So, es geht weiter... Da wir (die beiden Autorinnen) gerade in
unseren Abschlußprüfungen fürs Studium stecken, hat das Update leider
etwas gedauert...Sorry ! Aber dafür gibt es auch wieder 2
Kapitelchen...:o)
Luthien
Als der Regen langsam aufhörte, liefen wir zu unseren Wohnungen und Robert tat, was er versprochen hatte. Er besuchte mich… die ganze Nacht.
MelAm nächsten Morgen lief John aufgeregt im Kontrollraum hin und her.
Alle waren anwesend. Alle bis auf Luthien und Robert. Luthien vermisste eigentlich auch niemand, da sie sich sowieso noch schonen sollte. Robert hätte allerdings schon längst im Kontrollraum auftauchen sollen. Schließlich sollten heute die Raptoren umziehen.
„Hat jemand Robert gesehen?" Fragte John in die Runde, aber alle schüttelten nur den Kopf.
„Vielleicht ist er ja in den Raptorkäfig gefallen…" Gab Don zum Besten und erntete wieder
einen bösen Blick von mir. Immerhin wussten wir es schließlich besser.
„Das versteh ich gar nicht", überlegte John. „Der Mann ist sonst so zuverlässig. Jetzt habe ich ihn schon überall gesucht und er ist nicht aufzufinden."
John wurde langsam ungeduldig.
„Nun, vielleicht sollten sie es mal bei Luthien versuchen", schlug Don dann etwas scheinheilig vor und alle sahen ihn erschrocken an.
„Wieso denn das?" Kam jetzt natürlich von John.
LuthienAls ich am nächsten Morgen aufwachte, wollte ich mich lieber noch mal umdrehen.
Robert schlief friedlich neben mir. Er trug nur seine Shorts und ich nur die Pants meiner schwarzen Spitzenunterwäsche. Nach der letzten Nacht hatte keiner mehr von uns die Lust verspürt noch seinen Schlafanzug anzuziehen. Ich schmiegte mich an ihn und davon wurde er langsam wach. Dann warf er einen Blick auf die Uhr, was ich noch nicht getan hatte.
Erschrocken fuhr er hoch.
„Oh Scheiße", fluchte er. „Wir haben verschlafen… oder eher gesagt: Ich hab verschlafen."
Jetzt sah ich auch auf die Uhr und er hatte Recht.
„Verdammt", fiel ich in sein Geschimpfe mit ein, als er aufsprang und sich schnell anzog.
„Ich hab vergessen, den Wecker zu stellen."
Er verschwand für fünf Minuten im Bad, um sich frisch zu machen und kam unrasiert wieder heraus.
„Sorry", meinte er zu mir und gab mir einen flüchtigen Kuss. „Ich muss los. John wird mich wahrscheinlich sowieso zur Schnecke machen…"
„Rasieren?" Fragte ich ihn nur, aber er winkte ab.
„Keine Zeit." Und damit verließ er hektisch die Wohnung.
MelBevor Don auf Johns Frage antworten konnte ging die Tür auf und Robert stürzte, etwas außer Atem, herein.
„Entschuldigung", keuchte er und rang nach Luft. „Ich hab vergessen den Wecker zu stellen."
„Welchen denn? Ihren oder... Autsch! Bist du verrückt geworden!" Don sah mich böse an. Diesmal hatte ich mit voller Wucht auf seinen Fuß getreten.
John sah Robert merkwürdig an und warf dann Don einen fragenden Blick zu. Als dieser jedoch nicht antwortete, zuckte er nur mit den Schultern und fuhr seufzend fort.
„Na schön, da jetzt alle anwesend sind kann ich ja weiter machen. Also, die Eröffnung ist in drei Wochen. Und wir haben noch einiges zu tun. Das alte Rex-Gehege muss neu gesichert werden, damit die Raptoren so schnell wie möglich dorthin geschafft werden können. Robert, dass übernehmen Sie, zusammen mit Dr. Harding. Henry, Sie kümmern sich um den Babyrex.
Donald, ich habe hier noch einige Unterlagen für Sie. Kommen Sie bitte gleich mit in mein Büro, ich möchte diese Unterlagen mit Ihnen durchgehen. Das wäre es von meiner Seite. Ich denke, nach der Aufregung der letzten Tage haben wir uns alle etwas Ruhe verdient. Also, nehmen Sie sich alle diesen tag frei und machen Sie nur die nötigsten Arbeiten. Donald, kommen Sie bitte."
Don warf mir einen überraschten Blick zu. Er hatte keine Ahnung, was John von ihm wollte. Der Papierkram, der die Insel betraf, war erledigt.
Als John und Don den Raum verlassen hatten, sprachen alle durcheinander.
„Was war denn das?" hörte ich Ray fragen. „Seit wann dürfen wir uns einen Tag frei nehmen?"
John„Bitte, setzten Sie sich", bat John.
Don setzte sich. „John, ich verstehe Sie nicht ganz. Alles was mit der Insel zu tun hat ist doch schon erledigt."
„Es geht auch nicht um die Insel, Donald. Wissen Sie, Sie sind der einzige Anwalt, dem ich je vertraut habe. Ich spüre langsam, wie ich alt werde... aber, lesen Sie sich erst mal das hier durch." Er reichte Don einen Stoß Papiere und wartete geduldig bis er sie durchgesehen hatte.
„Aber John, das ist... das ist...", setzte Don an.
„Mein Testament, ja. Donald, ich möchte, dass Sie es genau prüfen. Jetzt."
Immer noch fassungslos prüfte Don jedes einzelne Blatt sorgfältig, dann legte er die Blätter wieder ordentlich zusammen und sah John an.
„Ihr Testament ist einwandfrei."
„Gut." John war sichtlich erleichtert. „Würden Sie mir das unterschreiben."
Don tat wie ihm geheißen. „Aber warum jetzt?" fragte er dann.
„Ich habe Ihnen gerade schon gesagt, dass ich ein alter Mann bin. Und die Gesundheit macht nicht mehr so mit wie sie sollte. Da sollte man doch vorsorgen, bevor es zu spät ist, oder?" John lächelte traurig. „Und ich möchte, dass alles in die richtigen Hände kommt. Aber bitte, sagen Sie Luthien nichts. Sie hat mit dem Park schon genug um die Ohren, da soll sie sich nicht auch noch Sorgen um einen alten Mann machen müssen."
„Als Ihr Anwalt bin ich ohnehin verpflichtet zu schweigen."
„Das ist gut. Sie können jetzt gehen."
John sah Donald nach. Ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht. Er hatte alles richtig gemacht. Bei Donald wusste er die große Firmenkanzlei in guten Händen und für Robert war auch gesorgt. Irgendwie waren ihm die beiden jungen Männer ans Herz gewachsen.
Er ging ans Fenster und sah hinaus auf seinen Park. In der Ferne konnte er die Hälse von mehreren Brachiosauriern sehen.
„Hoffentlich erlebe ich die Eröffnung noch", dachte er, denn er spürte, dass es bald soweit war.
DonDonald lief derweilen ziellos umher. Irgendwann kam er auf die große Terrasse des Besucherzentrums und setzte sich an einen der Tische.
Er hatte gerade mit eigenen Augen Johns Testament gesehen und er glaubte nicht, dass es nur darum ging Vorsorge zu treffen. John musste anscheinend spüren, dass er bald sterben würde.
Aber was Don am meisten aufwühlte war die Tatsache, dass nicht nur Luthien bedacht worden war. Luthien fiel zwar der Großteil des Vermögens zu, doch die Firmenkanzlei war ihm übertragen worden.
Don wusste nicht, ob ihn das freuen sollte. Er hatte noch eine so große Verantwortung übernommen. Zwar hatte er die Leitung der Kanzlei schon jetzt so gut wie alleine gemacht, aber alle Entscheidungen wurden bisher immer mit John abgesprochen.
Auch Robert war bedacht worden. John wollte ihm eine beträchtliche Summe vermachen und seinen kleinen Landsitz mit angegliederter Ranch in Texas. Er sollte gut abgesichert sein, um sich ein neues Leben aufbauen zu können.
Was hat John für einen Narren an Muldoon gefressen? fragte sich Don im stillen. Aber er zweifelte den letzten Willen seines Mandanten nicht an, auch wenn er Muldoon nicht wirklich leiden konnte.
„Hey, was sitzt du denn hier so alleine rum", wurde er von Mel aus seinen Gedanken gerissen. Er drehte sich um und sah sie vor sich stehen. Ein leises Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Mel trug immer noch Klamotten mit dem Park-Emblem. Doch sie darin einfach hinreißend aus. Bislang hatte er sie ja nur in ihren Büroklamotten gesehen. Die Sonne hatte die Büroblässe schon fast aus ihrem Gesicht vertrieben. Und sie verströmte einen Duft, der ihm verriet, dass sie frisch geduscht war. Bis auf die dunklen Augenringe sah man ihr die Strapazen der letzten Tage kaum an.
Mel„Was ist mit dir?" fragte ich etwas verwirrt darüber, dass er mich so lange anstarrte.
„Nichts", grinste er und zog mich auf seinen Schoß.
Er küsste mich zärtlich und ich genoss seine Nähe.
„Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich mit der schönsten Frau auf der ganzen Insel zusammen bin?"
Hoppla, solche Worte hatte ich ja noch nie von ihm gehört.
„Ich will mit dir zusammen sein. Ich meine richtig, ohne Heimlichtuereien und so." Er sah mich erwartungsvoll an.
„Also ist es für dich auch mehr als nur eine Affäre?" fragte ich ihn hoffnungsvoll.
„Hm, eigentlich war es für mich nie eine richtige Affäre. Ich bin schon lange in dich verliebt."
Bei seinen Worten machte mein Herz einen Sprung. Ich für ihn also nicht nur eine Bettgeschichte für ihn, wie ich es bislang vermutet hatte.
„Oh, Don, ich will auch mit dir zusammensein. Richtig zusammensein!" rief ich.
Er zog mich näher an sich heran und küsste meinen Hals.
„Aber, was ist mit John?" meinte ich nach einer Weile.
„Der muss damit klar kommen. Ich will mein Glück nicht länger verstecken müssen", sagte Don bestimmt.
„Hach, ist da schön", strahlte ich. „Wir sind glücklich und Luthien und Robert scheinen auch wieder zueinander gefunden zu haben. Ich freu mich richtig für die beiden."
Beim Klang von Roberts Namen verdüsterte sich Dons Gesicht.
„Sie hat nen besseren verdient, so ein Möchtegernheld, pah!"
Das beste war, ihn zu ignorieren. Er ließ ja doch nicht von Robert ab und umgekehrt genauso. Die Versuche, die Männer zur Vernunft zu bringen waren vergebliche Liebesmüh. Das beste war, man ließ sie reden. Hauptsache sie prügelten sich nicht.
„Und was machen wir mit unserem freien Tag?" versuchte ich Don abzulenken.
„Ich wüsste da schon was", grinste er anzüglich und zog mich mit auf die Füße, als er aufstand. „Und meinetwegen kann es jeder sehen", fügt er dann noch großspurig hinzu.
„Also ich finde, jetzt übertreibst du aber." Grinsend boxte ich ihn in die Seite.
Lachend zog er mich in Richtung Appartementanlage.
RobertAm nächsten Tag herrschte reges Treiben. Heute sollte der Umzug der Raptoren stattfinden. Ein Team hatte in den frühen Morgenstunden das zukünftige Raptorengehege überprüft und für sicher befunden. Zudem waren noch zusätzliche Sicherheitskameras installiert worden.
Jetzt war Dr. Harding zusammen mit Robert damit beschäftigt den Transport vorzubereiten.
Es wurden zwei große, massive Transportboxen bereitgestellt, in denen die betäubten Tiere verfrachtet werden sollten. Zwei Jeeps würden die Boxen dann zu dem neuen Gehege bringen.
Dr. Harding übergab Robert zwei Pfeile mit Betäubungsmittel.
„Das sollte eigentlich reichen, um sie mindestens ne Stunde schlafen zu lassen. Sie haben also nicht viel Zeit. Mehr will ich nicht riskieren, sonst verlieren wir am Ende womöglich eines der Tiere."
„Was kein großer Verlust wäre", murmelte Robert und nahm die Pfeile an sich.
Auf dem Weg nach draußen lief ihm Luthien in die Arme.
„Laß mich mitkommen."
„Nein, das ist viel zu gefährlich. Ich will nicht das dir etwas zustößt. Du kennst doch die Raptoren..."
Sie sah zwar nicht zufrieden aus, ließ sich aber mit einem zärtlichen Kuss von ihm überreden.
„Ich muss jetzt los."
„Sei vorsichtig, ich will dich nicht schon wieder verlieren, wo ich dich doch gerade gefunden habe."
„Keine Sorge." Er streichelte sanft ihre Wange. „Ach", meinte er im Weggehen. „Du kannst mit Gennaro vorbeischicken. Dann bräuchten wir keine kostbare Ziege verschwenden, um die Raptoren anzulocken."
Kopfschüttelnd sah Luthien ihn nach. Dann begab sie sich in die große Lounge, wo Mel bereits am Panoramafenster stand, von dem man einen hervorragenden Blick auf das Raptorengehege hatte.
Mel„Luthien, komm her, gleich geht es los", rief ich meiner Freundin zu, als ich sie in der Tür stehen sah.
„Ich hoffe, diesmal geht alles gut. Ich habe echt keine Lust noch mal von einem Raptor gejagt zu werden", meinte sie, als sie sich neben mir einfand.
„Hm, einmal hat wirklich gereicht", stimmte ich ihr zu. Mir sträubten sich immer noch die Haare, als ich an die Momente in der Küche dachte.
„Ich freue mich so für dich."
„Was meinst du?"
„Na, das es endlich bei dir und Robert geklappt hat."
„Woher weißt du das?"
„Wir haben euch vorgestern Abend zufällig gesehen..."
„Aha, lass mich raten, Don hat mal wieder einen blöden Kommentar abgegeben", grinste sie mich an.
„Nicht direkt, aber er sah schon wieder so kampflustig aus. Aber gestern hat er irgendwas von wegen Möchtegernheld gesagt."
„Und Robert meinte gerade, er könne Don ganz gut gebrauchen, um die Raptoren anzulocken."
„Wahrscheinlich will er ihn in den Käfig schmeißen. Oh man, hört das zwischen den beiden eigentlich nie auf? Vor allem würd mich mal interessieren, warum sie immer noch wie wild aufeinander rumhacken."
„Keine Ahnung", seufzte Luthien. „Aber ich habe das Gefühl, dass es zwischen den beiden noch zum Showdown kommen wird."
„Wenn sie meinen... Aber jetzt lass uns diesen Showdown erst mal verfolgen."
Wir sahen beide aus dem Fenster.
RobertAm Raptorenkäfig hatten sich mittlerweile eine ganze Menge Leute eingefunden. Viel zu viele für Roberts Geschmack, aber er konnte keinen der Männer entbehren. Zwei brauchte er, die die Jeeps fahren mussten. Und für jede Transportbox nocheinmal vier Männer. Dann noch er selbst und Dr. Harding.
Er stand mit Dr. Harding auf der Aussichtsplattform, von hier konnte er am besten auf die Raptoren schießen. Beide hatten ein Betäubungsgewehr in der Hand. Wenn die Raptoren auftauchten musste alles sehr schnell gehen.
„Okay", rief er einem seiner Männer zu. „Laß die Ziege rein."
Sie hörten das Knurren der Raptoren und sahen hier und da wie sich die Farnbüsche bewegten.
Dann sprangen beide zugleich auf die Lichtung und stürzten sich auf die Ziege.
„Sie den linken, ich den rechten", zischte Robert und legte sein Gewehr an.
Fast gleichzeitig ertönten die Schüsse. Die Köpfe der Raptoren flogen in die Höhe, doch bevor sie sich in Sicherheit bringen konnten, kippte erst der eine und dann der andere um.
„Okay, wir können sie rausholen."
Mit Hilfe von Robert und Dr. Harding wurden die Raptoren recht schnell in die Boxen verfrachtet. Um den Transport zu vereinfachen hatte man die Boxen mit Rollen ausgestattet, so dass sie schnell auf die Jeeps geladen werden konnten.
Dann fuhr die kleine Kolonne los, in Richtung Rex-Gehege.
Robert saß mit ein paar Männern auf der Ladefläche des ersten Jeeps, Dr. Harding saß im zweiten Jeep.
Der Weg verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle und alle waren erleichtert, als sie das Rex-Gehege vor sich auftauchen sahen.
Robert warf einen kurzen Blick in die Box auf seinem Jeep und stellte er leichtert fest, dass der Raptor immer noch schlief. Dann sprang er von der Ladefläche, um seine Leute zu koordinieren.
„Okay, Ray", sprach er in sein Funkgerät. „Du kannst Abschnitt C abschalten."
Ein kurzes Summen ertönte, dann blinkten die kleinen Lämpchen.
Dr. Harding stand mittlerweile neben ihm. „Alles ruhig."
„Gut, dann fangen wir mit ihm hier an." Robert deutete auf den ersten Jeep und seine Männer machten sich daran die Box herunterzuholen.
Zur Sicherheit hatte Robert sein Gewehr neu geladen und verfolgte aufmerksam das Geschehen.
Als der erste Raptor ausgeladen war, postierte er einen seiner Männer so, dass er, wenn es nötig wäre, den Raptor erneut betäuben konnte.
„Jetzt der zweite."
Robert packte diesmal selbst mit an. Und sie hatten die Box gerade vom Jeep heruntergeholt, als er einen stechenden Schmerz im Arm verspürte. Verwundert sah Robert auf seinen Arm und sah einen tiefen Kratzer.
„Alle von der Box weg", brüllte er und sprang selbst nach hinten.
„Was ist passiert?" Dr. Harding kam herbei.
„Der Raptor ist aufgewacht", sagte Robert und deutete auf seinen Arm.
Und um seine Worte zu bestätigen, drang ein lautes Zischen und Fauchen aus der Box. Die Männer sahen sich erschrocken an.
„Und jetzt?" Dr. Harding sah leicht blass im Gesicht aus.
„Da fragen sie mich", meinte Robert unschuldig. „Sie sind doch hier der Dino-Flüsterer."
„Mr. Muldoon, ich denke jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Scherze zu machen", gab Harding zurück.
„Ja, das fürchte ich auch. Wir werden ihm noch ne Dosis verpassen müssen. Allerdings muss ich wegen der Gitterstäbe sehr nah ran, um ihn zu treffen."
„Und wenn wir ihn verlieren?" gab Harding zu bedenken.
„Besser ihn, als wir", knurrte Robert und näherte sich vorsichtig der Box.
Der Raptor hatte mittlerweile begriffen, dass er gefangen war und tobte dementsprechend in seiner Box. An zwei Seiten waren schon große Ausbeulungen zu sehen. Lange würde die Box dem Gewicht des Tieres nicht mehr standhalten. Robert musste sich beeilen.
Er ging so nah ran, bis er einigermaßen sicher treffen konnte. Zwei tückische Augen beobachteten jede Bewegung von ihm.
Er zielte vorsichtig und drückte ab. Das Tier kreischte gepeinigt auf, dann sank es zu Boden.
„Schnell", wies Robert seine Männer an.
Im Eiltempo wurde der Raptor in das Gehege geschafft und das Tor geschlossen.
„Strom! Schnell!" schrie Robert ins Funkgerät und keine Sekunde später erloschen die Lämpchen.
Keine Sekunde zu früh. Der Raptor sprang auf und sah seine Beute. Rasend vor Wut rannte er auf sie zu und sprang. Weit kam er jedoch nicht. Ein heftiger Stromschlag schleuderte ihn ein paar Meter zurück ins Gehege.
Die Männer waren wie erstarrt, dann beeilten sie sich in die Wagen einzusteigen und fuhren schnell zurück.
„Das war knapp." Harding war immer noch ganz weiß im Gesicht.
„Und es zeigt mal wieder, wie gefährlich diese Tiere sind", knurrte Robert. „Hoffentlich machen die uns nicht noch mehr Ärger."
LuthienUnruhig lief ich im Besucherzentrum auf und ab.
„Warum dauert das so lange?" Fragte ich aufgewühlt Mel.
„Sie sollten längst zurück sein."
Mel legte mir beruhigend ihre Hand auf den Arm.
„Es wird schon nichts passiert sein. Ray hätte uns schon informiert, wenn irgendetwas Unvorhergesehenes dazwischen gekommen wäre. Wenn es dir aber lieber ist, können wir auch sofort zum Kontrollraum gehen."
Ich nickte und wir machten uns auf den Weg. Als wir den Eingangsbereich erreichten, öffneten sich plötzlich die großen Türen und Dr. Harding und Robert betraten das Gebäude.
Ich war erleichtert zu sehen, dass es ihnen gut ging. Dr. Harding wirkte allerdings etwas blass und nervös.
Dann fiel mir auch auf, dass der rechte Ärmel von Robert's kurzärmeligen Khakishirt blutgetränkt war.
Entsetzt lief ich auf ihn zu.
„Oh mein Gott, Robert! Bist du verletzt?"
Ich bemerkte gar nicht, dass von hinten nun auch Ray, Don und Henry dazukamen. Sie wollten ebenfalls wissen, was passiert war.
Robert umarmte mich, aber nur mit seinem linken Arm und Ray und Henry wechselten einen viel sagenden Blick. Dann ist an den Gerüchten also doch etwas dran, dachten beide.
Zum Glück hörte ich nicht, wie Don mich nachahmte, sonst hätte ich ihm wahrscheinlich eine verpasst.
„Oh Robert! Bist du verletzt?" Meinte er zu Mel, die die Augen verdrehte. Sie konnte nicht nachvollziehen, warum Don so feindselig war.
„Was ist? Er wird schon nicht wegen eines kleinen Kratzers sterben..."
„Don, das ist nicht komisch. Sie hätten ernsthaft verletzt werden können."
Mel sah ihn ernst an.
„Und was sagt uns das?" fuhr Don fort. Mel zuckte mit den Schultern.
„Dass unser Parkaufseher seine Tiere nicht unter Kontrolle halten kann."
Robert sah erschöpft aus.
„Halb so schlimm", meinte er, um mich zu beruhigen. „Ist nur ein Kratzer. Dr. Harding kümmert sich darum."
Aber ich sah, dass es nicht nur ein Kratzer war. In Robert's Oberarm klaffte eine Wunde, die nur von einer Klaue stammen konnte.
„Was ist passiert?" Fragte ich sofort.
„Einer der Raptoren ist zu früh aufgewacht und ich stand zu nah am Käfig."
Robert seufzte und sah auf seinen blutigen Arm.
„Kommen sie, Robert. Das muss verbunden werden." Dr. Harding hatte sich wieder gefangen.
„Ich werde sie begleiten", informierte ich die anderen und ging dann mit Robert und Dr. Harding zum Erste Hilfe Raum.
Robert zog sein Hemd aus und setzte sich auf eine der zwei Liegen, die an der Wand angebracht waren.
Dr. Harding desinfizierte die Wunde mit einigen Tupfern und ich assistierte ihm dabei. Mir tat es weh Robert, der vor Schmerzen aufstöhnte und sein Gesicht verzog, so zu sehen. Als Dr. Harding damit fertig war die Wunde zu verbinden, half ich Robert sein Hemd wieder anzuziehen und Dr. Harding brachte alles zurück an seinen Platz. Dann verließ er den Raum.
„Ich geh schon mal zum Kontrollraum", meinte er noch und ich war allein mit Robert.
„Hey, sieh mich nicht so an. Das ist mein Job. Da kann so was schon mal passieren."
Robert versuchte mich aufzumuntern, aber es wirkte nicht.
„Nein, das ist nicht dein Job", widersprach ich ihm. „Du wurdest jetzt schon zwei Mal von den Tieren verletzt. Ich kann nicht mit ansehen, wie du hier ständig dein Leben riskieren musst. Gott, ich hätte das niemals zulassen dürfen. Die Raptoren hätten in ihrem Pferch bleiben müssen. Auch wenn es bedeutet, dass ich John hätte widersprechen müssen. So etwas darf nicht noch einmal passieren und…"
„Beruhige dich erst mal." Ich hatte mich in Rage geredet und Robert nahm meine Hände in seine.
„Es ist alles in Ordnung. Das gehört nun mal dazu. Glaub mir, ich wurde schon mehrmals von Tieren gekratzt oder sogar gebissen. Löwen, Tiger, Leoparden… Raubtiere sind alle gleich, aber einer muss sich ja um sie kümmern."
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, mit diesen Tieren ist es anders", sagte ich leise.
„Und warum?"
Langsam lehnte ich meinen Kopf an seine Brust und schluchzte.
„Weil ich geholfen habe, sie zu erschaffen. Es sind meine Tiere und ich kann nicht länger mit ansehen, wie sie andere Leute und vor allem dich verletzen."
Er nahm mich sanft in den Arm. Ich sah zu ihm auf und er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann küsste er mich zärtlich.
Für mich wurde es in diesem Augenblick klar: Über kurz oder lang mussten die Raptoren sterben, bevor sie noch mehr Schaden anrichteten…
Nach dem Abendessen lag ich mit Robert in meinem Bett. Ich hatte mich eng an ihn gekuschelt und der Regen prasselte beruhigend gegen die Fenster. Er streichelte mich zärtlich an meiner Hüfte. Keiner von uns sagte etwas. Wir genossen beide einfach nur den Augenblick.
„Weißt du", brach ich dann das Schweigen, „ irgendwie hätte ich jetzt noch Lust auf einen Bananen-Milchshake…"
Robert sah mich an und grinste.
„Hm, das könnte mir auch gefallen."
Ich wollte schon aufstehen und nach unten gehen, doch Robert hielt mich zurück.
„Laß nur. Bleib liegen. Ich übernehme das."
Er stand auf.
„Ich bin gleich zurück."
