Kapitel 7 – Beinahe eine Preisgabe

Es war ein Fehler, in den Fuchsbau zu kommen. Nach zwei Stunden auf der Weihnachtsparty der Weasleys kreiste der Gedanke ständig durch Hermiones Kopf.

Es war ein typisches Weihnachtstreffen des Weasleyclans. Die gesamte Familie und einige enge Freunde waren am Tag vor Weihnachten alle um die Mittagszeit im Fuchsbau angekommen. Unter dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer lagen Geschenke aufgestapelt. Ron, Harry und die übrigen Weasleymänner schlossen sich Arthur außerhalb des Hauses an, um letzte Hand an die Weihnachtsdekoration zu legen. In der Küche sammelten sich die Frauen und plauderten ruhig miteinander, während sie versuchten, Mollys Anweisungen zu folgen und bei den Vorbereitungen für das Heiligabendessen und den Brunch am Weihnachtstag zu helfen.

Ginny war begeistert, Hermione zu sehen. Obwohl sie kürzlich im Ministerium zu arbeiten begonnen hatte, ergab sich selten die Gelegenheit, mit ihrer Freundin über die anstehende Hochzeit zu sprechen. Hermione war immer so beschäftigt, dass Ginny nur ungern ihre Arbeitszeit in Anspruch nahm. Heute war es jedoch ganz anders. Soweit es Ginny betraf, gab es nichts, das Hermione davon ablenken sollte, sich ihre ganzen Hochzeitspläne anzuhören – vom Kleid über die Platzkarten bis zur Party. Leider war Hermione mehr daran interessiert, mit Harry reden zu können, als ihre Meinung als Freundin zu einer Hochzeit beizusteuern.

Drei Tage zuvor …

Harry war gerade von seinem Auslandsauftrag zurückgekommen. Genau wie Ron vorausgesagt hatte, war Harry nicht glücklich über den langen Fragebogen, der in seinem Büro auf ihn wartete. Als er Hermione eines Abends flohte, ehe er aus dem Büro den Heimweg antrat, brachte er seine Frustration zum Ausdruck.

„Hermione, bist du zuhause?" Der junge Zauberer steckte seinen Kopf in die grünen Flammen.

„Harry, du bist zurück!" Es war bereits nach neun Uhr. Hermione war nach einem langen Tag voller Recherchen und Diskussionen eben von Snapes Wohnung zurückgekommen. „Wo bist du? Bist du bei Ginny?", fragte sie.

„Nein." Harry runzelte ärgerlich die Stirn. „Ich bin gerade im Aufbruch aus dem Büro. Es nervt wirklich … Der Papierkram, den ich zu meiner Reise fertigmachen muss, ist schon mehr, als ich bewältigen kann. Den verdammten Fragebogen habe ich noch nicht einmal angeschaut. Ich schätze, ich werde ein paar Nächte durchmachen und es hinter mich bringen müssen. Aber der Grund, weshalb ich flohe, ist, weil ich dich etwas fragen will." Der junge Zauberer dachte für einen kurzen Augenblick nach, dann fuhr er fort: „Ich habe von Ron gehört, dass du für einen hochkarätigen Mandanten die Kaution gestellt hast. Es ist Snape, nicht wahr?"

Hermiones Augen weiteten sich überrascht. „Wo… woher weißt du das?"

„Ich habe es erraten", seufzte Harry. „In der obersten Etage des Ministeriums geht etwas vor. Ich habe erfahren, dass die Auroren nicht die Einzigen sind, die befragt werden. Über viele Schlüsselfiguren, die im Krieg involviert waren, wird ermittelt. Ich war in Sorge um Snape, daher habe ich ihn gestern angefloht, aber er war nicht zuhause. Heute habe ich es wieder versucht, und niemand war da. Ich betrachte ihn nicht als jemanden, der viel herumreist. Also habe ich zwei und zwei zusammengezählt …"

„Nun, ich schätze, du warst schneller als ich. Ich war gerade dabei, dich zu kontaktieren." Hermione schenkte ihrem Freund ein kleines Lächeln. „Professor Snape und ich sind damit fertig, einen Verteidigungsplan auszuarbeiten. Auch wenn er nicht glaubt, dass er den Zaubergamot überzeugen wird, bin ich nicht so besorgt. Ich wollte nach Weihnachten anfangen, Zeugen zu kontaktieren. Du stehst natürlich ganz oben auf der Liste."

„Das hört sich gut an. Lass mich wissen, was ich tun soll." Harry nickte, während er den Kopf abwandte, als versuche er, mit jemandem zu reden. „Ich muss gehen. Ron hat auf mich gewartet. Grüße Snape von mir … äh … nur, wenn er nicht zu griesgrämig ist. Bis in ein paar Tagen im Fuchsbau."

Der junge Zauberer wartete nicht auf Hermiones Antwort und verschwand in den grünen Flammen.

Hermione starrte lange in den Kamin und fragte sich, was Harry dazu gebracht hatte zu sagen, dass etwas in der obersten Etage des Ministeriums vorging.

Zurück in der Gegenwart …

Hermione hoffte, mit Harry sprechen zu können, sobald sie im Fuchsbau angekommen war. Aber natürlich hatte sie nicht so viel Glück. Sie hatte nicht das Herz, Ginny daran zu hindern, ihre gesamte Hochzeitsplanung im Detail durchzugehen. Aber noch ärgerlicher war, dass Molly seit dem Moment, als sie durch das Gartentor geschritten war, um sie herumgluckte. Der Grund für die extra Aufmerksamkeit seitens der älteren Hexe wurde für Hermione schnell offensichtlich: Ron hatte Amelia zum Fest eingeladen.

Amelia fühlte sich deutlich fehl am Platz, als Ron sie in der Küche zurückließ, um sich zu seinen Brüdern zu gesellen. Außer einem gelegentlichen höflichen Lächeln ließen Molly und Ginny die junge Hexe einfach allein an der Küchenarbeitsplatte stehen. Hermione wollte mit Amelia sprechen, aber Ginny lag ihr mit den Hochzeitsplänen in den Ohren. Glücklicherweise kannte Amelia Fleur von Beauxbatons, und Fleur konnte Amelia ein paar anderen Hexen in der Küche vorstellen. Eine davon war eine Kollegin von Fleur, die in diesem Jahr nicht für die Feiertage nach Frankreich zurückreiste. Zwei davon arbeiteten in Georges Geschäft. Hinter dem Rücken der beiden Hexen hatte Ginny den Kommentar abgegeben, dass George beide eingeladen hatte, weil er für die Jüngere schwärmte.

Zuerst glaubte Hermione nicht, dass Molly und Ginny ihren Gast absichtlich ignorierten. Als Molly sich jedoch die Mühe machte, Ron wieder ins Haus zu rufen, um Hermione dabei zu helfen, ein paar Schachteln aus der Küche zu transportieren, wurde Hermione plötzlich klar, dass Molly noch an der Hoffnung festhielt, Ron käme mit ihr zusammen.

Je mehr Zeit verging, desto unwohler fühlte sich Hermione. Molly sprach weiter mit ihr, als sei sie Rons Freundin. Angesichts des Stirnrunzelns zwischen Rons Brauen und der Enttäuschung auf Amelias Gesicht beschloss Hermione, lieber eine Entschuldigung zu finden und zu gehen.

„Es war nett, dich zu sehen, Molly, und alle anderen auch! Ich bin so froh, dass ich hergekommen bin." Hermione ging direkt zu Molly und sagte fröhlich: „Es tut mir leid, dass ich es nicht früher angesprochen habe, aber ich werde nicht bleiben können."

„Warum, Hermione? Wohin gehst du?", fragte Molly überrascht.

„Oh …" Hermione lächelte lieb und sagte: „Ich … äh … ich habe später heute Nachmittag eine Verabredung."

„Eine Verabredung?" Molly runzelte die Stirn und sah missbilligend zu Ron hinüber. „Ich wusste nicht, dass du dich mit … jemandem triffst."

„Oh, ich habe erst kürzlich angefangen, mit diesem … äh … Zauberer auszugehen, den ich kennengelernt habe", log Hermione. „Und wir haben vor, zusammen zu Abend zu essen und den Heiligabend bei mir zu verbringen."

„Ist das so …" Mollys Stirnrunzeln wurde tiefer. „Kennen wir diesen jungen Mann?"

„Äh … ich bin nicht sicher." Hermione biss sich auf die Unterlippe. „Wir haben gerade erst angefangen, miteinander auszugehen, weißt du … Ich werde ihn euch sicher vorstellen, falls es sich herausstellt, dass er … äh … der Richtige ist."

„Zu schade, dass du nicht bleiben kannst, Hermione", rief Molly mit einem enttäuschten Seufzen aus. „Du kannst immer zurück in den Fuchsbau kommen, falls die Dinge … nicht funktionieren, okay?" Sie umarmte Hermione, dann rief sie Ron gereizt zu: „Ronald, bringe Hermiones Mantel. Sie geht! Sie muss ihre Verabredung treffen!"

Als sie den Weg zum Tor zurücklegten, ging Ron ruhig an Hermiones Seite und flüsterte ihr zu: „Tut mir leid wegen Mum. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich mit Amelia treffe. Aber sie kann es einfach nicht lassen. Äh … wegen deiner Verabredung … ist es dir ernst mit ihm?"

Mit einem Lächeln für ihren besten Freund hob Hermione eine Braue. „An deiner Stelle würde ich mich nicht um jemandes anderen Verabredung kümmern, sondern um meine eigene! Amelia sieht elend aus. Du gehst besser schnell zu ihr zurück."

Rons Gesicht lief rot an, als Hermione Amelias Namen nannte. Unbehaglich kratzte er sich am Kopf und nickte. „Okay. Danke, dass du gekommen bist, Hermione. Es ist immer gut, dich zu sehen. Lass uns nach den Ferien einander auf den neuesten Stand bringen."

Nach einer freundschaftlichen Umarmung für ihren besten Freund disapparierte Hermione mit einem leisen Knall und kehrte kurz darauf in ihre stille Wohnung zurück.

Natürlich war es eine Lüge, was sie Molly erzählt hatte. Hermione hatte keine Verabredung, die am Abend auf sie wartete. Eigentlich hatte sie für die nächsten paar Tage gar keine Pläne. Selbst Hermione wusste, wie lächerlich es wäre, darauf zu bestehen, über Weihnachten zu arbeiten. Erst am Tag zuvor hatte sie ihrem zum Mandant gewordenen ehemaligen Tränkemeister gesagt, sie werde die nächsten beiden Tage im Fuchsbau verbringen. Aber das war, ehe ihr der Effekt klar wurde, den ihre Anwesenheit auf die Zukunft von Rons Liebesleben haben würde.

Mit einem deprimierten Gefühl wegen der Feiertage, weil sie jetzt für die nächsten beiden Tage nichts vorhatte, setzte Hermione sich still an ihren Schreibtisch. Natürlich griff ihre Hand nach dem ledergebundenen Notizbuch. Als sie den Umschlag aufschlug, kam ihr langsam ein Gedanke in den Sinn … Wenn sie eine Verabredung wollte, gab es nur eine Wahl …

Einen langen Moment dachte Hermione nach, dann begann sie eine Nachricht auf dem magischen Papier:

Lieber T,

Frohe Weihnachten! Sie haben mir nie gesagt, welche Pläne Sie für die Feiertage haben. Da Sie nicht erwähnt haben, dass Sie die Stadt verlassen, schätze ich, Sie sind heute Abend zuhause?

Ich weiß, ich bin jämmerlich. Aber im Moment ist mir ganz elend zumute.

Es ist wahrscheinlich eine Zumutung, da ich weiß, dass Sie mir nie sagen wollten, wer Sie sind, aber ich frage trotzdem, weil es Heiligabend ist. Wenn Sie nichts vorhaben, und es Ihnen nicht zu viel ist, würden Sie mit mir etwas trinken gehen? Es braucht nicht lange zu sein. Wir müssen nicht zusammen zu Abend essen. Nach all diesen Jahren haben Sie keine Ahnung, wie viel Sie mir bedeuten. Wenn ich zu Weihnachten einen Wunsch äußern könnte, wäre es, Sie persönlich zu treffen und Ihnen Frohe Weihnachten zu wünschen.

Alle Cafés sind jetzt genau wie die meisten Restaurants geschlossen, aber es gibt einen Pub bei mir in der Nachbarschaft. Ich glaube, als ich letzte Woche dort war, habe ich gesehen, dass sie am Heiligabend bis sechs oder sieben Uhr geöffnet haben. Mögen Sie mich dort treffen? Oder wenn Sie möchten, lassen Sie mich wissen, wo Sie sind, und ich kann zu Ihnen kommen."

Nachdem sie ihre Nachricht mehrmals durchgelesen hatte, beschloss Hermione, dass sie genügen musste. Sie wusste wirklich nicht, wie sie es sonst ausdrücken sollte, was sie sagen wollte; und sie war es leid, ihre Gefühle vor ihm zu verbergen. Hermione fügte die Adresse des Pubs in der Nachbarschaft hinzu, blätterte die Seite um und sah aufmerksam zu, wie das warme Leuchten ihre Bitte wegbeförderte. Danach wartete sie.

Es fühlte sie sich an, als säße sie auf glühenden Kohlen, während die Minuten zu Stunden wurden. Um 16 Uhr nachmittags wusste Hermione, dass sie aufgeben musste. Er würde sie nicht einladen, zum Abendessen auszugehen. Und er würde sich nicht auf ein Treffen am Heiligabend mit ihr einlassen.

Hermione kämpfte die Tränen zurück, schnappte ihre Handtasche und einen leichten Mantel und beschloss, sich selbst im Pub einen Drink zu spendieren.

Der Pub war am Heiligabend ein umtriebiger Ort. Mehrere Gruppen befreundeter junger Leute trafen sich hier vor ihren abendlichen Unternehmungen. Hermione suchte sich eine ruhige Ecke und setzte sich an die Bar. Da es ein Muggelpub war, war Butterbier keine Option. Auf Essen hatte sie keinen Appetit, daher bestellte Hermione sich ein großes Glas Bier. Als die bittersüße Flüssigkeit ihre Kehle hinunterrann, schloss sie die Augen, um darauf zu warten, dass der Alkohol ihre Sinne betäubte.

Sie war nie davon ausgegangen, dass ihre Feiertage dergestalt sein würden, ohne ihre Eltern, ohne ihre Freunde, ohne überhaupt jemanden. War dies der Anfang lebenslanger Einsamkeit, die sie erwarten sollte? Sie stieß ein tiefes Seufzen aus und bestellte sich noch ein Bier. Während sie mit den Fingern über das hohe Glas strich, erinnerte sie sich an die Weihnachtslieder, die sie immer mit ihren Eltern gesungen hatte, als sie klein war, und an die Zaubererbrettspiele, die sie mit Harry oder Ron während der Weihnachtsferien gespielt hatte. Sie erinnerte sich an den vorletzten Heiligabend, als sie mit Harry James' und Lilys Grab besucht hatte. Selbst damals war sie nicht allein gewesen. Aber jetzt … Hermione sah sich um. Die fröhlichen Gruppen hatten den Pub bereits verlassen und ließen nur ein paar einsame Seelen zurück, die sich an der Bar herumtrieben und das Weihnachtsspecial im Fernsehen ansahen.

Ein paar Tränen rannen ihr die Wangen hinunter. Eine fiel in das Glas, die anderen bildeten einen kleinen Spritzer auf ihrem Handrücken. Hermione wischte ihre Tränen weg, und ihr wurde schnell klar, dass Tränen nicht das Einzige waren, das ihre Sicht trübte; der Alkohol hatte langsam ihre Sinne benebelt.

Drei Biere später fühlte Hermione sich noch elender. Sie fläzte sich über den Tresen und barg das Gesicht in den Armen.

„Miss." Plötzlich hörte sie, dass der Barkeeper sie ansprach. „Der Herr dort drüben möchte, dass Sie dies bekommen."

Schnell sah Hermione auf, nur um ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit vor sich zu finden.

„Oh nein … Ich kann nichts mehr trinken. Mir wird schlecht …", lallte sie.

„Genau deshalb sollten sie aufhören, das Bier zu trinken und zu einem Glas Wasser wechseln." Eine samtige Stimme kam von hinter ihr.

Hermione brauchte einen Moment, um sich umzudrehen und den Eigentümer der kühlen, glatten Stimme anzusehen. Sie wusste, es war Snape. Diese Stimme würde sie mit geschlossenen Augen wiedererkennen. Aber er sah heute anders aus. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte Hermione, auf den Zauberer zu fokussieren, der neben ihr stand. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover und ein Paar schwarze Hosen. Offensichtlich hatte er seine Kleidung mit dem Gedanken an die Muggelbevölkerung um sie herum ausgesucht.

„Was machen Sie hier, Professor Snape?" Sie hob eine Braue und sah Severus stirnrunzelnd an. Nachdem sie in den letzten paar Wochen jeden Tag mit Snape gearbeitet hatte, war Hermione klar, dass der Zauberer vernünftiger sein konnte, als sie sich je vorgestellt hatte. Für sie war er nicht mehr ein einschüchternder ehemaliger Professor, ein hochkarätiger Mandant oder ein Kriegsheld, der Gerechtigkeit brauchte. Um ehrlich zu sein, betrachtete Hermione ihn eher als einen Freund als alles andere.

Severus hielt einen Moment inne und starrte die junge Hexe an, deren Urteilsvermögen durch den Alkohol, den sie konsumiert hatte, deutlich beeinträchtigt war. Er sog scharf die Luft ein und begann: „Mir wurde gesagt …"

„Oh, das stimmt." Hermione schwenkte ihre Hand durch die Luft. „Ich habe Ihnen doch am ersten Tag, als Sie in diese Gegend gezogen sind, von diesem Ort erzählt. Nun, ich bin froh, dass Sie auf mich gehört haben. Ich habe erst heute herausgefunden, was für eine nette kleine Bar sie hier haben", sagte sie, ohne zu realisieren, dass sie lauter als sonst war. „Sehen Sie, Professor Snape, ich habe von dieser Bar gehört, weil Ron immer hierher kam, um auf mich zu warten, bevor ich von der Arbeit zurück war. Zuerst dachte ich, oh, wie süß, er vermisst mich so sehr, dass er immer zeitig da ist, um auf mich zu warten. Aber wissen Sie, was ich entdeckt habe, Professor Snape? Er hat sich in Fußball im Fernsehen verliebt! Nachdem Harry Ron mit Fußball bekannt gemacht hatte, beschloss Ron, dass Fußball das Zweitbeste nach Quidditch ist!"

„Könnten Sie bitte Ihre Stimme senken, Miss Granger?" Severus sah Hermione mit gerunzelter Stirn an. „Sie erregen unnötige Aufmerksamkeit."

„Sie sind nicht mehr mein Professor, Professor Snape." Hermione verdrehte die Augen und fühlte dabei eine Welle von Übelkeit ihre Sinne durchlaufen. Leicht kopfschüttelnd fuhr sie fort: „Ich bin nicht mehr Ihre Schülerin. Das bedeutet, sie können mich nicht mehr herumkommandieren und mir Strafarbeiten geben. Tatsächlich bin ich für Sie verantwortlich!" Mit einem Finger deutete sie auf seine Brust. „Vielleicht bedeutet das, dass ich Sie herumkommandieren kann, Professor?" Sie zwinkerte dem Mann vor sich zu, ohne wirklich zu wissen, was sie gerade gesagt hatte.

Mit einem Knurren kam Severus näher zu ihr und sagte: „Würden Sie bitte leiser sein! Und hören Sie auf, mich Professor zu nennen. Die Leute da drüben starren uns an."

„Sicher, Sssseverusss", flüsterte Hermione schelmisch. „Dann hören Sie auf, mich Miss Granger zu nennen. Wissen Sie, wenn Sie mich so nennen, bringt mich das immer dazu, mich … minderwertig fühlen? Als wäre ich noch immer ein Schulmädchen in Ihrem Unterricht. Das ist einfach nicht so fair …" Sie schmollte.

Severus holte tief Luft und antwortete: „In Ordnung, ich entschuldige mich dafür, wenn ich Sie habe sich … unbehaglich fühlen lassen …, Hermione."

Hermione lachte über den Klang ihres eigenen Namens, der von seiner samtigen Stimme ausgesprochen wurde, und nahm noch einen Schluck von ihrem Bier. „Ich bin froh, dass Sie gekommen sind …", murmelte sie. „Wer hätte das gedacht … Severus Snape ist hier, um mich vor der Einsamkeit zu retten."

Mit zusammengekniffenen Augen sah Severus sie an und fragte: „Ich dachte, Sie seien im Fuchsbau. Hatten Sie Streit mit Mr. Weasley?"

„Mr. Weasley? Meinen Sie Ron?" Hermione erwiderte Severus' Blick mit großen Augen. „Nein! Ich habe Streit mit Mrs. Weasley." Sie lachte noch lauter, als sie den verwirrten Gesichtsausdruck auf Severus' Gesicht sah. „Nicht, was Sie denken, Sssseverus … Molly wollte so dringend, dass ich mit Ron zusammen bin, dass sie Rons neuer Freundin die kalte Schulter gezeigt hat. Es wurde wirklich peinlich, dort zu sein. Daher bin ich lieber gegangen."

„Sind Sie verbittert, weil Sie Mr. Weasley zurückhaben wollen?" Severus hob eine Braue.

„Ron?" Wieder lachte sie. „Nein. Natürlich nicht! Er ist mein bester Freund! Er ist wie ein Bruder für mich! Würden Sie jemals in Erwägung ziehen, mit Ihrem Bruder auszugehen, hm?"

Severus verzog das Gesicht angesichts der betrunkenen Hexe vor sich, nicht sicher, was er mit ihr anfangen sollte. Er zog das Glas Bier von ihr weg und stellte das Wasser vor sie. „Trinken Sie das, ehe Sie in diesem Bier ertrinken", seufzte er. „Was um Himmels Willen machen Sie?"

„Ich warte auf einen Freund, der nicht auftauchen wird." Hermione nahm einen Schluck des kühlen Wassers und sah Severus unschuldig an.

Mit zusammengekniffenen Augen sagte Severus: „Ihnen ist klar, dass Ihre Worte keinen Sinn ergeben."

„Oh, sie sind völlig sinnvoll, Sssseverus." Hermione schloss für einen Moment die Augen, als sie spürte, dass eine neue Welle von Übelkeit sie überkam. „Sehen Sie …, ich habe einen Freund, einen sehr guten Freund eingeladen, sich hier mit mir zu treffen. Aber wenn er nicht hier herüberkommt und mir sagt, wer er ist, habe ich keine Ahnung, wie er aussieht."

„Das hört sich wie ein sehr interessantes Arrangement an, nicht wahr?" Severus' Mundwinkel hoben sich langsam zu einem Lächeln. „Also warten Sie tatsächlich auf jemanden. Was bringt Sie dazu zu glauben, dass er nicht auftaucht?"

„Oh, ich weiß es einfach." Hermione stöhnte. „Er kann nicht kommen, weil er noch ein paar Geschenke für seine kleinen Kinder einpacken muss, und seine Frau würde es nicht schätzen, wenn er aus dem Haus rennt, um am Heiligabend eine junge Hexe in einem Muggelpub zu treffen."

„Über wen reden Sie?" Severus runzelte die Stirn.

„Gerade habe ich Ihnen gesagt … ich weiß es nicht!" Hermione schüttelte traurig den Kopf und fuhr fort: „Aber ich weiß, dass ich recht haben muss. Er muss verheiratet sein, mit hübschen Kindern und einer sehr, ich meine sehr attraktiven Frau." Eine große Träne rann ihr das Gesicht hinab, und sie schniefte. „Eine Frau, die gerade dabei ist, ihren wundervoll gebratenen Truthahn aus dem Ofen zu holen. Meine Mum hat immer gesagt, ich sollte lernen, wie man einen Truthahn brät, ehe ich mit der Schule fertig bin. Ich habe ihr immer gesagt, ich würde es später lernen. Schauen Sie, was jetzt passiert! Vielleicht kann ich meine Mum und meinen Dad nie wieder haben. Und ich weiß immer noch nicht, wie man einen Truthahn brät!" Inzwischen weinte Hermione über dem Tresen. Mit einem sehr besorgten Blick sah der Barkeeper zu ihnen.

„Wie viele Biere haben Sie ihr verkauft?", knurrte Severus den jungen Mann hinter dem Tresen an.

„Nicht so viele …, Sir. Drei? Ich wusste nicht, dass sie so wenig verträgt …", antwortete der Barkeeper mit zitternder Stimme.

„Hermione." Severus stieß ein Seufzen aus und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Hexe zu. „Haben Sie etwas gegessen? Trinken Sie auf leeren Magen? Sie sind völlig betrunken. Sie müssen nach Hause gehen."

„Aber ich weiß immer noch nicht, wie man einen Truthahn brät!", hickste Hermione.

„Zur Hölle mit dem Truthahn", grummelte Severus, packte einen von Hermiones Armen und zog sie von ihrem Hocker.

Mit schwindeligem Gefühl taumelte Hermione einen Schritt vorwärts und stellte schnell fest, dass sie sicher in den Armen ihres früheren Professors gelandet war. „Ich glaube, ich bin betrunken, Professor", flüsterte sie.

„Und ob Sie betrunken sind." Severus stieß ein leises Knurren aus. Vorsichtig hielt er Hermione bei den Schultern und führte sie aus dem Pub hinaus auf die Straße. Da sie nur ihren leichten Mantel trug, zitterte Hermione in der winterlichen Luft. Mit einem Schwenken seiner Hand rief Severus seinen schwarzen Umhang herbei und wickelte ihn um Hermione. Während er sie in eine stille Seitenstraße führte, hielt er sie noch ein bisschen fester. Mit einem leisen Knall verschwanden der Zauberer und die Hexe.

„Haben Sie keine Katertränke?", rief Severus frustriert aus Hermiones Küche.

„Nein …", stöhnte Hermione. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so viel getrunken habe … Ohh … ich fühle mich nicht gut."

Wenige Augenblicke später kam Severus mit einem Glas Orangensaft zurück in Hermiones Schlafzimmer. „Dann werden Sie den Rausch ausschlafen müssen. Einige gute Lektionen für die Besserwisserin: Trinken Sie nie auf leeren Magen und kennen Sie immer Ihr Limit."

„Hören Sie auf, sich über mich lustig zu machen. Ich leide …" Hermione schmollte, als sie das Glas aus der Hand des Zauberers entgegennahm. „Aber … danke …, Severus", murmelte sie.

Severus presste die Lippen zu einer dünnen Linie aufeinander und sah zu, wie Hermione vorsichtig an der Flüssigkeit nippte. „Gerne", seufzte er schließlich.

Die Hexe und der Zauberer saßen eine lange Zeit ruhig im Zimmer, dann fragte Hermione: „Haben Sie morgen schon etwas vor, Professor Snape?"

„Ich dachte, Sie nennen mich von jetzt an Severus?" Er fuhr fort: „Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich habe nichts vor. Aber verstehen Sie das nicht als eine Einladung, am Fall zu arbeiten, Miss Granger. Ich weiß, was Sie denken … keiner von uns hat irgendwelche Pläne, dann könnte man auch einen produktiven Tag daraus machen …."

„Das ist nicht, was ich sagen wollte. Und ich dachte, es sei von jetzt ab Hermione?" Hermione stieß ein Lachen aus. „Nein, ich hatte mich nur gefragt, ob Sie morgen zum Abendessen oder so herüberkommen wollen."

Auf Severus' Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck, den Hermione nicht verstehen konnte. Einen Moment später sagte er: „Natürlich, das wäre nett."

„Gut." Sie lächelte. „Ich denke mir etwas aus. Erwarten Sie nur bitte keinen Truthahn."

„Ich glaube, das haben Sie ziemlich deutlich gemacht." Er griff hinüber und nahm das leere Glas.

„Warum bin ich so müde? Und mein Kopf …" Hermione hielt sich den Kopf. „Er tut weh."

„Das ist der Vorteil davon, betrunken zu sein." Er grinste spöttisch. „Ich schlage vor, dass Sie direkt schlafen gehen."

Hermione legte sich in ihr Bett und murmelte: „Ich hasse es, wenn Sie recht haben …"

Kopfschüttelnd knurrte er etwas, das sie nicht hören konnte. Als er ihre Schlafzimmertür erreichtr, fragte sie: „Severus, kann ich Sie etwas fragen?"

„Ich muss den Zauber noch entdecken, der Sie daran hindern kann, Fragen zu stellen, Hermione." Er drehte sich herum, um sie anzusehen. „Was ist?"

„Finden Sie mich attraktiv?", fragte sie ruhig.

Auf die ungewöhnliche Frage hin hob er die Augenbrauen. Einen Moment später antwortete er: „Ich denke schon. Warum fragen Sie?"

„Finden Sie mich langweilig?" Sie beantwortete seine Frage nicht, sondern stellte eine weitere.

„Nein, ich finde Sie nicht langweilig", antwortete Severus sofort. „Viele Leute halten Sie für sehr interessant."

„Was meinen Sie?", fragte sie mit geschlossenen Augen.

Er ging zu ihr zurück und sah sie einen langen Moment an. „Ich denke, Sie sind eine sehr attraktive und interessante junge Hexe, Hermione Granger."

Mit geschlossenen Augen lächelte sie und murmelte: „Danke für Ihre freundlichen Worte, Severus. Ich weiß sie zu schätzen."

Da er spürte, dass sie dabei war einzuschlafen, ging Severus wieder zur Tür zurück. Und dann hörte er sie vor sich hinmurmeln: „Zu dumm, dass T das nicht denkt."

Auf dem Weg erstarrt stand Severus lange in der Türöffnung. Als er endlich einen Entschluss gefasst hatte, wandte er sich um und sagte: „Hermione, ich möchte mit Ihnen über etwas reden."

Aber es kam keine Antwort.

„Hermione?"

In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass sie bereits fest schlief. Mit einem tiefen Seufzen sagte er: „Du irrst dich über deinen Brieffreund, Hermione. Er wird niemals denken, dass du langweilig bist. Und du bist eine sehr attraktive Hexe, die ihm zu viel bedeutet." Leise schloss er ihre Schlafzimmertür hinter sich und sagte: „Aber ihm läuft sicher die Zeit davon."