Kapitel 13

‚Richtig' Abschied voneinander nahmen sie früh am nächsten Morgen. Die Maschine nach New York ging um elf Uhr und so war noch Zeit genug für eine kleine, intime Abschiedsfeier mit anschließender gemeinsamer Dusche. Die beiden Darcys setzten Liz auf dem Weg zum Flughafen in ihrer Buchhandlung ab und nach einem langen, leidenschaftlichen Kuß vor der Tür des Ladens und dem Versprechen, jeden Tag miteinander zu telefonieren, stieg William nur zögernd wieder in die Limousine ein und sie waren auf dem Weg nach New York.

William Darcy senior lächelte seinen mißgestimmten und sehr schweigsamen Sohn aufmunternd an. Er konnte ihn so gut verstehen. Wie alle anderen hatte er sich natürlich auch erst über die Verlobung aus heiterem Himmel gewundert, aber nur so lange, bis er seine zukünftige Schwiegertochter kennengelernt hatte. Die beiden erinnerten ihn an seine eigene Ehe. Er selbst war in seinen jungen Jahren ein wilder Geselle gewesen, bis er Anne Fitzwilliam, Tochter aus bestem Hause, aber mit dem Schalk im Nacken, kennengelernt hatte. Sie hatte den „wilden Will" mit Leichtigkeit gezähmt und aus dem einstigen Schlawiner einen hingebungsvollen Ehemann und Vater gemacht. William Darcy war seiner Frau in 27 Jahren Ehe niemals untreu gewesen und liebte sie wie am ersten Tag. Er hoffte, sein Sohn würde genauso glücklich werden mit seiner Liz.

William hatte im Lauf des Tages keine Zeit mehr, Trübsal zu blasen. In New York wurden sie vom Manager ihres Hotels abgeholt und sofort dort hingefahren. Es war ein kleines, luxuriöses Haus mit nur 30 Zimmern in bester Lage. Darcy Hotels Inc. war momentan dabei zu überlegen, sich von verschiedenen Häusern zu trennen und sich nur noch auf besonders vielversprechende Hotels zu konzentrieren. William sollte sich einen Überblick verschaffen und vor allem den Geschäftsführern im Hinblick auf die Finanzen auf die Finger schauen. Das Haus in New York machte dem Konzern etwas Bauchschmerzen. Für ein Geschäftshotel war es zu klein und zu exklusiv, für ein luxuriöses Urlaubshotel zu zentral und zu teuer.

Nach einem anstrengenden Tag im Hotel wurden die beiden Darcys abends zum Essen eingeladen und anschließend in einen exklusiven New Yorker Nachtclub. Beide sagten nur aus Höflichkeit zu und waren froh, gegen Mitternacht wieder im Hotel zu sein. Früher wäre William höchstwahrscheinlich nicht alleine in sein Hotelzimmer zurückgekehrt, aber heute abend wollte er nur noch mit Liz telefonieren und dann schlafen. Alleine.

Es war ca. halb eins, als er endlich im Bett lag und Liz' Nummer in Vancouver anrief. Es klingelte Ewigkeiten und weder Liz noch Jane nahmen ab. Als er bereits ärgerlich und enttäuscht auflegen wollte, wurde der Hörer doch noch abgenommen und ein atemloses „Hallo?" ertönte.

„Liz, bist du das, Liebes?" fragte er.

„William!" rief sie erfreut und immer noch außer Atem. „Ich hatte schon befürchtet, nichts mehr von dir zu hören heute."

„Tut mir leid, Liebling, ich hatte vorher keine Gelegenheit. Die halten uns hier ganz schön auf Trab. Warum bist du so außer Atem?"

„Ich komme grade aus der Dusche, hab das Klingeln vorher nicht gehört und Jane ist nicht zuhause."

William stellte sich seine Liebste vor, wie sie gerade triefendnass am Telefon stand.

„Bist du nackt?" fragte er leise.

Liz kicherte. „Ja, natürlich. Ich habe lediglich ein Handtuch um die Haare gewickelt."

Er schloß die Augen und sah sie vor sich.

„Und du? Wo bist du momentan?"

„Ich liege in einem viel zu einsamen Bett in einem einsamen Hotel, bin furchtbar einsam und vermisse dich schrecklich."

Liz, die wußte, daß William immer nackt schlief, ob sie zusammen waren oder nicht, grinste.

„Bist du denn nackt?"

„Ja. Und weit und breit keine Lizzy zu sehen, die damit etwas anfangen könnte."

„Hm," machte Liz und trug das drahtlose Telefon in ihr Schlafzimmer. „Du bist doch nicht etwa erregt?"

„Sweetie, wenn ich mir nur vorstelle, daß du, nur mit einem Handtuch um den Kopf, gerade mit mir telefonierst, reicht das schon aus um mich vollkommen wild zu machen," flüsterte William.

Liz lachte und schüttelte den Kopf. „Armer Liebling. Aber ich kann leider schlecht zu dir kommen." Sie wurde ernst und machte eine kurze Pause. „Ich vermisse dich," sagte sie leise.

„Ich vermisse dich auch, Liebling. Und heute ist erst der erste Tag von zwei langen Wochen…"

„Gibt es in New York keine nette Abwechslung?"

„Nein. Wir arbeiten den ganzen Tag und müssen abends mit unseren Managern essen gehen. Heute abend haben sie uns in einen Nachtclub geschleppt, aber weder Dad noch ich hatten große Lust dazu."

„Armer William," spöttelte Liz. „das sind allerdings wirkliche Entbehrungen."

„Ja, lach nur. Warum fliegst du morgen nicht rüber zu mir?"

„Hör auf, mich in Versuchung zu führen. Du wärst ja sowieso nur abgelenkt, dabei sollst du arbeiten."

„Du fehlst mir, Sweetie. Ich hoffe, die zwei Wochen gehen schnell rum. Morgen rufe ich dich wieder an, in Ordnung?"

„Du fehlst mir auch, William. Ohne dich einzuschlafen ist wirklich hart. Ja, laß uns morgen telefonieren. Gute Nacht, Darling. Schlaf gut."

„Gute Nacht, Liebes. Bis morgen."

Die Darcys waren noch den nächsten Tag komplett in der Stadt und wollten einen Tag später weiter nach Toronto fliegen. Abends hatten sie noch ein bißchen Zeit und gingen ein bißchen Geschenke für ihre Damen einkaufen. Während William senior Tiffany's einen längeren Besuch abstattete, hatte sein Sohn etwas anderes im Sinn: La Lingerie, ein exklusives, sehr edles Geschäft nur für Damenwäsche.

William war ein Kunde, wie man ihn sich nur wünschen konnte. Ohne jede Scheu betrat er den Laden, kannte alle relevanten Körpermaße seiner Liebsten auswendig und er wußte vor allem genau, was er wollte. Drei Verkäuferinnen stürzten sich sofort auf ihn, aber William wehrte sie erst einmal ab. Er hatte seine Vorstellungen, wollte sich zunächst jedoch einen Überblick verschaffen.

Ausführlich begutachtete er das Angebot. Für ihn kam nur schwarze oder mitternachtsblaue Wäsche aus den edelsten Materialien in Frage. Er signalisierte einer Verkäuferin, daß er nun Hilfe gebrauchen könnte und verwunderte sie mit seinem treffsicheren Geschmack. Seidenunterwäsche, Spitzen-BHs mit passenden Höschen, eine Corsage, die man schnüren mußte (William stellte sich das spätere aufschnüren sehr erregend vor), und einen Seidenpyjama mit vorne durchgeknöpftem Oberteil, von dem William jetzt schon wußte, daß die passende Hose dazu nie Verwendung finden würde – all das wanderte zur Kasse. William war schon fast am Bezahlen, als ihm ein schwarzer Spitzenbody ins Auge fiel. Er besah sich das Stück und aus einem Impuls heraus fragte er die Verkäuferin, ob es so etwas auch mit offenem Schritt, ohne diese Häkchen, gäbe. Oh ja, William Darcy war in der Tat ein sehr selbstbewußter Mann.

Die Verkäuferin wurde ein bißchen rot, aber sie konnte selbstverständlich behilflich sein. Sie erlebte es nur nicht allzu oft, so direkt von einem Mann nach dieser Art Wäsche gefragt zu werden.

Die etwas ‚gewagteren' Stücke gab es im hinteren Teil des Ladens, den William vorher nicht bemerkt hatte. William lächelte versonnen, als er sich das ein oder andere Teil an Liz vorstellte. Er fand den gewünschten Body und nahm dazu noch ein passendes schwarzes Nichts aus Spitze mit.

Als William den Laden verließ, blieben drei schmachtende Verkäuferinnen zurück, die noch lange eine ihnen unbekannte junge Frau beneideten, deren Lover ohne mit der Wimper zu zucken eine vierstellige Summe für edelste und sinnlichste Wäsche hinlegte.

Die zwei Wochen gingen für Liz wie gewohnt vorüber – tagsüber Buchladen, abends mit William telefonieren, während die Zeit für ihn wirklich harte Arbeit und Streß bedeutete. Die beiden Darcys sahen außer den Hotels und manchmal einem Restaurant kaum etwas von den Städten und Gebieten, die sie besuchten. Williams einzige Ablenkung war das Telefonat mit Liz spätabends, das meistens so ablief wie das allererste aus New York. Er vermißte sie sehr und schwor sich, daß sie auf seinen nächsten Reisen mitkommen mußte. Nach Europa würde er nicht ohne sie fahren.

Anne Darcy hatte Liz angerufen und sie gefragt, ob sie nicht Lust hatte, die beiden Männer am Flughafen abzuholen. Das mußte sie ihrer zukünftigen Schwiegertochter nicht zweimal sagen und so waren die Herren sehr überrascht und erfreut, ihre Frauen bei ihrer Ankunft dort vorzufinden.

Liz und William ließen sich in Kitsilano absetzen. Es gab eine etwas peinliche Situation, als sie, schon damit beschäftigt, sich gegenseitig auszuziehen, in die Wohnung platzten und Jane und Charles aufschreckten, die gerade miteinander kuschelnd auf der Couch saßen. Na ja, ‚lagen' traf es schon eher. Und auch schon diverse Knöpfe ihrer Klamotten geöffnet hatten.

William murmelte eine kurze Entschuldigung in die Richtung der beiden und schob Liz einfach weiter in ihr Schlafzimmer. Seit zwei Wochen sehnte er sich nach diesem Augenblick und nichts und niemand würde ihn jetzt stören.

Den Rest des Tages verbrachten sie – Überraschung! – fast komplett im Bett. Am Abend bestellten sie etwas zu Essen beim Chinesen (Jane und Charles waren ebenfalls in der Wohnung geblieben) und so verbrachten die beiden Paare einen faulen Abend vor dem Fernseher. Charles und William überstanden sogar tapfer sechs Folgen von Pride and Prejudice. Was tat man nicht alles für die Frau, die man liebte...

Samstag und Sonntag waren sie auf Pemberley eingeladen. William wollte Liz nicht nach zwei Wochen Abwesenheit schon wieder mit seiner Familie teilen, aber Liz bestand darauf. Sie hatten ja noch immer die Nächte, und die verbrachten sie in Williams Schlafzimmer, obwohl man Liz schicklichkeitshalber ein eigenes Gästezimmer zur Verfügung gestellt hatte.

William hatte Liz bereits die Dessous gegeben und sich natürlich auch gleich vorführen lassen. Liz hatte eine sehr erotische Vorführung daraus gemacht, vor allem die geschnürte Corsage hatte ihn äußerst erregt. Er hatte sie beide fast um den Verstand gebracht, bis er sie – respektive ihre Brüste – daraus ‚ausgepackt' hatte.

In der zweiten Nacht ließ sich William den aufregendsten Teil seines Geschenks vorführen, den schwarzen Spitzenbody. Liz schnappte nach Luft, als sie den offenen Schritt sah und wurde rot. William befürchtete zuerst, er wäre damit zu weit gegangen, aber seine Sorge war unbegründet. Liz nahm das edle Teil kommentarlos, aber mit einem amüsierten Stirnrunzeln an sich und verschwand im Bad. Sie brauchte lange, bis sie wiederkam und danach war es an William, nach Luft zu schnappen. In dieser Nacht war an Schlaf kaum zu denken. William gestattete es Liz nicht, das gute Stück auszuziehen, erst am nächsten Morgen durfte sie sich davon trennen. Er gestand ihr verlegen, daß ihn noch niemals zuvor ein Kleidungsstück so sehr erregt hatte wie dieses.