Okay, ich muss zugeben, das ist so ziemlich ein Es-passiert- nichts-Kapitel, doch schließlich muss ich manche andere Ereignisse auch vorbereiten... Also, Sergeant McKay kommt schon noch zu Action...

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"Die "Anderen" " - McKay konnte die Anführungszeichen praktisch in der Luft schweben sehen - "-befinden sich an der Oberfläche, Sergeant", sagte das Kind, und zog dann die bleistiftstrichdünnen Augenbrauen hoch. "Sie sorgen selbstverständlich für die Nahrungsversorgung der Oberen"

"Ssselbstversständlich", wiederholte McKay amüsiert, und das kleine Wesen seufzte empörte, und ballte knochige Fäuste, warf den Kopf in den Nacken und stolzierte noch energischer.

McKay warf Darvo einen Blick zu. Der Junge grinste entschuldigend, und zuckte andeutungsweise mit den Schultern.

Dann lenkte ein entsetztes Quietschen McKays Aufmerksamkeit wieder auf Talo. Der kleine Junge schien zur Seite gesprungen zu sein, und drückte sich jetzt an die strahlend weiße Wand des Gangs. Seine blassen grauen Augen waren weit aufgerissen.

"Uh", sagte er.

"Talo, ist alles in Ordnung?", fragte Darvo, anscheinend ziemlich besorgt angesichts diesem untypischen Mangel an sprachlicher Eleganz.

McKay, der dem Blick des Kindes gefolgt war, seufzte. Mehrere rötliche, leicht angetrocknete Tropfen markierten den Gang. Es schien, als hätte er den Weg zur großen Halle auch allein finden können.

Er stieß Darvo leicht an, und zeigte auf den Boden. Die Lippen des jungen Mannes zuckten, und er hob rasch die Hand, um sein Grinsen zu verbergen, als er sich wieder seinen Cousin zuwandte.

"D- d- das ist Blut!", quietschte dieser, und starrte dann McKay und Darvo wild an. "Was ist daran l- l- lustig?"

"Gar nichts, Talo", sagte Darvo, immer noch um eine ernste Miene bemüht. "Es ist schon okay", fügte er hastig hinzu und tippte leicht an seine gerötete Nase.

Graue Augen wurden noch größer.

"Oh"

"Entschuldigung", sagte eine kleine Stimme neben McKay, und dieser zuckte zusammen. Eine winzige, verhärmt aussehende Frau mit einer großen, schmutzig- beigefarbenen Schürze über grauer Kleidung und einem Schrubber ín der Hand stand in leicht gebückter Haltung neben ihm. Sie schielte unsicher zu ihm auf- und sie schielte wirklich leicht- und er trat rasch aus dem Weg.

Talo bemühte sich, seine Haltung wieder zu finden, während die kleine Frau an ihnen vorbei huschte, sorgfältig jeden Tropfen wegputzend. Nachdenklich starrte McKay ihr nach. Diese graue Kleidung…

"Warum hatte diessse Frau graue Kleider an?", fragte er. "Tragen nicht nur…"

"Sie ist natürlich eine der Überirdischen", sagte Talo, der immer noch etwas blass war, mit einem leicht verächtlichen Unterton in der Stimme.

"Manchen von ihnen ist es erlaubt, hier unten zu arbeiten", fügte Darvo hinzu.

"Die Arbeiten, für die…"

"Wissenschaftler, Ärzte und Soldaten natürlich nicht in Frage kämen", beendete Talo seinen Satz, und lächelte dann dünn. "Obwohl in der letzten Kategorie manchmal Bestrafungen…"

Er warf die knochigen Schultern ruckartig zurück, stieß sich dann energisch von der Tunnelwand ab, und ging weiter, den Gang entlang.

Darvo und McKay folgten ihm.

"Grau ssteht für Überirdische, Weisss für Wisssenschaftler, Beige- " -McKay erinnerte sich an das Gewand von Darvo´s Mutter- " - für Ärzte, Khaki für Sssoldaten…"

Darvo nickte bestätigend. "Ja. Die Überirdischen, die hier unten arbeiten, tragen unterschiedlichfarbene Schürzen- beige, wenn sie Putzleute sind, Hellblau, wenn sie den Köchen helfen. Die Oberen, die ausbilden, tragen Schärpen- gelb, wenn sie Kinder ausbilden, orange, wenn sie Jugendliche ausbilden, und rot, wenn sie beinahe Erwachsene lehren…"

"An Demmen habe ich aber keine Sschärpe gessehen", sagte McKay, und Darvo runzelte die Stirn und schien nach einer Erklärung zu suchen.

"Das ist darauf zurückzuführen, das Demmen nichts anderes macht, als Soldaten für den Nahkampf auszubilden", sagte Talo, und warf McKay einen gelangweilten Blick zu. "Es ist allgemein bekannt, dass er der Nahkampfausbilder ist."

"Aha", sagte McKay, und hörte Darvo neben sich seufzen.

Der Gang vor ihnen wurde nun etwas belebter, die Anzahl der Türen an den Seitenwänden nahm zu, und verschiedene Gänge kreuzten den Weg vor ihnen. Leute hasteten ein und aus, hauptsächlich in weißen Kitteln, immer nervös ausweichend, wenn sie McKay erblickten.

Nun gut, nicht das Wissenschaftler, die ihn meiden wollten, irgendetwas Neues für ihn war, aber-

Etwas grollte, und dann begann der Gang zu wackeln. Die weißgekleideten Menschen stoppten ihren Lauf abrupt, und Talo ließ einen hohen Schrei hören-

Der Lärm verschwand ebenso schnell, wie er gekommen war. Etwas knackte, und McKay verrenkte sich fast den Hals, als er in die Richtung des Geräusches blickte, um einstürzende Tunnelwände auszuschließen.

"Kein Grund zur Besorgnis", tönte die monotone Stimme Dr. Markens aus dem Lautsprecher.

"Der Gang 16, Abschnitt 12- 14 wird bis auf weiteres unpassierbar sein, doch die Situation ist unter Kontrolle. Ein Ärzteteam in Abschnitt 11."

Der Lautsprecher knisterte noch einmal, und McKay wartete auf eine Erklärung, doch es folgte nichts mehr. Er wandte sich an Darvo und zog fragend die Augenbrauen hoch. Der junge Mann zuckte mit den Schultern.

"In Gang 16, Abschnitt 11- 18 sind Labore untergebracht", sagte er, als wäre damit alles geklärt. "Es kommt hin und wieder zu … Vorfällen"

"Vorfällen", wiederholte McKay lahm. Er sah sich um, und bemerkte, dass der Tunnel vor ihnen, absehen von etwas abgeblätterten Putz, anscheinend keinen Schaden genommen hatte. Die Weißkittel eilten nun wieder, jetzt etwas geschäftiger, alle verschiedene Richtungen nehmend. Viele sprachen schnell und aufgeregt in kleine Funkgeräte.

"Oh Mist", sagte Darvo hinter McKay, und fügte, als dieser sich Stirn runzelnd umdrehte, rasch hinzu: "Entschuldigung, Sir, aber A 12- 14 liegt auf unserem Weg in die große Halle"

"Na toll", seufzte McKay. "Und wasss nun?" Dieser Tag versprach ja immer besser und besser zu werden.

"Kein Problem, Sir", sagte Darvo hastig. "Wir müssen nur einen kleinen Umweg machen"

Er machte allerdings keine Anstalten, los zu gehen, um McKay unterdrückte nur mühsam den Drang, die Augen zu verdrehen, und sagte rasch: "Gut"

"Kommst du mit, Talo?"

"Uh", sagte der kleine Junge, und erinnerte McKay wieder einmal daran, dass er hier ein Kind vor sich hatte, wenn es auch manchmal sprach wie ein Erwachsener. Talo war leichenblass- dass hieß in seinem Fall, dachte McKay, noch blasser, als diese Leute hier sowieso zu sein schienen- und schwankte leicht.

"Uh- oh"

Und dann kippte er um.

McKay fing den Jungen auf, und war einen Moment lang überrascht, wie leicht er war. Er hob ihn hoch, und Talo hing wie eine blasse und hässliche Puppe schlaff in seinen Armen.

"Wass issst mit ihm?", fragte McKay Darvo, sich über den regungslosen Jungen in den Armen des Pseudo- Sergeants beugte.

"Nichts Besorgniserregendes", sagte Darvo. "Er kippt manchmal um, wenn er sich aufregt"

"Na, mit dem Umkippen hat ess ja deine Familie irgendwie", brummte McKay, und Darvo lief prompt rot an.

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Fünf Minuten später begannen die Gänge etwas… nun ja, wohnlicher auszusehen. Die Farben der Kleidung der Menschen, die durch die Gänge liefen, unterschieden sich von einander, und alle schienen etwas weniger in Eile zu sein. McKay hatte versucht, mit Sheppard Kontakt aufzunehmen, doch das Funkgerät hatte nur ein enttäuschendes Knistern von sich gegeben.

Talo hatte sich wieder so weit erholt, dass er bei Bewusstsein war. Zuerst hatte ihn Darvo versucht, an der Hand zu halten, doch Talos Laufen hatte so mitleid erregend ausgesehen, dass McKay schließlich seufzend gefragt hatte, ob es nicht besser sei, wenn einer von ihnen Talo tragen würde. Darvo war rot angelaufen und hatte irgendwas gemurmelt von wegen dass ein Soldat in Schwierigkeiten können komme, wenn er sich um Leute kümmere, die nicht seiner Kaste angehörten, und so war Talo auf McKays Rücken geendet. Da McKay nicht unter der Befehlsgewalt der Setziraas stand, konnte ihm wohl kaum einer das krumm nehmen, hatte Darvo wortwörtlich gesagt, und sehr zufrieden geblickt.

Talo, der die dünnen Ärmchen um McKays Hals geschlungen hielt, war nun wenigstens still, etwas, wofür McKay ausgesprochen dankbar war, was ihn aber auch etwas beunruhigte.

Schließlich- der Gang stieg leicht an, und war nach einer Gabelung plötzlich mit grauem Teppich ausgelegt- tippte Talo McKay auf die Schulter.

"Ich glaube, ich könnte jetzt wieder laufen", murmelte er ungewohnt schüchtern, und McKay verkniff sich ein erleichtertes Aufatmen. Er ließ den Jungen hinunter, der steif seine Beine schüttelte, und dann zaghaft ein paar kleine Schritte machte.

"Gut, gut", sagte Darvo aufgeräumt. "Dann mal weiter" Er grinste versuchsweise McKay zu, und schien dann den ratlosen Blick des Mannes bemerkt zu haben, der über die jetzt bildergeschmückten Gangwände glitt, und schließlich an dem Porträt eines ernsten, braunhaarigen Mannes hängen blieb, welcher die Militäruniform trug, und inmitten einer einsamen, düsteren Landschaft stand.

"Das ist Darlan, einer unserer größten Helden, Sir", sagte Darvo erklärend, "Er tötete während einer einzigen Schlacht fünfzig unserer Feinde, und starb im Alter von 21 Jahren"

McKay nickte unbehaglich, und warf Darvo einen raschen Blick zu. Das sonst so gewöhnliche Gesicht des Jungen hatte sich verklärt.

McKay räusperte sich.

"Wiesso ssieht´ ss hier sso anderss auss?", fragte er (Irgendetwas in ihm hatte vor einer geraumen Zeit zu schreien begonnen, und schien nun, als er diesen Satz äußerte, vollkommen auszuflippen. Nun gut, vielleicht sollte er versuchen, Wörter zu wählen, die weniger "S"s beinhalteten… doch ansonsten… er benahm sich schließlich nur seiner Rolle entsprechend, oder?)

"Das sind hier nicht mehr die Arbeitsbereiche, Sir", sagte Darvo, und fügte dann, als er McKays verzweifelten Blick bemerkte, hinzu: "Hier können die Menschen essen, Sachen können eingelöst werden, und die Wohnbereiche sind auch ganz in der Nähe…"

McKay nickte geistesabwesend, während er seinen Blick durch die Räume vor ihnen schweifen ließ. Sie waren alle durch breite Durchgänge miteinander verbunden, ihre Ränder von …Cafés? gesäumt.

"Wass meinsst du mit einlösen?", fragte er.

Darvo zuckte die Schultern. "Na ja, für Arbeitsstunden und besondere Leistungen gibt es Marken, die man einlösen kann… gegen besonderes Essen, Spielsachen für Kinder, Blumen…"

Er hatte nun eindeutig die Führung übernommen, Talo, der in den Arbeitsgängen so gerne vorausgeeilt war, reihte sich nun sogar noch hinter McKay ein. Die Menschen warfen ihnen neugierige Blicke zu, verhielten sich ansonsten aber erstaunlich reserviert- nicht so, wie McKay selbst reagiert hätte, wenn er einen Fremden in Atlantis gesehen hätte.

Gerade wollte er Darvo nach dem Grund fragen, da gab ein groß gewachsener Mann diese Zurückhaltung auf, und stellte sich Darvo in den Weg. McKay sah, dass er die khakifarbene Kleidung des Militärs trug.

"Sir" Der Junge salutierte nervös. Der schwarzhaarige Mann nickte ihm kurz zu, und wandte sich dann an McKay.

"Captain Gewelden", stellte er sich kurz vor. "Sie müssen zu den Fremden gehören?"

McKay schaffte es gerade noch, ein knappes Nicken in ein "Ja, Sir" zu verwandeln. Gewelden musterte ihn, zwar nicht so kühl wie Solden, doch es lag eindeutig etwas Abschätzendes in seinem Blick. Plötzlich fiel McKay auf, wie klein er im Vergleich zudem Captain wirkte.

Doch er starrte zurück und schob das Kinn vor- was hatte er auch für eine andere Wahl?

"Haben Sie sich verlaufen?", fragte Gewelden dann unvermittelt, und McKay merkte verdutzt, dass seine ernste Miene plötzlich amüsierte Züge annahm.

"---", sagte er, und Darvo sprang rasch für ihn ein.

"Nein, wir müssen nur einen Umweg machen, weil der Gang 16, Abschnitt 12- 14, unpassierbar ist", sagte er rasch.

Gewelden zog die Augenbrauen hoch, klopfte auf die Taschen seiner Uniform und sagte dann: "Mist"

Er lächelte- nein, er grinste- McKay an (der den Mund wieder zu klappte) und kratzte sich am Ohr.

"Diese verfluchten Bombenbastler" Er warf Talo einen Blick zu. "Pass auf, daste ma nicht zu so einem wirst, Junge"

Talo trat rasch einen Schritt zurück, so dass er mit dem Rücken McKays Beine berührte, was ihn wieder entsetzlich zu erschrecken schien- er hüpfte mit einem erstickten Quietschen vorwärts.

Captain Gewelden grinste, zwinkerte, salutierte dann halbherzig und ging seiner Wege, einen sehr verwirrten McKay zurücklassend.