Als Robert aus Luthien's Zimmer kam, wollte Don gerade zu Mel. Die beiden Männer sahen sich an…voller Verachtung. Dennoch nahm Robert sich fest vor, Don zu ignorieren. Egal was Don sagen würde, er wollte nicht darauf eingehen. Alles was für ihn zählte war, dass er endlich wieder mit jemandem glücklich war. Er war glücklich mit Luthien, alles andere war bedeutungslos.
Robert straffte seine Körperhaltung und wollte an Don vorbeigehen, doch der sah seine Chance kommen, endlich seine Rechnung mit Robert zu begleichen.
„Nun", sprach er Robert an, „ sind die Tiere auch noch alle in ihren Gehegen?"
Robert wollte erst nicht darauf eingehen, aber es war ja nur eine ganz normale Frage.
„Natürlich, Mr. Gennaro."
„Hm." Nickte Don.
„Und wie geht es ihrem Arm?"
„Besser."
„Es kommt mir glatt so vor, als wenn sie ihre Tiere einfach nicht unter Kontrolle haben. Ich meine, ständig werden sie von ihnen angegriffen und verletzt. Vielleicht sind sie doch nicht der Richtige für diesen Job…"
Robert spürte Ärger in sich aufsteigen.
„Das haben sie nicht zu entscheiden."
„Nein", gab Don zu, „aber Luthien und die würde sie doch nie feuern. Selbst nicht, wenn sie hier noch so viel Unheil anrichten würden."
„Lassen sie Luthien da raus. Das geht nur sie und mich was an."
„Oh, ich denke, John würde das anders sehen. Schließlich hat er sie eingestellt, damit sie hier auf die Tiere aufpassen und nicht damit sie sich mit seiner Nichte vergnügen."
Robert zwang sich ruhig zu bleiben.
„Mr. Gennaro, ich weiß nicht, was sie für ein Problem haben. Aber meine Beziehung zu Luthien geht sie ganz bestimmt nichts an."
Jetzt grinste Don ihn fies an.
„Nun, ich bin nur der Meinung, dass sie jemand besseren verdient hat. Keinen dahergelaufenen Tierhüter, der in der Wildnis aufgewachsen ist."
„Vielleicht einen Anwalt?" Unterbrach ihn Robert.
„Ja, vielleicht. Jedenfalls nicht so einen Möchtegernheld wie sie es sind."
Robert sah Don scharf an, wollte aber nicht, dass es wieder zu einer Auseinandersetzung kam.
„Hören sie, Mr. Gennaro, wenn sie immer noch sauer auf mich sind wegen der blutigen Lippe… das tut mir leid und ich entschuldige mich noch einmal dafür. Aber jetzt wäre ich ihnen sehr verbunden, wenn sie mich einfach in Ruhe lassen würden."
Robert ließ Don stehen und wollte weitergehen, doch dieser ließ sich nicht so leicht abwimmeln.
„Was? Was ist los mit ihnen, Muldoon? Ziehen sie jetzt etwa ihren Schwanz ein? Ich dachte, sie wollten mir so gerne noch mal ihre Faust zeigen… aber wahrscheinlich fühlen sie sich nur stark mit ihrem Gewehr in der Hand. Irgendwie kann ich ihre Frau und ihren Sohn verstehen. Wer würde schon mit jemandem wie ihnen zusammen bleiben wollen? Und Luthien ist klug genug um ebenfalls bald zu erkennen, was für ein Versager sie in Wirklichkeit sind…"
Das war zu viel. Roberts gute Vorsätze waren dahin. Hier ging es um seine Ehre und wenn Don es nicht anders wollte…
„Folgen sie mir nach draußen, Anwalt… wenn sie nicht zu feige sind", raunte Robert ihm zu und Don ließ sich nicht zweimal bitten.
Draußen regnete es immer noch in Strömen und der Platz vor dem Eingang war völlig aufgeweicht.
„Nach ihnen", meinte Don, als die beiden die Eingangstür erreichten und Robert dachte sich nichts dabei. Er ging also zuerst nach draußen und gerade als er sich umdrehen wollte, um zu sehen, ob Don sich wirklich traute, sah er diesen schon auf sich zustürmen.
Donald hatte es eiskalt ausgenutzt, dass Robert ihm seinen Rücken zugewandt hatte und riss ihn jetzt von den Füßen. Die beiden wälzten sich kurz im Schlamm und da keiner die Oberhand gewinnen konnte, sprangen sie beide wieder auf die Füße.
Robert wusste, dass er normalerweise jemandem wie Don überlegen war. Der war schließlich Anwalt und saß den ganzen Tag in seinem Büro. Robert hingegen hatte schon einige Schlägereien hinter sich. Die meisten in Kenia, als er noch jünger gewesen war und Wilderer in seinem Reservat jagen wollten. Leider hatte er diesmal eines nicht bedacht, als er Don aufgefordert hatte mit nach draußen zu kommen: Er hatte eine verletzte Schulter und einen verletzten Arm… und beides auch noch rechts!
Die Schmerzen, die er jetzt verspürte, riefen ihm das wieder ins Gedächtnis zurück, doch aufgeben kam für ihn nicht in Frage.
„Was haben sie eigentlich für ein Problem, Gennaro?" Keuchte er und dieser lachte auf.
„Sie gehen mir einfach auf die Nerven, Muldoon! Ich kenne Typen wie sie! Sie denken, weil sie den ganzen Tag mit einem Gewehr rum rennen und wilde Tiere jagen, seien sie etwas Besonderes… weil sie bei ihrem Job ihr Leben riskieren und in Gefahr sind. Alle bewundern sie für ihren Mut und vor allem die Frauen. Mel erzählt mir ständig, was für tolle Dinge sie und Dr. Harding den ganzen Tag tun… dass sie mitten unter den Tieren sind. Es nervt mich total, weil ich ihr so etwas nicht bieten kann! Und egal was sie in ihrer Vergangenheit verbockt haben: Alle verzeihen ihnen… weil sie ja so ein Held sind!"
Jetzt musste Robert lachen.
„Ach hören sie auf, Gennaro! Das ist doch nicht ihr ernst! Ich soll mich hier mit ihnen prügeln, weil sie neidisch auf meinen Job sind? Was kann ich denn dafür, dass sie Anwalt geworden sind und den ganzen Tag im Büro sitzen? Werden sie erwachsen…"
Robert winkte ab und wollte schon wieder reingehen, aber Don kam ihm zuvor.
Er fing Robert ab und rammte ihm seine Schulter in den Magen. Robert stöhnte auf und fiel zurück in den Matsch. Sofort setzte Don nach, warf sich auf ihn und schlug ihm hart ins Gesicht.
Robert war sich sicher, dass seine Nase gebrochen war und schmeckte das warme Blut in seinem Mund.
Natürlich wollte er sich verteidigen, aber als er Don seine Faust ins Gesicht rammen wollte, hinderte ihn ein starker Schmerz in seinem rechten Arm daran. Er keuchte und konnte nur noch durch den Mund atmen. Ihm wurde plötzlich klar, dass er unterlegen war. Zum ersten Mal in seinem Leben würde er den kürzeren ziehen und diese Erkenntnis traf ihn schlimmer, als Don's Schläge. Robert wusste, dass er keine Chance hatte und startete einen verzweifelten Versuch sich zu befreien. Er schlug mit links zu und traf Don ebenfalls im Gesicht. Zwar nicht hart, aber es war genug um Don abzulenken. Robert nutzte die Gelegenheit, um sich von ihm zu befreien. Dann zwang er sich auf die Beine und rettete sich zurück in die Eingangshalle. Dort fiel er erschöpft auf die Knie. Keuchend und auf allen Vieren sah er das Blut von seiner Nase und seiner aufgeplatzten Lippe in einem dünnen Rinnsaal auf die granitfarbigen Fliesen tropfen. Robert hoffte darauf, dass Don nun von ihm ablassen würde, aber er irrte sich. Don kam in die Eingangshalle gestürmt und obwohl er Robert schon am Boden vorfand, trat er zu, so dass Robert wieder auf dem Rücken lag. Dann setzte er sich breitbeinig auf ihn.
„Gennaro", stöhnte Robert und spuckte dabei Blut aus, das sich in seinem Mund gesammelt hatte. „Gennaro bitte…"
Der Boden um die beiden herum, war schon blutverschmiert, aber Don registrierte das gar nicht.
„Was?" Fragte er fies. „Ich kann sie nicht verstehen, Muldoon. Sie müssen schon etwas lauter reden." Und dann fand seine Faust wieder in Roberts Gesicht.
Don ließ seine ganze Wut an Robert aus, hielt ihn fest, schlug weiter auf ihn ein und Robert spürte, dass er langsam ohnmächtig wurde. Aber das war wahrscheinlich immer noch besser als diese Schmerzen, waren seine letzten Gedanken bevor er das Bewusstsein verlor …
LuthienIch wunderte mich, wo Robert so lange blieb und entschied mich mal raus auf den Flur zu gehen. Als ich meinen Kopf durch die Tür steckte, sah ich, dass Mel gerade dasselbe tat.
„Und? Alles klar bei dir?" Fragte sie dann und ich nickte.
„Ja. Ich warte nur auf Robert. Er wollte nur kurz mal nach unten gehen und jetzt ist er schon ganz schön lange weg."
„Ich warte auch auf Donald", seufzte sie. „Eigentlich hätte er schon längst hier sein müssen."
Dann sahen wir beide uns erschrocken an.
„Warte!" Meinte ich. „Du glaubst doch nicht auch, dass die beiden sich über den Weg gelaufen sind und jetzt…"
„Wir sollten wohl besser mal nachsehen", gab sie zurück.
„Eine Minute."
Ich ging zurück in meine Wohnung und zog mir schnell ein paar Turnschuhe an. Im Moment trug ich nur ein rosa farbenes Spaghettiträgertop und eine beige Leinenhose, aber wieder im Flur, sah ich, dass Mel auch nicht mehr anhatte als ein T-Shirt und eine kurze Shorts.
Wir liefen sofort nach unten und in der Eingangshalle fanden wir Don und Robert.
Letzterer lag auf dem Boden und Don war damit beschäftig auf ihn einzuschlagen. Um die beiden herum war der Boden blutig und Matsch verschmiert.
Mel und ich erstarrten und sie reagierte zuerst wieder.
„Oh mein Gott, Don!" Rief sie. „Hör auf! Um Himmels Willen!"
Sie lief auf ihn zu und zerrte ihn von Robert weg. Ich hingegen fiel neben Robert auf die Knie, der bewusstlos in seinem Blut lag.
„Robert? Robert! Sag doch was!"
Etwas erleichtert sah ich, dass er stöhnend seine Augen öffnete.
„Luthien? Gut, dass du da bist. Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen…"
Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte. Das viele Blut brachte mich ganz aus der Fassung, aber dann legte ich Roberts Kopf auf meine Knie.
Hilflos sah ich zu Mel, die noch mit Don beschäftig war. Er saß geschockt mit angezogenen Beinen an die Wand gelehnt.
Als Mel meinen Blick bemerkte, sprang sie auf.
„Ich hole ein paar Handtücher."
Kurze Zeit später kam sie zurück aus der Küche und reichte mir in paar Frottetücher. Eines davon nahm ich und hielt es Robert vors Gesicht, um die Blutung zu stoppen. Als er merkte, was ich vorhatte, hielt er es selbst und setzte sich langsam auf. Ich kniete hinter ihm und stützte ihn dabei. Dann fiel mir auf, dass er Don anstarrte, der immer noch mit hängendem Kopf dasaß und kein Wort sagte.
Ich war völlig fassungslos und spürte Tränen in mir aufsteigen.
„Bring ihn hier weg", sagte ich schluchzend zu Mel, „und dann such Dr. Harding."
Mel nickte und brachte Don nach oben.
Währenddessen zog ich Robert zur Wand, so dass er sich anlehnen konnte. Er hörte gar nicht auf zu bluten. Das erste Tuch war schon blutgetränkt und zitternd reichte ich ihm ein zweites.
Kurze Zeit später kam Mel mit Dr. Harding zurück, der erschrak, als er die Blutlache auf dem Boden und Robert sah.
„Was ist denn hier passiert? Ist schon wieder eines der Tiere ausgebrochen?"
„Nein", erklärte ich ihm, „ein Tier war das nicht…"
„Oh… dann kann ich es mir schon denken."
Dr. Harding hatte die Feindseligkeiten, die Robert und Don ständig austauschten, natürlich auch bemerkt.
Dann kam er zu uns und sah sich Roberts Verletzungen an.
„Können sie aufstehen?" Fragte er dann und Robert nickte.
„Natürlich…"
Ihm war die ganze Sache peinlich. Noch nie hatte er nach einer Schlägerei ärztliche Hilfe gebraucht und dass Luthien jetzt schluchzend neben ihm saß, machte die Sache auch nicht besser. Irgendwie hatte er sich das Ganze anders vorgestellt… vor allem die Tatsache, dass Donald so gut wie unverletzt war.
Dr. Harding half ihm auf die Beine und dann fand er sich zum zweiten Mal an diesem Tag im Erste Hilfe Raum wieder.
„Wie konnte Donald nur so etwas tun?" Fragte ich völlig außer mir.
„Also ehrlich gesagt war ich daran ja nicht ganz unschuldig…"
Robert sah mich mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Zum Glück hatte Dr. Harding es geschafft, das Bluten zu stoppen und versorgte jetzt Roberts Wunden. Dank Donald hatte er einen Haufen Schürf- und Platzwunden im Gesicht.
„Wieso nimmst du ihn auch noch in Schutz?" Wollte ich wissen.
„Ach komm schon, Süße. Reg dich ab. Das war doch nichts…"
Ich verstand Robert nicht und sah ihn böse an.
„Reg dich ab, Süße! Ich will mich nicht abregen!"
Noch mehr ärgerte es mich, dass Robert plötzlich schmunzelte und ihn das alles zu amüsieren schien.
„Weißt du, du bist wirklich süß, wenn du dich so aufregst… aber glaub mir, ich war schon öfter in Schlägereien verwickelt. Allerdings war ich sonst nicht derjenige, der zum Arzt musste. Das ist wirklich peinlich…"
„Es ist dir peinlich?" Fragte ich fassungslos.
„Na ja, beim nächsten Mal denke ich vorher darüber nach, ob mein rechter Arm verletzt ist…"
„Es wird kein nächstes Mal geben", gab ich zurück und ging zum Telefon, „ ich werde John darüber informieren und dann wird Donald die Insel oder vielleicht sogar meine Firma verlassen…"
„Luthien, das wirst du nicht tun", hielt Robert mich zurück. „Es war ein fairer Kampf und ich hab nun mal verloren. So ist das eben: Mal gewinnt man, mal verliert man."
Er seufzte.
„Blödsinn! Das war kein fairer Kampf! Du warst verletzt. Wenn es ein fairer Kampf gewesen wäre, dann hättest du…" Ich ließ den Satz unvollendet, aber Robert sprang ein.
„… dann hätte ich Donald zusammen geschlagen. Das meintest du doch, nicht wahr? Wäre dir das wirklich lieber gewesen?"
„Ja… äh nein… ach ich weiß auch nicht."
So hatte ich das noch nicht betrachtet. Wäre mir das lieber gewesen? Wahrscheinlich nicht.
Hilfe suchend blickte ich zu Dr. Harding, aber der winkte ab.
„Da misch ich mich nicht ein."
Er hatte Robert versorgt und ließ uns alleine.
„Ich verstehe sowieso nicht, warum ihr euch ständig anfeindet."
„Revierkampf", gab Robert nur zurück.
„Und ich nehme an, dass dieser Kampf noch nicht beendet ist, oder?"
Tadelnd sah ich ihn an.
„Glaubst du etwa, dass ich so einfach aufgebe?"
Um ihn zur Vernunft zu bringen, zeigte ich vorwurfsvoll auf meine blutverschmierte Kleidung und er wusste nur zu gut, dass es sein Blut war.
„Oh Robert, reicht das denn noch nicht? Vergiss Gennaro!"
Aber Robert wollte davon ablenken.
„Ich hätte sowieso nicht gedacht, dass er so erbarmungslos sein kann. Immerhin ist er Anwalt und ich bin derjenige mit der Erfahrung in Schlägereien..."
„Robert! Hör auf damit! Ich zittere jetzt noch am ganzen Körper. Das war nicht wirklich schön, dich da so liegen zusehen..."
„Ja, ist ja schon gut. Im Moment hab ich auch andere Sorgen als Gennaro. Es beunruhigt mich viel mehr, dass ich jetzt erst mal einige Tage nicht arbeiten kann und mich erholen muss. Er hat mich außer Gefecht gesetzt, gerade jetzt wo die Raptoren in dem neuen Gehege sind..."
Mir fiel auch noch etwas ein.
„Und außerdem wird es verdammt schwer werden, dass John zu erklären..."
Robert seufzte zustimmend.
„Ihr benehmt euch wirklich wie Kleinkinder", schimpfte ich und er antwortete empört:
„Wir benehmen uns wie Männer…"
Dann sah er mich an.
„Du zitterst ja immer noch. Komm her, das müssen wir ändern."
Er nahm mich in den Arm und wir liefen zurück zum Wohngebäude.
„Es tut mir leid, Luthien", flüsterte er mir noch ins Ohr, bevor wir einschliefen.
MelNachdem ich gesehen hatte, dass Robert bei Dr. Harding in guten Händen war, machte ich mich wieder auf den Weg nach oben.
Als ich mein Appartement betrat sah ich Don mit einem Glas Whisky auf der Couch sitzen.
„Willst du jetzt deinen Sieg begießen?" fragte ich ihn und bemühte mich soviel Sarkasmus wie möglich in meine Stimme zu bringen.
„Jepp, genau das habe ich vor", grinste er mich an und prostete mir lässig zu.
„Du bist ja total übergeschnappt", fuhr ich auf. „Wie konntest du Robert nur so zusammenschlagen?"
„Es war ein fairer Kampf", gab Don zurück.
„Fair? Was bitte ist daran fair einen verletzten Mann zu schlagen? Soll ich dir mal was sagen? Wenn der Kampf wirklich fair gewesen wäre, dann würdest du jetzt unten bei Dr. Harding sein und nicht Robert."
„Sag mal geht's dir noch gut?" wütend sprang Don auf und knallte das Glas so feste auf den Tisch, dass sich der halbe Inhalt auf dem Boden vergoss. „Nimmst du Muldoon jetzt auch noch in Schutz? Reicht es nicht, dass Luthien von ihm geblendet ist? Und ich dachte, du liebst mich."
„Ja, das dachte ich auch", gab ich bitter zurück. „Aber seit du hier auf der Insel bist hast du dich dermaßen verändert, dass ich nicht mehr weiß, ob du noch der Mann bist, in den ich mich verliebt habe. Außerdem, was hat das mit Robert zu tun?"
„Mel, ich bitte dich, natürlich bin ich noch derselbe. Und was das mit Robert zu tun hat? Er ist doch derjenige hinter dem ihr alle herlauft, du interessierst dich doch keinen Deut mehr für mich!"
„Nee, is klar. Du hättest dich früher nie geprügelt und schon gar nicht hättest du deine Wut an jemandem ausgelassen, der sich nicht wehren kann. Und was soll hier heißen hinterherlaufen? Wann bin ich bitteschön Robert hinterhergelaufen? Ich war mit ihm im Park und Dr. Harding war auch dabei. Aber nur um die Tiere zu sehen und nicht um in seiner Nähe zu sein. Außerdem interessiert es mich absolut nicht, ob er als Held angesehen wir oder nicht, ich brauche doch keinen Helden!" fuhr ich entrüstet auf.
„Ach nein? Wollt ihr Frauen das nicht? Einen Helden? Jemandem bei dem ihr euch sicher fühlt und bei dem ihr wisst, dass er euch beschützen kann? Aber ich vergaß, wie kann ich so was sein? Ich bin ja nur ein Trottel, der sich den Arsch im Büro platt sitzt. Und Muldoon ist der strahlende Held, der euch vor den gemeinen Dinos rettet und dem es nichts ausmacht, wenn er selbst dabei verletzt wird!" Donald war bei den letzten Worten immer lauter geworden.
„Weißt du was? Du hast absolut keine Ahnung von Frauen. Und schon gar nicht von mir", sagte ich und zwang mich dabei ruhig zu bleiben.
„Oh doch, ich glaube die habe ich ganz genau! Du stehst doch auch auf diese Art von Männern oder warum begleitest du Robert und Harding jedes Mal in den Park? Gib es doch zu. Solche Männer wie Robert machen dich an, wenn sie mit ihren Gewehren herumfuchteln."
„Don... ich habe dir vorhin schon erklärt, warum ich mit den beiden im Park war...", versuchte ich ihn aufzuhalten, doch es war zu spät, er hörte mir gar nicht mehr zu.
„Und mit mir gehst du doch nur ins Bett, weil es so schön bequem ist. Und weil Robert schon anderweitig beschäftigt ist." Donalds Ton war nun so verletzend, dass es mir die Tränen in die Augen trieb.
„Du bist zu weit gegangen", sagte ich leise und versuchte noch etwas Anstand zu wahren, um nicht aus dem Zimmer zu stürzen.
An der Tür drehte ich mich nocheinmal um.
„Wenn ich zurück komme, bist du aus meinem Appartement verschwunden!"
Dann stürzte ich doch hinaus und knallte die Tür hinter mir zu.
DonDonald stand wie erstarrt. Erst das Knallen der Tür brachte ihn wieder zur Besinnung.
„Oh mein Gott", flüsterte er. „Was habe ich getan." Fassungslos starrte er die Tür an. Er wusste ganz genau, dass er ganz allein Schuld an der ganzen Situation hatte, doch er lenkte seine Wut auf jemand anderes. Das war einfacher, als sich selbst Vorwürfe zu machen.
„Wenn du mir in die Finger kommst, Muldoon. Jetzt hast du auch noch Mel gegen mich aufgehetzt."
Dons Abneigung gegen Robert war nun nicht mehr darauf beschränkt, dass Robert ihn geschlagen hatte. Er hatte neben Robert einfach Minderwertigkeitskomplexe, die er sich natürlich nicht eingestand. Er wollte einfach beweisen, dass er nicht nur so ein Bürohengst war, der keine Ahnung vom richtigen Leben hatte. Und ihm tat es weh zu sehen, dass Robert von allen als Held verehrt wurde, sogar von Mel.
„Was soll ich denn noch machen", fragte er sich. „Wie kann ich ihr denn beweisen, dass ich auch ein richtiger Mann bin?"
Don versank in Selbstmitleid und brütete vor sich hin. Dabei übersah er, dass Mel sich noch nie darüber beschwert hatte, dass er „nur" Anwalt war, immerhin war sie es auch. Aber gerade dass nahm er zum Anlass zu denken, dass sie sich gerade deswegen einen Mann wünschte, der etwas verwegener und abenteuerlustiger war. Eben einen Mann wie Robert.
MelAls die Tür hinter mir zuknallte konnte ich die Tränen nicht zurück halten. Wie konnte Don mir bloß so weh tun? Dieser Mann hatte echt nichts mehr mit dem Donald gemein, den ich kannte und in den ich mich verliebt hatte.
Blindlings rannte ich durch die Flure. Zu Luthien wollte ich jetzt nicht, die hatte bestimmt genug mit Robert zu tun. Aber wo sollte ich dann hin?
Unerwartet fand ich mich im Kontrollraum wieder. Ray drehte sich überrascht um, als er mich hörte. Er war allein. Zum Glück.
„Mel, schön Sie zu... Was ist passiert?" fragte er alarmiert als er mein verheultes Gesicht sah.
„Nichts", schniefte ich.
„Nichts? Und wegen nichts sehen Sie aus wie sieben Tage Regenwetter?"
„Äh..." Irgendwie fühlte ich mich unwohl. Ich wusste gar nicht, warum ich ausgerechnet zu Ray in den Kontrollraum gelaufen war. Ray schien das irgendwie zu spüren.
„Einen Moment", meinte er zu mir, dann sprach er in sein Funkgerät.
Ein paar Minuten später trat ein mir unbekannter Mann durch die Tür. Ray gab ihm ein paar Anweisungen, dann wandte er sich mir wieder zu.
„Kommen Sie, hier ist kein guter Ort um zu reden."
Er führte mich in sein Appartement und drückte mich auf die Couch. Dann verschwand er kurz in der Küche und kam wenig später mit einer dampfenden Tasse Kakao zurück.
„Ich habe etwas Rum reingetan. So wie Sie aussehen können Sie das bestimmt gebrauchen."
Dankbar nahm ich die Tasse.
„So", er setzte sich neben mich. „Und jetzt frag ich Sie noch mal. Was ist passiert?"
„Ich möchte Sie damit wirklich nicht behelligen."
„Das haben Sie bereits. Hören Sie Mel, ich habe Sie wirklich sehr gern und es tut mir im Herzen weh, Sie so zu sehen. Also?"
„Na schön. Aber ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll."
„Wie wäre es mit dem Anfang?" schlug Ray vor.
Also erzählte ich ihm alles. Wie die Affäre zwischen Don und mir begonnen hatte und dass es am Anfang nicht mehr als eine Affäre war. Ich erzählte ihm die Geschichte von Robert und wie der Streit zwischen den beiden begonnen hatte.
„Und dann ist der Streit irgendwie eskaliert. Mittlerweile feinden sich die beiden ja nur noch an und ich glaube nicht, dass das noch irgendetwas mit dem Vorfall im Speisesaal zu tun hat. Aber ich kann mir nicht erklären, warum Don aufeinmal einen solchen Hass auf Robert entwickelt hat.
Und dabei sah es in den letzten tagen so gut zwischen uns aus. Wir haben uns auch gefühlsmäßig angenähert und aus der Affäre ist eine richtige Beziehung geworden. Aber seit das der Fall ist, verhält sich Don noch merkwürdiger. Vorhin hat er mir sogar an den Kopf geworfen, ich würde doch eigentlich auf Robert stehen und ihn als Notlösung benutzen, weil Robert schon anderweitig vergeben ist und ich mich an solche Kerle nicht wirklich rantrauen würde."
„Das hat er im Ernst zu Ihnen gesagt?"
„Ja. Oh Ray, dabei habe ich ihm doch nie Anlass gegeben so etwas zu denken! Wissen Sie..."
„Du", unterbrach er mich.
„Weißt du, er meint ich würde Robert so toll finden, weil er einen gefährlichen Job hat und so. Dabei bin ich doch nur mit ihm und Harding in den Park hinausgefahren, weil ich mir die Tiere ansehen wollte. Nur die Tiere. Robert ist mir als Mann total egal."
„Sag mal, liebst du Donald eigentlich noch?" fragte Ray vorsichtig. In solchen Dingen hatte er eigentlich keine Ahnung, aber er musste Mel irgendwie helfen.
„Wenn ich ehrlich bin, ich weiß es nicht. Es war alles so unkompliziert, als es noch eine Affäre war, aber seit wir zusammen sind, tillt Don ja regelrecht aus."
Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander. Ray steckte sich eine Zigarette an und inhalierte tief. Vor lauter Aufregung hatte er das Rauchen total vergessen.
„Ray?"
„Ja?"
„Kann ich vielleicht eine Weile bei dir bleiben? Ich habe Don zwar gesagt, er soll aus meinem Appartement verschwinden, aber so wie der im Moment drauf ist, glaube ich kaum dass er das getan hat."
„Ja, sicher, das ist kein Problem."
„Oh, danke! Kannst du mir vielleicht noch ein paar frische Sachen aus meinem Appartement holen? Ich möchte Don jetzt wirklich nicht über den Weg laufen."
„Natürlich, ich bin gleich wieder da."
Ray stand auf und wollte schon das Zimmer verlassen, als mir noch etwas einfiel.
„Ach, Ray. Sag Luthien bitte nichts davon. Ich weiß, sie ist meine beste Freundin und ich hätte mit ihr darüber sprechen sollen, aber ich glaube im Moment ist sie nicht so gut auf Don zu sprechen, deswegen..."
„Mach dir darüber keine Gedanken. Fühl dich wie zu Hause und ruh dich erst mal aus."
„Danke."
