Geschichten, die das Leben schöner machen I

A/N: Ich beginne dieses Kapitel vor dem Spiel Deutschland-Italien. Ich habe auf Deutschland gewettet. Ich weiß nicht, was passieren wird. Aber ich hoffe, dass ich vorher fertig werde. (Erledigt!) Die Weltmeisterschaft-Andeutungen konnte ich mir übrigens nicht verkneifen, tut mir Leid! Aber wer sich nicht dafür interessiert, wird es gar nicht bemerken. :D

A/N2: Ich lerne etwas über meine Mitbewohner, Familie Bachstelze. Der Dank hierfür geht an Wikipedia.

Meg rockz my sockz! Auch wenn sie nicht durchgehend für Deutschland war... ;)

A/N3: ... und damit verdammt noch mal Recht hatte. Gnagnagna. Nach den paralysierten ersten Stunden nach dem Spiel bin ich jetzt (dank Megs tatkräftiger Hilfe) wieder soweit, mich zum guten Verlierer mausern zu können.

Gnagnagna.

POV: Remus

Kapitel 5 – Mittwoch

.-.

Da saß ein Vogel auf der Fensterbank.

Schon seit mindestens mehr als einer Minute.

Was er wohl da machte?

Über sein Leben nachdenken?

Seinen Selbstmord planen?

Nach Futter suchen?

Seinem nur von Instinkten gelenktes Gehirn, eines eigenen Gedankens unfähig, wie jedem anderen Muskel eine Ruhepause verschaffen?

Das Gehirn, trat Remus in Gedanken sich selbst, ist kein Muskel. Es gehört zum Körper, aber der Körper besteht nicht nur aus Muskeln.

Muskeln...

Hmmm. Muskeln.

Mit einem Aufstöhnen ließ Remus sich auf sein Kopfkissen zurücksinken. Den ganzen Tag schon versuchte er, Sirius aus dem Weg zu gehen, nachdem dieser ihm am vorherigen Nachmittag einige Kopfschmerzen verursacht hatte. Unglücklicherweise liefen sie sich ständig wieder über den Weg – was vielleicht damit zu tun hatte, dass sie gemeinsamen Unterricht hatten und ebenfalls gemeinsame Mittagessen, einen gemeinsamen Schlafraum und gemeinsame Freunde.

Die gute Sache war, dass Sirius nicht mehr aufdringlich war, eher im Gegenteil: Remus hatte fast den Eindruck, dass dieser genauso oft um die Ecken rannte und sich hinter James' Rücken verdrückte wie er selbst.

Schlecht war nur, dass – abgesehen von den allmählich eintretenden Einsamkeitserscheinungen – er Sirius nicht aus seinem Kopf bekam.

Gar nicht.

Gut, Hogwarts war ohnehin mit Sirius verbunden, das war Remus ja klar. Aber dass er ‚Zaubertränke' dachte und Sirius in Gedanken mit einem riesigen Messer vor ihm stand, bereit, Slughorn Paroli zu bieten, er ‚Hase' dachte und ihm Sirius in den Sinn kam, wie dieser versuchte, im Verbotenen Wald Hasen heimisch zu machen, oder eben, nun, ‚Muskeln', und ihm...

Hmmm.

Remus machte sich ernsthafte Sorgen um seinen Geisteszustand.

Nun war er extra in ihren Schlafraum geflüchtet, der, abgesehen von der Tatsache, dass er stickig und heiß war und der Staub vor seinen Augen flimmerte, einer der langweiligsten Orte der Schule war, abgesehen von Professor Binns' Klassenzimmer, und woran dachte er? Sirius.

Nicht einmal die Bachstelze, auch Motacilla alba, konnte ihn ablenken. Irgendwas an ihr erinnerte ihn beinahe provozierend an Sirius...

Verflixt und zugenäht, schoss es Remus durch den Kopf. Selbst nach Nachschlagen des lateinischen Fachbegriffs ist der Sirius-Einfluss nicht verschwunden.

Er unternahm wirklich sehr viel, um sich wieder in den Normalzustand zurück zu manövrieren.

Die Bachstelze flog gegen die Scheibe.

Von innen.

Gegen die geöffnete Scheibe.

Remus kratzte sich am Kopf, schlug das Lexikon wieder auf, das neben ihm auf dem Nachttisch lag, und fragte den kleinen Vogel, der momentan benommen über den Boden hüpfte: „Alba alba oder alba yarelli?"

Die Bachstelze sah ihn an, als hätte er gerade etwas sehr, sehr Dummes gefragt.

„Alba wer?", ertönte es fröhlich aus der Tür. „Ach, du weißt schon, dass die Albaner ins Halbfinale der Quidditch-Weltmeisterschaft gekommen sind? Die haben aber auch fantastisch gespielt, das ist einfach noch Spielfreude, das Bürokraten-Quidditch der Schweden war aber auch unter aller Sau..."

„Hallo, James", antwortete Remus. „Eigentlich habe ich mich gerade mit dem Vogel unterhalten."

„... während die Albaner, das ist einfach noch was, das ist echtes Quidditch..."

„Ich habe ihn gefragt, ob er eine Bachstelze oder eine Trauerbachstelze ist."

„... da merkt man richtig, dass die dahinter stehen und nicht nur wegen dem Geld auf ihre Besen steigen..."

„Er weiß es auch nicht..."

„... ganz anders als die Franzosen – was? Ach so. Soll ich wieder gehen, oder darf ich mitreden?" James kramte auf dem großen Eichenholzschrank herum, auf dem er irgendetwas lagerte, von dem Remus gar nichts wissen wollte, weil mindestens die Hälfte davon seit ihrem ersten Schuljahr das Licht der Sonne nicht mehr erblickt hatte.

„Bleib ruhig", meinte Remus und rutschte ein Stückchen nach links, um der Sonne zu entgehen, die sich langsam auf sein Bett schlich. „Sie wollte gerade gehen."

„Sie?" James schaute ihn amüsiert an. „Wie viel Zeit hast du mit diesem Tier verbracht?"

„Och", meinte Remus, „Vor ein paar Minuten ist sie gekommen, und davor war sie auch schon eine Weile da..."

Beide sahen auf die Bachstelze, die sie beide musterte, zweimal mit dem Fuß auf dem Stein herumscharrte, sich umdrehte, von einem Fuß zum anderen trippelte und dann mit Schwung abflog.

Remus sah zu James, der den Kopf schief legte. „Warum habe ich das Gefühl, dass dieser Vogel mich sehr an Sirius erinnert?"

Remus hätte sehr gerne den Kopf gegen irgendwas geschlagen.

.-.

„Sag mal, Remus", begann James nach einem Moment wieder, seine Quidditchausrüstung vor sich auf dem Boden ausgebreitet. „Warum sitzt du eigentlich hier oben? Alleine?"

„Och", meinte Remus wieder, „Eigentlich nur so... weiß auch nicht..."

„Also derselbe Grund, aus dem Sirius im Gemeinschaftsraum hockt", überlegte sich James.

„Genau." Remus fasste sich abwesend an den linken kleinen Zeh.

James schüttelte den Kopf. „Du willst mir nicht zufällig verraten, was da gerade zwischen euch läuft?" Er hob einen Armschoner hoch und hob ihn prüfend gegen das Licht.

„Wie, was da läuft?", fragte Remus unglücklich.

„Schau, Remus." James nahm beide Armschoner und hielt sie gegen die Sonne, Remus' Meinung nach völlig sinnlos, aber James war Kapitän und als Kapitän hielt man seine Armschoner schon mal gegen die Sonne. „Ihr schleicht schon den ganzen Tag umeinander rum. Schaut der eine, schaut der andere nicht, schaut der andere, schaut der eine nicht. Sirius ist ungewöhnlich schweigsam, du redest zu viel und Peter kommt bald gar nicht mehr zu uns an den Tisch. Und jetzt sag nicht, dass das ein Zufall ist!"

Remus sah noch unglücklicher drein. „Weißt du, James, ich kann dir das auch nicht so genau sagen..."

James schnaubte. „Na gut, dann lassen wir das Thema." Er wedelte mit den Armschonern herum, überkreuzte sie und ließ sie schließlich frustriert auf den Boden fallen. „Remus? Sah ich irgendwie cooler aus, als ich sie hochgehalten habe?"

„Nein?"

„Lily meinte nämlich, dass es jetzt total in wäre, als professioneller Spieler immer seine Ausrüstung zu prüfen und mit einem Blick sagen zu können, ob sie in Ordnung ist oder nicht."

„Nicht, dass ich etwas von Coolness verstehen würde", meinte Remus langsam, „Aber was soll es bringen, seine Sachen hochzuhalten und ins Gegenlicht zu starren? Wenn du Pech hast, siehst du hinterher gar nichts mehr."

„Das weiß ich eben nicht!", brach es aus James heraus. „Aber Lily..."

„James", unterbrach ihn Remus, „Tust du alles, was Lily dir sagt?"

James sah ihn an, als wäre er verrückt geworden. „Ja?"

„Oh. Ach so."

Remus fand, dass er vielleicht noch ein bisschen mehr Erfahrung im Umgang mit Frauen sammeln musste.

.-.

„Remus?"

„Hm?"

„Ach, hier bist du." Peter schob sich durch die Tür und schloss sie aufatmend hinter sich.

„Hallo, Peter."

„Hallo, Remus."

„Was machst du hier?"

„Dito?"

„In Ordnung", erklärte Remus seufzend. „Ich verstecke mich vor der Welt."

„Genau das", meinte Peter, „Habe ich auch vor."

„Wunderbar."

„Ja."

.-.

„Sag mal, Remus?"

„Hm?"

„Ist es hier immer so langweilig?"

„Och, nein." Remus streckte sich und öffnete schläfrig ein Auge. „Sonst ist es noch viel langweiliger."

„Aha."

Peter begann, mit den Fingern auf dem Boden herumzutrommeln. Die beträchtliche Staubmenge, die er dabei aufwirbelte, brachte ihn allerdings sehr schnell wieder davon ab.

„Remus?"

„Hm?"

„War es hier schon immer so dreckig?"

„Jep. Das heißt, als die Hauselfen noch regelmäßig hier drin waren, nicht."

„Was soll das heißen, waren?" Peter sah ihn verblüfft an.

„Na ja, erinnerst du dich noch daran, als Sirius klagte, dass seine Snivelus-Erschreck-Bomben mit extragemeinen, supergeheimen Kleinigkeiten verschwunden seien? Wie in Luft aufgelöst?"

„Ja?"

„..."

„Oh."

„Genau", grinste Remus. „Es fiel mir erst auf, als ich meine Wäsche hier vergaß und sie am zweiten Tag noch immer am selben Platz lag. Dann habe ich mal vorsichtig nachgefragt, im Geheimen natürlich, und seitdem sind wir immer sehr nett zu den Hauselfen, wenn wir sie sehen..."

„Damit sie euch nichts tun?"

„Nein, damit sie uns nicht damit in Verbindung bringen." Remus gluckste. „Ich habe nur Sirius davon erzählt, damit er fortan die Klappe hält, und deshalb wissen sie nicht genau, von wem diese Mördermaschinerie war."

Peter kicherte. „Dass Sirius' Pläne mal so enden würden..."

„Solange sie uns Essen geben, wissen sie nichts davon." Remus versetzte sich wieder in den Schlafmodus, während Peter damit begann, seine Schultasche ein- und wieder auszuräumen.

Remus konzentrierte sich auf das Summen einiger Bienen vor dem Fenster und überlegte sich, was genau gestern eigentlich schief gelaufen war. Eigentlich ja nichts. Sie hatten zusammen am See gesessen, James und Lily waren hinzugekommen, selbst Peter hatte sich fünf Minuten lang blicken lassen, sie hatten sich unterhalten, James und Lily waren wieder verschwunden und irgendwann war der Nachmittag vorbei gewesen.

Gut, ein bisschen was hatte er ausgelassen. Die Momente, in denen er Sirius dabei erwischt hatte, wie dieser ihn angestarrt hatte; die Wimpernschläge, für deren Länge ihre Arme sich eindeutig absichtlich berührt hatten.

Er, Remus, hatte garantiert nichts damit zu tun gehabt, oh nein. Er hatte sich wirklich bemüht, ganz normal zu sein. Absolut ganz total normal.

Remus, dachte er, deine Sprachfähigkeit geht zugrunde. Spätestens jetzt solltest du dir Sorgen machen.

Tat er schon.

Sirius bereitete ihm trotzdem noch unheimlich Kopfzerbrechen.

Warum eigentlich?

Genau. Das war die Idee. Er würde einfach aufhören, an Sirius zu denken. Er würde Sirius als distanzierte Person sehen, ihn komplett aus seinem Gehirn streichen, und wenn er ihn sah, dann würde es einfach nur ‚sein Freund S.' sein.

Richtig.

So konnte es gehen.

„Oh, eine Bachstelze! Da, auf der Fensterbank! Findest du nicht auch, dass sie irgendwie Sirius ähnelt?"

Argh.