Und so vergingen die nächsten Monate.
Liz hatte am Abend ihres Weggangs sofort Vicky in West Vanc abgeholt, sehr zu Annes Erstaunen. Liz gab keine Erklärungen und Anne konnte ihr das Kind schlecht verweigern. „Sprich mit deinem Sohn, er kann alles erklären," sagte Liz nur. Sie hatte sich für ein paar Tage bei Jane und Charles einquartiert, sich dann aber sofort nach einer eigenen Bleibe umgesehen.
Mit Charles' Hilfe fand sie schließlich eine kleine, möblierte Wohnung, die die Mutter eines seiner Mitarbeiter ab sofort vermietete. Der junge Mann war von zuhause ausgezogen und seine Mutter, die seit einigen Jahren schon verwitwet war, konnte das zusätzliche Geld gut gebrauchen. Charles hatte das Angebot morgens früh zufällig am schwarzen Brett in seiner Firma gesehen und sofort Liz informiert. Mit Jane zusammen fuhr sie noch am gleichen Tag zum Besichtigen und da die Miete günstig war, die Wohnung sauber, die Möbel in Ordnung und die Wohnung vor allem weit weg von ihrem eigenen Haus lag, griff sie zu. Die Vermieterin war eine sehr freundliche, ältere Dame, die Liz und ihre Tochter sofort ins Herz schloß.
„Wie schön, sie ziehen mit ihrer Tochter ein!" sagte Mrs. Mayers erfreut. „Was für ein hübsches Kind! Wie lange wollen sie die Wohnung mieten, Ms…?"
„Äh…Bennet. Elizabeth Bennet." Liz fand es sicherer, ihren Mädchennamen zu benutzen. „Ich weiß nicht…vielleicht ein halbes Jahr?"
Mrs. Mayers schaute Liz aufmerksam an. Die junge Frau trug einen Ehering und hatte eine Tochter, von ihrem Ehemann hatte sie jedoch nichts erwähnt. Und sie wollte nur für sechs Monate mieten? Seltsam, wirklich. Aber gut, es ging sie nichts an. Vielleicht war sie verwitwet? Aber irgendwie kam sie ihr bekannt vor. Wo hatte sie das Mädchen bloß schon einmal gesehen…
„Ein halbes Jahr? Oh. Ich hatte eher daran gedacht, für mindestens ein Jahr zu vermieten."
Ein Jahr? dachte Elizabeth entsetzt. Ich soll ein ganzes Jahr ohne William leben?
Andererseits, sie hatte ihn verlassen, nicht wahr? Und sollte sie jemals wieder zu ihrem Ehemann zurückgehen, wäre es auch kein Problem, den Rest der Miete zu bezahlen, auch wenn sie nicht mehr hier wohnen sollte. Also lächelte sie tapfer und schlug ein.
Liz ließ ihre und Vickys Sachen später aus dem Haus abholen, und William machte ihr keinerlei Schwierigkeiten. Einen Job hatte sie nicht und sie fühlte sich nicht gar so wohl dabei, weiterhin auf Williams Konten zuzugreifen, aber er hatte ihr mitteilen lassen, daß er ihr selbstverständlich den Geldhahn nicht zudrehen würde, schon allein wegen Victoria. Sie solle bitte auch sicherstellen, daß es seiner Tochter an nichts fehlen würde. Liz war dafür dankbar, aber sie schränkte ihre Lebensweise ziemlich ein und warf sein Geld nicht mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Auch überlegte sie, ob sie sich einen Job suchen sollte, da sie Anfang des Jahres den Buchladen komplett an Charlotte abgegeben hatte und daraus keine Einnahmen mehr kamen. Sie wollte so unabhängig wie möglich von William sein. Ganz davon abgesehen, daß es ihr sicherlich schnell langweilig werden würde, so ganz ohne eine Beschäftigung.
Liz hoffte sehr, daß diese Art zu leben kein Dauerzustand sein würde, aber momentan war es ihr unmöglich, auch nur daran zu denken, wieder mit William zusammen zu leben. Gar das Bett mit ihm zu teilen…nein, diese Vorstellung löste nur Abscheu und Widerwille in ihr aus. Liz wußte, es würde sehr, sehr lange dauern, bis sie ihm wieder würde vertrauen können – so sehr sie ihn immer noch liebte und auch vermißte.
William hatte sich seiner Mutter anvertraut, aber alles, was diese dazu sagen konnte war, daß sie sich zwar in ihn hineinversetzen könne, sie ihre Schwiegertochter aber auch verstehen konnte.
„Laß mich offen sein," sagte sie zu ihrem Sohn. „Du hattest eine schlimme Zeit durchgemacht, und du hast einer Versuchung nachgegeben. Das war nicht klug, ist aber eben menschlich. Dein Fehler war vielleicht, es Liz nicht sofort zu beichten. Aber darüber zu spekulieren ist müßig, wir wissen nicht, wie sie damals reagiert hätte. Ich kann sie jedoch gut verstehen, ich gebe zu, ich hätte deinen Vater auch erstmal verlassen, wenn ich sowas rausgefunden hätte."
Anne drückte Williams Hand. „William, angenommen, es wäre andersrum gewesen, was hättest du gemacht? Wenn Liz dich betrogen hätte?"
Sie umgebracht? Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Wahrscheinlich hätte ich umgehend die Scheidung eingereicht."
„Und das hat sie nicht, oder? Sie will dich erstmal nicht sehen und sich über ihre Gefühle für dich im klaren werden. Das ist verständlich. Liz ist eine intelligente, aber auch empfindsame junge Frau. Du hast sie verletzt, und zwar schwer. Sie braucht die Zeit einfach jetzt. Und vor allem solltest du ihren Wunsch respektieren, daß sie dich nicht sehen will."
„Und wenn sie nicht mehr zurückkommen will? Nie mehr? Wenn sie die Scheidung will?" William war den Tränen nahe und es brach seiner Mutter fast das Herz.
„Nun ja, die Chance besteht natürlich. Aber dann kannst du immer noch um sie kämpfen."
„Ma, ich liebe diese Frau mehr als alles andere auf der Welt. Ich will sie nicht verlieren. Und meine Tochter auch nicht. Ich verspreche, ich werde sie in Ruhe lassen, aber meine Geduld ist nicht grenzenlos."
Anne seufzte. Ihr Sohn und Geduld? Das Wort „Geduld" kam in Williams Wortschatz praktisch nicht vor. Sie hoffte, er würde keinen Unsinn machen und damit Liz letztendlich ganz verlieren.
Liz gewöhnte sich langsam an ihre völlig neue Wohnsituation. Es war eine ziemliche Umstellung – vom von hinten bis vorne bedient werden bis zum alles wieder selber machen. Sie mußte wieder selbst Wäsche waschen, einkaufen gehen, kochen, putzen… aber mit der Zeit fand sie sogar ein bißchen Spaß daran. Und Mrs. Mayers war eine sehr angenehme Nachbarin. Es dauerte nicht lange und die beiden Frauen freundeten sich ein bißchen miteinander an. Mit nichts konnte man der älteren Dame eine größere Freude machen, als sie auf Vicky aufpassen zu lassen. Sie lud Liz und ihre Tochter oft zum Kaffeetrinken oder essen ein und oft war auch ihr Sohn Jamie anwesend. Jamie war einige Jahre älter als Liz, ein gutmütiger, netter Kerl vom Typ großer Junge. Er arbeitete als Techniker in Charles Bingleys Firma und die beiden verstanden sich von Anfang an.
Doch so gerne Liz ihre Vermieterin auch hatte, ihr Privatleben und die Umstände, warum sie mit ihrer Tochter alleine hier wohnte, hielt sie strikt unter Verschluß. Mrs. Mayers hätte nie direkt gefragt, auch wenn sie manchmal die ein oder andere Andeutung machte. Liz ging nie darauf ein und sprach nicht darüber. Allerdings sollte sich das bald genug ändern.
Liz lebte ziemlich genau seit zwei Monaten von William getrennt, als sich ihr Leben wieder veränderte, und zwar gravierend. Sie war nur langsam zur Ruhe gekommen. Die Trennung, das Beziehen der neuen Wohnung, die psychische und physische Belastung – alles zerrte an ihren Nerven und an ihrer Gesundheit. Daß sich ihre Monatsblutungen noch nicht eingestellt hatten, verwunderte sie nicht weiter. Als sie eines Morgens aufwachte und sich übergeben mußte, dachte sie sich auch noch nichts dabei. Als sich das die nächsten Tage wiederholte, traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag. Sie war offenbar wieder schwanger.
Sofort vereinbarte sie einen Arzttermin, um sich Gewissheit zu verschaffen. Die Ärztin war äußerst erstaunt, als ihre Patientin in Tränen ausbrach, die mit Glück nicht viel zu tun hatten.
Nein, sie war darüber keineswegs glücklich. Sie wollte das Kind nicht haben, aber sie wußte genau, sie würde es bekommen. Sie war nicht in der Lage, es umzubringen. Niemals. William würde ihr das nie verzeihen. Und sie selbst auch nicht.
Ok, sie mußte sich damit abfinden. Sie bekam ein Baby. Einen unpassenderen Zeitpunkt hätte sich das kleine Wesen nicht aussuchen können, fand sie. Jetzt mußte sie nicht nur über ihre eigene Zukunft nachdenken, jetzt trug sie auch noch die Verantwortung für das Ungeborene. Und sie war ganz alleine, ohne William an ihrer Seite. Er würde die Schwangerschaft nicht miterleben und sie würde ihm auch nichts davon erzählen. Tränen stiegen in ihr hoch. Er wünschte sich so sehr ein zweites Kind und sie hatte davon nichts hören wollen. Es würde ihm das Herz brechen.
Als sie an diesem nachmittag ihre Tochter bei Mrs. Mayers abholte, die freundlicherweise auf sie aufgepaßt hatte, während sie beim Arzt war, konnte sie die Tränen nur schwer zurückhalten, als sie Vicky in die Arme schloß. Wieso mußte sie grade jetzt noch ein Kind bekommen? Warum? Sie wurde von ihren Gefühlen überwältigt, drückte ihre Tochter fest an sich und weinte.
Mrs. Mayers schaute sie erschrocken an.
„Liebe Elizabeth, was haben sie? Was hat der Arzt gesagt?" Die alte Dame malte sich die größten Horrorszenarien aus und war sehr aufgeregt. War Liz unheilbar krank? Was hatte sie nur?
Liz schniefte in ihr Taschentuch und versuchte ein Lächeln, das ihr nicht gelang. „Entschuldigen sie, Mrs. Mayers, ich wollte sie nicht erschrecken. Es ist nichts schlimmes, keine Angst."
„Aber wieso weinen sie denn, meine Liebe? Kommen sie, setzen sie sich einen Moment."
Fürsorglich schob sie ihr einen Stuhl zurecht und Liz nahm dankbar platz. Vicky schaute ihre Mutter aus großen dunklen Augen an. Williams Augen.
„Ich bekomme ein Kind, Mrs. Mayers," sagte Liz leise und ihre Vermieterin strahlte.
„Oh, dann sind es Freudentränen, nicht wahr! Wie schön, Miss Elizabeth. Wann ist es denn soweit?"
„Im November. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es Freudentränen sind…" Liz schniefte wieder und neue Tränen liefen.
Mrs. Mayers wollte nicht neugierig erscheinen und schaute sie nur fragend an. Liz putzte sich die Nase. Sie dachte, ihrer Vermieterin eine Erklärung schuldig zu sein. Und sie hatte das Bedürfnis, sich jemandem anzuvertrauen.
„Sicher haben sie sich gefragt, warum ich alleine mit Vicky hier wohne," begann sie leise und spielte unbewußt mit ihrem Ehering. „Ich bin verheiratet, Mrs. Mayers, aber ich lebe momentan von meinem Mann getrennt. Es gibt etwas, über das ich in Ruhe nachdenken muß, deshalb bin ich hierhergezogen. Jetzt schwanger zu sein, paßt mir da überhaupt nicht in den Kram, verstehen sie? Vor allem, da sich mein Mann so sehr ein zweites Kind wünscht und ich nicht…."
Mrs. Mayers tätschelte beruhigend Elizabeths Hand. „Mein liebes Kind, ich bin für sie da, wenn sie meine Hilfe brauchen und ich bin sicher, sie werden die richtige Entscheidung treffen. Werden sie es ihrem Mann mitteilen?"
Liz schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Kontakt mit ihm zur Zeit."
„Aber sie vermissen ihn, nicht wahr?"
Liz nickte. Und wieder liefen Tränen.
Mrs. Mayers drängte sie zu nichts, aber alleine ihre freundliche Anteilnahme veranlaßte Liz dazu, ihr ihr Herz auszuschütten. Sie erzählte ihr alles. Von William und Laura Bailey, von Lauras Besuch im Februar, dessen katastrophaler Folgen und ihre Angst vor einer erneuten Schwangerschaft und der Zukunft generell. Nur ihren richtigen Namen verriet sie nicht.
Mrs. Mayers sagte nicht viel, sie hörte ruhig zu, nahm ihre junge Freundin ab und zu in den Arm, ließ sie weinen. Am Ende war Liz erschöpft, aber froh, sich alles von der Seele geredet zu haben.
„Meine liebe Miss Elizabeth, ich bin der Meinung, daß sie richtig handeln. Nehmen sie sich alle Zeit, die sie brauchen, um mit sich selbst und dann mit ihrem Mann ins reine zu kommen. Überstürzen sie nichts! Aber überlegen sie einmal in einer ruhigen Minute, ob sie ihrem Mann nicht doch von der Schwangerschaft erzählen sollten."
Liz hegte die Hoffnung, sich noch vor November wieder mit William zu versöhnen, bevor das Kind zur Welt kam. Sie war in dieser Zeit oft drauf und dran, ihn anzurufen. Aber immer, wenn sie fast schon den Hörer in der Hand hatte, sah sie ihn vor sich – mit Laura Bailey im Bett. Und ihr Zorn gewann jedesmal wieder die Überhand. Nein, sie konnte ihm noch nicht verzeihen. Würde sie es jemals können? fragte sie sich immer wieder. Würde sie dieses Bild vor ihrem geistigen Auge jemals wieder loswerden?
William hielt sein Versprechen, Liz in Ruhe zu lassen, aber es kostete ihn schier übermenschliche Kraft. Er vergrub sich in seine Arbeit, um sich abzulenken, aber trotzdem dachte er jeden Augenblick an sie. Wie ging es ihr, was machte Vicky? Am schlimmsten jedoch waren die Nächte. Ohne Liz einzuschlafen war die Hölle, war es schon immer gewesen, auch wenn es nur wenige Tage waren, die sie nicht miteinander verbringen konnten. Aber jetzt ging es bereits um Monate. Verdammt, er vermißte sie. Er wollte sie endlich wiederhaben. Ohne den Beistand seiner Familie wäre er schon längst ausgerastet, das wußte er.
Schlimm war, daß ihre Trennung in der Öffentlichkeit nicht unbemerkt geblieben war. Es fiel auf, daß William seinen gesellschaftlichen Verpflichtungen nur noch alleine nachkam. Fragen nach seiner Frau wich er aus und das erhöhte die Neugier natürlich nur noch mehr. War sie krank? Hatten sie sich gar getrennt? Was war los bei den Darcys?
Caroline schnappte ein paar Bemerkungen von ihrem Bruder auf, die dieser unbeabsichtigt hatte fallen lassen und rieb sich erfreut die Hände. Endlich hatte er es eingesehen, daß diese kleine Schlampe nicht zu ihm paßte. Ihre Chance war gekommen! Sie versorgte die Presse mit unbestätigten Gerüchten und Klatsch und bereitete sich darauf vor, William Darcy dorthin zu locken, wo er ihrer Meinung nach hingehörte: in ihr Bett.
Liz bekam die Berichte in den Zeitungen natürlich auch zu sehen. Sie sah Bilder von William auf irgendwelchen Bällen und Veranstaltungen, immer mit irgendeiner schönen Frau an der Seite. Ob das jeweils seine Begleitungen waren oder die Damen nur zufällig neben ihm standen, konnte sie nicht erkennen. Die Frauen hatten ihn schon immer belagert bei solchen Gelegenheiten, ganz egal, ob sie selbst dabei war oder nicht. Aber allein die Tatsache, daß er sich bei diesen Veranstaltungen amüsierte, machte sie wütend. Ob Laura wirklich sein einziger Fehltritt gewesen war? Und was war jetzt? Er war praktisch temporärer Single und konnte sich wieder ins Getümmel stürzen und Frauen nachstellen. Seine dämliche Ehefrau ließ ihn ja nicht ran.
Als sie eines Tages ein Foto von ihm an der Seite von Caroline Bingley in der Zeitung sah, entglitten ihr alle Gesichtszüge. Das war einfach zuviel für sie. Wie konnte er nur!
Oh nein, es war nicht abzusehen, daß die beiden Darcys in naher Zukunft wieder zusammenkommen würden.
Mrs. Mayers ahnte die Wahrheit über Elizabeths Herkunft, als sie ihre junge Mieterin eines Tages mit der Zeitung auf der Veranda sitzen sah, tränenüberströmt. Der Lokalteil war aufgeschlagen und es waren Bilder des gestrigen Wohltätigkeitsballs des sogenannten Krüppelchores zu sehen. Mrs. Mayers hatte die Zeitung bereits gelesen und kannte die Fotos. Auf einem davon war (fast) die komplette Familie Darcy abgebildet, die allesamt die Schirmherrschaft über die Veranstaltung hatten, und alle lächelten freundlich in die Kamera, einschließlich William, der Sohn und Erbe des Imperiums. Mrs. Mayers hatte sich das Foto genau angesehen. Ein attraktiver Mann, wie sie fand. Unter dem Bild stand ein kurzer Text, in dem darüber spekuliert wurde, wo Mrs. William Darcy steckte und warum sie an dem für die Familie so wichtigen Ball nicht teilnahm.
Mrs. Mayers war davon überzeugt, daß Liz Mrs. William Darcy war, aber sie sagte nichts dazu. Wenn Liz nicht selbst davon sprechen wollte, ging sie das alles nichts an. Die alte Dame hatte Mitleid mit Elizabeth, aber sie wußte nicht, wie sie ihr helfen konnte.
Und so vergingen einige Monate, aus dem Frühling wurde Sommer und der Herbst begann, seine Schatten vorauszuwerfen. Elizabeths Umfang nahm immer weiter zu. Als sie bei einer Ultraschalluntersuchung erfuhr, daß sie einen Sohn bekommen würde, weinte sie.
Abends erzählte sie Mrs. Mayers davon.
„Vicky bekommt ein Brüderchen," sagte sie traurig lächelnd. „Will… ich meine, mein Mann, wünscht sich schon lange einen Sohn. Verrückt, nicht wahr? Ich wollte eigentlich keine Kinder mehr, jetzt bin ich schwanger, er weiß nichts davon, und es wird auch noch ein Junge." Eine Träne lief über ihr Gesicht.
„Liebe Miss Elizabeth, es ist nicht mehr lange hin bis zur Geburt. Wollen sie ihm denn nichts davon sagen? Er ist doch immerhin der Vater."
Liz schüttelte bloß trotzig den Kopf. „Ich will ihn nicht sehen. Ich kann ihm noch nicht verzeihen, es tut mir leid. Ich würde gerne, aber es geht nicht."
„Was glauben sie, Elizabeth, wie groß seine Geduld ist?"
Liz schaute ihre Vermieterin mit großen Augen an. Von dieser Seite hatte sie es noch nicht betrachtet. Für sie war irgendwie klar, daß William zuhause geduldig auf sie warten würde, wie lange auch immer das dauerte. Schließlich hatte nicht sie ihn betrogen! Aber so weit hergeholt war die Befürchtung nicht. William war nicht gerade das, was man geduldig nannte. Was, wenn er die Nase voll hatte von der Warterei? Wenn er ihr ein Ultimatum setzte, oder gar die Scheidung einreichte? Es war möglicherweise ein Spiel mit dem Feuer, William Darcys Gutmütigkeit überzustrapazieren. Vielleicht war es doch langsam an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Wenn sie doch nur jemanden hätte, der William kannte und mit dem sie darüber reden könnte…
Die einzige Person, zu der sie sonst noch Kontakt hatte, war Jane, aber die war natürlich mit ihrem kleinen Sohn beschäftigt und hatte nicht so viel Zeit, sich auch noch um ihre Schwester zu kümmern. Selbstverständlich wies sie Liz nie ab, aber die merkte natürlich, daß Jane andere Prioritäten setzen mußte. Der kleine Nicholas Bingley nahm seine Mama voll und ganz in Anspruch.
Liz hätte gerne Kontakt mit ihrer Schwiegermutter gehalten, aber das ging nicht. Sie wußte, Anne war eine kluge Frau und würde sich um Objektivität bemühen, aber sie war noch immer Williams Mutter und naturgemäß eher auf seiner Seite, so gern sie ihre Schwiegertochter auch hatte. Liz konnte es nicht ertragen, daß die Frau, die sie verehrte, böse auf sie war. Oder noch schlimmer, enttäuscht.
