Halfmoonglasses : Vielen Dank für die nette Review ! Hier kommt Kap. 2 ...
Luthien
Ein paar Wochen später erreichten wir das riesige Anwesen meines Onkels. Allen, die mit mir von der Isla Nublar gekommen waren, hatte er angeboten im Gästeflügel des Haupthauses zu übernachten und da wir sowieso nur drei Tage bleiben sollten, war das eine gute Lösung. Von Mel hatte ich erfahren, dass sie und ihr Vorgesetzter Donald ebenfalls dort wohnen würden. Das gab uns endlich mal mehr Zeit zu quatschen.
Mein Onkel hatte eine große Party organisiert, allerdings nur für die wichtigsten Firmenpartner und Mitarbeiter. Er kam aber trotzdem auf über 100 Gäste.
Als ich meine Sachen auf mein Zimmer gebracht hatte, ging ich in den Garten und traf dort auf Mel, die schon früher angekommen war. Wir umarmten uns zur Begrüßung.
„Hi Mel!"
„Hi, alles klar?"
„Ja, wie immer. Und selbst?"
„Auch alles okay. Hey, jetzt sag mir mal, wer hier wer von der Insel ist...Bin schon ganz gespannt."
Also zeigte ich ihr Henry, Ray und natürlich Muldoon.
„Und mit wem gehst du zur Gala?" Mel grinste.
„Mit... ähm... niemand? Ich geh alleine."
„Das klingt irgendwie... langweilig?"
„Hmm, aber es erhöht die Chancen, dass ich nen netten Kerl kennenlerne, oder? Mit wem gehst du denn hin?"
„Och, ich geh mit Donald..."
„Aha."
„Was aha?"
„Och nichts. Laß uns Abendessen gehen."
Die große Gala sollte erst am nächsten Abend stattfinden und im Garten liefen hektisch alle möglichen Leute hin und her, um noch letzte Vorbereitungen zu treffen.
Nach dem Essen saßen wir noch ein bisschen draußen. Als es später wurde, wollte Mel dann doch ins Bett gehen und mir fiel auf, dass Donald sich ebenfalls verabschiedete.
Irgendwie hatte ich die leise Vermutung, dass zwischen den beiden mehr vor sich ging als nur eine rein geschäftliche Beziehung. Das war die Gelegenheit, um meine Vermutung zu bestätigen.
Auch ich verabschiedete mich und folgte den beiden unauffällig.
Leise schlich ich hinter den beiden her durch die labyrinthartigen Gänge und als sie zu Mels Zimmer kamen, blieb ich versteckt hinter einer Ecke zurück.
Vorsichtig blickte ich um die Ecke. Donald und Mel küssten sich und verschwanden dann zusammen in ihrem Zimmer.
Ich schlug mir die Hand vor den Mund vor Überraschung und musste grinsen.
Da hatte ich also Recht gehabt. Allerdings wusste ich auch, dass es meinem Onkel gar nicht gefiel, wenn Mitarbeiter seiner Firma Affären hatten. Kein Wunder also, dass sie es geheim hielten.
Es war Zeit sich davon zu stehlen und ebenfalls schlafen zu gehen, also drehte ich mich vorsichtig um... und stieß einen leisen Schrei aus.
Jemand stand direkt hinter mir und ich hatte es nicht bemerkt. Panisch atmete ich ein und aus, als ich erkannte, wer es war. Muldoon. Die Arme verschränkt lehnte er lässig an der Wand.
Wieso hatte ich ihn nicht kommen gehört? Aber wahrscheinlich war er das Anschleichen von seinen Jagdausflügen gewohnt...
„Gott, sie haben mich fast zu Tode erschreckt!" Herrschte ich ihn an.
„Was fällt ihnen ein", fuhr ich dann etwas leiser fort, denn Mel und Donald waren ja nicht weit entfernt.
Er grinste nur.
„Und was schleichen sie hier so nachts alleine durch die Gänge? Oder sollte ich eher fragen: Wem schleichen sie hinterher?"
„Das geht sie überhaupt nichts an!"
Wütend drängte ich mich an ihm vorbei und wollte zu meinem Zimmer.
„Ähm, Miss Parker?"
„Was?" Verärgert drehte ich mich noch mal zu ihm um.
„Ihr Zimmer liegt in der anderen Richtung..."
Verdammt! Er hatte Recht. Fieberhaft überlegte ich, wie ich die peinliche Situation noch retten konnte, aber mir fiel nichts ein, außer...
„Es heißt immer noch Dr. Parker!"
Ich korrigierte ihn, als ich wieder an ihm vorbeikam.
„Oh Verzeihung! Ich entschuldige mich natürlich tausendfach für diesen faux-pas..."
Wieso musste er mich immer über alle Maßen reizen?
„Wissen sie, wieso lassen sie mich nicht einfach in Ruhe?"
Und damit ließ ich ihn stehen.
Die Sylvestergala am nächsten Abend war wirklich toll. Alles war festlich geschmückt und wir trugen unsere besten Abendkleider. Die Herren trugen alle teure Anzüge, sogar Muldoon. Irgendwie verblüffte mich sein Anblick. Sonst nur Khaki und jetzt Smoking. Wie Kleidung doch die Leute veränderte.
Bis Mitternacht unterhielt ich mich die meiste Zeit mit irgendwelchen Geschäftspartnern meines Onkels, denn genau wie die anderen hatte ich mich unter die Leute gemischt.
Dann kam das Feuerwerk und mein Onkel hatte wie immer keine Kosten gescheut.
Als ich mit Mel und allen anderen angestoßen hatte, nahm ich mir das nächste Glas Sekt und wartete auf die Neujahrsrede meines Onkels.
Da ich schon einige Gläser intus hatte, bekam ich gar nicht richtig mit, wie mein Onkel begann, aber als er die Eröffnung eines spektakulären Parks erwähnte, wurde ich hellhörig. Mein Onkel war gut in solchen Dingen. Seine Reden begeisterten und versprachen immer sensationelle Entdeckungen oder Entwicklungen.
„... dieser Park wird alles übertreffen. Er wird ihre Phantasie beflügeln und das Weltbild nachhaltig verändern..."
Oh nein, dachte ich. Tu's nicht, John. Erwähne jetzt nicht die Dinosaurier. Das wäre noch viel zu früh.
„... betreten sie eine fremde Welt. Besuchen sie mit uns einen Park, der echte, lebende, atmende..." – jetzt, dachte ich, sagt er Dinosaurier- „... Sensationen zu bieten hat."
Puh, glück gehabt... er hatte unsere Tiere noch nicht erwähnt.
„Einige meiner engsten Mitarbeiter werden bald schon vor der offiziellen Eröffnung im Herbst die Möglichkeit erhalten, meine Realität gewordene Vision auf der Isla Nublar zu besichtigen. Ich weiß, sie brennen drauf zu erfahren, was unsere Wissenschaftler dort geleistet haben... Warten Sie's ab... Und jetzt wünsche ich allen ein fantastisches neues Jahr! Prost!"
Ich blickte zu Mel und irgendwie wirkte sie irritiert. Ich konnte mir aber auch gut vorstellen, dass sie ganz scharf darauf war, endlich auf die Insel zu dürfen...
Als die Party langsam ein Ende fand, machte auch ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer.
Meine Füße taten mir mittlerweile weh und daher versuchte ich beim Laufen meine Schuhe auszuziehen. Allerdings tat der Alkohol sein bestes, um meinen aufrechten Gang zu stören. Ich geriet ins Straucheln und verlor mein Gleichgewicht.
Bevor ich allerdings der Länge nach hinfiel, spürte ich, wie ich von hinten aufgefangen wurde.
„Danke, das war knapp. Ich wollte nur..."
Es verschlug mir die Sprache, als ich erkannte, wer mich gerade in seinen Armen hielt...
Natürlich wieder Muldoon...
MelDie Sylvestergala war einfach großartig gewesen. Mit leichten Kopfschmerzen wachte ich auf, zog mir die Decke aber sofort wieder über den Kopf, als ich merkte, wie die Sonne meine Nasenspitze kitzelte. Vielleicht hätte ich gestern doch nicht zuviel durcheinander trinken sollen. Aber was soll's, hinterher war man eh immer schlauer und wann hatte ich außerdem schon mal die Gelegenheit mal wieder richtig mit Luthien zu feiern.
Ich hoffte sie war noch gut in ihr Zimmer gekommen, denn so ganz sicher war sie gestern auch nicht mehr auf den Beinen gewesen.
Plötzlich wurde mir die Decke brutal weggerissen und ich wurde erbarmungslos dem Sonnenlicht ausgesetzt. Ich versuchte nach der Decke zu greifen, aber die hatte sich scheinbar in Luft aufgelöst. Also steckte ich den Kopf unter das Kissen, um so der Sonne entfliehen zu können. Aber auch das machte sich plötzlich selbstständig und zog es vor durchs halbe Zimmer zu fliegen, anstatt mich vor der Sonne zu schützen.
Grummelnd öffnete ich die Augen und sah in ein schadenfroh grinsendes Gesicht. Donalds Gesicht.
„Du kommst zu spät zum Frühstück."
„Ich glaube ich kann jetzt nicht frühstücken", stöhnte ich. „Was machst du überhaupt hier?"
„Ich habe hier geschlafen. Das hast du doch hoffentlich nicht vergessen?"
„Äh... nein... natürlich nicht." Ich konnte mich vage daran erinnern, dass irgendjemand heute Nacht neben mir lag. Es musste Don gewesen sein, zumindest hoffte ich das. Vielleicht war es besser einfach nichts mehr zu sagen.
„Mit dir war heute Nacht übrigens nichts mehr anzufangen." Anscheinend hatte Don mein Schweigen falsch gedeutet.
„Ach ja? Ich brauche erst mal ne Aspirin und einen Kaffee."
„Ich bin dann schon mal unten." Don grinste vielsagend und verließ das Zimmer.
Irgendwann fand ich mich im großen Speisesaal wieder. Mir gegenüber saß eine nicht wesentlich fittere Luthien.
Wir grinsten uns an.
„Und, wie hast du geschlafen?" fragte ich sie.
„Viel zu kurz." Sie schüttete sich Kaffee nach. Irgendwann hatte ich aufgehört die Tassen zu zählen.
„Mir geht's genauso. Irgend so ein Vollidiot hat mich heute Morgen aus dem Bett geworfen."
„Und dieser Vollidiot hieß nicht zufällig Donald, oder?"
„Wie kommst du darauf?" erschrocken sah ich sie an.
„Ich habe vorgestern Abend eine interessante Beobachtung gemacht."
„Was denn für eine Beobachtung? Ich weiß gar nicht wovon du redest."
„Mel, ich weiß, dass zwischen dir und Donald was läuft. Ich hab euch gesehen. Und ich bin ein bisschen beleidigt, dass du mir, deiner besten Freundin, nichts gesagt hast."
„Shh, nicht so laut." Entsetzt sah ich mich nach allen Seiten um, aber wir saßen alleine am Tisch. „Okay, du hast Recht. Und es tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt habe. Aber wenn dein Onkel davon Wind bekommt, fliegen wir beide achtkantig raus."
„Du weißt doch, dass ich nie was sagen würde."
„Ja, ich weiß das. Aber ich musste Don versprechen nichts zu sagen. Für ihn hätte es wahrscheinlich noch schwerwiegendere Folgen als für mich. Er ist schließlich einer der engsten Mitarbeiter deines Onkels."
„Wahrscheinlich, in solchen Sachen ist John leider nicht sehr tolerant. Aber ich freue mich für euch. Wie lange läuft das eigentlich schon?"
„Ach, noch nicht so lange. Seit einem Monat."
„Von mir erfährt auf jeden Fall keiner was."
„Das weiß ich doch. Sag mal, was ganz anderes. Wann ist die inoffizielle Eröffnung dieses ominösen Parks?"
„Mitte März irgendwann."
„Was? Da muss ich ja immer noch so lange warten. Und wirklich schlauer bin ich gestern auch nicht geworden. Was sind denn das für Sensationen, von denen John erzählt hat?"
„Warts ab, mehr kann ich dir auch nicht dazu sagen." Luthien grinste vielsagend.
„Also noch länger warten. Warum will mir nur keiner was sagen. Langsam ist es echt nicht mehr lustig. Aber..." Mir kam plötzlich eine Idee.
„Was aber?"
„Ach nichts. Wann fliegst du eigentlich wieder zurück?"
„Morgen. Und diesmal nicht mit dem Hubschrauber, sondern mit dem Privatjet meines Onkels."
„Aha."
„Wieso fragst du?"
„Nur so." Gedankenverloren rührte ich in meinem Kaffee. Es musste einfach klappen.
Der Rest des Tages verlief ereignislos. Die meisten waren ohnehin noch ziemlich fertig und verließen kaum ihre Zimmer. Luthien wollte sich auch noch etwas hinlegen und verabschiedete sich nach dem Frühstück von mir.
Ich schlenderte durch den großen Garten des Anwesens und näherte mich dabei rein zufällig der kleinen privaten Start- und Landebahn, die Hammond für seinen Privatjet nutzte.
Ich lief die Bahn entlang und dann sah ich ihn. Der Jet glänzte in der Sonne und sah beeindruckend aus.
Zögernd ging ich näher. Die Treppe war ausgefahren, also musste jemand an Bord sein.
Ich war gerade im Begriff die Treppe hochzugehen, als ich hinter mir eine Stimme vernahm: „Was machen Sie denn da?"
Ich drehte mich um und sah einen Mann in Pilotenuniform hinter mir stehen.
„Ein beeindruckendes Flugzeug haben Sie da", antwortete ich.
„Aber Sie können da nicht einfach rein."
„Oh, das tut mir leid. Wissen Sie, ich finde Flugzeuge einfach faszinierend. Sie sind bestimmt der Pilot? So einen Vogel zu fliegen ist bestimmt toll, wissen Sie, ich bin noch nie in einem Cockpit gewesen, aber ich stelle mit das wahnsinnig interessant vor. Ich weiß, es ist bestimmt nicht erlaubt, aber Sie könnten mir nicht zufällig das Cockpit zeigen? Damit würden sie mir einen Kindheitstraum erfüllen." Ich lächelte ihn an.
„Na ja, es ist wirklich nicht erlaubt, aber ich glaube ich kann eine Ausnahme machen."
„Wirklich? Das wäre wunderbar." Ich konnte mich gerade noch zurückhalten ihn um den Hals zu fallen. Das wäre wirklich zuviel des Guten gewesen. Es reichte schon, dass ich mich bei ihm einschleimen musste. Irgendwie tat der arme Kerl mir ja leid, aber wenn ich meinen Plan in die Tat umsetzen wollte, musste ich in dieses verdammte Flugzeug.
„Ich bin Captain Wolfe."
„Melanie Anderson."
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Cockpit."
Wolfe war wirklich ein netter Kerl, umso mehr tat es mir leid, dass mich der ganze Kram überhaupt nicht interessierte. Aber ich ließ ihn reden und tat so, als ob ich das alles wahnsinnig interessant finden würde.
Ich brachte ihn sogar dazu, mir den Rest des Flugzeugs zu zeigen.
„Dort unten ist der Gepäckraum. Den kann ich Ihnen nicht mehr zeigen, das Gepäck von den Leuten von der Isla ist schon verstaut."
„Ach so?"
„Ja, sie fliegen Morgen früh zurück."
„Ach so."
Ich verabschiedete mich von dem Captain, dankte ihm noch einmal überschwänglich, dass ich das alles sehen durfte und ging zurück zum Anwesen.
Nach dem Abendessen, das ich regelrecht verschlang, wartete ich, bis es richtig dunkel war. Dann schlich ich mich leise aus dem Haus. Ich vergewisserte mich, dass mich niemand beobachtete und lief dann schnell zu dem kleinen Flugplatz.
Der Jet stand noch da und auch die Rolltreppe war noch ausgefahren.
Ich huschte zu einem der Räder und kauerte mich dahinter. Einige Minuten blieb ich so sitzen. Aber nichts regte sich. Schnell lief ich die Treppe hoch. An der Tür blieb ich stehen und lauschte. Es schien keiner da zu sein. Ich schlich hinein und lief schnell ans Ende des Flugzeugs. Die Tür zum Gepäckraum war auf. Soviel Glück konnte man doch gar nicht haben. Ohne Zögern schlüpfte ich hinein und machte es mir zwischen den Koffern bequem. Jetzt hieß es warten und hoffen das alles gut ging.
LuthienMüde stand ich auf und reckte mich. Ich hatte fast den gesamten Flug zur Isla Nublar verschlafen. Die einzigen, die munter wirkten, waren Ray und Muldoon. Sie hatten sich wohl den ganzen Flug angeregt über die Insel und Johns Gala unterhalten. Anfangs hatte ich noch ein paar Gesprächsfetzen mitbekommen, war dann aber relativ schnell eingeschlafen.
Die Sitze in diesem Privatjet waren aber auch verdammt bequem…
Nach Henry, der auch nicht fitter aussah, verließ ich das Flugzeug.
Die Landebahn auf der Isla Nublar lag außerhalb der Sicherheitszone und war voll ausgebaut. Sie sollte später für Besucher zur Verfügung stehen, die nicht wie vorgesehen mit der Fähre anreisen wollten, sondern mit ihrem Privatjet. Von hier aus führte eine Straße direkt zu den Besucherhotels und ein Abzweig dieser Straße auch in den Park zum Besucherzentrum.
Nicht weit vom Jet entfernt warteten schon ein paar Fahrzeuge auf uns, um uns nach Hause zu bringen.
Nach Hause? Dachte ich. War der Wohnkomplex hinter dem Besucherzentrum und den Labors jetzt schon wirklich zu meinem zu Haus geworden?
Ich wischte den Gedanken weg und folgte den anderen zur Ladeluke des Jets. Captain Wolfe wollte mit den beiden Flugbegleitern unsere Koffer ausladen.
„Was machen sie denn hier?" Hörte ich ihn plötzlich rufen und ich drängte mich an den anderen vorbei, um zu sehen, wen oder was er meinte. Ich sah Henry über Schulter und auf dem Kofferberg im Gepäckraum saß…
„Mel!" Rief ich völlig überrascht und sie zuckte nur unschuldig mit den Schultern.
„Was machst du denn hier? Und war das nicht total unbequem?" Fragte ich weiter.
„Na ja", meinte sie und stand auf, „ du hattest es bestimmt bequemer…"
Sie kam aus dem Gepäckraum und Captain Wolfe sah uns beide an.
„Sie kennen sich?"
„Ja, sogar ziemlich gut. Mel ist Anwältin in Johns Kanzlei", antwortete ich und Mel nickte nur.
„Ich hätte es wissen müssen", meinte der Captain dann und sah Mel dabei strafend an.
„Was machen wir jetzt mit ihr, Mr. Arnold?" Der Pilot wandte sich an Ray, da er so etwas wie der Verwalter der Insel war. Ein Mädchen für alles eben. Er traf fast alle wichtigen Entscheidungen und organisierte alles, wenn John, wie so oft nicht auf Nublar war.
„Sie müssen sie wieder mit zurücknehmen."
Ray wirkte überhaupt nicht begeistert über diesen ungebetenen Gast.
Mel wollte schon protestieren, aber der Pilot kam ihr zuvor.
„Das geht leider nicht. Wenn ich jetzt zurückfliege, lande ich nicht auf Mr. Hammonds Privat-Start und Landebahn, sondern auf dem San Diego International Airport und dort durchsucht die Zollbehörde alle Privatflugzeuge, die aus südamerikanischen Ländern kommen. Miss Anderson hier taucht auf keiner Passagierliste auf. Das heißt, wenn die sie finden, werden die annehmen, sie oder wir alle hätten irgendetwas Illegales veranstaltet… und wir landen alle in Teufelsküche."
„Sie kann aber nicht hier bleiben." Ray bestand darauf.
„Können sie sie nicht unterwegs mit einem Fallschirm abspringen lassen?" Meinte Muldoon plötzlich trocken.
„WAS?" Entfuhr es Mel und mir fast gleichzeitig. Dann merkten wir, dass alle über seinen Scherz lachten. Ich warf ihm einen bösen Blick zu, aber er grinste nur.
Ihm schien es besonders zu gefallen, mich plötzlich in solchen Schwierigkeiten zu sehen.
Es hatten ja alle gesehen, dass Mel und ich befreundet waren.
Vielleicht hatte er ja sogar ein klitzekleines bisschen Recht so schadenfroh zu sein…
Und schon wieder musste ich an den verhängnisvollen Abend der Gala denken...
Ich hatte etwas getrunken und hatte enthusiastisch und gut gelaunt die Gala verlassen, als ich Robert Muldoon auf dem Flur begegnet war.
Er hatte mich aufgefangen. Mich davor bewahrt der Länge nach hinzufallen, als ich versucht hatte meine Schuhe im Gehen auszuziehen.
Und dann war es passiert. Wir hatten uns angesehen und anstatt wie immer zu streiten, begannen wir uns zu küssen.
Gott weiß, was in mich gefahren war – und Gott weiß, was in ihn gefahren war, aber es war passiert. Wir hatten eine leidenschaftliche Nacht miteinander verbracht, bis der nächste Morgen kam... Nicht, dass es nicht gut gewesen war. Nein, das war es gewesen, aber ich war geschockt darüber, wie ich so schnell die Kontrolle über mich verloren hatte.
Ich dachte an die Nacht zurück und ein wohliger Schauer durchlief mich.
Ich konnte beinahe noch seine Hände auf meiner Haut spüren und wie er mich berührt hatte...
Dann erinnerte ich mich an den Morgen danach und wie ich reagiert hatte.
War wohl auch besser so, dachte ich und ließ den Morgen noch mal in meinen Gedanken Revue passieren...
Als ich aufgewacht war, hatte es einen Moment gedauert, bis ich realisierte, wer neben mir lag und was passiert war.
Geschockt war ich aufgesprungen, hatte mir etwas angezogen und Robert dabei geweckt.
Ihm schien die ganze Situation nichts auszumachen, denn er setzte sich nur müde auf und begrüßte mich verschlafen.
„Guten Morgen!" Er sah auf seine Uhr.
„Wow, du bist aber früh wach..."
Das brachte mich völlig aus der Fassung, denn ich war hellwach.
„Los, aufstehen! Raus aus meinem Bett!" Herrschte ich ihn an und er grinste unverschämt.
„Das hat sich aber heute Nacht noch ganz anders angehört..."
„Was fällt ihnen ein? Ich hatte etwas getrunken... und sie... sie haben das schamlos ausgenutzt..."
Jetzt hob er abwehrend seine Hände.
„Whoa, Moment mal... auch das hat sich heute Nacht noch ganz anders angehört... Siezen wir uns wieder, Dr. Parker?" Fragte er dann noch.
„Allerdings", gab ich zurück, „und das hätte sich auch nie ändern sollen..."
Nun wurde er auch langsam wach.
„Hey, also ich war jedenfalls nicht derjenige, der zweimal gefragt hat, ob wir das erste Mal nicht noch mal wiederholen könnten..."
Vage erinnerte ich mich und er hatte Recht. Das ärgerte mich noch mehr.
„Das reicht! Raus! Raus aus meinem Zimmer!"
Robert merkte wohl, dass ich es ernst meinte, stand auf und zog sich an. Er wirkte verärgert über meinen Rausschmiss, wollte aber nicht weiter darüber streiten.
Im Gegenteil.
Er war sich ziemlich sicher, dass Luthiens Gefühle für ihn in Wirklichkeit ganz anders aussahen. Und was war mit seinen Gefühlen? Den Gedanken verdrängte er lieber wieder.
Trotzdem ärgerte ihn Luthiens Verhalten, denn er hatte sie ganz anders erlebt.
„Wenn du ein Dinosaurier wärst, dann wärst du mit ziemlicher Sicherheit ein Velociraptor..." Bemerkte er trocken, als er nach seinem Jackett griff.
„Was? Wieso denn das?" Fragte ich irritiert und er grinste.
„Weil das auch hinterhältige Biester sind..."
Empört rang ich nach Luft.
„Das reicht! Raus jetzt, Sie arroganter... ach vergessen sie's. Ich hatte was getrunken. Ich hab die Kontrolle verloren und sie haben diesen schwachen Moment ausgenutzt. Aber es war nichts weiter als ein Fehler. Nicht mehr und nicht weniger. Ein Fehler... Und glauben sie mir, zwischen uns wird nie, nie nie wieder etwas passieren...Verstanden?"
Und damit schloss ich die Tür vor seiner Nase.
„Wenn sie meinen, Dr. Parker..." Murmelte er noch, als er vor der Tür stand.
Er musste schmunzeln und schüttelte seinen Kopf, als er sich zum Gehen umwandte.
Überrascht bemerkte er, dass Henry nicht weit entfernt vor seiner Zimmertür stand und ihn merkwürdig ansah.
Was ich nicht mehr mit bekam, war der verwirrte Blick, den Henry Wu Robert zuwarf, als dieser nur mit den Schultern zuckend und einem kurzem „Guten Morgen" an ihm vorbeilief...
„Okay, dann müssen wir sie mit dem Hubschrauber hier wegbringen."
Rays Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
„Aber jeder Flug wird doch vermerkt, oder?" Fragte ich.
„Ja."
„Aber das heißt ja, John würde davon erfahren…"
Ray sah mich verständnislos an.
„Natürlich erfährt er davon. Was dachtest du denn?"
„Oh nein!" Protestierte ich.
„Bitte Leute, tut mir das nicht an! Wenn John das erfährt, dann gerät Mel in Teufelsküche. Er wird sie rausschmeißen und verklagen oder noch Schlimmeres… außerdem…"
Ich ließ den Satz unvollendet.
„Außerdem, was?" Mischte sich jetzt Henry ein.
„Außerdem", fuhr ich fort, „weiß John, dass Mel und ich sehr gut befreundet sind. Und wenn sie sich jetzt auf diese Insel schleicht, wird er davon ausgehen, dass ich zwangsläufig irgendetwas damit zu tun hatte…Ich möchte übrigens hier noch mal betonen, dass ich das nicht hab, aber trotzdem häng ich irgendwie mit drin…Bitte! Ich wäre euch echt total dankbar, wenn wir eine andere Lösung finden könnten."
Jetzt sahen alle zu Ray. Die anderen wollten mir natürlich einen Gefallen tun, aber sie warteten auf Rays Entscheidung. Schließlich trug er praktisch die Verantwortung.
„Na gut", nickte er. „Dann fährt sie eben mit einem der Versorgungsschiffe zurück. Die fahren ja sowieso immer und wenn sie auf dem Festland ist, muss sie eben zusehen, wie sie zurück nach San Diego kommt."
Wir atmeten erleichtert auf, aber dann fiel mir was ein.
„Ähm, Ray?"
„Ja?"
„Dir ist aber schon klar, dass das nächste Schiff erst wieder in einer Woche kommt? Als wir nicht da waren, wurde doch schon neues Baumaterial und Vorräte geliefert…"
„Oh man", seufzte Ray. Dann wandte er sich an Mel.
„Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht? Wegen ihnen haben wir jetzt nur Ärger…"
„Ich wollte doch nur wissen, was hier auf der Insel vor sich geht…" Rechtfertigte Mel ihren Ausflug und Ray seufzte wieder.
„Ja, das möchte ich auch gerne…"
„Na gut", sagte er dann zu mir.
„Sie ist deine Freundin, du wolltest, dass wir John nichts sagen, also kümmere du dich um sie. Aber in den Park darf sie nicht!"
„Was? Ich darf nicht in den Park?" Mel sah ihn entrüstet an, aber ich warf ihr einen warnenden Blick zu.
„Sie kann in einem der Hotels wohnen", fuhr er fort und ignorierte ihre Proteste und schmollenden Blicke.
„Aber Ray", protestierte ich mal wieder, „ die Hotels sind doch noch gar nicht ganz fertig. Da gibt's noch keinen Strom, kein fließend Wasser und auch nichts zu essen. Das geht doch nicht."
Mel stimmte mir zu.
„Wieso?" Mischte sich jetzt Muldoon ein.
„Waren sie noch nie campen? Außerdem gibt's hier viele essbare Früchte. Sie müssen sie nur von den Büschen pflücken…" Er grinste.
Mel sah ihn nur verständnislos an und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ihn die ganze Geschichte köstlich amüsierte.
„Dann soll sie halt bei den Arbeitern wohnen. Was weiß ich denn?"
Ray war wohl langsam genervt, aber ich konnte doch nicht zulassen, dass meine beste Freundin, wer weiß wo, untergebracht werden sollte. Auch wenn sie einen Fehler gemacht hatte…
„Auf gar keinen Fall, Ray! Ich lass doch nicht zu, dass meine beste Freundin bei wer weiß was für Kerlen hausen muss!"
„Da kommt wohl wieder ihre hohe Meinung, die sie von Männern haben zum Vorschein, was?" Das konnte ja nur von Muldoon kommen und am liebsten hätte ich ihm den Hals umgedreht.
Allerdings waren Ray und Henry auch nicht besser, denn sie lachten über diesen dämlichen Kommentar auch noch.
Ich ignorierte die Bemerkung von Muldoon.
„Wir haben in unserem Wohnkomplex doch noch genug Apartments frei. Da kann sie doch wohnen."
„Moment mal", meinte jetzt Henry.
„Sie ist aber keine Mitarbeiterin und innerhalb der Sicherheitszone kann sie ohne Keycard nirgendwo hin."
„Abgesehen davon, dass sie keine Ahnung hat, was hier vor sich geht und es dadurch viel zu gefährlich ist, sie frei rumlaufen zu lassen…" Beendete Muldoon Henrys Überlegung.
„Na ja, sie ist schon eine Mitarbeiterin von InGen", warf ich ein, „ und ich werd auf sie aufpassen… Außerdem können wir ihr doch eine limited access- Keycard geben…"
„Na gut." Ray gab sich geschlagen, stellte aber eine weitere Bedingung:
„Aber sie darf die Tiere nicht sehen!"
„Wie soll das denn gehen?" Fragte ich.
„Soll ich ihr ne Woche lang die Augen verbinden und sie rumführen wie einen Blinden?"
„Das will ich sehen", grinste Muldoon und mir blieb wieder nichts anderes übrig, als ihn zu ignorieren.
„Tiere?" Fragte Mel plötzlich hellhörig.
„Ihr habt hier so ne Art Tierpark?"
„Tiere? Hab ich Tiere gesagt? Ich meinte aber nicht Tiere. Ich meinte Attraktionen…"
Es war aber zu spät, denn Mel glaubte Ray kein Wort.
„Seht es doch mal so…" Ich versuchte nun eine andere Taktik.
„Sie ist eben praktisch unser erster Besucher und da John doch sowieso will, dass die Insel von unabhängigen Beobachtern, die aber zu InGen gehören, auf Besucherfreundlichkeit und so weiter getestet wird bevor wir eröffnen, kann sie doch für uns einen Bericht schreiben und Nublar beurteilen. Vielleicht lernen wir auf diese Weise noch etwas und können verschiedene Dinge noch verbessern…"
Die anderen hörten mir schon fast gar nicht mehr zu und gingen zu unseren Fahrzeugen. Nur Muldoon stand noch neben mir und konnte sich wieder einen Kommentar nicht verkneifen.
„Heute sehen wir das Glas wohl wieder halb voll anstatt halb leer, was, Dr. Parker?"
Ich schlug nach seinem Arm.
„Hören sie auf mit diesen blöden Kommentaren! Das ist nicht witzig!"
Mel sah mich merkwürdig an und schnell ging ich wieder Abstand zu Muldoon. Wahrscheinlich hatte das viel zu vertraut gewirkt…
An den Wagen angekommen, verkündete Ray sein endgültiges Urteil.
„Also… Miss Anderson darf den Park besichtigen und bei uns wohnen… aber…"
Ich wusste, dass noch ein Aber kommen würde, dachte ich so.
„Aber", damit wandte er sich an Muldoon, „ ich möchte, dass sie, Robert, als Sicherheitschef und Tierhüter, die Sache im Auge behalten."
Oh nein, dachte ich, nicht das noch. Aber Mel schien das egal zu sein.
„Hey, sie haben Tierhüter gesagt. Also gibt's hier doch Tiere."
Ray seufzte nur und stieg zusammen mit Henry, der schmunzelte und nur mit den Schultern zuckte in einen der Wagen.
Muldoon ging nun zur Beifahrertür des Wagens, in den Mel und ich gerade hinten einsteigen wollten.
„Und sie wollen mit uns fahren, weil…?" Fragte ich ihn genervt und er antwortete grinsend beim Einsteigen:
„Weil ich der Sicherheitschef bin und Ray gesagt hat, ich soll sie im Auge behalten…"
Mel unterdrückte ein breites Grinsen, als ich die Augen verdrehend ebenfalls einstieg und der Wagen sich in Bewegung setzte.
Nun blickte sie staunend aus dem Fenster und begutachtete die tropische Vegetation, während ich mir meinen Mitarbeiterausweis ansteckte. Muldoon hatte das ebenfalls schon getan und drehte sich dann zu uns um. Scheinbar wollte er gerne mit mir weiterdiskutieren.
„Ich wusste es", meinte er, „ Ray und ich müssen uns unbedingt etwas einfallen lassen, um zu verhindern, dass Leute so einfach auf die Insel gelangen können. Wir haben noch zu wenig Sicherheitspersonal."
Ich ging darauf ein.
„Blödsinn! Wie hätte Mel denn zum Beispiel in die Sicherheitszone gelangen sollen? Wir haben nur zwei Tore und die werden Tag und Nacht bewacht. Sie hätte wohl kaum einfach dort hinlaufen können und sagen: Hey Leute, lasst mich rein! Ohne dass wir es erfahren hätten."
„Und was wäre, wenn sie ein bisschen auf der Insel rumgelaufen wäre und dummerweise versucht hätte über den 20.000 Volt Elektrozaun zu klettern? Ihre Familie würde doch den Park verklagen."
„Da hängen doch überall Schilder: Achtung! Nicht berühren! Und so weiter. Wer ist dann schon so blöd und packt da trotzdem an? Außerdem können die uns dann doch nicht wegen ihrer eigenen Blödheit verklagen."
„Ähm", mischte sich jetzt Mel ein, „ eine solche Klage wäre nicht chancenlos…"
„Danke. Wenigstens einer, der meiner Meinung ist." Muldoon nickte ihr zu und fuhr dann fort: „Aus dem Grund haben wir ja auch die Tour mit den Landcruisern. Leute, die zwischen Elektrozäunen dieser Stärke umherwandern: Nicht gut! Da braucht ja nur mal einer zu stolpern und schon haben wir Klagen am Hals wegen der Sicherheit."
„Unfälle passieren halt", meinte ich nur.
„Müssen aber nicht." Erwiderte er.
„Und dafür sorgen sie, ja?"
„Genau."
Ich verdrehte wieder meine Augen und blickte aus dem Fenster.
„Wozu brauchen sie hier eigentlich so starke Elektrozäune?" Fragte Mel dann Muldoon.
Und hoch sind sie auch, dachte ich noch.
„Nun, die Tiere, die wir hier haben, sind sehr groß und zum Teil auch sehr gefährlich. Es sind eben Din…"
„Es sind eben Tiere und große Attraktionen", fuhr ich dazwischen und warf Muldoon einen warnenden Blick zu.
Ich wollte unbedingt Mels Gesicht sehen, wenn sie ihren ersten lebenden Dinosaurier sah und Muldoon sollte nicht schon vorher alles verraten.
„Da wir gerade bei Klagen waren: Noch Schlimmer wäre es, wenn mal eine dieser Attraktionen entkommen würde und…"
Jetzt waren wir wieder bei Muldoons Lieblingsthema.
„Können sie aber nicht."
„Sollten sie nicht, aber…"
Er unterbrach seinen Satz, weil Mel uns irgendwie merkwürdig ansah. Dann schaute sie wieder aus dem Fenster und dachte sich wohl ihren Teil.
„Wer weiß, Dr. Parker, vielleicht planen sie und ihre Freundin ja doch was und in Wirklichkeit haben sie versucht, sie in ihrem Gepäck zu verstecken…"
Er konnte es einfach nicht lassen.
„Sehr witzig!" Gab ich genervt zurück und Mel hielt mich davon ab noch mehr zu sagen.
„Wow!" Meinte sie nur.
Wir hatten mittlerweile das große hölzerne Tor erreicht, dass sich automatisch öffnete und eine Art Eingang darstellen sollte.
„Welcome to Jurassic Park" verkündete das Tor und Mel war wohl beeindruckt.
„Cool!" Meinte sie.
Jetzt war es nur noch ungefähr ein Kilometer bis zum äußersten Zaun und den ersten Gräben.
Als wir die Schleuse erreichten und die Wagenkolonne praktisch den Zaun durchfuhr, sah Mel sich wirklich erstaunt um.
„Der Zaun und die Gräben… das ist ja riesig… so enorm hatte ich mir das ja jetzt doch nicht vorgestellt. Wozu braucht ihr das?"
„Warts ab", meinte ich grinsend zu ihr.
„Rechts kommen wir gleich an einem Gehege vorbei, bevor wir zum Besucherzentrum abbiegen…"
Das dieses ein Gehege mit großen Herbivoren wie Stegosauriern, Ankylosauriern und Brachiosauriern sein würde, verriet ich ihr natürlich noch nicht.
MelIch war ja so aufgeregt und konnte es kaum erwarten das Gehege zu sehen. Was da wohl drin war? Es musste ja irgendwas besonderes sein, wenn alle so ein großes Geheimnis darum machten. Vielleicht irgendwelche seltenen Tiere. Wie selten diese Tiere wirklich waren, konnte ich in diesem Moment noch nicht ahnen.
„Halten Sie bitte mal an", wies Luthien gerade den Fahrer des Wagens an.
Der Wagen hielt und Luthien bedeutete mir auszusteigen.
„Sie können hier doch nicht einfach aussteigen", meinte Muldoon. „Sie wissen ganz genau, wie gefährlich es ist."
„Ich bitte Sie, Muldoon", versetzte Luthien, wobei sie wieder die Augen verdrehte. „Erstens handelt es sich hier um Pflanzenfresser und zweitens ist dieser 20.000 Volt Zaun nicht umsonst da."
Ich wurde das Gefühl nicht los, das zwischen den beiden irgendetwas im Busch war. Diese Streitereien waren ja schon nicht mehr normal. Und scheinbar machte es Muldoon sogar Spaß. Mir waren seine Blicke nicht entgangen, die er Luthien zuwarf, wenn sie gerade mal nicht hinsah.
„Hör nicht auf ihn", wandte Luthien sich an mich. „Komm mit." Sie zog mich mit sich.
„Und jetzt schließ die Augen."
„Man, machst du es aber spannend", stöhnte ich.
„Komm, mach schon."
Seufzend tat ich wie mir geheißen. Luthien führte mich irgendwo hin. Ich spürte, wie wir aus dem Schatten der Bäume traten, die uns die ganze Zeit umgeben hatten. Hinter uns hörte ich Schritte, wahrscheinlich Muldoon. Dann blieben wir stehen. Luthien schob mich noch ein Stück nach vorne.
„So, Augen auf!"
Ich öffnete die Augen und sah... erst mal nichts. Die Sonne blendete mich. Ich blinzelte ein paar Mal und schirmte die Augen mit der Hand ab. Und als ich endlich was sehen konnte, wäre ich fast hinten über gekippt. Ich riss die Augen auf und starrte, konnte den Blick gar nicht mehr abwenden. Vor mir lag eine weite Grasebene mit einem kleinen See. Es sah eigentlich ganz idyllisch aus, wären da nicht...
„Dinosaurier", ächzte ich. „Das kann nicht euer Ernst sein!"
„Doch", sagte Luthien. „Sie mal, da vorne ist unsere Stego-Herde. Und da drüben, siehst du den Triceratops? Fantastisch! Und da..."
„Ein Brachiosaurus", keuchte ich und musste nach Luft schnappen.
Auf der Wiese vor mir tummelten sich tatsächlich die verschiedensten Saurierarten. Die Stegosaurier mit ihren großen Rückenplatten grasten gemütlich in der Nähe des Sees. Der Brachiosaurus stand mitten im See und tauchte seinen langen Hals ins Wasser. Ein anderer tat sich an den Blättern der Bäume gütlich und weidete sie einem nach dem anderen ab.
Ich konnte es einfach nicht glauben. Aber ich sah es mit meinen eigenen Augen. Es waren tatsächlich Dinosaurier und sie lebten!
Als Kind faszinierten mich diese Tiere der Urzeit sehr und ich hatte viele kleine Dinofiguren gehabt. Aber sie jetzt leibhaftig vor mir zu sehen war einfach unglaublich. Sie sahen genauso aus, wie auf den Bildern.
„Wie habt ihr das denn gemacht? Die sind doch echt oder sind das Roboter?"
„Natürlich sind die echt", empörte sich Luthien. „Wir stellen doch keine Roboter auf."
„Also, wie habt ihr das gemacht."
„Später, jetzt sieh sie dir erst mal an."
Das brauchte sie mir nicht zweimal sagen. Ich konnte den Blick kaum von den Tieren wenden.
„Sag mal, sind das alle, oder habt ihr noch mehr?"
Luthien schien zu merken worauf ich hinaus wollte.
„Du siehst hier nur einen kleinen Teil, bzw du siehst das Pflanzenfressergehege..."
„Also habt ihr auch Fleischfresser?"
„Natürlich. Die zeig ich dir später."
„Und was für welche sind das?"
„Zum Beispiel Velociraptoren, Tyrannosaurier..."
„Sagtest du Tyrannosaurier?" unterbrach ich sie.
„Ja genau, aber die Velociraptoren..."
„Einen T-Rex?"
„Und Rap..."
„Einen echten T-Rex?"
„Ja, einen echten T-Rex." Luthien gab es auf mich auf die Raptoren hinzuweisen, aber etwas enttäuscht war sie schon, dass ich mich mehr für den Rex interessierte.
„Und Pterodaktylen?"
„Ja, die haben wir auch."
„Wow."
„Wir müssen langsam weiter", meldete sich Muldoon zu Wort. „Wir dürften eigentlich gar nicht hier stehen."
„Ja, lass uns weiterfahren", stimmte Luthien widerstrebend zu. „Im Besucherzentrum kann ich dir noch mehr zeigen."
