Inhalt: Elizabeth Bennet, Buchhändlerin in Vancouver mit Groll auf die Männer, legt sich furchtlos mit dem unbekümmerten Playboy und HotelerbenWilliam Darcy an, als dieser mehrfach ihren Kundenparkplatz blockiert und sie auch noch beleidigt.Darcy ist bald fasziniert von der jungen Frau und ehe er es sich versieht, steckt er in einer ernsthafen Beziehung mit ihr. Wider Erwarten werden die beiden glücklich miteinander, bis William eines Tages einen verhängnisvollen Fehler begeht, der sein Glück in große Gefahr zu bringen droht...
Warnhinweis: Auch wenn ich meinen Originaltext schon sehr entschärft habe, geht es teilweise ein wenig - nun ja - leidenschaftlich zu. Wer sich einen sinnlichen und ähem...sehr potenten Darcy nicht vorstellen kann, sollte vielleicht besser nicht weiterlesen. Nichts für Zimperliesen und prüde Klosterschülerinnen:-)
PS: Trotz der hier vorkommenden Hotels und einiger gleicher Namen hat die Geschichte mit "Crowne Pemberley" nicht das geringste zu tun.
Kapitel 1
Elizabeth Bennet war spät dran heute morgen. Sehr, sehr spät. Erst hatte sie verschlafen, dann, als es besonders schnell gehen sollte, sich heißen Kaffee übergeschüttet, was ein nochmaliges Umziehen bedeutete und natürlich waren die Straßen zur Innenstadt von Vancouver auch wieder verstopft gewesen.
Sie war heute so froh wie noch nie, daß ihr kleiner Buchladen in der Georgia Street über einen eigenen reservierten Kundenparkplatz verfügte. Ok, normalerweise benutzte sie ihn selbst. Nervös sah sie auf die Uhr. Um halb zehn mußte sie den Laden aufmachen, um etwa halb neun wäre sie da und konnte es grade so schaffen, die wichtigen Dokumente auszudrucken und kurz drüberzulesen, bis der Bote vom Goetheinstitut kam und sie abholte.
Als sie am Laden ankam, schrie sie vor Wut auf. Auf ihrem reservierten Parkplatz stand ein fetter, großer, mitternachtsblauer Chevy Truck. Und weit und breit niemand zu sehen, dem diese Kiste gehören könnte. Um einen Kunden konnte es sich um diese Zeit wohl kaum handeln!
Elizabeth konnte es nicht fassen. Erst als die Autos hinter ihr anfingen zu hupen, schreckte sie auf und fuhr langsam weiter. Das konnte wirklich nicht wahr sein! Nun würde sie fast einen Kilometer weiterfahren müssen, bis sie zu einem öffentlichen Parkhaus kam. Dort mußte sie satte 25 Dollar hinlegen, um den ganzen Tag dort stehen zu können. Die Parkplatzsituation rund um Georgia Street war mit Verlaub – bescheiden zu nennen.
Bis Elizabeth ihren Laden aufschloß, war es viertel vor neun. Der Truck stand natürlich immer noch auf ihrem Parkplatz, aber sie hatte jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Die Dokumente mußten schnell gedruckt und geprüft werden.
Sie hatte gerade das letzte Dokument in eine Hülle gesteckt, als die Tür aufging und der Bote vom Goetheinstitut hereinkam. Erleichternd lächelnd überreichte sie ihm die Papiere, begleitete ihn zur Tür und bekam gerade noch mit, wie der dunkle Truck davonfuhr. Die Scheiben des Wagens waren dunkel getönt, sie konnte nicht erkennen, wer darin saß. Allerdings konnte sie einen Blick auf das Nummernschild werfen: DARCY 3.
Elizabeth runzelte die Stirn. Darcy. Woher kannte sie diesen Namen?
Gegen zehn Uhr betrat Charlotte Lucas fröhlich vor sich hinsummend den Laden. Charlotte war Elizabeths Freundin und gleichzeitig ihre Mitarbeiterin.
„Morgen Lizzy!" rief sie und winkte ihrer Chefin zu, die gerade auf der oberen Balustrade neuangekommene Bücher einsortierte.
„Morgen Charlotte!" rief Elizabeth zurück und stieg die schmale, enge Treppe hinunter in den Hauptverkaufsraum.
„Hat Jane dich heute morgen gefahren?" fragte Charlotte und brachte ihnen beiden eine Tasse Kaffee mit. „Der Kundenparkplatz war noch frei!"
Elizabeth machte eine Grimasse und erzählte ihrer Freundin von dem großen Truck, der bis eben noch den Platz blockiert hatte und dem Nummernschild.
Charlotte grinste. „Darcy? Der Hotelerbe?"
„Darcy Hotels, richtig. Daher war mir der Name bekannt," fiel es Elizabeth nun ein.
„Du liest die falschen Zeitungen, Lizzy," lachte Charlotte. „Seit zwei Wochen ist William Darcy jr. offenbar wieder in der Stadt, steinreicher Erbe, Partylöwe, Schürzenjäger, Playboy und dazu noch äußerst attraktiv… die Klatschspalten sind voll von ihm. Vielleicht war er es sogar persönlich, wer weiß?"
„Charlotte, mir ist es vollkommen egal, wer auf meinem Parkplatz stand!" schnappte Elizabeth. „Beim nächsten mal laß ich das Auto abschleppen."
Charlotte grinste. Typisch Lizzy, wahrscheinlich wußte sie noch nicht einmal, wer William Darcy war.
Am nächsten Morgen traute Elizabeth ihren Augen kaum. Es war wieder kurz vor halb neun und ihr Parkplatz war schon wieder besetzt. Diesmal mit einem anthrazitfarbenen Porsche Cabrio und dem Nummernschild DARCY 1.
Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch fuhr sie wieder in das öffentliche Parkhaus. Im Laden angekommen, rief sie – immer noch außerordentlich wütend – ein Abschleppunternehmen an und bereits eine Stunde später hing der Sportwagen am Haken.
Elizabeth sah es mit Genugtuung. Das war das letzte Mal, daß sich jemand so penetrant unverschämt auf ihrem Parkplatz niederließ! Und wenn es der reichste Mann des Landes sein sollte!
Gerade als der Abschleppwagen davonfahren wollte, kam aus dem schräg gegenüberliegenden Haus ein junger Mann gestürzt, der den Fahrer wild gestikulierend auf sich aufmerksam machte.
„Hallo! Lassen sie den Wagen wieder runter!" schrie er, als der Abschlepper anhielt.
„Kann ich nicht," kam die lapidare Antwort. „Holen sie die Kiste bei der Verwahrstelle ab, falls sie ihnen gehört."
„Kommen sie, bitte! Ich brauche das Auto." Er holte seine Brieftasche hervor. „Sagen sie, was es kostet und lassen sie das Auto wieder runter. Bitte. Ich leg 100 Dollar drauf."
Der Fahrer überlegte. Es würde die Sache wesentlich verkürzen, wenn er das Auto jetzt wieder herunterließ und 100 Scheine extra waren auch nicht zu verachten, vom Papierkram mal ganz abgesehen. Er ließ den Kerl noch ein bißchen bitten und bequemte sich schließlich aus dem Führerhaus, um den Porsche wieder herunterzulassen.
Elizabeth hatte die Szene vom Eingang ihres Ladens beobachtet. War das tatsächlich William Darcy? Sie interessierte sich nicht sonderlich für den städtischen Klatsch und Tratsch, aber sie hatte in den Zeitungen zwangsweise Bilder von ihm gesehen.
Sie musterte ihn aufmerksam. Groß, athletische Figur, dunkle Augen, dunkelbraune, fast schwarze, etwas verwuschelte Locken, in denen eine Ray Ban Sonnenbrille steckte. Er trug Jeans und ein weißes, kurzärmeliges Hemd, das seine gebräunte Haut gut zur Geltung brachte und dessen oberste zwei Knöpfe offenstanden. Charlotte hatte recht, er war sehr attraktiv und keine Frage, er war sich dessen auch durchaus bewußt.
Als der Abschlepper davongefahren und der junge Mann sich ebenfalls anschickte, in den Porsche zu steigen und loszudüsen, ging Elizabeth entschlossen auf ihn zu. Ihr war vollkommen egal, wer er war. Sie würde ihn deutlich darauf hinweisen, daß er auf ihrem Parkplatz nichts verloren hatte.
„Hallo, bitte warten sie einen Moment!" rief sie und winkte.
Der Mann hielt inne und sah sich erstaunt nach der Ruferin um. Eine zierliche, junge Frau in einem dunklen Schlabberrock und Birkenstockschuhen kam auf ihn zu. Sie trug eine lächerlich große Brille und hatte ihre langen, dunkelroten Haare zu einem dicken Zopf geflochten. Typ ewige Öko-Studentin, dachte er. Wie sie wohl aussah, wenn sie die Haare offen trug und die dämliche Brille abnahm? Und unter diesem unförmigen Pullover schien sich außerdem auch eine aufregende Oberweite zu verbergen… Hmm…er hatte nun mal eine absolute Schwäche für rote Haare – und üppige Oberweiten.
Elizabeth baute sich mit ihren ganzen 165 Zentimetern vor ihm auf und sah ihn erbost an. „Sie haben gestern schon auf unserem Kundenparkplatz gestanden, nicht wahr? Ich warne sie, ich werde sie wieder abschleppen lassen, wenn sie das noch einmal machen!"
Der Mann sah sie spöttisch an. „So, werden sie das? Vielleicht sollten sie mir lieber die 400 Dollar Abschleppgebühren zurückerstatten, was halten sie davon?"
„Was halten sie davon, wenn sie mir die 50 Dollar zurückzahlen, die ich ihretwegen bezahlen muß, weil ich im Parkhaus stehe?" fauchte Elizabeth zurück, verblüfft über soviel Dreistigkeit.
Der Mann warf ihr einen unverschämten Blick zu, öffnete die Tür seines Wagens und seufzte genervt. Bevor er einstieg, murmelte er etwas, daß sich wie ‚vertrocknete, unbefriedigte Brillenschlange' anhörte und was man mit einer ebensolchen am besten anstellen sollte. Elizabeth war zu geschockt, um etwas zu erwidern und der Porsche jagte davon.
„Wow Lizzy, dich mit Will Darcy anlegen hat was!" lachte es aus der Eingangstür ihres Ladens. Elizabeth drehte sich zu Charlotte um, immer noch ungläubig. „Dieser arrogante, widerliche Mistkerl!" fauchte sie. „Hast du gehört, wie er mich genannt hat? Vertrocknete, unbefriedigte Brillenschlange!"
Charlotte legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Was stört dich seine unmaßgebliche Meinung, Lizzy. Der Typ ist zwar in der Tat eine Augenweide, aber mit seinen Manieren ist es nicht allzuweit her, fürchte ich!"
Sie seufzte innerlich. Elizabeth schien sich absichtlich so unvorteilhaft herzurichten. Dabei besaß sie eine wundervolle, tiefdunkelrote Lockenmähne bis fast zu den Hüften, wenn sie die Haare offen trug. Leider hatte sie die ganze Pracht immer zu einem strengen, langweiligen Zopf geflochten. Auch hätten Kontaktlinsen statt dieser Riesenbrille sicher ein wahres Wunder bewirkt. Ihre schlanke, zierliche, aber wohlproportionierte Figur verbarg sie hinter unförmigen Röcken oder Schlabbershirts und ihr gesamter Aufzug machte sie vorneweg um zehn Jahre älter. Charlotte konnte sich daran erinnern, daß es auch einmal andere Zeiten gegeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie auch noch keine solchen Probleme mit Männern gehabt…
„Wenn er morgen früh wieder da steht, wird er wieder abgeschleppt!" drohte Elizabeth und ging in den Laden zurück.
William Darcy hatte nicht die Absicht, morgen wieder auf dem Parkplatz zu stehen. Die kleine, wilde Hexe, die er im Haus gegenüber zwei Nächte lang hintereinander besucht hatte, begann ihn bereits zu langweilen. Außerdem fing sie an, von Beziehung und gemeinsamer Zukunft zu reden und das war das Alarmsignal Nummer eins für ihn. Höchste Zeit, die Sache zu beenden.
Eigentlich schade, da sie recht einfallsreich im Bett gewesen war.
Darcy grummelte vor sich hin und steuerte seinen Wagen in Richtung Lionsgate Bridge. Und jetzt noch diese Brillenschlange! Der ganze Spaß hatte ihn 400 Dollar gekostet! Das Geld tat ihm zwar nicht besonders weh, aber trotzdem. Was fiel diesem merkwürdigen Wesen überhaupt ein? Und wie konnte sich eine junge Frau mit solchen Haaren bloß so fürchterlich zurechtmachen?
Er jagte den Porsche die Küstenstraße in Richtung West Vancouver hoch. Links breitete sich der pazifische Ozean verlockend aus, immer wieder ein wunderbarer Anblick, wie er fand. Wie er diese Gegend liebte! Berge und Meer, und alles innerhalb weniger Stunden erreichbar. Die letzten Jahre hatte er zunächst mit seinem Jurastudium in Montreal und Toronto verbracht, anschließend hatte er noch ein paar Semester an der Harvard Business-School an der amerikanischen Ostküste drangehängt und nach seinem erfolgreichen Abschluß vor drei Wochen konnte er endlich, endlich wieder nach hause fahren. Und jetzt würde er erst einmal sein Leben genießen, hatte er sich vorgenommen. Ja, Vancouver war sein Zuhause und er konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.
Der Porsche bog auf die lange, steile Zufahrt zur Residenz der Darcys ein. 500 Meter vor dem Haus verlangte eine elektronische Sperre die Eingabe eines Zugangscodes, durch einen kleinen Park führte danach eine schmale, geteerte Straße zu den Garagen direkt neben der Villa. Darcy parkte den Porsche zwischen dem dunkelblauen Chevy Truck und einem schwarzen VW Touareg Geländewagen mit dem Nummernschild DARCY 2.
Er nahm die Sonnenbrille ab und lief ins Haus. Die Haushälterin, Mrs. Reynolds, begrüßte ihn lächelnd in der Eingangshalle. „Guten Morgen, Master William."
Er drückte ihr einen dicken Schmatz auf die Wange, zwinkerte ihr fröhlich zu und fragte nach seiner Mutter. „Draußen auf der Terrasse mit Miss Georgie, Master William."
William dankte ihr, brühte sich einen Kaffee in der Küche, griff nach ein paar Schokoladenkeksen und ging hinaus auf die große Terrasse, wo ihn seine Mutter und seine Schwester erfreut begrüßten.
„Hallo Sohn, was führt dich denn hierher?" fragte seine Mutter mit einer spöttisch hochgezogenen Augenbraue.
William küßte erst sie, dann seine jüngere Schwester zärtlich auf die Wange und ließ sich auf einen Liegestuhl fallen. „Ich wohne hier," grummelte er. „Denke ich jedenfalls."
Die beiden Frauen sahen sich amüsiert grinsend an.
„Seit du aus Harvard zurück bist, haben wir nicht viel von dir zu sehen bekommen," sagte Mrs. Darcy.
Das war richtig. Den Darcys gehörten eine ganze Menge Hotels der Luxusklasse in der ganzen Welt, unter anderem das Pan Pacific Hotel am Canada Place und William hatte dort eine der Suiten belegt, in der er öfters übernachtete. Das Hotel lag herrlich zentral und war für seine Zwecke sehr praktisch. Außerdem wollte er keine Frauen über Nacht mit in sein Elternhaus nehmen. Die einzige Frau, die er dort jemals mit hinbringen würde, wäre seine zukünftige Ehefrau, und das hatte noch ungefähr hundert Jahre Zeit.
„Ich weiß, Ma. Ich bleibe die nächsten Tage auf alle Fälle hier. Bei der Hitze macht es keinen Spaß, in der Stadt zu sein."
Er hatte sich vorgenommen, erst einmal einige Zeit auszuspannen, zu lesen und den ganzen Tag nur faul am Pool zu liegen. Außerdem hatte er einen gravierenden Nachholbedarf an Schlaf.
„Sag mal William, hast du am Freitag schon was vor?" fragte seine Mutter.
„Nö, nicht daß ich wüßte."
„Dein Dad ist diese Woche in New York. Am Freitag bin ich beim Goetheinstitut als Gastrednerin eingeladen. 200 Jahre Friedrich Schiller, wie du natürlich weißt. Ich würde mich über eine attraktive männliche Begleitung sehr freuen…"
Diese Aussicht zauberte nicht gerade große Freude auf Williams Gesichtszüge. Goetheinstitut? Alte, runzelige Männer um die neunzig mit den dazugehörigen Frauen? Argh…
Aber seiner Mutter lag dieses Institut sehr am Herzen, wie er wußte. Sie hatte deutsche Vorfahren und ihre beiden Kinder waren zweisprachig aufgewachsen. Anne Darcy arbeitete ehrenamtlich für das Institut, außerdem war sie noch Literaturprofessorin an der Universität von Vancouver, wenn auch nur noch in Teilzeit. Gesellschaftliche Verpflichtungen an der Seite ihres Mannes forderten ebenfalls ihren Tribut und ihre beiden Kinder, wenn auch mit 25 bzw. 19 Jahren schon erwachsen, wollte sie auch nicht vernachlässigen. Besonders Georgie nahm momentan viel von ihrer Zeit und Zuwendung in Anspruch, aber auch William hing erstaunlicherweise sehr an seiner Familie, trotz seines oft wilden Lebenswandels. Im Grunde seines Herzens war er ein Familienmensch.
William unterdrückte ein Seufzen, aber seine Mutter bemerkte seinen Unmut und schmunzelte. Wie sie ganz richtig vermutete, würde er sie nicht hängenlassen. Ihr Sohn war schließlich wohlerzogen und durch und durch ritterlich. Dachte sie jedenfalls.
„Ok Ma, ich begleite dich natürlich."
„Fein. Ich verspreche dir, es wird nicht lange dauern."
William seufzte nun wirklich. Diesen Satz kannte er zur Genüge. Es wird nicht lange dauern. Wenn sie erst einmal da waren, würde seine Mutter von so vielen Leuten umlagert werden, und bis sie mit allen gesprochen hatte – sie war ja ein höflicher Mensch und wies niemanden ab – konnten schon ein paar Stunden vergehen. Er kannte das alles schon. Aber er war auch sehr stolz auf seine schöne, kluge und begehrte Ma und wußte, wie gerne sie insgeheim ihren attraktiven Sohn vorführte. Wenngleich das Goetheinstitut auch nicht gerade sein bevorzugtes Jagdgebiet war…
In einem kleinen Buchladen an der Georgia Street ging der Geschäftsalltag an diesem zunächst unerfreulich begonnenen Tag ungestört weiter.
Elizabeth Bennet hatte sich auf klassische Literatur spezialisiert. Sie hatte deutsche und englische Literatur studiert und war Expertin auf diesem Gebiet. In ihrem kleinen, aber sehr feinen Laden bot sie u.a. deutsche Originalausgaben an, aber auch Seltenheiten und antiquarische Erstausgaben und andere Liebhaberstücke. In einer kleinen Ecke führte sie, wenn auch etwas widerwillig, aktuelle Literatur und außerdem bestellten sie bei „Bennet's Books" natürlich auch alles, was an Büchern überhaupt lieferbar war.
Dazu kam, daß man sich in einer gemütlichen Ecke jederzeit mit einem Buch und einer Tasse Tee niederlassen konnte und wenn Zeit war, war sie einer Diskussion über die Bücher auch niemals abgeneigt. Sie liebte diesen Laden über alles und konnte sich über einen Mangel an Kundschaft auch nicht beklagen. Viele ihrer Besucher waren Stammkunden.
Nebenher half sie noch freiwillig beim Goetheinstitut aus, las Korrekturen oder Aufsätze und wenn Not am Mann war, übernahm sie auch schon einmal Vorlesungen oder Unterrichtsstunden.
Den Vorfall mit dem arroganten Porschefahrer am Morgen hatte sie schon fast vergessen. Ärgerlich wurde sie nur noch einmal, und zwar als sie später ihren Wagen aus der Garage abholte und wieder 25 Dollar hinblättern mußte. Wenn er morgen wieder ihren Parkplatz belegen würde…
Ihre Laune besserte sich zusehends, als sie nach hause fuhr. Sie teilte sich ein geräumiges Apartment mit ihrer Schwester Jane in Kitsilano, gar nicht weit entfernt vom Strand. Jane, angehende Kinderärztin und mit 26 Jahren drei Jahre älter als Elizabeth, war bereits zuhause und zu Elizabeths Freude hatte sie sich um das Abendessen gekümmert.
„Na, hast du heute deinen Parkplatz bekommen, Lizzy?" fragte sie und trug die Teller auf den Balkon.
„Grrr. Nein. Dieser dämliche Idiot stand schon wieder drauf. Diesmal mit einem Porsche. Der Spaß hat ihn aber heute 400 Dollar gekostet. Ich habe ihn abschleppen lassen."
Jane lachte. „Na immerhin etwas. Der wird sich nicht wieder dort hinstellen, glaub mir."
Elizabeth zog eine Schnute. „Würde ich nicht sagen. Ich hab noch nie einen arroganteren Kerl gesehen. Charlotte meint, er wäre ein stadtbekannter Playboy oder so. William Darcy, von Darcy Hotels."
Jane hob interessiert eine Augenbraue. „William Darcy jr.. Dauergast in den Klatschspalten. Und seinen Wagen hast du abschleppen lassen?"
„Ja. Fand er nicht so lustig. Er hat mich vertrocknete, unbefriedigte Brillenschlange genannt."
Jane war schockiert. „So ein Blödmann! Ärgere dich nicht über so einen Idioten, Liz."
„Keine Angst, das tu ich nicht."
Aber auch Jane war traurig, daß Lizzy ihre Attraktivität so verbarg, was natürlich eine solche Beleidigung in keinster Weise rechtfertigte. Sie kannte zwar den Grund dafür, aber es war trotzdem ein Jammer.
Die beiden Schwestern beendeten ihr Abendessen und genossen den schönen Sommertag mit einem Glas gekühlten Weißweins auf ihrem großen Balkon. Von hier aus konnte man bei gutem Wetter bis zum Pazifik sehen.
Jane fiel etwas ein. „Übrigens kam heute ein Anruf von Professor Fitzwilliam. Sie hat dich für Freitag eingeladen, das Goetheinstitut hat da irgendeine Veranstaltung, Schiller oder so was… sie hat dich auf die Gästeliste setzen lassen."
Elizabeth freute sich darüber. Professor Fitzwilliam war nicht nur eine Koryphäe auf dem Gebiet der englischen und deutschen Literatur, sie hatte sich auch als Übersetzerin der Werke Schillers einen Namen gemacht. Auch nach dem Ende ihres Studiums hielten die beiden noch einen losen Kontakt, der sich meist über das Goetheinstitut ergab.
Jane sah ihre Schwester nachdenklich an. „Liz, was wirst du anziehen am Freitag?"
Sie zuckte mit den Schultern.
„Wollen wir morgen mal einkaufen gehen?" fragte Jane vorsichtig.
„Du meinst, ich brauche ein Abendkleid?"
„Du solltest zumindest nicht mit Birkenstocks und deinem Lieblingsschlabberpulli dorthin gehen!"
Elizabeth seufzte. Jane hatte natürlich recht, sie mußte ordentlich zu einer solch wichtigen Veranstaltung erscheinen. Also stimmte sie einem Einkaufsbummel zu, wenn auch etwas widerwillig.
