Maggie
Das DEO ist voll von aufgeblasenen Agenten. Dieser Junge dort mal als Beispiel genommen, wie er lässig an seinem Computerboard lehnt und ein paar Tasten drückt. Mir fällt sein Name nicht ein, Argie, Andy oder Arschloch. Ich kann nicht sagen, dass ich mich mit den Leuten hier verstehe. Ich wurde zur Polizistin ausgebildet und jage Verbrecher und Kriminelle. Um dafür in Form zu bleiben trainiere ich täglich. Es mag altmodisch klingen, aber ich benutze dabei meine Füße. Ich ziehe meine Pistole falls nötig und meine Handschellen klicken um schuldige Handgelenke. Fitness, Verstand und Instinkt arbeiten zusammen, doch was besitzen die meisten Agenten hier? Computer programmierte Spielzeugwaffen mit dem sie grüne Männchen jagen. Woohoo.
Er behält mich im Auge, während ich auf meine Freundin warte und als wüsste er, das es mich ärgert, holt er stolz seine Spielzeugwaffe hervor. Er regelt ein paar Einstellungen und überprüft diese mit dem Computerboard und dann testet er einen Schuss. Ich kann nicht glauben, was ich sehe, als er auf die Übungskörper tritt. Die Büchsen und Gegenstände, die dort auf am Ende der Schießbahn aufgestellt sind, verschwinden sobald Argie diese trifft und zurückbleibt nichts weiter als ein kleiner verkohlter Haufen Asche. Diese Waffe hat es in sich, echt krass und total cool.
Argie grinst arrogant zu mir rüber, während ich schnell den Mund wieder schließe. Ich bin froh, als die Türe zum Besprechungsraum aufspringt und Alex erscheint. Meine heiße wunderschöne Freundin, sofort bessert sich meine Laune.
„Babe, da bist du endlich," sehnsüchtig ziehe ich Alex an mich und greife forsch an ihren Hintern. Meine Zunge ist in ihrem Mund, ehe sie eine Erwiderung von sich geben kann. Tja Argie, ich bin mir sicher, das er nun glotzt.
Mmh, Alex fühlt sich so gut an. Und schon kennen meine Gedanken nur noch ein Ziel, ab nach Hause.
Meine Freundin löst sich schwer atmend von mir.
„Ich kann noch nicht gehen, Maggie. Kara und Lena sind auf einer Mission und ich möchte warten, bis diese beendet ist. Es kann noch eine Weile dauern."
Ihr Blick ist zerknirscht und entschuldigend und bringt mich zum seufzen. Ich werde immer den Kürzeren ziehen, wenn es um ihre Arbeit geht, vor allem wenn Kara involviert ist. Doch mittlerweile verstehe ich das und es ist in Ordnung. Ich habe nie etwas Schöneres miterlebt, als die Beziehung der beiden Geschwister. Sie ist ehrlich, nahezu rein, mir fällt kein besseres Wort als besonders ein, doch so ist es. Die beiden können sich ärgern und nerven, doch sie halten immer zusammen, treten füreinander ein und Alex wird sanft, wenn es um Kara geht. Eine Sanftheit, die ich später selbst kennenlernen durfte und immer weiter neu entdecke.
Als Alex und ich erstmals aufeinandertrafen, wurden wir beide dienstlich zu demselben Tatort gerufen. Ich war zuerst vor Ort und in die Untersuchungen vertieft. Ich hatte alles im Griff, als sie auf mich zukam und arrogant mit ihrer gefakten FBI-Marke vor meiner Nase wedelte. Sie mischte sich ein, was mich irritierte und nervte, aber man, war ich angeturnt. Zudem sprang mein zuverlässiger Gaydar unmittelbar an. Diese Frau ist ein heißer Feger, ihr eigenartiger Klamottenstil machte etwas mit mir, ich fing sofort Feuer. So selbstbewusst und gut sie auch in ihrem Beruf ist, in Sachen flirten war sie ziemlich hilflos. Ich hatte anfangs meinen Spaß mit ihr, beobachtete amüsiert, wie sie verlegen wurde und dann tischte sie mir auf, dass sie angeblich hetero sei. Wir hatten beide unsere Findungsphase und nach dem ich mir selbst erst einstehen musste, das meine Gefühle ernst sind, tja, der Rest ist Geschichte.
Ich schmolle, etwas, was ich nur Alex sehen lasse.
„Weißt du, wie lang es ungefähr dauern wird. Soll ich mit dem Kochen beginnen oder besteht für heute keine Chance mehr den Abend gemeinsam zu verbringen?"
Alex lehnt ihre Stirn an meine und greift nach meiner Hand. Eine vertraute intime Geste und ich liebe die Sanftheit darin. Was immer sie sagen möchte, um mein schmollen zu nehmen bleibt ein Geheimnis.
Ein lila farbenes Portal öffnet sich aus heiterem Himmel und die elektrische Schwingung, die davon ausgeht, knistert in der Luft. Erschrocken fahren Alex und ich auseinander und betrachten die Szene. Kara und Lena Luthor, treten daraus hervor und ich runzle die Stirn. Ein seltenes Bild dieser Tage zeigt sich mir. Kara in ihren normalen Klamotten und im Schlepptau die Luthor. Kein Wunder, dass die beiden bedröppelt aussehen. Moment mal. Was ist mit der Luthor passiert? Ich kann ein Grinsen kaum verkneifen, als ich ihre Erscheinung in mich aufnehme, dies kann nur eins bedeuten.
„Luthor, du hast Sex-Haar," entfährt es mir lautstark. Wie so oft verlassen meine Gedanken ungefiltert meinen Mund.
Die Luthor wird blass um die Nase und anstelle eines Tadels oder einer empörten Erwiderung bleibt sie still. Heilige Scheiße, ich habe nur meinen Senf abgegeben, aber je länger ich sie betrachte, umso offensichtlicher wird es. Ich habe damit Recht.
Kara scheint meine Anspielung nicht zu erkennen. Typisch Kryptonier. Ich erkläre es ihren unschuldig blickenden Augen nur zu gerne. Hmm, das hier wird mehr als interessant.
„Ihr Haare sehen aus, als hätte sie wilden Sex gehabt. Das nennt man Sex-Haar," mein Finger deutet auf das Chaos auf Lena's Kopf.
Meine Feststellung bleibt als schwere Frage im Raum zurück. Alex neben mir räuspert sich ein wenig, aber selbst sie scheint die Antwort wissen zu wollen.
Kara wird rot wie eine Tomate. Bingo! Ich nehme das Schweigen als Zustimmung.
„Glückwunsch, dann hätten wir das ja geklärt. Ich bin froh, dass ihr endlich diese Frustration losgeworden seid. Es war kaum mehr mit euch auszahlten. Eine Frage habe ich noch, wer von euch hat den Anfang gemacht?"
Ja, ich kann ein Arschloch sein, aber die beiden müssen die Wahrheit hören und ich möchte meinen Wetteinsatz ungern verloren sehen.
„M-Maggie. Wir hatten n-nicht. Lena und ich, also wir hatten-zumindest nicht so-, also ich meine, so war es nicht," stammelt Kara.
„Ich benötige keine Einzelheiten, Kara. Luthors verschmierter Lippenstift und die falsch zugeknöpfte Bluse sprechen für sich." Zufrieden betrachte ich Lena, die wirklich sehr mitgenommen aussieht.
Ihr Blick fällt an sich hinab und sie greift sich ohne Eile an die Bluse, doch ihre Hände zittern unkontrolliert, während sie die Bluse richtig knöpft. Dabei vergisst sie einen Knopf, da sie ihr tun unterbricht um sich durch die Haare zu fahren. Man, ist die durch den Wind. Gut, wenn die Luthor mal von ihrem hohen Ross runterkommt. Ich hab Lena in den letzten Jahren zu schätzen gelernt, ich mag ihren Verstand, ihren Humor und ich muss zugeben, ich bewundere sie. Sie leitet ihr eigenes Unternehmen und jeder weiß, dass du es als Frau in solch hohen Positionen nicht leicht hast. Schon gar nicht in einem weltweit führenden Unternehmen. Bei der Polizei ist es nicht anders und ich kämpfe als Frau um Gleichberechtigung. Lena erhält Respekt und händelt ihre Position souverän.
Lena trinkt guten Scotch, sie liebt vegetarisches Essen und lässt sich auch mal gehen. Ich kenne Lena in Jogginghose, losgelöst, witzig und mit rosigen Wangen. Doch seit es mit der Freundschaft von Kara und Lena bergab läuft, hat sie sich wieder in die kühle arrogante Lena Luthor verwandelt, welche ich kennengelernt habe. Sie teilt ihre Gedanken nicht, hat sich zurückgezogen und gibt sich erhabener als je zuvor. Um es auf den Punkt zu bringen; sie kann eine richtige Bitch sein. Lena schlägt um sich. Es nervt mich und nach einer Weile habe ich von selbst dieselbe Position eingenommen, wie zu dem Zeitpunkt, als wir uns kennenlernten. Wir sind beide stur und stehen wieder am Anfang und sind in alte Muster verfallen. Unser Verhältnis ist weitgehend unterkühlt. Ich wäre nicht nachtragend, sie muss nur einsehen, dass es nicht mein Geheimnis zu erzählen war. Als Freundin von Alex, stand es mir nicht zu, Lena einzuweihen. Alex ist meine Familie, das zählt Kara automatisch dazu. Lena sollte bald Vernunft annehmen. Dieser Vorfall könnte die Wendung sein. Kara ist der Schlüssel zu Lena ist. Man könnte sagen, Kara ist Lena's Schwäche. Ich frage mich, ob Lena es selbst erkennt. Sie ist eine intelligente Frau mit Messerscharfen Verstand, doch in Sachen Liebe werden kluge Frauen mit einem Mal, sagen wir mal, beschränkt. Ich weiß dies deshalb so gut, da ich selbst blind war und es anfangs nicht wahrhaben wollte.
Ich beobachte sie und erkenne, das ihre coole Fassade einen Riss bekommen hat. Kara muss über sie hergefallen zu sein und hat sie damit ziemlich aus der Fassung gebracht. Das spielt mir in meine Karten.
„Hast du den Anfang gemacht Kara?" Wenn es so war, sind mir 50 Dollar sicher.
„Maggie!" Alex drückt schmerzhaft meine Hand. Ich weiß, dass ich mich etwas weit aus dem Fenster lehne, aber wir haben alle auf den Augenblick gewartet, der längst fällig war, zumindest diejenigen, die Augen im Kopf haben. Hauptsächlich sind das Winn und ich. Was andere und ihre Verhälntnisse betrifft, bin ich weniger blind.
„Ich rede nicht mehr mit dir," droht Kara, doch damit kann sie mich nicht einschüchtern.
„Es war Kara," meldet sich die Luthor erstmals zu Wort und erstaunt mich.
„Yes," rufe ich aus. Winn hat auf Lena gewettet, aber ehrlich gesagt? Sie hätte dazu den Arsch nicht in der Hose. Unsere liebe Kara hier allerdings, sie kann Terroristen stoppen, legt sich mit Zombies an. Sie ist mein Mann.
„Allerdings war es nicht Kara, hier," Lena deutet auf Kara neben sich, als erklärte sich der Rest von selbst.
Hä? Was redet die Luthor? Ich hasse ihr Gehabe, als hätte sie das Rad der Welt erfunden.
„Oh Gott," entfährt es Alex, die sofort versteht.
„In der Tat, Oh Gott," bestätigt Lena Luthor und seufzt, sie wird noch blasser, wenn das überhaupt möglich ist.
„Wir sollten J'onn informieren und uns im Besprechungssaal treffen," sagt Alex und ich höre die Besorgnis in ihrer Stimme.
Dann blickt sie zu mir.
„Tut mir leid Maggs, aber es wird heute noch etwas länger dauern.
Ich wüsste gern mehr und bin neugierig, doch ich kann warten. Daher verabschiede ich mich von Alex und nehme ihr das Versprechen ab, dass sie mir später erklärt, was hier vor sich geht. Irgendetwas habe ich verpasst. Doch eins ist schon mal klar, Kara hat Lena die Klamotten vom Laib gerissen. 50 Dollar sind mir sicher. Ich werde gleich mal nach Winn sehen. Man, bin ich auf seine Reaktion gespannt, wenn ich ihm die freudige Nachricht mittele, vor allem wenn ich ihm die 50 Dollar abnehme. Selbst schuld gegen mich zu wetten. Gaypanik und Frauendrama ist mein Gebiet und mein Instinkt ist schlauer als sein Superhirn.
Lena
Okay Lena, reiß dich zusammen. Du bist zurück durch das Portal. Das hier das DEO. Hier sind, Kara, die, die dich nicht küssen wird. Alex, mit ihr wirst du fertig und Maggie. Mist, Maggie.
Die Mission war erfolgreich. Ihr habt den Stein. Niemand wird erfahren, was vorgefallen ist. Du denkst nie wieder darüber nach.
Was war das?
Deine Gedanken spielen verrückt, das passiert eben nach unvorhersehbaren Ereignissen. Aber es bestätigt nicht sofort deine Vermutung.
Wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit das... Oh Gott, du kannst es nicht mal in Gedanken aussprechen. Es lässt dich nachts wachliegen.
Du bist ein Genie Lena, rechne die Wahrscheinlichkeit aus.
Günstiger Fall: 1. Du hast keine Gefühle.
Günstiger Fall: 2. Der Besuch auf Erde 86 ist bald vergessen.
Günstiger Fall: 3. Du rettest mit dem roten Stein die Welt, alles gut.
Möglicher Fall: 4. Du hast Gefühle.
Möglicher Fall: 5. Du kannst den Vorfall nicht vergessen.
Möglicher Fall: 6. Du versagst und die Aliens übernehmen die Herrschaft.
G = (1,2,3) G = 3
M = (1,2,3,4,5,6); M = 6
E = 3 /6 = 0,5
Die Wahrscheinlichkeit ist 0,5, das entspricht 50%. Gut alles gut, das wusstest du auch ohne zu rechnen, doch nun hast du es nachgeprüft und bestätigt.
Was redet Maggie da? Sex Haare? Wahrscheinlich hat sich die Wahrscheinlichkeit soeben erhöht. Gott Lena, wie viel Knoten hast du im Hirn?
Wieso ist es hier so verdammt stickig? Kein Wunder, das dein Verstand aussetzt. Atme Lena, atme. Bald bist du hier raus.
Die Bluse. Fuck, sie wurde dir nahezu vom Laib gerissen. Kara war so leidenschaftlich.
Hör auf Lena. Denk nach, denk nach. Es ist nicht deine Schuld.
„Es war Kara." Hast du das laut gesagt?
Weshalb dreht sich der Raum? Am besten du machst weiter Rechenspeispiele. Berechne die Wurzel aus-.
Das ist absurd. Nicht deine Kara. Nein.
„Allerdings war es nicht Kara, hier."
Halt den Mund Lena.
„In der Tat, Oh Gott."
Psst. Halt den Mund Lena! Du brauchst einen Ort zum Nachdenken.
„Lena? Lena, ist alles in Ordnung mit dir?"
Kara spricht mit dir.
Kara und ihre besorgten riesigen Welpenaugen. Lauf Lena, lauf weg, solange du kannst.
Kara
Lena sieht aus, als hätte sie einen Geist gesehen. Manchmal frage ich mich ernsthaft, was in ihrem hübschen Kopf vor sich geht. Sie ist so klug und schön. Lena ist eine klassische Schönheit, ich habe immer so gedacht. Ihre zarte Haut wirkt im Augenblick extrem blass und sie sieht nicht so aus, als ob es ihr gut gehen würde. Fehlt ihr etwas?
„Lena?"
„..."
„Lena, ist alles in Ordnung mit dir?"
Huh, wo läuft sie jetzt hin?
Alex und ich sehen uns fragend an. Ob es etwas mit dem Vorfall auf Erde86 zu tun hat? Ich für meine Verhältnisse, habe mich keineswegs von dem Anblick erholt. Mein eigenes Ich hat Lena geküsst. Aber ich habe gelernt, meine Gedanken auf später zu schieben, denn dazu benötige ich tonnenweise Essen und Eiscreme. Lena hat mich zurück geküsst-Stopp- noch bin ich im DEO Dienst.
Besser ich sehe nach Lena. Wir müssen gemeinsam den Bericht abgeben.
Ich erkläre Alex, dass ich Lena folgen werde und wir in den Besprechungssaal nachkommen werden. Zudem überreiche ich ihr zur Besänftigung den roten Seiten, ich bin ihn gerne los.
Alex zeigt sich einverstanden und erleichtert, als sie sich bedankt und mir den Stein abnimmt. Neugier liegt in ihren Augen und ich sehe mich schon aus dem Schneider, als sie nochmal Luft holt.
„Gute Arbeit. Ich weiß zwar nicht, was zwischen dir und Lena genau vorgefallen ist, aber über den Vorfall sprechen wir noch Kara." Alex kneift ihre Augen dabei zusammen und ihr Zeigefinger pickst auf meine Brust.
Ich unterdrücke ein seufzen und nicke schnell, dann folge ich der Richtung, in welche Lena verschwunden ist.
„Lena?" , meine Frage hallt den leeren Flur entlang. Stille. Eine Antwort bleibt aus.
Am Ende des Flurs befindet sich die Damentoilette. Sicher ist Lena dorthinein.
Warte ich respektvoll oder öffne ich die Türe? Damentoiletten sind oftmals ein peinliches Unterfangen. Dort möchte jeder gerne ungestört sein Bedürfnis verrichten, sich schminken oder auch mal einen Augenblick alleine sein.
Meine Entscheidung wird abgenommen, als mein sensibles Gehör ein Geräusch wahrnimmt, es lässt mich zusammenzucken.
„Lena?" , noch während ich ihren Namen rufe, öffne ich die Türe zur Damentoilette.
„Geh weg," gibt Lena schwach von sich, ehe sie sich geräuschvoll in die Toilette erbricht.
Sofort bekomme ich ein Deja Vu und fühle mich miserabel. Lena verträgt das Fliegen nicht. Ich schwöre, ich bin sanft geflogen, nicht wie beim letzten Mal, als dies passiert ist. Diesen peinlichen Vorfall habe ich in den tiefsten Winkel meines Gehirnes gesteckt.
Meine Schuldgefühle regen sich dennoch und ehe ich mich versehe, bin ich bei Lena.
„Lena, schhh," beruhigend lege ich eine Hand auf ihren Rücken. Ich warte, bis das Beben in ihrem Körper nachlässt und streiche über das zusammengebundene Haar. Ich weiß nicht, wie es anfühlt, wenn das Essen was du genussvoll verschlungen hast, zerkaut wieder rauskommt. Grauenvoll. Ich mag es mir gar nicht vorstellen. Alex sagt, es ist widerlich, es brennt und du fühlst dich hilflos. Der Gedanke macht mich noch miserabler.
„Es tut mir leid, falls ich zu turbulent geflogen bin. Tut mir leid, dass du fliegen mit mir nicht verträgst. Es ist so herrlich dort oben am Himmel und so friedlich. Ich wünschte, du könntest die Aussicht genießen und empfinden, was ich empfinde. Fliegen ist-
Lena erbricht so noch einmal. Mensch Kara, während ich vom Fliegen schwärme erbricht sich Lena. Wie sooft rede ich zu viel, wenn ich nervös bin. Schuldbewusst streiche ich sanft über ihren Rücken. Ich würde ihr dies zu gern abnehmen. Ich kann es nicht ertragen, wenn Lena leidet.
Es kommt nicht mehr viel, es scheint alles raus zu sein, ihr Magen ist womöglich leer.
Sie drückt die Toilettenspülung und lehnt sich seufzend an die Wand zurück. Die Augen hat sie geschlossen. Ihr Körper ist erschöpft.
Jetzt wo ihr Rücken an der Wand lehnt, ruht meine Hand an ihrem Arm. Es ist der erste Kontakt seit Monaten und auch wenn die Situation völlig unangebracht ist, breitet sich Wärme in mir aus. Lena und ich waren einstmals so vertraut miteinander, unsere Körper suchten automatisch die Nähe des anderen. Ich vermisse das kribbeln, wenn wir uns berühren.
„Es tut mir wirklich sehr leid," versuche ich noch einmal.
„Hör auf, dich zu entschuldigen," erwidert sie und ich widerstehe augenblicklich den Drang mich erneut zu entschuldigen. Schnell schließe ich den Mund und bleibe still. Ich denke daran, wie oft ich sie angelogen habe, jedes Mal, wenn ich Supergirl war, und wie oft ich mich deshalb bei ihr entschuldigt habe. Ich weiß nicht wie ich es besser machen kann. Ich fühle mich zerrissen.
Lena öffnet die Augen und sieht mich einen Augenblick an, dann steht sie auf und geht zum Waschbecken.
„Es ist nicht deine Schuld," sagt sie plötzlich und ich höre auf zu atmen. „Es war das Portal. Mein nervöser Magen verträgt keine Reisen in andere Welten."
Ich nicke und beobachte, wie sie sich den Mund ausspült und sich anschießend kritisch ihr Spiegelbild betrachtet.
„Willst du über den Vorfall sprechen?", frage ich vorsichtig und trete neben sie ans Waschbecken. Nervös krame in meiner Hosentasche. Dort fische ich eines dieser süßen Pefferminzbonbons hervor, die du beim Bezahlen in Restaurants geschenkt bekommst. Ich hallte es für Lena offen in meiner Hand.
Sie nimmt sich das Bonbon, wickelt es aus dem Papier und steckt es sich in den Mund.
Wir sehen uns über den Spiegel in die Augen. Einen Moment lang sieht sie mich einfach an und ich habe das Gefühl, als wäre es das erste Mal seit Monaten. Bilde ich mir das ein, oder ist die Kälte daraus verschwunden? Sie schaut einfach nur.
Ich möchte so vieles sagen. Es liegt mir auf den Lippen. Sie fragen, wie es ihr wirklich geht, ihr sagen, dass ich sie vermisse. Doch ich bleibe stumm und Lena senkt ihre Augen. Ich verliere ihren Blick und sehe zu, wir sich ein paar Knitterfalten aus der Bluse streift. Dann beginnt sie zu sprechen.
„Lass uns zu in den Besprechungssaal gehen, die anderen warten auf uns."
„Lena," flehe ich. „Lass uns darüber reden."
„Was gibt es zu sprechen?"
„Ich hab dich geküsst."
In ihren Augen flackert etwas auf und ist schnell wieder verschwunden. Dafür wandert eine perfekte Augenbraue nach oben.
„Du? Meinst du nicht dein Double?"
„Du weißt was ich meine Lena. Es gibt eine Welt, wo wir beide ein Paar sind. Glücklich und verliebt. Ich kann nicht aufhören, daran zu denken."
Lena stockt mitten in ihrer Bewegungen und verharrt still. „Bedeutete dir das denn gar nichts?"
„Was soll es bedeuten?"
Frustriert über mich selbst und über meine eigenen Gedanken antworte ich ihr.
„Irgendwo in einer andern Welt gibt es eine Kopie von uns, in der wir glücklich sind. Denkst du nicht, dass dieses Paar entsetzt wäre, wenn sie uns sehen würde. Ich muss immer darüber nachdenken, wie glücklich sie sind. Die andere Lena wusste, dass ich Supergirl bin und trotzdem sind sie glücklich. Ich frage mich, wann sie es erzählt hat und wie es abgelaufen ist. Ich frage mich, was bei den beiden anders gelaufen ist. Ich denke, dass es meine Schuld ist, da ich solange gewartet habe dir von meinem Geheimnis zu erzählen. Es war niemals meine Absicht, dass es unsere Freundschaft zerstört. Es tut mir wirklich leid, Lena."
Lena hat sich nicht bewegt und ist still. Dann dreht sie sich zu mir und sieht mir direkt in die Augen und nicht länger über den Spiegel hinweg. Ich darf jetzt nicht locker lassen. Ich habe mich tausendmal bei ihr entschuldigt, aber dieses Mal hab ich das Gefühl, als hört sie mir wirklich zu und ich muss ich ihr sagen, was ich fühle.
„Ich hatte auch gehofft, dass du mir irgendwann verzeihen könnest. Du musst meine Argumente nicht verstehen, aber das du es akzeptieren kannst. Du hast dir nie die Mühe gemacht, es von meiner Seite aus zu betrachten. Nicht nur dich hat es verletzt, Lena und es tut weh dich so zu sehen. Wie du dich von allen abkapselt. Dass du so tust, als kann dir niemand etwas. Ich sehe, das es dir nicht gut geht. Und es zerbricht mir das Herz," meine Stimme ist brüchig und doofe Tränen stehlen sich durch.
Lena schluckt. Das kanns sie nicht kalt lassen. Ich schniefe ein wenig und bete zu Rao, dass sie reagiert. Das sie noch irgendwo meine Lena unter ihrem Schutzschild zu finden ist.
„Ich weiß, dass es dir leidtut, Kara."
Mein Name. Beinahe ein Flüstern, sie hat meinen Namen gesagt. Hoffnung erwacht in mir.
„Ich war verletzt, ich war so verletzt. Und ich dachte, ich könnte den Schmerz loswerden, wenn austeile. Ich hab das gemacht, was ich immer tue, wenn ich herausfinde, dass jemand den ich liebe, mich belügt und hintergeht. Ich habe eine Mauer aufgebaut. Ich dachte, mit uns ist es anders. Du warst der einzige Mensch in meinem Leben, der mich niemals belogen hat, dem ich vorbehaltlos vertraut habe. Und das hast du mir genommen. Du hast dich dafür mehrmals entschuldigt, ich kenne deine Gründe und versuche, darüber hinwegzukommen. Du hast meine Achilles Ferse getroffen, Kara. Es ist schwer für mich, erneut zu vertrauen. Doch ich möchte es versuchen."
„Wirklich?"
„Wirklich."
„Oh Lena. Ich bin für dich da. Wir gehen da gemeinsam durch," verspreche ich. Ich bin so glücklich, am liebsten würde ich sie sofort an mich drücken, aber ich denke mir kleine Schritte. Etwas unbeholfen strecke ich meine Hand aus und Lena ergreift diese nach einem kleinen Augenblick.
„Freunde?"
„Freunde," bestätigt Lena und wir besiegeln dies mit einem Handschlag.
Sie drückt etwas in meine Hand und voller Erwartung sehe ich nach. Es ist das Papier, aus welchem Sie das Bonbon ausgewickelt hat.
Sie wirft einen Blick zurück, ehe sie aus der Tür ist.
„Kommst du?"
Ich schmunzle und halte das Papier in die Höhe. Ich werfe einen Blick auf den Mülleimer, doch ich bringe es nicht über mich, es wegzuwerfen. Sentimental wie ich bin, stecke ich es in meine Hosentasche. Lena steht noch im Türrahmen und beobachtet mich, die Augenbraue wandert weit nach oben und sie lacht.
Ich erröte ein wenig und folge ihr aus der Damentoilette. Ein vertrautes Gefühl macht sich in mir breit und das Gewicht auf meinen Schultern fühlt sich mit einem Mal eine Million leichter an.
Freunde denke ich.
