Endlich geht es weiter... dafür gibt es auch wieder zwei Kapitelchen!

Ray

Ray verließ sein Appartement und schüttelte den Kopf. Er konnte die Geschichte kaum glauben. Don hatte einen ganz anderen Eindruck auf ihn gemacht, als er ihn kennengelernt hatte.

Was war nur mit ihm los, dass er so gegen Robert feuerte und dabei sogar seine Beziehung riskierte?

Ray beschloss dies so schnell wie möglich rauszufinden.

Als Ray Mels Appartement betrat, sah er sich Don gegenüber. Ganz wie Mel vermutet hatte, hatte er das Appartement nicht verlassen. Ray ließ ihn erst mal links liegen und ging unbeeindruckt in Mels Schlafzimmer, um frische Sachen zu holen. Ganz wohl fühlte er sich dabei nicht, denn er musste wohl oder übel ihre Unterwäsche durchsehen und das nötigste raussuchen. Dann ging er noch ins Bad und suchte ein paar Toilettenartikel zusammen. Als er alles hatte, ging er zurück ins Wohnzimmer.

„Wo ist Mel?" wurde er von Donald empfangen.

„Ich glaube nicht, dass Sie das zu interessieren hat, sie will Sie im Moment sowieso nicht sehen. Und eins will ich Ihnen mal sagen! Sie haben das Mädchen tief verletzt, mit dem was Sie gesagt haben. Denn wenn sie Sie nicht lieben würde, dann würde sie wohl kaum auf meiner Couch sitzen und sich die Augen ausheulen..." er machte eine bedeutende Pause. „Wegen Ihnen", fuhr er dann fort. Ray war schon auf dem Weg nach draußen, als er sich nocheinmal umdrehte.

„Sehen Sie zu, dass Sie das wieder hinkriegen und zwar schnell, wenn es nicht bereits zu spät ist." Damit verließ er das Appartement und ließ einen völlig fassungslosen Don zurück.

Mel

„Du hattest recht", meinte Ray wenig später zu mir. „Er war noch da."

„Ray, was mache ich denn jetzt?"

„Ich hätte da schon eine Idee... Ich glaube, dass es keinen Sinn hat mit Donald vernünftig zu reden. Zumindest hat er vorhin den Eindruck auf mich gemacht. Er muss es auf die harte Tour lernen. Aber ich waren dich schon mal vor, der Schuss kann auch nach hinten los gehen und er sieht sich in allem was er gedacht hat bestätigt."

„Schlimmer kann es doch nicht mehr kommen, oder? Also, was ist es für eine Idee?"

Ray begann mir seinen Plan darzulegen.

Am Anfang gefiel er mir gar nicht, aber irgendwann stimmte ich doch zu. Wahrscheinlich war dies die einzige Möglichkeit Donald die Augen zu öffnen.

„Bist du dir sicher, dass er wirklich diese Chance verdient hat?" fragte Ray mich etwas später. „Ich meine, er hat dich sehr verletzt und ihm scheint sein kleiner Feldzug gegen Robert ja wichtiger zu sein."

„Aber genau das will ich ja herausfinden."

„Okay. Morgen werde ich dir Lukas vorstellen. Jetzt geh erst mal schlafen, es ist schon spät. Du kannst gerne mein Bett haben, ich nehme dann die Couch."

„Danke, das ist lieb von dir."

Ich ging in Rays Schlafzimmer und zog mich um. Doch ich konnte lange nicht einschlafen. Ich dachte viel über die vergangenen Tage nach und war mir am Ende selbst nicht mehr sicher, ob ich diese zweite Chance für Donald überhaupt haben wollte. Aber der Fairness halber sollte er sie bekommen, vielleicht würde ja alles gut werden.

Am nächsten Morgen weckte Ray mich zum Frühstück, doch ich wollte nicht mitkommen.

„Ich hab echt keine Lust Donald zu begegnen", murrte ich und Ray nickte verständnisvoll.

„Dann schick ich Lukas zu dir hoch, dann kann er dir gleich Frühstück mitbringen und ihr könnt euch gleich kennenlernen", meinte er augenzwinkernd und erntete nur ein unwilliges Knurren von mir.

Ray

Unten im Speisesaal saßen schon Robert, Luthien, Henry und auch Donald.

Ray holte sich Frühstück und gesellte sich zu ihnen.

Luthien

„Weißt du eigentlich wo Mel ist, ich hab sie gestern den ganzen Tag nicht mehr gesehen", wollte ich dann auch sofort von ihm wissen.

„Sie ist bei mir", antwortete Ray und erntete einen erstaunten Blick von mir.

In diesem Moment kam einer der Sicherheitsleute an den Tisch.

„Morgen Lukas", begrüßte Ray ihn. „Setz dich doch kurz." Ray erklärte ihm kurz wo Mel zu finden war.

„Dann werde ich mal hochgehen, sie soll uns ja nicht verhungern", meinte Lukas grinsend und verschwand.

„Äh...", jetzt verstand ich gar nichts mehr. „Warum soll er ihr Frühstück bringen?"

„Sie hatte keine Lust nach unten zu kommen."

„Wieso? Und was hat sie bei dir zu suchen?" Ich wurde langsam ärgerlich. Irgendetwas ging doch hier vor.

„Ich hab ihr sozusagen Asyl gegeben."

Oh man, dachte ich. Ray ist heute gar nicht gesprächig.

„Und warum?"

„Laß es dir lieber von ihr selbst erklären, bitte, mehr will ich dazu nicht sagen."

Ich seufzte resigniert, aus Ray wäre nicht mehr rauszuholen. Also beschloss ich später mit Mel zu reden.

Don war auch schon den ganzen morgen so schweigsam, keine Stichelei Richtung Robert. Irgendwas war da im Busch. Und dann dieser Sicherheitsmann, was wollte der denn bei Mel?

Mel

Jemand klopfte an die Tür und trat ein.

„Moment", rief ich aus dem Bad. „Bin gleich fertig."

„Lassen Sie sich ruhig Zeit", vernahm ich eine angenehm tiefe Stimme aus dem Wohnzimmer. Das musste Lukas sein.

Schnell warf ich noch einen Blick in den Spiegel. Ganz war es mir nicht gelungen meine roten Augen verschwinden zu lassen.

Als ich ins Wohnzimmer kam, war Lukas damit beschäftigt das Frühstück aufzubauen.

„Meine Güte, das reicht ja für ne ganze Kompanie", entfuhr es mir.

„Ich habe auch noch nicht gefrühstückt", grinste er.

Lukas war mir auf Anhieb sympathisch, sein Körper war gut durchtrainiert, aber für einen Mann vom Sicherheitsdienst nichts ungewöhnliches. Seine blauen Augen sahen mich strahlend an und seine schwarzen Haare schienen sich nicht bändigen zu lassen, denn sie hingen ihm wirr in der Stirn.

Doch dann erinnerte ich mich daran, weswegen er hier war und die traurige Stimmung kehrte zurück.

„Hey", meinte er. „Sie sollten wieder lachen, steht Ihnen viel besser."

„Danke, aber im Moment ist mir nicht zum Lachen zumute. Ray hat Ihnen ja sicher erzählt worum es geht."

„Hat er", meinte er und wartete bis ich mich zu ihm auf die Couch gesetzt hatte.

„Mir ist immer noch nicht wohl bei der ganzen Sache", seufzte ich und langte nach einem Croissant.

„Ray hat mir erzählt, dass Sie..."

„Du, okay? Wenn wir schon ein Paar spielen sollen, dann können wir uns auch duzen."

„Gut. Er hat mir auf jeden Fall erzählt du hättest erst eine Affäre mit Donald gehabt."

Ich nickte kauend.

„War es da auch schon so kompliziert?"

„Nein, das kam erst jetzt, nachdem wir richtig zusammen waren. Donald hat sich so darüber aufgeregt, dass ich mit Robert und Harding im Park mit war. Und jetzt unterstellt er mir ich würde was von Robert wollen, weil er immer als Held da steht."

„Aber die Tiere sind sein Job."

„Sag das Donald und nicht mir. Ich glaube nicht, dass es Robert Spaß macht nachts nach illegalen Parkbesuchern zu suchen, die so unvorsichtig waren allein im Park herum zu rennen, wenn auch die Allosaurier ihren Abendspaziergang machen."

„Dann warst du das also. Hab die Aufregung mitbekommen."

Etwas beschämt sah ich ihn an. „Aber mich hat ein Triceratops gerettet und nicht Robert."

„Wenn ich der Triceratops gewesen wäre, hätte ich das auch getan", grinste Lukas.

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile und ich war angenehm überrascht. Lukas schien sich wirklich für mich zu interessieren, was ich bei Donald des öfteren vermisst hatte.

„Bist du dir eigentlich sicher?" fragte mich Lukas unvermittelt.

„Womit?"

„Mit Donald. Ich meine, bist du dir sicher dass du ihn noch liebst und mit ihm zusammensein willst."

Da hatte er den Punkt getroffen, über den ich die ganze Nacht gegrübelt hatte. Und das sagte ich ihm auch.

„Sei mir jetzt nicht böse, wenn ich das sage, aber anscheinend denkt Donald doch schon ne ganze Weile so. Warum hat er nicht vorher mal mit dir gesprochen? Anscheinend denkt er ja, er sei nicht Manns genug für dich..."

„Aber ich habe ihm nie einen Grund gegeben so zu denken", protestierte ich.

„Ich will doch nur wissen, ob ich ihm überhaupt noch was bedeute oder ob ihm sein Krieg gegen Robert wichtiger ist..." Mir kamen schon wieder die Tränen.

Lukas

Lukas sah sie erschrocken an, er hatte Mel ganz sicher nicht zum weinen bringen wollen. Sanft zog er sie in seine Arme, denn er spürte, dass sie jetzt Trost brauchte. Innerlich verfluchte er sich jedoch dafür, er empfand jetzt schon mehr für sie, als eigentlich gut war.

Er kannte Donald Gennaro zwar nicht, aber dieser Mann musste wirklich bescheuert sein. Anscheinend beschäftigte er sich viel zu sehr mit sich selbst, als dass er auch nur einen Augenblick an seine Beziehung mit Mel verschwendet hatte. Sonst würde sie jetzt nicht hier in Lukas Armen sitzen und weinen. Unwillkürlich zog er sie fester an sich. In diesem Moment ging die Tür auf und Luthien kam herein.

Luthien

Als ich sah, wie Mel in den Armen eines anderen Mannes lag, schnappte ich nach Luft. Was ging hier vor sich?

Als Lukas auf mich aufmerksam wurde schob er Mel sanft von sich.

„Ich glaube deine Freundin möchte mit dir sprechen." Dann verzog er sich diskret ins Schlafzimmer.

„Mel!" Ich baute mich vor ihr auf. „Ich schätze du musst mir einiges erklären..."

Mel

„Setzt dich doch erst mal."

Als sie neben mir saß, begann ich zu erzählen. Auch warum ich erst zu Ray gegangen war anstatt zu ihr.

Sie schien mir nicht wirklich böse zu sein, denn als ich schluchzend geendet hatte, nahm sie mich tröstend in den Arm.

„Reicht es ihm nicht Robert weh zu tun?"

„Und was hat der Sicherheitstyp hier zu suchen?" fragte sie dann nach einer Weile.

Also erzählte ich ihr von Rays Plan und auch sie schien anfangs nicht begeistert.

„Na ja, vielleicht muss er es wirklich auf die harte Tour lernen", meinte sie dann aber doch. „Wann wollt ihr ihm den Denkzettel verpassen?"

„Morgen. Du könntest ja auch zufällig im Speisesaal sein."

„Das lass ich mir bestimmt nicht entgehen. Donald muss langsam echt in die Schranken verwiesen werden. Wobei Robert auch nicht besser ist."

„Aber er lässt es nicht an dir aus! Und er hat keine Minderwertigkeitskomplexe!"

„Meinst du denn, dass Don die hat?"

Ich zuckte die Schultern. „Warum sollte er sonst so gegen Robert feuern? Und jetzt auch noch gegen mich?"

Darauf hatte Luthien auch keine Antwort.

„ich drück dir die Daumen, dass er wieder zur Besinnung kommt."

„Mittlerweile glaub ich nicht mehr dran."

„Wir werden ja sehen."

Am nächsten Tag saßen Lukas und ich zusammen im Speisesaal. Bis auf Luthien, die sich in einer Ecke verkrochen hatte, war er leer.

Lukas hatte wie abgesprochen einen Arm locker um meine Schultern gelegt und war so dicht an mich heran gerutscht, dass ich den herben Duft seines After-Shaves riechen konnte. Fast hätte ich darüber den eigentlichen Grund vergessen, weshalb wir hier waren. Aber nur fast.

In diesem Moment kam Donald hereingepoltert, gefolgt von Ray.

Als er Lukas und mich sah, blieb er erst wie erstarrt stehen. Doch er fing sich schnell.

„Also hatte ich doch recht", rief er.

„Womit?" fragte ich unschuldig.

„Damit", er deutete auf Lukas. „Du stehst doch auf solche Möchtegernhelden." Robert war für einen Moment vergessen, jetzt bekam der arme Lukas Dons Wut zu spüren.

„Und wie du siehst habe ich kein Problem damit einen zu bekommen. Also, wenn ich wirklich auf solche Männer stehen sollte, warum hätte mir die Mühe mit dir machen sollen?" Meine Worte trafen genau so wie sie sollten.

Don sah mich an, als hätte ich ihn geohrfeigt. Aber dann schien er endlich etwas klarer zu denken und begriff worauf ich hinaus wollte.

„Du meinst also... du bist nicht...", stammelte er und sah mich verlegen an.

Ich sah ihn nur an und sagte kein Wort.

In dem Moment, als Don die ganze Tragweite seiner Worte von vorgestern begriff kam Robert reingeplatzt.

„Sieh an", meinte Robert. „Hat Mel endlich das richtige getan und sich von ihrem langweiligen Anwalt losgesagt?"

„Sie haben doch keine Ahnung", schrie Donald ihn an.

„Ach nein? So wie es aussieht haben Sie verloren", grinste Robert.

Doch das Grinsen verging ihm rasch, als Donalds Faust ihn genau da traf.

Ich wollte aufspringen, doch Lukas hielt mich zurück.

„Es hat keinen Sinn mehr", meinte er leise. „Solange er nicht das Gefühl hat Robert überlegen zu sein, wirst du darunter leiden müssen."

Und langsam begriff ich, dass er recht hatte. Donald hatte gewusst, was meine Worte vorhin bedeutet hatten. Nämlich nichts anderes, als dass er der einzige Mann für mich war (gewesen war?). Aber kaum war Robert aufgetaucht, hatte er es anscheinend wieder vergessen. Sonst wäre er nicht auf ihn losgegangen.

„Bring mich hier raus", bat ich Lukas und der ließ sich nicht zweimal bitten. Ich konnte Donalds Anblick nicht mehr ertragen.

„Wenn du möchtest, kannst du erst mal bei mir wohnen."

„Ja, ich habe Rays Gastfreundschaft schon genug strapaziert", sagte ich leise.

„Ich werde deine restlichen Sachen aus deinem Appartement holen", bot Lukas an und ich nickte nur. Im Moment war mir echt alles egal, Hauptsache ich lief Donald nicht mehr so schnell über dem Weg.

Allerdings hatte ich die Befürchtung, dass Donald sich nicht so einfach abspeisen ließ.

Luthien

Am Tag nach der Schlägerei war ich mit Robert in seiner Wohnung, als das Telefon klingelte. Er nahm den Hörer ab und ich sah, wie sein Gesichtsausdruck sich verfinsterte. Hoffentlich ist es nicht John, dachte ich. Denn wir hatten einen provisorischen Plan, wie wir John aus dem Weg gehen konnten… oder eher wie Robert ihm aus dem Weg gehen konnte.

Bevor er selbst etwas sagte, hörte Robert aber erst mal zu.

„Nein, Liz!" Meinte er dann erbost. „Liam kann nicht hierher kommen. Wie stellst du dir das vor? Das ist absolut unmöglich..."

Ich sah Robert fragend an.

„Wer ist Liam?" Flüsterte ich.

Er hielt die Hand auf den Hörer.

„Mein Sohn. Das ist meine zukünftige Ex-Frau. Sie will, dass ich auf ihn aufpasse, weil sie mit ihrem neuen Lebensgefährten verreisen will... Ich werde ihr sagen, dass das nicht geht..."

„Warte", schlug ich leise vor. „Das ist die Gelegenheit. Sie will etwas von dir. Schlag ihr einen Deal vor: Sie unterschreibt die Scheidungspapiere und dein Sohn kann hierher kommen. Wenn sie nicht verzweifelt wäre, würde sie bestimmt nicht dich darum bitten."

„Sie hat noch nie um etwas gebeten", bemerkte er spitz, entschied sich aber dann doch dazu meinen Vorschlag anzunehmen und erklärte seiner Frau, was er wollte.

Scheinbar willigte sie ein, denn Robert entspannte sich etwas. Seine Frau redete aber noch weiter.

„Was! Für solange? Auf keinen Fall!"

Beruhigend griff ich nach Roberts Arm und er sah mich unglücklich an.

„Okay, Liz. Aber ich sag dir eines, wenn Liam hier ohne unterschriebene Papiere ankommt, schick ich ihn sofort wieder zurück."

Dann legte Robert auf.

„Oh man", berichtete er dann, „er soll bis zum Sommer hier bleiben! Ich nehme an, Liz hat keine Lust mehr sich um ihn zu kümmern. Wieso hab ich mich nur von dir dazu überreden lassen? Das wird niemals gut gehen. Liam hasst mich, wie du selbst gesagt hast... und ich hab ihn schon seit drei Jahren nicht gesehen."

Ich spürte, dass ich Robert etwas aufmuntern sollte.

„Das war doch nur so dahergesagt und drei Jahre sind eine lange Zeit. Er sieht das jetzt bestimmt anders. Wie alt ist er überhaupt?"

„Siebzehn", meinte Robert und seufzte.

„Schwieriges Alter."

„Das befürchte ich auch."

Am nächsten Tag sollte Liam zur Insel geflogen werden und ich hab Robert noch nie so nervös gesehen. Als er seinen Sohn am Landeplatz abholen wollte, bot ich an ihn zu begleiten. Wir mussten nur kurz warten bis der blaue InGen Helikopter landete und Roberts Sohn ausstieg. Er sah seinem Vater wirklich sehr ähnlich, schien aber von der ganzen Situation nicht sehr begeistert.

„Hi Dad." War alles, was er zur Begrüßung sagte. Mir reichte er die Hand, als Robert mich vorstellte.

„Das ist Dr. Parker. Ihr gehört In Gen und auch diese Insel."

Ich lächelte freundlich, aber Liam musterte seinen Vater.

„Warst du in eine Schlägerei verwickelt, Dad?" Fragte er dann.

„Das ist eine lange Geschichte", erwiderte Robert nur und ich spürte, wie distanziert die beiden sich verhielten.

„Hier. Das ist für dich." Liam reichte Robert einen Stapel Papiere.

„Mum sagte, dass du mich ohne die wieder zurück schickst."

So ernst hatte Robert das bestimmt nicht gemeint, aber er nahm die Papiere an sich und sah sie kurz durch. Er war zufrieden und hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht. Endlich war er geschieden.

Auf der Fahrt zum Besucherzentrum, sagte keiner ein Wort. Verstohlen sah ich Robert an, der den Wagen fuhr und wollte ihn dazu ermutigen, etwas zu sagen.

„Warum musst du eigentlich nicht in die Schule?" Versuchte Robert eine Unterhaltung zu starten.

„Weil ich schon meinen Abschluss gemacht habe und jetzt eine Ausbildungsstelle suche. Gut, dass dich das so interessiert, Dad..."

Autsch, dachte ich. Das hat gesessen...

Robert hielt danach lieber seinen Mund und Liam sagte erst wieder etwas, als er die ersten Dinosaurier sah.

Er sah begeistert aus, aber versuchte das, so gut es ging zu verbergen.

„Jetzt verstehe ich, warum diese Insel so geheim ist", meinte er staunend.

Wir hielten vor dem Wohnkomplex und Ray erwartete uns schon.

Er erklärte Liam die wichtigsten Dinge und dann brachten wir ihn zu seinem Apartment, das direkt neben Roberts lag.

Dort zeigten wir ihm alles, aber ich hatte das Gefühl, er wollte nur höflich sein, als er sich bedankte.

„War dein Flug in Ordnung?" Fragte ihn Robert, um das unangenehme Schweigen zu brechen.

„Als wenn dich das interessieren würde..." Kam nur abweisend zurück.

Ich merkte, dass Robert sich zusammen reißen musste, um ihn nicht zu recht zu weisen.

Robert verließ die Wohnung und ich folgte ihm nach draußen.

„Bleib ruhig", meinte ich schmunzelnd und das ärgerte ihn.

„Machst du dich lustig über mich?"

„Ich glaube, ich lass euch lieber mal allein."

Jetzt sah er mich erschrocken an.

„Das kannst du nicht machen."

„Oh doch", grinste ich und verabschiedete mich von Robert mit einem Kuss.

Wir bemerkten beide nicht, dass Liam uns dabei beobachtete.

Typisch, dachte er. Mein Vater hat eine Affäre mit seiner Chefin…

Draußen setzte ich mich auf eine Bank und genoss die Sonne.

„Das halte ich nicht aus. Nicht bis zum Sommer", hörte ich plötzlich Robert schimpfen.

Er ließ sich neben mir auf die Bank fallen und ich musste grinsen.

„Ich glaube, ihr seid euch sehr ähnlich."

„Wir uns ähnlich?" Knurrte Robert.

„Allerdings."

Mir war aufgefallen, dass beide sich absolut abgeklärt verhielten. Keiner wollte seine waren Gefühle zeigen, aber was bei Robert Selbstsicherheit ausstrahlte, wirkte bei Liam noch arrogant.

Er war ja schließlich auch um einiges jünger…

„Der Junge weiß noch nicht mal, was er beruflich machen will", regte Robert sich weiter auf, aber ich winkte ab.

„Ach, in dem Alter hatte ich auch noch nicht die Ambitionen einen Nobelpreis zu gewinnen."

„Du wusstest aber, dass du Biologie studieren wolltest."

„Ehrlich gesagt war ich mir da noch nicht so sicher. Für dich war das ja wahrscheinlich auch alles einfacher."

„Du meinst, weil mein Vater mir alles über Tiere beigebracht hat?"

„Na ja, irgendwie… Willst du denn das er studiert?"

„Vielleicht… nein lieber nicht. Wahrscheinlich würde er sich irgendwas aussuchen, was er nicht beendet, nur um mich zu ärgern und damit ich zahlen muss…"

„Robert!"

„Na ja, vielleicht hast du Recht. Aber trotzdem hatte ich es nicht unbedingt leichter. Irgendwann hatte ich genug davon, im Reservat immer auf meinen Vater hören zu müssen und hab mir was anderes gesucht. Blöd wie ich war, hab ich dann auch noch eine Frau geheiratet, die ich kaum kannte und einen Sohn gezeugt, der mich jetzt hasst und alles tut um mich zu ärgern… Ist dir eigentlich nicht aufgefallen, wie arrogant er ist?"

„Doch, das ist mir aufgefallen", antwortete ich schmunzelnd.

„Und du denkst wohl, das hat er von mir?"

Robert grinste plötzlich.

„Ach ja, ich erinnere mich da an eine oder nein, es waren sogar zwei Gelegenheiten, in denen du mich als arroganten Mistkerl bezeichnet hast."

Auch ich erinnerte mich daran, denn es war ja noch nicht allzu lange her.

„Stimmt", gab ich schuldbewusst zu. „Aber mittlerweile habe ich meine Meinung ja geändert."

„Zu meinem Glück. Obwohl ich sowieso glaube, dass die ganzen Streitereien nur zum Vorspiel gehörten…"

„Vorspiel?" Fragte ich entrüstet.

„Natürlich", erklärte er. „Weißt du, Tigerinnen machen das genauso, wenn sie auf ein Männchen treffen. Zuerst sind sie abweisend und beißen und kratzen. Du hast das genauso gemacht. Erst ganz zickig und dann…"

„Was, und dann?" Wollte ich wissen.

„Dann folgt die Paarung", kam die Antwort mit einem breiten Grinsen.

„Was? Wie meinst du denn das jetzt wieder?"

Ich tat empört.

„Du hast mir schließlich auch erst die kalte Schulter gezeigt und warst gemein und ablehnend… wie eine Tigerin. Aber dann hast du letztendlich doch in meinen Armen geschnurrt wie ein Kätzchen."

Entrüstet schlug ich nach Roberts Arm und er lachte.

„Würdest du bitte diese tierischen Vergleiche lassen!"

„Aber gerade du als Biologin solltest doch wissen, dass Menschen auch Tiere sind… Säugetiere." Unschuldig sah er mich an.

„Jetzt, wo ich mich an die kleine Einlage letzte Nacht erinnere, bei der Don dich grün und blau geschlagen hat, glaube ich das sogar", schnaubte ich.

„Aha, da seid ihr also", vernahm ich plötzlich Mel's Stimme.

Sie schmunzelte, als ich erschrak und ich hoffte, dass sie nicht allzu viel von der Unterhaltung gehört hatte. Vor allem nicht den Teil mit der Paarung…

Ihrem Gesicht nach zu urteilen, war meine Hoffnung aber wohl umsonst.

Sie warf mir einen verschwörerischen Blick zu und ich konnte mir denken, dass es Zeit wurde für Don's Denkzettel. Sofort stand ich auf.

„Ähm, Robert, ich muss noch was mit Mel erledigen. Warte hier auf mich, okay."

Er sah mich zwar etwas merkwürdig an, stimmte dann aber zu und ich verschwand mit Mel.

Es dauerte nicht lange, bis Don auftauchte, da Ray den Lockvogel spielte. Ich beobachtete schweigend die Szene, die sich dann abspielte, aber gerade als ich dachte, Mel's Plan würde aufgehen, kam Robert in den Speisesaal geplatzt.

Verdammt, dachte ich, wieso kann er nicht einmal auf mich hören? Denn es kam, was kommen musste: Ein paar nette Worte wurden gewechselt und Don schlug wieder zu.

Ich sprang auf und Mel verließ mit Lukas den Saal.

„Verdammt, sie sind ja durchgeknallt!" Fluchte Robert in Richtung Don. Sein Schlag trieb Robert die Tränen in die Augen, denn es war genau die richtige Stelle gewesen. Robert hielt sich die Hände vor sein Gesicht und stöhnte vor Schmerzen. Seine Nase blutete wieder und tropfte sein Hemd voll.

Don sagte gar nichts mehr und verließ ebenfalls wortlos den Saal. Ich reichte Robert ein Handtuch, dass ich schnell organisiert hatte.

„Wieso kannst du nicht einmal auf mich hören?" Herrschte ich ihn an. „Du solltest doch draußen warten."

Erstaunt sah er mich an.

„Was? Ist das jetzt meine Schuld, dass Don gefährlich ist? Ich hätte eher etwas Mitleid erwartet, denn das tut verdammt weh…"

Er nahm das Handtuch weg und zum Glück hatte seine Nase aufgehört zu bluten. Sein Hemd war trotzdem wohl nicht mehr zu retten.

„Mitleid? Du hast doch gesagt, so etwas ist doch nichts."

„Bist du jetzt etwa sauer auf mich?" Fragte er dann.

„Dein Hemd ist ruiniert", wich ich ihm aus. Ich musste mich erst etwas abregen.

„Vielleicht sollte ich Don mal eine Rechnung darüber schicken, denn das ist schon das zweite diese Woche…"

Ich fand Robert' s Scherz nicht sehr amüsant und sah ihn böse an.

„Okay, dann eben nicht. Aber vielleicht kannst du mir mal erklären, was hier los ist", meinte er dann und ich erzählte ihm die ganze Geschichte und dass er gerade im richtigen Moment dazwischen gefunkt hatte.

„Wozu auch die ganze Mühe? Don spinnt doch. Soll Mel doch lieber gleich bei Lukas bleiben." Kommentierte Robert, was ich ihm erzählt hatte.

„Hallo?" Meinte ich entrüstet. „Sie schnappt sich doch nicht einfach irgendeinen Kerl. Schon mal was von Gefühlen gehört?"

Wir machten uns auf den Weg zu meiner Wohnung und Robert wollte mich aufziehen.

„Ja, ich glaube, davon hab ich schon mal gehört. Ich hab da gerade auch so ein Gefühl. Vielleicht könnten sie mir ja helfen, das zu befriedigen, Dr. Parker…"

„Idiot", meinte ich frustriert und er lachte.

„Nein, jetzt mal im Ernst: Lukas ist kein schlechter Kerl…"

Ich schnaubte.

„Das sagst du… aber du kennst ihn ja nur beruflich."

„Wenn ich ihn anderweitig kennen würde, wärst du bestimmt auch nicht begeistert davon…"

Er konnte es nicht lassen, aber ich musste schmunzeln.

„Na bitte. Endlich wieder ein Lächeln. Das steht dir auch viel besser."

Jetzt blieb er stehen und hielt mich fest. Ich mochte das, weil ich mich in seinen Armen sicher und geborgen fühlte.

„Ich mag es, wenn du lächelst", meinte er dann verträumt und so kannte ich ihn gar nicht.

„Erzähl mir was über Lukas", meinte ich dann, bevor es zu sentimental wurde und er ließ mich los.

„Er gehört zum Sicherheitspersonal und arbeitet für mich… für dich. Hauptsächlich ist er für die Sicherheitsleute im Besucherzentrum verantwortlich und koordiniert schon mal die Zusammenarbeit mit den Wartungsteams. Manchmal fährt er auch mit uns raus in den Park. Ein guter Mann. Ich vertraue ihm. Er war übrigens auch am Umzug der Raptoren beteiligt…"

„Aha!" Entfuhr es mir. „Deswegen willst du, dass Mel ihn nimmt. Er gefällt dir besser als Don…"

„Das ist ja wohl auch keine Kunst", knurrte Robert und ich grinste.

„… und er nimmt dir deine Arbeit ab."

„Was soll das denn heißen?" Empörte er sich jetzt. „Du hast selbst gesehen, was ich alles für deinen Park auf mich nehme."

Er wollte mir nur ein schlechtes Gewissen machen, aber darauf fiel ich nicht herein.

„Willst du jetzt etwa ne Gehaltserhöhung?"

Als Robert merkte, dass seine Taktik keinen Erfolg hatte, winkte er ab.

„Na gut, im Moment stimmt es sogar. Solange Dr. Harding meint, ich müsse mich schonen, nimmt Lukas mir die meiste Arbeit ab…"

Er seufzte und folgte mir in meine Wohnung.

Beim Abendessen kam es dann zum nächsten Zwischenfall. Jeder merkte, dass Robert und Liam sich aus dem Weg gingen, weil der Vater sich lieber mit Ray unterhielt, als mit seinem Sohn, der mir jetzt gegenüber saß und mich ansprach.

„Ihnen gehört also diese Insel, ja? Dann müssen sie ganz schön reich sein…"

Ich durchschaute nicht, was er vorhatte, also ging ich darauf ein.

„Mehr oder weniger…"

„Ich meine, ich verstehe da was nicht" fuhr er scheinheilig fort.

„Mein Vater vögelt seine Chefin…also sie. Aber eigentlich denke ich, sind sie intelligent genug um zu merken, was für ein Versager er ist…"

Alle hatten das gehört und es wurde totenstill am Tisch.

„Liam!" Rief Robert wütend und ich merkte, dass er kurz davor war über den Tisch zu springen, um seinem Sohn den Hals umzudrehen. Ich hielt Robert am Arm zurück. Den kleinen Schnösel wollte ich mir selbst vorknöpfen.

„Weißt du, Liam", begann ich ruhig, aber mit einem scharfen Unterton in der Stimme, „eigentlich bin ich ein sehr umgänglicher Mensch, aber du gehst mir auf die Nerven! Es gefällt mir nicht, wie du mit deinem und über deinem Vater sprichst oder wie du die Leute hier behandelst. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder wir fangen noch mal von vorne an, du benimmst dich und behandelst die Leute hier mit dem Respekt, den sie verdienen… oder du verhältst dich weiter wie ein Riesenarschloch… aber dann sorge ich dafür, dass du für den Rest der Zeit, die du hier bleiben sollst, in dein Zimmer eingesperrt wirst und nur zu den Mahlzeiten raus darfst!"

Liam wirkte etwas erschrocken. So hatte noch nie jemand mit ihm gesprochen. Klein beigeben wollte er aber noch nicht.

„Das Würden sie nie tun! Das dürfen sie gar nicht!"

Ganz sicher war er sich trotzdem nicht und deshalb sah er hilfesuchend zu seinem Vater. Robert aber ignorierte den Blick. Er hätte nie gedacht, dass Luthien auch so knallhart sein konnte und als er Liam so dasitzen sah, mit sich selbst kämpfend, musste er ein breites Grinsen unterdrücken.

„Nun, wie du schon gesagt hast Liam, diese Insel gehört mir… und deshalb kann ich hier tun und lassen, was ich will!" Streng sah ich ihn an und musste mich zurückhalten, um nicht zu lachen, als ich beobachtete, wie er scheinbar fieberhaft überlegte, ob ich es wohl ernst meinte.

„Dann geh ich zurück zu meiner Mutter", erwiderte er dann trotzig, aber so leicht konnte er mich auch nicht abwimmeln.

„Ehrlich gesagt, Sohn, kommt es mir eher so vor, als würde deine Mutter dich loswerden wollen, um mit ihrem neuen Kerl ungestört zu sein!"

Das gab ihm zu denken und er antwortete nicht mehr.

„Also… hast du dich für eine Möglichkeit entschieden?" Wollte ich dann wissen und er ließ den Kopf hängen.

„Ja", murmelte er. „Es tut mir leid. Ich werde mich benehmen."

„Schön", meinte ich dann fröhlich und die anderen unterhielten sich weiter.

„Darf ich aufstehen?" Fragte Liam mich dann kurze Zeit später und ich nickte. Immer noch wortlos und etwas geknickt, verließ er den Saal.

„Ich kann es kaum glauben", meinte Robert dann stirnrunzelnd zu mir. „Du scheinst ihn ja wirklich gebändigt zu haben."

„War das zu hart?" Fragte ich dann in die Runde. „Schließlich kenn ich mit Kindererziehung nicht aus."

„Nein, ich glaube, dass war genau richtig", ermutigte mich Robert. „Er hatte es verdient."

Ich seufzte.

„Ich weiß schon, warum ich keine Kinder will…Das ist ja verdammt anstrengend!"

Robert grinste.

„Na ja, als er klein war, war er wirklich süß."

„Das waren die Raptoren auch", gab ich schmunzelnd zurück, „ aber das hat sie auch nicht daran gehindert, gemeine und hinterhältige Biester zu werden."

Alle lachten über meinen Vergleich, aber wo ich Recht hatte, hatte ich Recht.

Hoffentlich benimmt Liam sich jetzt wirklich, dachte ich dann, und macht es Robert nicht so verdammt schwer… Ich ahnte nicht, dass Liam sich auch so seine Gedanken machte.

Mann, dachte er auf seinem Zimmer, Dad's neue Freundin ist ja ziemlich cool. Die hat's echt drauf, obwohl sie mich ganz schön zur Schnecke gemacht hat. Wenigstens hat es sie gekümmert, wie ich mich verhalten habe… nicht so wie Mum, der alles egal ist, was ich tue und die sich nur noch um ihren neuen Freund kümmert. Vielleicht sollte ich es mir diesmal nicht verscherzen hier bleiben zu dürfen…

Im Speisesaal dachte ich darüber nach, wie lange es wohl funktionieren würde, dass Robert John aus dem Weg geht und seufzte. Warum war hier alles so verdammt kompliziert geworden?