Freiheit
(Songfic zu "Bald (und wir sind frei)" von Glashaus)

Autorin: AyaScythe
Rating: PG-13
Einstufungen: drama, songfic, slash, dark, DEPRI!

Disclaimer:
Wir wissen doch alle, dass mir nichts gehört und die olle JKR die ganze Kohle an Harry Potter verdient. (Ist Zuhälterei nicht eigentlich verboten/grins/)
"Bald (und wir sind frei)" ist ganz offensichtlich nicht von mir, sondern von Glashaus!

Kommentar:
Jupp, mal wieder ein Song, der mich zu einer FF inspiriert hat. (Überraschung, Überraschung...) Da gewisse Personen noch leben (die Betonung liegt auf "noch"), ist das hier mehr oder weniger AU. Beim Schreiben bin ich mal wieder voll abgedriftet, weshalb der Songtext im Rest etwas untergeht.
Die Story ist etwas bizarr (finde ich) und das Pairing wahrscheinlich eher... ungewöhnlich, aber ich wollte unbedingt mal meine beiden Lieblingscharas zusammenpacken und sehen, ob's funktioniert.
Draco ist hier übrigens ca. Anfang 20. Und der kursive Text in der Mitte soll eine Rückblende sein.

Beta: Laix

Feedback: Yum, immer doch. Hauptsache begründet und konstruktiv.

FREIHEIT

Drip, drip, drip.
Das Wasser stand bereits in Pfützen auf dem nackten Steinboden.
Drip, drip, drip.
Konnte es nicht einfach aufhören?
Drip, drip, drip.
Er widerstand dem Drang, sich die Ohren zuzuhalten. Niemand sollte - durfte merken, dass das Geräusch ihn an den Rande des Wahnsinns trieb und das schon seit Tagen. Schwäche war tödlich hier unten.
Drip, drip, drip.
Wie hielten die Gefangenen das nur aus?
Drip, drip, drip.
Knurrend erhob er sich von seinem Stuhl, auf dem er bis eben noch nervös gekippelt hatte. Griff nach seinem Zauberstab.
Drip, drip, drip...
Zeit für den nächsten Kontrollgang.

ooOOoo

Tap, tap, tap.
Endlich. Erleichtert atmete er aus, als das Hallen seiner schweren Stiefel das Geräusch des tropfenden Wassers überdeckte.
Es regnete bereits seit Tagen, wenn nicht Wochen. Selbst hier, im tiefsten, teilweise unterirdischen Teil der Feste, drang das Wasser durch undichte Spalte und Risse herein und raubte allen, die dazu verdammt waren, das letzte Bisschen an Nerven.
Nicht, dass er das nicht hätte ändern können. Ein kleiner Silencium-Zauber und das Problem wäre gelöst.
Doch er durfte nicht. Nichts durfte an diesem Platz verändert werden, erst recht nicht, wenn es dadurch angenehmer für die Gefangenen werden könnte. Order von ganz oben.
Seine Lippen kräuselten sich abfällig bei dem Gedanken. Verdammter Sadist.
Sollte das Schlangengesicht doch einmal selbst für ein paar Tage - oder noch besser: für alle Ewigkeit - in diesem Loch fristen! Dann würde es am eigenen Leib erfahren, was es bedeutete, in den Verliesen der Todesesserfeste dahinzuvegetieren.
Die Kerker wurden bezeichnenderweise auch die "Kalte Hölle" genannt, denn hier unten herrschten meist eisige Temperaturen, selbst im Sommer. Dies lag zum einen an den Dementoren, die an allen Eingängen postiert waren, zum anderen an den dauerhaft gelegten Zaubern, die jede Zelle in der Nacht mit winterlichen Temperaturen heimsuchten.
Kriegsgefangene, Geiseln, Verräter aus den eigenen Reihen - sie alle fristeten ihre Existenz in isolierten, stockfinsteren Einzelzellen. Heimgesucht von ihren schlimmsten Ängsten, durch eine Armee von Boggarts und Dementoren. Beaufsichtigt, gedemütigt und regelmäßig gefoltert von einer Elite aus kaltblütigen Todesessern.
Doch selbst Wärter wie er, die mit schwarzmagischen Amuletten vor den Dementoren und der Kälte geschützt blieben, fanden hier unten keine Freude, keine Freiheit, kein Leben...
Er zog sich die pechschwarze Kapuze tiefer in die Stirn und riss sich los von diesen Gedanken, die er schon viel zu oft gedacht hatte.
Tap, tap, tap.
Sein Zauberstab klickte leise, als er ihn einschüchternd durch die feingliedrigen, blassen Hände tanzen ließ. Die Gefangenen konnten ihn nicht sehen, aber sie konnten ihn hören. Es war seine Pflicht, sie seine Anwesenheit spüren zu lassen, die potentielle Bedrohung, die von ihm ausging.
Er durchquerte gewissenhaft den gesamten Ostflügel, bevor er sich dem westlichen Teil der Kerker zuwandte. Erst im letzten Gang unterbrach er seine gleichmäßigen Schritte. Zögernd hielt er seinen Zauberstab fest.
Nur die wichtigsten Gefangenen des Dunklen Lords befanden sich in diesem Teil des unterirdischen Komplexes. Die magische Absicherung war hier besonders stark und machte ihn zu einem Hochsicherheitstrakt.
Mit ausdruckloser Miene starrte er auf die Verliesnummer 304. Gefangenenbesuche waren ohne strikte Erlaubnis verboten, doch er war heute wieder als einziger Wärter hier unten. Niemand würde es erfahren.
Ein kurzer gemurmelter Spruch, ein blaues Leuchten und er trat ein.

ooOOoo

Die Stille und die Dunkelheit waren erdrückend.
Zuerst versuchte er allein mit dem Gehör herauszufinden, wo der Gefangene sein musste, doch das schiere Fehlen an Geräuschen machte es unmöglich. Entweder der Gefangene verhielt sich absolut ruhig oder er war... tot.
Er schluckte, verscheuchte den Gedanken.
Schwachsinn. Er kann nicht tot sein. Das würde der Dunkle Lord nicht zulassen.
Dennoch beeilte er sich, so schnell wie möglich einen Lumos heraufzubeschwören.
Er blinzelte kurz, bis sich seine Augen wieder an das Licht gewöhnt hatten. Und dann sah er ihn.
Wärmesuchend hatte er sich in eine Ecke gekauert, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen, den Kopf müde darauf gestützt. Sein schwarzes, langes Haar hing ihm glanzlos ins Gesicht, seine dunklen, blutunterlaufenen Augen waren auf ihn gerichtet.
"Black."
Ein kleines, freudloses Grinsen spielte um die Lippen des Animagus.
"Warum seid ihr diesmal gekommen? Eine weitere Folterrunde? Will das Schlangengesicht mich sehen? ...Oder gibt es vielleicht tatsächlich einmal etwas zu Essen?"
Bei den Worten wich er leicht zurück. Schmerzlich erkannte er, dass Black ihn mit einem der anderen Wärter verwechselte und erneute Qualen von ihm erwartete. Dabei war er der letzte, der dergleichen beabsichtigte. Wie könnte er auch?

/Wie teuflisch muss es sein, dass
Es scheint ich wollte dir
schaden und dass du leidest.
Ich werd doch selbst gefoltert hier./

"Nein", erwiderte er mit einem bitteren Unterton. "Nichts von allem."
Langsam zog er die Kapuze nach hinten und offenbarte silberblondes, perfekt gekämmtes Haar, blasse Wangen und sturmgraue, besorgt zusammengekniffene Augen.
Blacks Blick erhellte sich. "Draco!"
Der blonde Todesesser überwand die letzten Meter zwischen ihnen mit wenigen Schritten und griff nach Sirius' Hand.
"Deine Hand ist eisig! Funktioniert das Amulett nicht mehr richtig?"
Sirius zog einen grünen, mit einem feinen Riss durchzogenen Stein aus den Lumpen seiner Kleidung hervor.
"Es hat noch nie richtig funktioniert", lächelte er spöttisch, ohne jedoch anklagend zu klingen.
Draco untersuchte das Amulett mit kritischem Blick und versuchte mehrere Reparo-Sprüche daran.
"Du weißt, ich kann dir kein vollkommen funktionstüchtiges Amulett geben. Jeder Wärter bekommt nur eines, das speziell für ihn angefertigt wird. Ich habe mein letztes Amulett schon absichtlich beschädigt, damit ich es dir geben konnte."
"Ich weiß." Der Animagus lächelte noch immer, doch seine Miene hatte das Spöttische verloren und spiegelte einen Anflug von Dankbarkeit wider.
Der blonde Wärter bearbeitete noch immer das grüne Amulett und hatte es immerhin soweit wiederhergestellt, dass sich der Riss bis zur Hälfte geschlossen hatte. Er drückte den Stein zurück in die knochige Hand des anderen, während er seine Robe auszuziehen begann und sie anschließend um den geschwächten, zitternden Körper vor sich legte.
Innerlich verfluchte Draco wieder einmal die Schutzsysteme, die es sogar verhinderten, dass er ein Feuer machen konnte.
"Wenn ich doch nur einen anderen Weg wüsste, dich vor den Dementoren und der Kälte zu schützen", knurrte er frustriert.
Sirius zuckte gleichgültig die Achseln, als wäre er nichts anderes gewohnt. "Nichts zu machen. Die Kälte ist zwar schmerzhaft, aber nicht unerträglich... Ich wüsste allerdings einen Weg, mich warm zu halten..."
Ohne Vorwarnung zog er den Blonden zu sich auf den Schoß und schloss ihn in eine wärmesuchende Umarmung.
Draco, erst überrumpelt von der plötzlichen Berührung, schloss die Augen, fuhr mit seiner Hand durch das schwarze Haar, versteckte sein Gesicht in der blassen Halsbeuge des anderen. Ein leises, erleichtertes Seufzen ertönte und der Griff um seine Hüften verstärkte sich noch ein wenig mehr.
Eine Ewigkeit schien an ihnen vorüberzuziehen (Wer konnte schon genau sagen, wie viel und wie schnell Zeit hier unten verging?), unbemerkt, unbeachtet, während sie in den Armen des anderen lagen.
Erst als der Animagus sich ein Stück von ihm löste, brachte er es über sich, die Augen zu öffnen.
"Es wird allmählich unbequem in diesem Loch...", grinste Sirius und ein Funke seines alten Übermuts flackerte in seinen dunklen Augen auf. Im selben Moment wurde er jedoch wieder ernst, lehnte seine Stirn gegen die von Draco. "...wie lange noch?"
Draco sah ihn nachdenklich an, doch sein Blick schien durch ihn hindurchzugehen.
Er wusste - hoffte -, dass es nicht mehr langen dauern konnte. Der Krieg spitzte sich immer mehr auf einen Höhepunkt zu, ein furioses Ende, bei dem sich die zwei Schlüsselpersonen gegenüberstehen würden. Bis dahin würden sie hier ausharren müssen.

/Es ist schwierig abzuschätzen,
doch es ist sicher nicht mehr weit.
Diese Tage sind die Letzten (die Letzten),
der Spuk ist bald vorbei/

"Bald", wisperte er schließlich und schloss erneut die Augen. "Ich habe gehört, dass sich Potter bereits auf den Weg gemacht hat. Anscheinend konnten sie ihn nach vier Monaten nicht länger davon abhalten, dich retten zu gehen."
Ein Beben von Sirius Oberkörper, ein leises, kurzes Lachen. "Höre ich da etwa eine Anklage?"
"Vielleicht."
"Du solltest Harry nicht falsch einschätzen... Dumbledore manipuliert ihn zu seinen Zwecken und seit ich von den Todesessern verschleppt worden bin, konnte ich nichts mehr dagegen tun."
"Dumbledore!" Draco schnaubte verächtlich. "Was für ein Anführer! Manchmal ist es beängstigend, wie ähnlich die 'gute Seite' meiner eigenen ist."
Er fühlte, wie Sirius' Hand federleicht über seine Wange strich, doch er behielt die Augen geschlossen und lehnte sich in die Berührung hinein.
"Und manchmal ist es beruhigend, wie ähnlich du denen von 'meiner Seite' sein kannst, Drac", murmelte der Animagus. "Du hast einen ähnlichen Gerechtigkeitssinn wie Harry..."
"Soll ich das als Kompliment auffassen?"
"Vielleicht."
Sie schwiegen beide, während Sirius' Hand noch immer über sein Gesicht, seine seidigen, blonden Haare und seinen Hals strich. Dracos Gedanken wanderten zu dem Tag, an dem er Sirius Black zum ersten Mal gegenübergestanden war.

Er war bereits drei Jahre im Dienst als Wärter gewesen, als ihm der verwundete Körper des Animagus zu Füßen geworfen wurde. Black war ein Wrack gewesen, denn er hatte sich mit allem gewehrt, was er aufbieten konnte, doch noch mehr als körperlich war er ein seelisches Wrack gewesen.
Draco wusste nicht, warum - es interessierte ihn auch nicht. Doch das immer wieder im Schlaf gemurmelte "Remus" und die Nachricht, dass ein Werwolf auf den Seiten des Feindes gefallen war, genügte ihm, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Black brauchte Wochen, um sich von seinen Verletzungen zu erholen, und die schlechten Bedingungen in den Kerkern taten dazu ihr Übriges.
Draco kümmerte es nicht. Ihn kümmerte nichts und niemand hier unten, außer ihm selbst. Das gehörte dazu, wenn man einer der auserwählten Wärter von Voldemorts Gefangenen war. Das Leben hier unten wirkte sich auch auf sie selbst aus, selbst wenn sie - offiziell - keine Gefangenen waren.
Die Schwäche der Gefangenen, ihre Angst und Unsicherheit, schien sich nach einiger Zeit einfach in sein Herz geschlichen zu haben und kein Amulett der Welt konnte ihm dagegen
helfen.

/Als ob wir leiden müssten
macht es uns schwach, ängstlich und krank./

Einzige Option war, noch kälter und gleichgültiger zu werden.
Was interessierte ihn all das Leid, das er mitverursachte, wenn er selbst aufpassen musste, dass er nicht verrückt wurde? Was interessierten ihn diese Verräter und Jammerlappen, die so unvorsichtig gewesen waren, sich fangen zu lassen? Was interessierte ihn Potters Pate, mit seinen unergründlichen, dunklen Augen?
"Macht es dir eigentlich Spaß, den Folterknecht für das Schlangengesicht zu spielen?", hatte er eines Tages gefragt, als Draco ihm eine der seltenen Mahlzeiten gebracht hatte. Der Hohn funkelte herausfordernd in seinen Augen.
"Pass auf, was du hier unten sprichst. Das 'Schlangengesicht', wie du ihn nennst, könnte es vielleicht hören", erwiderte Draco mit einem spöttischen Lächeln.
"Nein, kann er nicht." Blacks Augen schienen ihn regelrecht zu durchbohren. "Niemand kann uns hier hören, nicht dein Lord, nicht meine Leute, nicht einmal Gott. Das hier ist die Hölle."
"Ach ja?" Ein trockenes Lachen ging ihm über die Lippen. "Was weißt du schon über die Hölle, Black?"
"Ich war in Askaban", antwortete der schwarzhaarige Magier, als würde das Erklärung genug sein. "
Das hier ist noch schlimmer, auch wenn ich nie gedacht hätte, das so etwas möglich wäre."
"Du bist noch nicht einmal einen Monat hier!", spöttelte Draco. "Was wirst du dann erst in einem Jahr sagen?"
"Eher bringe ich mich um, als dass ich so lange in dieser Zelle verrotte!"
"Geht nicht", sagte er, zum ersten Mal schwang Bitternis in seiner Stimme mit. "Jeder, der in diese Kerker gebracht wird, ist an das Leben des Dunklen Lords gebunden. Du kannst nicht sterben, solange er es nicht will oder er selbst stirbt."
Die Tatsache, dass er Voldemort nicht einmal durch den Tod entkommen konnte, schien Black aus der Fassung zu bringen, denn er starrte ihn ungläubig an. Erst nach einigen Minuten des Schweigens wandte er sein Gesicht ab.
"Verschwinde!"
"Ach, habe ich damit deine Hoffnungen zerstört?", wollte Draco wissen, der Zynismus in seinen Worten war unüberhörbar. "Dachtest du, du könntest dir die Pulsadern aufschlitzen, um nicht mehr jede Nacht Albträume von deinem Werwolf zu haben? Wolltest du vor deinem eigenen Schmerz, den die Dementoren aufrecht erhalten, davonlaufen?"
"Du hast
keine Ahnung von meinem Schmerz!", zischte Black. "Du hast doch keine Ahnung, was Schmerz überhaupt bedeutet!"
Der Todesesser spürte Wut in sich aufwallen. Dieser Gefangene wollte ihm sagen, er hätte keine Ahnung von Schmerz? Keine Ahnung von Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit?
"Ach ja? Habe ich nicht? Verbringe erst einmal drei Jahre ununterbrochen hier unten, dann reden wir weiter!", herrschte er den Animagus an und wandte sich zum Gehen.

/Konnt nicht glauben, dass ich nicht wüsste (1)
wie es ist, wenn der Schmerz dich übermannt./

"Nein! Wir reden
jetzt weiter!"
Damit fühlte er zu seiner Überraschung, wie Black nach seiner Hand griff und im selben Augenblick schien ein Blitz aus Qual in ihm zu explodieren.
Draco keuchte auf, griff an seine Brust, doch bald stellte er fest, dass der Schmerz nicht körperlich war. Vielmehr waren es Gefühle, die auf ihn niederstürzten, an seiner Seele zu zerren begannen und in Fetzen zu reißen drohten: Schmerz, Einsamkeit, Schmerz, Verlust, Schmerz, Angst, und immer wieder Schmerz, Schmerz, Schmerz...
Die Hand ließ ihn los und es hörte so schnell wieder auf, wie es angefangen hatte. Er stand noch immer wie versteinert da, Tränen standen in seinen Augen, doch auch Black atmete schwer.
"Ich nehme zurück, was ich gesagt habe", keuchte der Animagus, lehnte sich gegen die Zellenwand und sein schwarzes Haar rutschte ihm aus der Stirn. "Du
weißt, was Schmerz bedeutet."
"Du aber noch viel mehr", hielt er schwach dagegen. "Das waren doch deine Gefühle, die ich gerade gespürt habe? Und du hast in meine gesehen... nicht wahr?"
Sirius nickte.
"Ich wusste nicht, dass du ein empathischer Magier bist..."
Ein empathischer Magier konnte mit Hilfe von Berührung Verbindungen zu anderen Seelen aufbauen, ihnen seine Gefühle zeigen, aber auch deren Gefühle lesen. Es gab nur eine handvoll von ihnen auf der Welt, denn sie waren ähnlich selten wie ein Parselmund.
"Das wissen nur die wenigsten... Harry, Dumbledore... auch Remus hat es gewusst."
"Dann muss es wirklich die Hölle für dich sein... Spürst du etwa
alle ihre Qualen und Ängste?"
"Nein..." Sirius lachte leise und bitter bei der Vorstellung. "Ich könnte nicht einmal mit dir reden, wenn es so wäre. Mein Verstand hätte sich verabschiedet und meine Seele wäre ein Trümmerfeld - obwohl sie das auch so schon ist.
Nein, ich halte es unter Kontrolle... nur manchmal, wenn ich geschwächt bin, dringen Gefühle von außerhalb ein."
Draco schwieg, in seinem Inneren tobte ein Sturm von Gefühlen. Er starrte den erschöpft dasitzenden Mann minutenlang an, bevor er sich umdrehte und überstürzt zur Tür eilte. Wieder einmal war er wütend, doch er konnte nicht sagen worauf. Auf Black? Sich selbst? Oder diese teuflische Situation, in der sie sich befanden?
Beim Verlassen der Zelle drehte er sich nicht einmal mehr um, aber verkündete mit zitternder Stimme: "Glaube ja nicht, dass das meine Meinung oder Einstellung zu dir in irgendeiner Weise ändern wird!"

Doch es hatte ihn verändert, mehr noch, als er anfangs befürchtet hatte.
Der Einblick in ihrer beider Seelen hatte ein unsichtbares Band zwischen ihnen geschaffen, gegen das sie sich beide nicht wehren konnte. Ein Band, das sie aneinanderkettete, das etwas zwischen ihnen wachsen ließ, was Draco niemals erwartet hätte.
Eine Art Respekt entstand zwischen ihnen, aus dem Verständnis und irgendwann sogar eine seltsame Freundschaft wurde. Und aus dieser Freundschaft...
"Draco? Was ist?"
Sirius' Hand schob sich unter sein Kinn, zwang es sanft nach oben. Seine Lider öffneten sich und er erblickte die dunklen, fragenden Augen des Animagus.
"Nichts...", schüttelte er den Kopf. "Ich habe nur nachgedacht. Über uns. Glaubst du, wir können zusammenbleiben, wenn es vorbei ist?"
Der Schatten eines Lächelns huschte über Sirius' Lippen. "Ich hoffe es."
Dann lehnte er sich vor und küsste ihn, verzweifelt, wie ein Ertrinkender, der nach Rettung suchte. Seine Hände gruben sich in die schwarze Todesesserrobe, um sie vor dem Zittern zu bewahren, das durch seinen ganzen Körper ging.
"Es kann nicht mehr lange dauern", wiederholte Draco, als sie sich keuchend getrennt hatten und drängte sich noch enger an ihn, wollte ihm noch mehr von seiner Wärme geben. "Nur noch ein paar Tage. Potter wird das Schlangengesicht besiegen, und wir werden frei sein. Frei, hörst du?"

/Die paar Tage sind es noch und
Beendet ist das Leid.
Behalte deine Hoffnung und
Wir sind bald schon alle frei/

"'Freiheit'...", murmelte Sirius. "Ich weiß schon gar nicht mehr, was das bedeutet. Wie es sich anfühlt."
Erneut hauchte Draco einen Kuss auf seine Lippen, zog dann den Kopf des dunkelhaarigen Magiers an sich und ließ ihn gegen seinen Oberkörper lehnen. Seufzend schloss Sirius die Augen.
"Ich bin so müde. Die Gefühlsfetzen der anderen Gefangenen dringen immer öfter zu mir durch und rauben mir den Schlaf, weil ich dann am verletzlichsten bin. Noch dazu diese ständigen Gedanken..."
"Was für Gedanken?", fragte Draco ruhig, seine Finger strichen besänftigend über den Nacken des anderen.
"Hier unten kommt man so schnell ins Grübeln. Verdammte Dementoren... Sie lassen mich ständig diejenigen sehen, die ich bereits verloren habe. Lily, James... Remus." Sirius machte eine kurze Pause, in der er die Augenlider noch fester zusammenkniff. "Aber die Boggarts sind fast noch schlimmer, denn sie zeigen mir das, was ich noch habe und nicht verlieren will."
"Was... was zeigen sie dir?"
"Harry... und dich."
Draco schluckte hart. Eine Hoffnungslosigkeit und Resignation kroch in ihm hoch, die er schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Es schien alles so sinnlos...
"Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin schon tot und das hier ist die Hölle."

/Stumpf, müde und kühl
macht uns das Leben hier.
So stirbt es mit Gefühl
für den in der Zelle neben dir./

"Richtig und falsch...", raunte Draco. "Das hier ist die Hölle. Du hast es selbst schon einmal gesagt. Aber du bist noch am Leben, genau wie ich."
"Ja, weil mich Voldemorts Zauber an ihn bindet. Und dich ebenso..."
Damit drehte er seinen Kopf leicht zur Seite, schob den linken Ärmel von Dracos Todesesserrobe nach oben und offenbarte einen schwarz umrandeten Totenkopf mit einer Schlange auf blasser Haut.
"Das Dunkle Mal... Es bindet dich und alle anderen Todesesser an Voldemorts Lebensspanne. Solange er lebt, ist alles in Ordnung. Doch sollte er sterben, dann wird auch seine gesamte Gefolgschaft mit ihm untergehen. Verdammter Psychopath! Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass der Rest davonkommt, wenn er stirbt!"
Draco zog seinen Arm aus Sirius' Griff und verdeckte das Dunkle Mal wieder durch schwarzen Stoff.
"Ja, aber diese Tatsache ist es, was unser letztes Bisschen Hoffnung aufrecht erhält."

/Doch behalte deine Sinne,
Da ist Licht am Horizont./

"Ich weiß. Sobald Harry Voldemort getötet hat, wird auch dieses Schloss in Trümmer zerfallen und in Flammen aufgehen. Nichts wird übrig bleiben."

/Es regnet Feuer von den Himmeln,
wenn der Erlöser wiederkommt./

"Potter weiß nichts von dem, was passieren wird, oder?"
"Wenn er es wüsste, wäre er nicht auf dem Weg hierher... Er konnte noch nicht einmal den Gedanken, Voldemort zu töten, ertragen."
Sirius schluckte, als er an seinen Patensohn dachte. "Es wird ihn zugrunde richten, wenn er es erfährt... Wie ich ihn kenne, wird er die ganze Schuld auf sich nehmen."
In Dracos Brust zog sich etwas zusammen. Er zog den Animagus wieder an sich, küsste ihn, immer und immer wieder, nur um die Hoffnungslosigkeit zu vertreiben, die sich wie eine dunkle Wolke zwischen ihnen ausbreitete.
"Vergiss nicht: Wir sind dann frei", wisperte er gegen die kühlen Lippen vor sich. "Selbst Potter wird das irgendwann einsehen."
Sirius' Blick wurde trüb. "Ja... frei."

ooOOoo

Tap, tap, tap.
Die Schritte hallten schwer in den Gängen, die er schweigend durchquerte, und abermals war er froh, dass er dadurch nicht das ewige Tropfen des Wassers hören musste.
Abermals spielte er mit dem klickenden Zauberstab, ließ die Gefangenen wissen, welche Macht er über sie hatte.
Abermals zog er seine Kapuze tiefer ins Gesicht, als er an unzähligen Türen vorbeiging.
Abermals öffnete er die Tür zu seiner Kammer, beendete somit seinen Kontrollgang.
Und bei allem, was er tat, hoffte er, dass es zum letzten Mal war.
"Bald", murmelte er, als er sich wieder an seinen Schreibtisch setzte. "Bald."

/Und wir sind frei,
und wir sind frei,
und wir sind frei,
und wir sind frei./

Owari

Und/unsicher in die Runde schau/ War's akzeptabel? (Mal abgesehen von der seltsamen Story!)
Ich liebe Sirius und Draco, aber zusammen sind die zwei unglaublich schwer zu schreiben! Ich weiß bis jetzt noch immer nicht, ob ich mit diesem Pairing was anfangen kann...
Außerdem war der Songtext irgendwie schwer in die Fic einzugliedern und einige Stellen echt schwer zu interpretieren... Irgendwie bin ich gar nicht zufrieden damit...

(1) Diese Stelle des Songtextes ist vermutlich falsch, aber ich konnte einfach nicht herausfinden, was richtig war. Im Lied selbst ist es total schwer zu verstehen, im Internet stand jedesmal was anderes dabei. Also habe ich es bei der Version belassen, die ich zuerst hatte.