zu" ,meinte Jamie und biss verzweifelt auf seiner Unterlippe herum. Was hatte er nur angerichtet? „Vielleicht sollten wir uns erst mal eine Weile nicht treffen, bis... bis sich das alles wieder geregelt hat. Glaub mir, ich wollte das nicht... Es... ist einfach passiert." „Du begreifst überhaupt nichts oder?" ,rief Amy und malträtierte seine Brust mit ihren Fäusten.

Jamie hielt ihre Hände fest und drückte sie sanft. „Scheinbar nicht" ,murmelte er, „Erklär's mir. Sag mir, was mit dir los ist." Amy schloss die Augen und atmete tief durch, bevor sie antwortete: „Erst sagst du mir, dass du mich liebst und dann, als ob das nicht schon Schock genug wär, meinst du auch noch, wir sollen uns erst mal nicht mehr sehen? Kapierst du denn nicht, dass ich dich brauche? Ohne dich bin ich ein Wrack. Du kannst mich nicht einfach alleine lassen, bloß weil du glaubst, dass du in mich verliebt bist. Du bist mein bester Freund, ohne dich hätte ich das alles nicht geschafft." „Amy, ich glaube nicht nur, dass ich dich liebe" ,meinte Jamie und strich über ihre Finger, „Ich weiß es. Es war nicht leicht für mich, mir das einzugestehen, aber es ist nun mal so. Ich kann nichts dafür." Amy entzog ihre Hände seinen Fingern und stolperte ein paar Schritte rückwärts. „Jamie, ich kann... ich kann nicht" ,stotterte sie, „Es... oh, warum nur?"

Jamie starrte ihr nach, wie sie zum Schloss rannten, ohne zu merken, dass jemand neben ihn trat. „Lass ihr Zeit" ,meinte Lenny und er zuckte erschrocken zusammen. „Du bist das" ,nuschelte er und wischte sich über die Augen, „Zeit wofür?" „Zeit das zu verkraften, was du ihr gerade gesagt hast" ,erwiderte Lenny. „Du.. du hast uns zugehört?" ,fragte Jamie verdutzt und starrte sie an. Lenny grinste verlegen: „Nur zufällig, natürlich. Tut mir Leid." Jamie rollte mit den Augen: „Natürlich. Ach egal... ich werd dann jetzt..." Er wand sich zum Gehen, doch Lenny hielt ihn zurück. „Amy hatte Recht" ,seufzte sie, „Du kapierst tatsächlich überhaupt nichts." „Was?" ,fragte Jamie mit hochgezogener Augenbraue, „Was hab ich denn nun schon wieder nicht verstanden?"

Lenny stöhnte: „Ihr passt wirklich gut zusammen, einer so blöd wie der andere. Mein Gott, siehst du denn nicht, dass sie dich liebt?" „Uhm" ,machte Jamie und rollte erneut mit den Augen, „Falls es dir nicht aufgefallen ist: Sie ist gerade vor mir geflüchtet, weil ich ihr gesagt habe, dass ich sie liebe." Lenny tätschelte ihm die Wange, als wäre er ein Geisteskranker. „Bei Merlin, nun überleg doch mal, was sie schon alles durchgemacht hat... Wie würdest du denn reagieren, wenn nach alledem dein neuer bester Freund kommen würde und dir seine Liebe gestehen würde? Jamie, sie hat Angst!"

„Ich hab auch Angst" ,antwortete er ohne nachzudenken, doch dann wurde ihm klar, was Lenny meinte, „Oh... Und du meinst wirklich sie...?" Lenny nickte eifrig: „Endlich hast du es kapiert. Du kannst gehen." Jamies Miene erhellte sich für einen Moment und er drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Du bist die Beste" ,grinste er dann und drückte sie zusätzlich noch einmal an sich, doch dann fiel ihm etwas ein, „Nein... nein. Gegen Ced hab ich doch nie eine Chance." Nun war es an Lenny mit den Augen zu rollen: „Bist du schwerhörig oder was? Ich hab dir doch gesagt, dass sie dich auch..." „Natürlich, dass habe ich schon gehört" ,erwiderte Jamie leise, „Aber nicht so sehr wie sie Ced geliebt hat... wie sie ihn immer noch liebt." Lenny seufzte: „Verliebte sind wirklich kompliziert. Sie liebt dich schon längst genauso sehr wie ihn, wenn nicht so gar noch mehr. Genau kann ich das auch nicht sagen... aber so wie sie sich dir gegenüber verhält, wie sie von dir redet... so hat sie über Cedric auch geredet. Und dieses Lächeln auf ihren Lippen, sobald du am Schlosstor erscheinst. Jamie, wirklich, wenn sie dich nicht liebt, dann geh ich mich erhängen. Glaub mir einfach. Sie muss nur noch begreifen, dass sie mit der Vergangenheit abschließen muss und ein neues Leben anfangen... Ich werde mit ihr reden, vielleicht hört sich ja auf mich. Mach's gut, Jamie." „Danke, Lenny" ,erwiderte dieser und wand sich zum Gehen, „Sag mir Bescheid, wenn's was Neues gibt..." Lenny schüttelte den Kopf: „Ich schick sie gleich zu dir."

Während Jamie sich glücklich und zufrieden grinsend auf den Heimweg machte, ging Lenny nach Amy suchen und fand sie schließlich auf der Mädchentoilette im ersten Stock. Sie sah erbärmlich aus. „Amy" ,rief Lenny und schlang die Arme um die Freundin, „Du hast doch nicht etwa...?" Sie ließ ihren Satz offen und nickte zu den Klos. Amy schüttelten den Kopf und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Nein" ,murmelte sie, „Auch wenn mir danach wäre... Wo warst du so lange?" Lenny schmunzelte ein wenig: „Och... musste erst noch was klären. Du hast mich gesehen?" „Mhm" ,nickte Amy, „Als ich weggelaufen bin... Hast... hast du gehört, was er gesagt hat?" Lenny nickte und drückte die Freundin fester an sich. „Ja, das habe ich" ,erwiderte sie dann und seufzte leise, „Amy... er meint's wirklich ernst und verdammt noch mal er ist wirklich ein knuffiger Kerl. Warum gibst du ihm nicht einfach eine Chance? Ich seh doch, dass du ihn auch magst."

„Lenny, selbst wenn, ich könnte nicht" ,schluchzte Amy nach einem Moment des Schweigens, „Nach allem was passiert ist... Ich hab Angst, Lenny. Wenn ihm auch etwas passieren würde... Ich würde das nicht verkraften. Oder wenn die Beziehung nicht hält... Nein, ich brauch ihn als besten Freund viel zu sehr." Lenny strich ihr über die Haare und versuchte sie ein wenig zu beruhigen, bevor sie weitersprach: „Du liebst ihn also. Mein Gott gerade nachdem, was mit Cedric passiert ist, solltest du doch wissen, dass du die Freundschaft so noch mehr aufs Spiel setzt. Amy mach nicht den selben Fehler noch mal. Du machst nicht nur die Freundschaft kaputt, sondern auch dich und ihn... Glauben mir, bitte! Ich kann das nicht mit ansehen, Amy... das geht nicht gut!"

Amy löste sich aus Lennys Armen und stand auf. „Ich kann nicht" ,flüsterte sie, bevor sie aus den Toiletten schlich und auf ihr Zimmer ging. Dort ließ sie sich auf ihr Bett fallen und drückte das tränenverschmierte Gesicht in ihre Kissen. Warum musste ihr immer so etwas passieren? Sie wollte Jamie nicht lieben und sie wollte nicht, dass er sie liebte. Es war doch alles gerade so gut gelaufen, warum musste er jetzt damit rausrücken? Und warum musste ihr klar werden, dass sie ihn auch liebte? Sie wollte doch nur einen besten Freund... warum musste sie die Liebe immer gleich dazu bekommen?

Tage und Wochen strichen vorüber, in denen Amy nicht mehr mit Jamie sprach und sich wieder zurückzog. Die Schule wurde zur Nebensache und dass, obwohl die Prüfungen immer näher rücken und Amys Gedanken drehten sich einzig und alleine nur noch um Jamie. Was sollte sie nur tun? Morgen begannen die Prüfungen und sie konnte so gut wie gar nichts. Zwar lag das aufgeschlagene Zaubertränkebuch neben ihr im Gras, doch sie hatte nicht einmal hineingeschaut. Es erinnerte sie an Jamie. „Amy?" ,es war Lenny, die sich neben sie setzte und einen Arm um sie legte, „Hör mir zu, auch wenn du es nicht wissen willst. Du und er, ihr seit das perfekte Paar. Er ist vielleicht nicht Cedric, aber macht ihn das denn zu einem schlechteren Menschen?" Amy horchte auf, das waren die selben Worte die Dumbledore zu ihr gesagt hatte. „Das hat er damit gemeint" ,nuschelte sie und starrte Lenny nachdenklich an.

„Von was redest du denn?" ,wollte Lenny wissen, „Wer hat was gemeint?" „Dumbledore, er hat das Selbe gesagt, wie du eben... Nur schon viel früher. Er hat Jamie gemeint... er wusste es." „Und er hat Recht, Amy" ,meinte Lenny, die immer noch ein wenig verwirrt war, „Jamie ist kein schlechter Mensch. Es verlangt doch niemand von dir, dass du Cedric vergisst. Du musst nur... weitermachen, verstehst du? Jamie liebt dich und du liebst ihn, willst du das aufgeben nur weil du einem Toten nachtrauerst? Amy begreif doch, Cedric kommt nicht wieder. Du kannst wegen ihm nicht so eine einmalige Chance sausen lassen. Er wäre dir nicht böse, alles was er wollte, war, dass du glücklich bist und das bist du nun mal nur mit Jamie. Also mach was draus." Amy starrte nachdenklich Löcher in die Luft, bevor sie leise antwortete: „Ja, das macht Sinn... vielleicht, vielleicht hast du Recht. Aber... ach, Lenny, es ist einfach so schwer." „Du schaffst das schon" ,meinte Lenny und knuddelte Amy, „Aber erst mal solltest du dich darum kümmern." Grinsend deutete sie auf das Zaubertränkebuch und Amy seufzte.