Disclaimer: Alles was wir uns nicht selbst ausgedacht haben,gehört Michael Crichton !

Hier kommt nun das erste Kapitel...

Die Story ist wieder eine Gemeinschaftsproduktion von Nadine und Simone, die sich diesen Account teilen.

Nadine hat den Charakter Mel zum Leben erweckt und Simone den Charakter Luthien... und nun viel Vergnügen !

Luthien

„So, also Morgen geht's für dich zurück ja?"

Melanie Anderson, seit ewigen Zeiten meine beste Freundin, saß mir gegenüber in einem Cafe in San Diego.

„Jepp, zurück in die Einsamkeit..." Ich nippte an einem Cafe Latte und sie grinste.

„Ach komm... ganz alleine bist du doch nicht auf dieser Insel. Von dem was ich so weiß, beschäftigt InGen doch einiges an wissenschaftlichem Personal dort. Würde nur zu gerne wissen, was ihr da so treibt..."

„Du weißt doch, dass ich unter Geheimhaltung arbeite... Aber glaub mir, bald weiß jeder, was wir dort vollbracht haben."

„Klingt ja sehr geheimnisvoll und ich bin ja auch überhaupt nicht neugierig..."

Jetzt musste ich grinsen. Mel war Anwältin und arbeitete genau wie ich für die Firma meines Onkels. John Hammond war mein Onkel und er war reich .Um nicht zusagen stinkreich .Er hatte praktisch aus dem nichts einen gigantischen Konzern aufgebaut, der mittlerweile in allen möglichen Bereichen aktiv war .Es gab nichts, an dem mein Onkel nicht beteiligt war. Ging es nun um Immobilien oder die Pharmaindustrie ,um Computer oder Lebensmittelchemie , er hatte in alles investiert .Ebenso wie in die Biotechnologie .Als diese in Mode kam und ihre Erfolge noch nicht absehbar waren ,begann mein Onkel schon Labore zu bauen und diese bestmöglich auszustatten . Der Erfolg gab ihm Recht und sein Labor gehörte zu den besten der Welt.

Und ich war Biologin, oder genauer gesagt Genetikerin .Ja genau, eine von den Wissenschaftlern, denen man oft vorwarf, die Natur zu verpfuschen oder mit ihren Forschungen ethische Grenzen zu überschreiten. Ehrlich gesagt musste ich mir diese Vorwürfe mindestens einmal pro Woche anhören. Meistens von Leuten, die von meinem Arbeitsgebiet keine Ahnung hatten, aber sich anmaßen mit ihrem Discovery - Channel Wissen über meine Forschung zu urteilen. Ich persönlich hatte kein schlechtes Gewissen, was meine Projekte anging, denn ich hatte den Gewissenskonflikt ethisch oder unethisch jedes Mal mit mir selbst ausgemacht, bevor ich eines begann. Und nun besaß ich die große Wohnung, von der ich immer geträumt hatte, obwohl ich sie ja im Moment nicht nutzen konnte. Ich fuhr das Auto, was ich mir immer gewünscht hatte. Ich hatte einen gut bezahlten Arbeitsplatz in der Firma meines Onkels. Ich hatte es geschafft. Anscheinend.

„Wieso fragst du nicht einfach Donald?" Schlug ich vor, aber es war eher ironisch gemeint.

Donald Gennaro war Mel's Vorgesetzter und er wusste sehr gut, was auf der Insel meines Onkels vor sich ging.

„Sehr witzig." Kam die frustrierte Antwort.

„Glaubst du, dass hab ich noch nicht versucht? Er verrät mir nichts."

„Ja dann..." Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Warts einfach ab."

„Okay." Mel gab sich geschlagen und wechselte das Thema.

„Wann sehen wir uns eigentlich das nächste Mal? Doch bestimmt zur Sylvestergala bei deinem Onkel, oder?"

Das hatte ich schon fast wieder vergessen. Aber es stimmte. In zwei Monaten wollte mein Onkel ja eine Sylvestergala veranstalten auf seinem Anwesen nahe San Diego und zwar für die wichtigsten seiner Mitarbeiter. Das schloss die meisten meiner Kollegen von der Islar Nublar mit ein... und natürlich auch Donald und Mel.

„Ja, stimmt. Das hab ich schon wieder verdrängt. Weißt ja, wie ich solche Familientreffen mag..."

„Ach komm Luthien, wird schon nicht so schlimm werden. Da sind immerhin noch dutzende andere Leute... und natürlich ich."

Wir mussten beide lachen.

Leider verging der Nachmittag viel zu schnell. Vorerst mein letzter Nachmittag in der richtigen Zivilisation, dachte ich so, als wir uns verabschiedeten und ich zurück zu meiner Wohnung fuhr.

Am nächsten Morgen machte ich mich früh auf den Weg zum Flughafen, wo mich einer der firmeneigenen Helikopter erwartete. InGen stand auf ihm mit silbernen Lettern auf blauem Hintergrund.

Nach einigen Flugstunden kam die Islar Nublar in Sicht.

Mein Onkel hatte sie der costaricanischen Regierung abgekauft, die wohl froh war sie loszuwerden, da sie damals völlig unerschlossen war und nur brach da lag. Also hatte John einiges investiert und eines der leistungsstärksten Gentechniklabors der Welt auf dieser einsamen Insel errichten lassen. Zu welchem Zweck hatte auch ich erst später erfahren, als mein Onkel mir einen Job in seinem Labor angeboten hatte. Damals, vor vier Jahren, war ich gerade auf der Suche nach einer universitären Doktorandenstelle gewesen. Aber als mein Onkel mir die Chance bot, meine Doktorarbeit in seiner Firma zu machen und ich hörte, mit welchen Wissenschaftlern ich zusammenarbeiten könnte, pfiff ich auf die Universität und musste einfach zusagen. Das Team bestand aus den besten Molekularbiologen, die man finden konnte. Vor allem Dr. Henry Wu, Genetiker mit einem ausgezeichneten Ruf und noch besseren Referenzen. Er hatte sich einen Namen gemacht, indem er ein schnelleres und exakteres Verfahren zur Sequenzierung von DNA-Fragmenten entwickelt hatte.

Und dann war da noch das Labor... ja das Labor mit seiner Ausstattung war der Traum eines jeden Wissenschaftlers.

Damals sollten wir das Unmögliche versuchen... und hatten es letztendlich geschafft.

Vor einem Jahr hatte ich meine Doktorarbeit abgeschlossen, Gentherapie bei der Regeneration von fossiler DNA, und jetzt mit 28 Jahren arbeitete ich immer noch mit den besten ihres Fachgebietes zusammen. Auf einer entlegenen Insel...

Diese lag nun vor mir und erschien im Ganzen dunkelgrün, da ihre sanften Erhebungen von tropischer Vegetation überzogen wurden und über ihren Hügeln ein leicht nebliger Dunstschleier hing. Wahrscheinlich wie immer wegen der hohen Luftfeuchtigkeit, dachte ich.

Die Szenerie wirkte irgendwie unheimlich.

Home sweet home, dachte ich nur und seufzte.

Am Helikopterlandeplatz der Insel wartete schon Henry auf mich und winkte mir freudig zu.

Auf dieser einsamen Insel kam es natürlich schnell dazu, dass man sich näher kennen lernte und auch duzte. Hier herrschte ein Gefühl der Verbundenheit, wie als wenn wir hier als große Familie lebten und es war völlig egal, ob es sich dabei um Parkpersonal oder Labormitarbeiter, Techniker, Assistenten oder Doktoren handelte. Natürlich wussten auch alle, dass dies eine elitäre Einrichtung war, an der wir arbeiteten und das unsere Forschungsarbeit mehr durch eine Vision entstanden war, als durch pragmatisches wissenschaftliches Denken und Handeln. Durch die Vision eines Mannes: Meines Onkels John Hammond. Aber das war hier zweitrangig. Alle zogen an einem Strang und dadurch hatten wir Dinge erreicht, die die Vorstellungskraft der meisten überstiegen hätte. Nun rückte die Veröffentlichung unserer Ergebnisse immer näher und alle wussten, dass diese die Phantasie der Menschheit beflügeln würden.

Henry nahm mir meine Reisetasche ab und verstaute sie auf dem Rücksitz des Jeeps, mit dem er mich abholte.

„Na, den Urlaub gut überstanden?" Henry grinste, als er sich auf den Fahrersitz setze und ich als Beifahrer Platz nahm.

„Allerdings", seufzte ich.

„Mal einen Monat hier weg zu kommen hat ganz schön gut getan. Und jetzt klär mich auf. Was für neue Katastrophen erwarten mich?"

Unsere Arbeit im Labor war eine Sache. Ging etwas schief, überprüften wir den genetischen Code und die Proteine, dann wurden alles wenn möglich modifiziert und die nächste Testreihe gestartet.

Irgendwann allerdings, wenn unsere Kreationen oder besser Kreaturen ausgereift waren, konnte man sie nicht immer so einfach kontrollieren...

Henry lachte auf, als er den Jeep in Bewegung setzte und den befestigten Weg, der durch dichte Vegetation führte entlangfuhr.

„Mmh, lass mal sehen... Also das Essen in der Kantine wiederholt sich immer noch monatlich und Ray versucht immer noch den Pornokanal kostenlos in unser TV-Netz einzuspeisen. Bislang jedoch immer noch leider ohne Erfolg..." Henry betonte das Wort leider und ich musste lachen.

„Na ja", meinte ich, „jeder braucht hier wohl sein Hobby..."

Nach einigen Minuten führte der Weg über mehrere Meter breite Gräben und zu einer Art Schleuse. Wir waren nun an dem ebenfalls meterhohen und riesig wirkenden Zaun angekommen der ein mehrere Quadratkilometer großes Areal der Insel umgab. Alle 5 Meter wurde der Zaun durch schwere Eisenpfosten gehalten und verstärkt, auf denen eine Lampe blinkte. Dies war das Zeichen dafür, dass der Zaun unter Strom stand. 20.000 Volt. Eine kurze Berührung würde einen Menschen glatt töten, aber diese Insel war ja auch kein Gefängnis für Menschen. Die Schleuse bestand aus zwei breiten eisernen Toren, an denen Wachen mit Gewehren standen. Die Tore wurden durch schwere Eisenriegel und elektronisch verschlossen.

Moment, dachte ich, Wachen mit Gewehren? Da hab ich wohl was verpasst.

Als ich gefahren war, hatten die Wachen nur Elektroschockstangen gehabt und Gewehre nur verschlossen in ihrem Wachhäuschen. Mein Onkel hatte eine gewisse Abneigung gegen Feuerwaffen...Allerdings auf dieser Insel musste auch er einsehen, dass es besser war, welche hier zu haben... man wusste ja nie... Die Wachen öffneten uns die Tore und schlossen sie wieder hinter uns. Auf der ganzen Länge des Zaunes gab es nur zwei solcher Schleusen.

Eine hier, wo die Besucher per Schiff oder Helikopter anreisen sollten und eine an der Straße zum, wie wir es nannten, Touristenzentrums.

Im Moment befand sich dort, außerhalb der Sperrzone und des Zaunes noch die Arbeitersiedlung. Wenn aber bald alle Hotels und dergleichen fertig gebaut waren, sollten dort die Besucher des Parks residieren.

Da unsere Labore sich aber innerhalb der Sperrzone befanden, hatte man für das wissenschaftliche Personal und noch einige andere, wie die Wachen, einen Wohnkomplex innerhalb der Sperrzone errichtet, bevor wir unsere Arbeit aufgenommen hatten. Dort wohnte ich wie alle anderen in einem kleinen Apartment.

Ich war wieder in der Sperrzone und wie immer beschlich mich ein mulmiges Gefühl. Irgendwie kam ich mir hier immer wie die Gefangene in einem Hochsicherheitstrakt vor... aber zum Glück war ich ja nicht alleine...

Wir kamen auf eine Anhöhe und Henry hielt den Wagen an. Er deutete nach rechts ins Tal und ich wusste, was ich dort sehen würde.

„Na, mal einen Blick riskieren?"

Nun blickte auch ich ins Tal und wunderte mich doch etwas.

„Seit wann halten wir denn Herden verschiedener Spezies zusammen?"

Im Tal an einem kleinen See konnte ich mehrere Stegosaurier, Apatosaurier und Triceratopsiden grasen sehen.

Ja, das waren Dinosaurier. Wir hatten sie erschaffen und obwohl ich sie schon mit meinen eigenen Händen berührt hatte, kam es mir immer noch manchmal unwirklich vor.

Diese Arten waren ungefährlich, jeweils relativ ungefährlich. Bei einigen anderen Spezies hatte ich mich allerdings schon gefragt, ob es ratsam gewesen war, sie zu erschaffen...

„Ach ja", fuhr Henry fort, „wir haben einen neuen Parkaufseher oder Tierhüter, wie immer du es auch nennen willst. Daher die anderen Territorien. Hatte bisher immer Recht, was die Tiere angeht, aber steht ein bisschen auf Kriegsfuß mit uns Wissenschaftlern und John was die Sicherheit des Parks angeht... Waffen, Ausrüstung und so weiter..."

„Aha. Daher wohl auch die verschärften Sicherheitsmaßnahmen, was?"

Ich war nicht wirklich beeindruckt. Die Tiere waren neu für uns alle und niemand wusste wirklich, wie sie sich in bestimmten Situationen verhielten. Beschäftigte man sich aber mit ihnen, war es wahrscheinlich gar nicht so schwer, abzuschätzen, welche Arten sich vertragen würden und welche nicht. Allerdings fand ich auch, dass das nicht unsere Aufgabe war. Nicht Aufgabe der Wissenschaftler...Führ mich waren die Tiere eher auf genetischer Ebene interessant...

„Was ist denn mit Pete?" Fragte ich dann stirnrunzelnd. Er war unser erster Parkaufseher gewesen. Ein Zooexperte.

„Nun ja", Henry schien die Frage unangenehm zu sein, „ er hatte eine unerfreuliche Begegnung mit einem Dilo." So nannten wir die Dilophosaurier.

„Die haben ihn angespuckt... und nun wissen wir, dass sie giftig sind..."

Erschrocken sah ich Henry an.

„Ist nicht wahr...!" Was für eine Entdeckung, aber dann kam mir noch ein anderer Gedanke.

„Er ist doch nicht ...?"

„Nein, nein", Henry winkte ab.

„Wäre nur fast erblindet... und jetzt kriegen ihn keine zehn Pferde mehr zurück auf diese Insel. Allerdings wollte John ihm jetzt sowieso nicht mehr die Verantwortung für die Tiere überlassen. Ist wohl der Meinung, Pete sei unfähig, weil er das mit dem Dilo nicht hat kommen sehen...Du kennst ja John..."

Wir fuhren mittlerweile vorbei am Besucherzentrum, von dem aus die Inselrundfahrt durch den Park für die Besucher beginnen sollte. Überall waren Arbeiter beschäftigt und es kam einem so vor, als sollte der Park schon Morgen eröffnet werden. Hinter dem Besucherzentrum befand sich der Wohnkomplex für das Personal innerhalb der Sperrzone.

Es war ein großer Gebäudekomplex, drei Stockwerke hoch und wie das Besucherzentrum von einem extra Stromzaun umgeben. Dieser war zwar an die Landschaft angepasst, ebenfalls wie der des Besucherzentrums, aber selbst das konnte seine Stärke und Höhe nicht verbergen.

Sollte irgendetwas Unvorhergesehenes passieren, war man hinter diesen Zäunen und in den Gebäuden sicher...

Henry steuerte den Parkplatz vor unserem Wohngebäude an. Wir wohnten auch auf dem gleichen Flur im zweiten Stock, zusammen mit einigen Laborassistenten.

„Sag mal, wer ist denn der neue Parkaufseher?" Fragte ich Henry als wir ausstiegen.

„Ein gewisser Robert Muldoon. War Jagdaufseher in einem Reservat in Kenia. Ich glaube, das Reservat gehört sogar John. Kennt sich mit allen möglichen Tieren aus, der Mann, und war wohl öfter als Berater von Zoos und ähnlichem tätig. Jäger ist er wohl auch..."

Der Name kam mir bekannt vor und das teilte ich Henry noch mit.

„Na hoffentlich sieht er unsere Tiere nicht als Trophäe..." Meinte ich dann lachend und zog meine Keycard sowie meinen Mitarbeiterausweis, den jeder Mitarbeiter sichtbar tragen musste, aus meinem Rucksack.

Den Ausweis befestigte ich mit seiner Klemme an meinem T-Shirt und die Keycard behielt ich in der Hand. Ohne sie kam man fast nirgendwo rein und da ich Zutritt zur höchsten Sicherheitsstufe hatte, brauchte ich sie fast ständig.

Ich schnappte mir meine Reisetasche und ging zum Tor, das zum Wohnkomplex führte.

„Komm doch nachher zum Kontrollraum oder ins Labor, wenn du ausgepackt hast. Dann können wir alles Weitere besprechen."

Henry winkte mir zu und machte sich auf den Weg zum riesigen Gebäudekomplex, der das Besucherzentrum, den Kontrollraum und einige unserer Labore enthielt. Vom Parkplatz aus waren es bis zu einem der hinteren Eingänge nur etwa 200 Meter.

Auch ich machte mich auf den Weg und der Wachmann am Tor kannte mich schon, warf aber trotzdem noch mal einen Blick auf meinen Mitarbeiterausweis, bevor er mich zum Gebäude durchließ.

Dr. Luthien Parker stand darauf, Biologin. Daneben war ein Bild von mir und dann standen da noch groß die Buchstaben AAA. Das stand für Access all areas...

Als ich mein Apartment erreichte, öffnete ich die Tür mit meiner Keycard und trat ein. Ein normales Schloss mit Schlüssel gab es auch, falls die elektronischen Türschlösser mal ausfallen sollten. Aber mein Schlüssel steckte wie wohl bei den meisten hier von innen.

Ich sah mich um. Hatte sich wirklich nichts verändert, dachte ich dann.

Kam man durch die Eingangstür, stand man zuerst in einem kleineren Wohnzimmer. Alle Apartments waren gleich hell und modern eingerichtet. Man hatte eine gemütliche Couch, einen kleinen Tisch davor und dahinter an der Wand eine Plasma-TV- Bildschirm. Alles vom feinsten. Zwei kleinere Fenster rahmten den Bildschirm ein und an der rechten Wand befand sich eine Arbeitsecke mit PC, Bücherregalen, Telefon und anderen nützlichen Dingen.

Links war das Wohnzimmer durch eine Theke von der kleinen Küchenzeile abgetrennt. Es kochte hier so gut wie niemand für sich selbst. Alle nahmen wohl oder übel vorlieb mit dem Kantinenessen...

Die Küche besaß wie das Schlafzimmer eine Glastür, die auf den durchgehenden Balkon der zweiten Etage führte.

Links neben der Küche gab es noch die Tür, die zum bestens ausgestatteten Badezimmer führte. Jeder hatte hier eine große Eckbadewanne und Dusche...

Ich wandte mich nach rechts und überprüfte kurz an meinem Arbeitsplatz, ob ich Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hatte. Da das nicht der Fall war, ging ich rechts durch die Tür in mein Schlafzimmer und verstaute dort die Sachen aus meiner Reisetasche. Vom Schlafzimmer aus führte ebenfalls eine Tür hinaus auf den Balkon und durch die Panoramafenster konnte ich auf den Pool hinunter sehen, um den herum die Anlage gebaut war.

Dann machte ich mich auf den Weg zum Kontrollraum. Bis ich zu dem Flur kam, von dem aus unsere Labore erreichbar waren und der weiter zum Kontrollraum führte, musste ich viermal Türen mit meiner Keycard öffnen.

Auf dem Flur hörte ich eine bekannte Stimme.

„Na, endlich wieder hier, was? Hab dich schon vermisst!"

„Hi Rebecca", antwortete ich und wir umarmten uns zur Begrüßung. Sie trug einen weißen Laborkittel und hatte ihre dunklen Haare zu einem Zopf zusammengebunden.

Wir arbeiteten sozusagen nebeneinander im Labor in Henry's Arbeitsgruppe und auch sie war Biologin.

„Willst du zum Kontrollraum?" Fragte sie dann und ich nickte.

„Gut, ich auch. Muss Henry unbedingt was Interessantes zeigen..."

Auf dem Weg zum Kontrollraum unterhielten wir uns über unsere letzten Ergebnisse, bis Rebecca mir ein Kaugummi anbot. Im Labor war so etwas ja natürlich strengstens verboten, aber Rebecca kaute ständig, auch wenn das eine Auseinandersetzung mit Henry oder Patrick herauf beschwörte.

„Laß das bloß nicht Henry sehen", meinte ich lachend, aber sie winkte ab.

„Er hat's schon fast aufgegeben mich darauf hinzuweisen... fast..."

Als wir den Kontrollraum erreichten ging ich vor und öffnete die Tür mit meiner Keycard, da Rebecca einen Haufen Computerausdrucke in der Hand hielt.

Der Kontrollraum war ziemlich groß und bestand aus vielen Computern und riesigen Bildschirmen an der Wand, die Bilder der Überwachungskameras aus dem Park zeigten.

Henry stand zusammen mit Ray Arnold, einem Schwarzen mittleren Alters in Hemd und Krawatte, der Kette rauchte und einem ganz in Khaki gekleidetem Mann in der Mitte des Raumes und diskutierte scheinbar angeregt mit den beiden.

Rebecca zögerte.

„Ups, da stör ich lieber im Moment nicht." Und damit wandte sie sich um, um zu gehen, aber ich hielt sie zurück.

„Du, ist das unser neuer Parkaufseher? Ähm, Robert Muldoon, glaub ich..."

„Oh ja", meinte Rebecca mit einem merkwürdigem Unterton in der Stimme und ich sah sie irritiert an.

„Was ist denn mit ihm?"

„Das wirst du bestimmt schon selbst merken... aber ich warne dich schon mal vor: Er ist nicht so besonders gut auf Wissenschaftler wie uns zu sprechen..."

Damit verschwand sie und da Henry mich noch nicht entdeckt hatte, nutzte ich die Zeit, um mir Muldoon mal genauer anzusehen. Ganz in Khaki gekleidet. Na klar, dachte ich, das passt ja, denn er sah wirklich aus wie ein Jagdaufseher oder Safariführer aus Afrika. Eben wie jemand der die meiste Zeit draußen verbringt und nicht im Labor oder Kontrollraum. Ich schätzte ihn auf Ende dreißig, also etwas älter als mich ein.

Außerdem hatte er kurze dunkle Haare und blaue Augen, war zwar weder besonders groß noch besonders stämmig, wirkte aber trotzdem trainiert. Henry und Ray sahen gegen ihn wirklich eher wie Leute aus, die nur drinnen vor ihren Computern hockten.

Dann unterbrach Henry meine Überlegungen, da er mich erkannt hatte und mich zu ihnen winkte. Ray begrüßte mich mit einem kurzen Nicken. Er schien irgendwie gereizt. Muldoon musterte mich von oben bis unten, während Henry mich vorstellte.

„Das ist Miss Parker. Eine der wichtigsten Mitarbeiter hier." Dann wandte er sich an mich.

„Und das ist Robert Muldoon, unser neuer Parkaufseher..."

Muldoon reichte mir die Hand und dann setzten die drei ihre Diskussion fort, als ob ich gar nicht anwesend wäre.

„... John wird niemals militärisches Gerät auf dieser Insel zulassen, Robert", hörte ich Henry sagen und jetzt wollte ich auch wissen, worum es eigentlich ging.

„Worum geht es eigentlich?"

Muldoon wollte gerade etwas erwidern, aber Henry kam ihm zuvor.

„Um die Velociraptoren", seufzte er, „und das sie die gefährlichsten und hinterhältigsten Räuber auf der Insel sind."

„Ah ja", antwortete ich nur. Die Raptoren bereiteten uns die meisten Probleme...Sie waren noch nicht in den Park integriert, sondern eher in einer Art Hochsicherheitsanlage untergebracht, die ständig von Wachen abgesichert wurde.

„Sie wollten sie doch mit Funkhalsbändern ausstatten und John hat dem zugestimmt", meldete sich nun Ray zu Wort, aber Muldoon konterte sofort:

„Nun, das wäre ja auch eine gute Lösung gewesen, wenn sie sich die Halsbänder nicht immer sofort abknabbern würden."

Auch ich hatte mir schon darüber Gedanken gemacht, wie man diese Viecher am besten überwachen konnte und machte einen Vorschlag.

„Wieso pflanzen wir ihnen nicht diese neuen GPS-Sender unter die Haut. Die werden sie nicht einmal bemerken und daher wohl auch kaum anfangen, sie wegzuknabbern oder so... Ich werde mit John darüber reden. Er wird schon zustimmen und dann sind unsere Probleme gelöst..."

Ray nickte zustimmend.

„Wenn du mit ihm redest... Du hast die besten Chancen von uns, denke ich, immerhin bist du seine Lieblingsnichte..."

Die Erwähnung, dass ich John Hammond's Nichte war, schien Muldoon zu überraschen, denn er sah mich so merkwürdig an.

Henry stimmte Ray zu und die beiden wandten sich wieder anderen Arbeiten zu.

Das ließ mich zurück, allein mit Muldoon.

„Dann sind unsere Probleme gelöst, ja? Es gibt Tiere hier, die besser ausgestorben geblieben wären..." Murmelte er und ich sah ihn an.

„Ja", meinte ich und lächelte entwaffnend.

„Wenn wir sie überwachen können, haben wir sie unter Kontrolle... also keine Probleme mehr."

Mein Lächeln wirkte aber nicht, denn Muldoon verzog keine Miene. Im Gegenteil: Er sah mich ernst an.

„Diese Tiere kann man nicht kontrollieren. Machen sie sich nichts vor. Die Welt da draußen funktioniert etwas anders, als ihre saubere, vorhersehbare Laborwelt..."

„Wie bitte?" Irgendwie war ich sprachlos.

„Ich glaube, sie haben mich schon richtig verstanden. Wenn sie vor acht Monaten, bevor sie diese Tiere erschaffen haben, sich nur etwas über sie informiert hätten, hätten sie sie vielleicht lieber ausgestorben gelassen und wir hätten jetzt nicht die Probleme mit ihnen..."

Irritiert sah ich ihn an.

„Ich verstehe immer noch nicht..."

„Nun", fuhr er fort, „ sie hätten sich nur in einem dieser vielen Bücher über Dinosaurier, die nebenbei bemerkt fast jeder Sechsjährige schon liest, über Raptoren und was die Paläontologen über sie vermuten, informieren müssen. Dann hätten sie vielleicht gewusst, wie intelligent diese Tiere sind und das es mit ihnen Probleme geben könnte. Aber scheinbar ist das ja zu viel verlangt von so mit ihrer Arbeit beschäftigten Wissenschaftlern."

„Hey! Also ehrlich gesagt, wissen wir meistens nicht, was für Tiere sich aus unserer DNA entwickeln. Den phylogenetischen Stammbaum über das Genom zu erforschen ist viel zu aufwendig."

Irgendwie musste ich mich und meine Arbeit ja verteidigen.

„Sie wissen also nicht, was sie erschaffen?" Fragte Muldoon mit gespielter Verwunderung.

„Na ja, meistens ist es einfacher es einfach wachsen zu lassen und zu sehen, was daraus wird. So gehen wir vor", gab ich nun doch etwas kleinlaut zu.

„Es ist also einfacher, ja? Meinen sie nicht, dass eine solche Bequemlichkeit bei der Verantwortung, die sie für ihre Forschung tragen, etwas fehl am Platze ist?"

Und damit ließ er mich stehen und verließ den Kontrollraum.

Ich ärgerte mich maßlos über ihn und verstand nun, was Rebecca gemeint hatte.

Am nächsten Tag ging ich mit Rebecca zur Pause und ich erzählte ihr gerade von meiner ersten Begegnung mit Muldoon, als Janet Whitmore sich zu uns gesellte. Jan war Tierärztin und arbeitete zusammen mit dem anderen Tierarzt Dr. Thomas Harding im Park.

„Na, ihr beiden." Begrüßte sie uns und setzte sich.

„Hi, Jan."

Ich nutzte die Gelegenheit um Jan nach Muldoon zu fragen, denn sie hatte wahrscheinlich schon mehr mit ihm zu tun gehabt.

„Sag mal, weißt du, was er gegen uns hat?"

Gerade hatte ich ihr geschildert, was passiert war und sie musste grinsen.

„Na ja, ich glaube, er ist der Meinung, ihr solltet euch mehr um die Tiere kümmern, die ihr erschafft. Aber ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht so viel über ihn. Er ist mehr mit Thomas unterwegs, wenn es um die Tiere im Park geht."

Jan konnte uns also auch nicht weiterhelfen, aber plötzlich kam mir eine Idee.

„Ich glaub, ich muss mal Mel anrufen."

Schnell trank ich meinen Kaffee aus und machte mich auf den Weg zum Büro unserer Arbeitsgruppe.

Dort wählte ich Mels Nummer in San Diego.

„Hi Mel. Wie geht's dir?"

„Hi Luthien. Gut, und selbst? Was gibt's denn, dass du mich im Büro anrufst?"

„Du Mel, ich hätte da eine Bitte... Du hast doch Zugang zu den Personalakten, oder?"

„Ja... aber du willst doch nicht, dass ich ..."

„Doch. Ehrlich, wenn du mir den Gefallen tust, schulde ich dir was."

„Na gut, gib mir den Namen und ich ruf dich Morgen zurück..."

„Danke, du bist ein Schatz. Ganz ehrlich..."

Ich nannte ihr den Namen und konnte kaum erwarten, was sie rausfinden würde.

„Hey Luthien! Telefon!"

Rebecca steckte ihren Kopf ins Labor und ich ließ meine Arbeit liegen, zog meinen Kittel aus und verließ das Labor in Richtung Büro.

„Also, Robert Muldoon, ja?"

Mel hatte es also geschafft.

„Ja, genau." Jetzt war ich aber gespannt.

„Na ja, ist nichts wirklich Interessantes dabei."

„Egal. Erzähl."

„Okay... also was haben wir da...Alter: 38..." Mmh, dachte ich, da hatte ich ja richtig gelegen.

„In Kenia aufgewachsen, als Sohn von englischen Eltern... die Familie lebt dort schon seit Generationen. Also weiter... hat dort als Jagdaufseher im Reservat deines Onkels gearbeitet und nebenbei Zoos und Naturschutzgruppen in Wildtierfragen beraten..."

„Und was sagt seine Beurteilung?"

Jeder der für InGen arbeitete musste sich einigen psychologischen und physiologischen Tests unterziehen.

„Oh ja, das sieht schon interessanter aus: Neigung zu übermäßigem Alkoholgenuss... was immer die damit meinen...,absolut von sich selbst überzeugt, daher schwer zu beeinflussen oder zu beeindrucken, neigt dazu nur seinen eigenen Entscheidungen zu trauen, Hang zu direktem manchmal unsensiblen Verhalten... und abschließend: Verhalten der Person in emotionalen oder psychischen Extremsituationen ist nicht vorhersehbar, wahrscheinlich aber hohe Belastbarkeit in Krisensituationen möglich... Ach ja, und er hat erst mal nur für ein Jahr zugesagt bei euch zu arbeiten... Sag mal, ihr seit da aber ein ganz schön illustres Team, hab ich so das Gefühl..."

„Danke Mel, hast was gut bei mir. Wir sehen uns dann auf der Party."

Damit verabschiedeten wir uns und ich dachte darüber nach, was sie mir erzählt hatte.

Diese Beurteilungen waren meiner Meinung nach sowieso nur eher analytischer Schnickschnack, aber gaben wenigstens schon mal Hinweise auf das Verhalten einer Person.

Ich wusste noch sehr gut, was in meiner Beurteilung stand:

„Person neigt aufgrund ihrer Genialität in Projektendphasen dazu, nur noch das Ziel erreichen zu wollen. Einschätzungsgabe und Belastbarkeit könnten darunter leiden...da noch nie einer wirklichen Krisensituation ausgesetzt, Hang zur Selbstüberschätzung, unberechenbar in Extremsituationen, möglich das Person psychisch labil handelt..."

Würd mich nur mal interessieren, wie die anderen beurteilt wurden, dachte ich dann.

Einige Wochen später hatte ich es leider nicht geschafft, John davon zu überzeugen, die Raptoren mit GPS-Sendern auszustatten. Er wollte die Tiere nicht durch die Betäubung belasten, denn es waren sehr wertvolle Tiere. Meine Argumente nutzten nichts. Wenn es um „seine" Tiere ging, wollte John kein Risiko eingehen.

„Es hat nichts gebracht. Er wollte meine Argumente gar nicht hören..."

Gerade schilderte ich John und Henry im Kontrollraum mein Gespräch mit John. Die beiden sahen mich nicht sehr begeistert an, fügten sich dann aber in unser Schicksal.

„Da können wir wohl nichts machen", meinte Henry und blickte dann zu Ray.

„Nun... einer von uns muss es Muldoon sagen..." Dabei sah Henry mich an und grinste.

Ich winkte entrüstet ab.

„Oh nein... nein, nein und nochmals nein. Wenn du glaubst, dass ich das übernehme..."

„Laß deinen Charme spielen." Ray lachte, als ich auf seinen Kommentar hin schnaubte.

„Also dann... viel Erfolg." Die beiden wandten sich um und ließen mich überrumpelt stehen.

„Hey! Das könnt ihr nicht machen... nicht mit mir...", rief ich ihnen hinterher, aber sie winkten nur ab und überhörten meine Proteste.

Ich resignierte und machte mich auf den Weg nach draußen, um Muldoon zu suchen.

Wahrscheinlich würde er nicht sehr begeistert darauf reagieren...

Als erstes ging ich um das Besucherzentrum herum und folgte einem unauffälligen Weg durch die tropische Vegetation zur Raptorenanlage. Solche Pfade gab es fast überall und lagen abseits der großen plattierten Wege für die Besucher, denn sie waren nur für das Personal bestimmt.

Treffer, dachte ich, als ich die große Anlage erreicht und Muldoon dort mit einem der Arbeiter reden sah.

Als er gehen wollte, lief ich ihm hinterher.

„Ähm, hey... Muldoon... hey, ich hab nach ihnen gesucht... Haben sie kurz Zeit für mich?"

Er drehte sich zu mir um.

„Klar." Nichts weiter. Ich war irritiert, aber ein Knurren aus dem Gehege erinnerte mich an die Raptoren.

„John hat unserem Plan mit den Sendern nicht zugestimmt. Er will nicht, dass die Tiere betäubt werden. Wie sie ja wissen, sind die Tiere sehr wertvoll und..."

„Sie konnten ihn also nicht überzeugen." Das war eine Feststellung und keine Frage.

Na toll, dachte ich, jetzt bin ich wieder schuld...

„Nein", antwortete ich nur. Wir sahen uns an. Dann kam mir eine Frage in den Sinn.

„Wie viele Tiere befinden sich im Moment in der Anlage?"

Das Raptorengehege war bestmöglich gesichert. Es war nicht von einem Zaun umgeben, sondern von Stahlbetonmauern, die grau angestrichen waren und an einem Ende befand sich ein Wachturm. An die Mauer schloss sich nach oben hin noch ein Elektrozaun an und das ganze Gehege war von einem Eisendrahtgeflecht bedeckt, das ebenfalls unter Strom stand. Die Raptoren konnten nämlich sehr hoch springen.

„Drei Tiere."

„Drei?"

Muldoon nickte nur.

Als ich abgereist war, hatten wir noch fünf Tiere gehabt. Er lieferte mir aber auch gleich eine Erklärung für diese Reduzierung.

„Das letzte Weibchen, das wir ins Gehege gelassen haben, war größer als die anderen Tiere. Es hat das Rudel übernommen und alle getötet bis auf zwei weitere Tiere."

Alle Tiere in unserem Park waren weiblich. Wir hatten sie genetisch so geschaffen, um die Population kontrollieren zu können.

„Na ja, wenn's nur noch ein Tier übergelassen hätte, wären sie nur noch ein Paar... und kein Rudel mehr..."

Raptoren sollen bekanntermaßen Rudeljäger gewesen sein, aber irgendwie kam mein Scherz bei Muldoon nicht so gut an.

„Seien sie froh, um die Anlage. Selbst alleine wäre dieses Tier wahrscheinlich noch gefährlicher als der Rex..."

Über unseren Tyrannosaurier wollte ich lieber gar nichts hören, denn diese Dame war mein Realität gewordener Albtraum. Sie hatte zwar noch nicht für Probleme gesorgt, so wie die Raptoren, aber ihr Anblick war trotzdem furchterregend.

Ich seufzte.

"John ist eben sehr eigen, was diese Tiere angeht…"

„Allerdings… und das bringt uns noch in Teufelsküche! Der Rex und die Raptoren sollten auf jeden Fall mal eine Dosis bekommen. Jetzt wo sie ausgewachsen sind, wissen wir nicht, wie sie überhaupt auf die Tranquilizer reagieren. Vielleicht fallen sie tot um, das wäre wohl das Beste was uns passieren könnte, oder es macht ihnen nichts aus und sie vertragen ne Menge."

„Und ich dachte, sie wären ne Art Naturschützer… dafür sind sie scheinbar ganz schön scharf darauf, den Tieren was zu verpassen…"

Muldoon sah zum Raptorengehege.

„Das hat damit nichts zu tun. Nur sollten diese Tiere wirklich mal entkommen und wir müssten sie jagen, wäre es besser, mehr über sie zu wissen."

Das war also sein Punkt.

„Ich denke, da spricht der verdrängte Großwildjäger aus ihnen…Für sie gäbe es wahrscheinlich keine erstrebenswertere Trophäe als einen Tyrannosaurierkopf an der Wohnzimmerwand."

„Blödsinn! Diese Tiere sind gefährlich, das müssen sogar sie zugeben und ich bin hier für die Sicherheit zuständig. Ich nehme meinen Job im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten eben ernst."

Ich konnte mir schon denken worauf er anspielte, aber diesmal wollte ich mich nicht reizen lassen.

„Oh bitte… wir führen hier doch nicht schon wieder diese Diskussion, oder? Das wird doch langsam langweilig…"

Er sah mich gereizt an, als ich in meine Tasche griff und eine Schachtel Zigaretten herauszog. Gerade wollte ich mir eine anstecken, aber er hielt mich zurück.

„Das würde ich an ihrer Stelle nicht tun", meinte er.

„Und wieso nicht, wenn ich fragen darf? Haben sie Angst um meine Gesundheit?"

Bei dem Gedanken daran, dass er sich um mich sorgte, musste ich grinsen.

„Nein, ihre Gesundheit ist mir egal, aber die Raptoren würden das riechen. Es könnte sie irritieren."

Mein Grinsen erstarb.

„Die Tiere könnten das riechen? Meine Gesundheit ist ihnen egal, aber es könnte die Tiere irritieren?"

Etwas überrascht sah Muldoon mich an.

„Nun… sie sind doch alt genug und können lesen. Auf jeder Schachtel steht, dass Rauchen der Gesundheit schaden kann und sie haben sich das selbst ausgesucht."

„Schon mal was von Sucht gehört?" Murmelte ich ärgerlich.

So süchtig war ich zwar nicht, denn ich rauchte nur gelegentlich und in bestimmten Situationen und kam auch mal ganz gut ohne Zigaretten aus. Allerdings hatte ich mir Muldoon eher als jemanden vorgestellt, der, nachdem er ein Tier erlegt hat, sich erst mal eine ansteckt, um den Triumph zu genießen.

Hatte mich wohl geirrt und nun er sah mich nur verständnislos an.

„Also wenn sie ihrer Gesundheit unbedingt schaden wollen, dann tun sie das einfach woanders. War das eigentlich alles worüber sie mit mir reden wollten, oder ist da noch etwas anderes? Ich hab nämlich besseres zu tun, als mit ihnen über Zigaretten oder ihr Krebsrisiko zu diskutieren…"

Ich war völlig sprachlos und in mir brodelte es, also starrte ich ihn nur finster an.

„Was ist? Hallo? Erde an Miss Parker? Sie fangen doch jetzt nicht etwa an zu heulen, weil ich so direkt war, oder?"

Das brachte das Fass zum Überlaufen.

„Nein. Ehrlich gesagt hab ich gerade darüber nachgedacht, wieso sie ein so unglaublich arroganter Mistkerl sind…"

Jetzt war er sprachlos und ich wollte schon gehen, als mir noch etwas einfiel.

„Außerdem heißt es Dr. Parker!"

„Und ich dachte, sie bestehen nicht darauf!"

„Bei ihnen schon!"

Und damit lief ich wütend zurück zum Laborkomplex. Muldoon blieb kopfschüttelnd und verärgert zurück. Jetzt verstand er wohl gar nichts mehr.

Mel

Lustlos schob ich Akten von einer Seite meines Schreibtisches auf die andere. Mir ging Luthiens Anruf nicht aus dem Kopf.

Warum wollte sie unbedingt mehr über ihn erfahren? Zumal er ja wirklich uninteressant war, zumindest aus meiner Sicht. Kein schwarzer Fleck in seiner Akte, noch nicht einmal ein Staubkorn.

Na ja, sie wird schon ihre Gründe haben, dachte ich und schob die Akten wieder zurück.

Im Moment war in der Kanzlei eine ziemliche Flaute, anscheinend hatte keiner Lust zu streiten oder irgendjemandem etwas anzuhängen. Das würde Hammond überhaupt nicht gefallen, ihm gehörte unter anderem diese Kanzlei und er war so nebenbei auch noch Luthiens Onkel.

Also sah ich aus dem Fenster und träumte von Urlaub. Weißer Sandstrand, Palmen, türkisblaues Meer, ja, das könnte ich jetzt gut gebrauchen. Aber so knauserig, wie Hammond mit dem Urlaub seiner Angestellten umging, konnte ich davon nur träumen.

Das Telefon riss mich aus meinen Gedanken.

„Melanie Anderson für Hammond's Law."

„Mel? Ich glaube ich habe da was Interessantes für dich", erklang Jasons Stimme am anderen Ende der Leitung.

Jason war mein Kontaktmann bei der Polizei und ein guter Freund dazu. Ihn hatte ich auch gebeten, etwas über Muldoon herauszufinden.

„Dann schieß mal los."

Während Jason erzählte, schnappte ich mehrmals nach Luft. Das war wirklich hochinteressant. Ich presste den Hörer ans Ohr, um ja kein Wort zu verpassen.

„Danke Jason, du hast einen gut bei mir", sagte ich als er geendet hatte.

„Wie wäre es, wenn du endlich mal mit mir ausgehst?"

„Oh nein, ich will nicht den Ärger von deiner Frau auf mich ziehen. Aber ich könnte euch beide mal zum Essen einladen."

„Nur wenn du kochst."

„Okay, einverstanden."

Als ich aufgelegt hatte, nahm ich mir noch mal Muldoons Akte zur Hand.

„So, Herr Saubermann, das war's mit deiner weißen Weste." Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich nicht merkte, wie sich die Tür öffnete.

„Störe ich?" wurde ich durch Donalds Stimme aufgeschreckt.

„Wie...Was.. Nein, nein, komm ruhig rein."

„Was hast du denn da?"

„Och, gar nichts." Schnell ließ ich Muldoons Akte zwischen den anderen verschwinden.

„Das glaub ich dir nicht."

„Du sagst mir ja auch nicht, was auf dieser Isla Nubla vor sich geht."

„Das darf ich auch nicht, strengste Geheimhaltung."

„Siehst du..." Ich grinste ihn an.

Don war ein attraktiver Mittdreißiger und mein Vorgesetzter. Er arbeitete eng mit John Hammond zusammen.

Was Hammond jedoch nicht wissen durfte war, dass Don und ich schon längst nicht mehr nur Kollegen waren. Privat war Hammond zwar ein sehr umgänglicher Mensch, geschäftlich jedoch knallhart und so duldete er keinerlei Beziehung zwischen Mitarbeitern.

Umso mehr ärgerte es mich, dass Don mir einfach nichts verraten wollte.

„Ich bin eigentlich auch nur gekommen, um dich an die Sylvestergala zu erinnern. Hast du schon einen Begleiter?"

„Nein, allerdings hat Benson, aus der Strafabteilung, mich gefragt, ob ich mit ihm hingehe."

„Und?" fragte er gespannt.

„Ich überlege noch."

„Soso, und was gibt es da zu überlegen? Was spricht denn gegen mich?"

„Hm, du erzählst mir nicht was auf der Insel vor sich geht..."

„Das ist gemeine Erpressung!"

Grinsend kam er um meinen Schreibtisch. „Ich verspreche dir, an der Sylvestergala wirst du alles erfahren."

„Na schön, lasst mich ruhig alle im Dunkeln tappen."

„Ist das ein Ja?"

„Ja, ich gehe mit dir auf die Gala."

„Schön, ich muss jetzt auch wieder an die Arbeit." Er hauchte mir einen Kuss auf die Wange und verließ mein Büro.

Toll, warum wollte mir keiner was erzählen. Selbst Luthien nicht. Da blieb mir wohl nichts anderes als auf die Gala zu warten. Allzu lange war es ja auch nicht mehr hin.

Dann fiel mir auf einmal wieder Muldoon ein und ich wollte schon zum Telefon greifen. Aber dann zog ich meine Hand wieder zurück.

Jetzt sollte Luthien auch bis zur Gala schmoren.

Falls es Euch gefallen hat oder ihr Kritik äußern wollt, reviewt fleißig... denn dann gibt es auch das nächste Kapitel !