Hallo, Ihr Lieben! (knuddel)

Ich freue mich immer noch darüber, dass ihr die Eryn Lasgalen-Kaps genau so sehr mögt wie ich! Leider heißt es Abschied zu nehmen, denn im nächsten werden sie bereits nicht mehr hier verweilen. :(

Melethil: Wie der Vater so der Sohn, pflege ich zu sagen (kicher). Böser Lexy! Hat es aber auch nicht anders verdient, was ihm heute geschieht!

Amilang: Danke! (knuddel) Der Dialog zwischen Legolas und Thranduil über Agarmaethor war richtig Arbeit (sich Schweiß von der Stirn wischt). Hach, das ist alles so sensibel und mir liegt so viel auf der Zunge! Aber ich will ja auch nichts verraten (sich den Mund versiegelt und die Finger zusammenbindet, damit der Kampfzwerg nichts tippen kann).

Viel Spaß denn!

Vypox, der Kampfzwerg

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Die letzten Tage im Eryn Lasgalen

„Ich muss mich allmählich auf den Weg machen! Der Rest der Gemeinschaft wartet mit Sicherheit bereits auf mich. Es war schön, zum Abschied mit dir gemeinsam zu frühstücken und zu plaudern!"

Legolas erhob sich vom Tisch und wollte seinen Vater umarmen, doch dieser wies ihn erstaunt von sich.

„Was meinst du mit 'auf den Weg machen'?", fragte Thranduil erstaunt. „Dein Gefährte Amlugûr sitzt noch in meinem Kerker. Wolltest du etwa ohne ihn abreisen?"

Legolas schaute Thranduil verblüfft an. „Eigentlich nicht. Ich war mir sicher, du würdest ihn ziehen lassen, wenn ich mit der Gemeinschaft dein Reich verlasse. Schließlich sitzt er doch nicht ernsthaft wegen eines Vergehens in den Tiefen deines Palastes."

„Legolas!" Beinahe schwang Empörung in der Stimme Thranduils. „Nichts für Ungut, aber ich bin Herrscher dieses Reiches und kann es mir nicht leisten, mir Wankelmütigkeit oder Inkonsequenz geschweige denn Weichherzigkeit vorwerfen zu lassen. Du weißt das. Es ist dir nicht neu und das hat auch nichts mit dem Ruf zu tun, den ich mir nach Außen zu erhalten versuche! Noch nie habe ich ein gefälltes Urteil aufgehoben, es sei denn, es gab einen wirklich triftigen Grund dafür. Den benötige ich auch hier. Allein die Abreise der Gemeinschaft genügt nicht, um ihn freizulassen."

Legolas runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich gebe zu, dass du Recht hast. Ich habe nicht daran gedacht, weil doch alles nur ein Streich war."

„Nur ein Streich? Ein sehr böser Streich, oh ja! Aber auch Streiche ziehen Konsequenzen nach sich – selbst, wenn nie ans Tageslicht kommt, dass es sich um einen Streich handelte! Amlugûr ist ein unhöflicher und respektloser Niemand! Er soll - und wird - bis an sein Lebensende glauben, er wäre tatsächlich für sein Verhalten in der Großen Halle meines Palastes bestraft worden! Vielleicht denkt er in dem Kerker auch über sein sonstiges Verhalten nach. Würde ich ihn jedoch bereits jetzt entlassen, würde er mit Sicherheit an den Hintergründen seiner Verurteilung zweifeln! Willst du das?"

Legolas seufzte. „Nun gut. Ich werde meinen Gefährten ausrichten, dass wir noch bis morgen bleiben müssen. Sie werden es verstehen. Niemand will Amlugûr in deinen Fängen zurücklassen!"

„Morgen?" Thranduil räusperte sich. „Ich fürchte, ihr müsst noch einige Tage länger hier verweilen."

Legolas schaute seinen Vater verblüfft an. „Ist bis morgen seine Strafe nicht abgegolten?"

„Das wäre wohl der Fall, wenn Amlugûr nicht in seinem Kerker randaliert hätte! Ich war gezwungen, seine Strafe etwas zu verlängern."

„Ran-da-liert?", fragte Legolas und dehnte dabei das Wort in ungläubigen Tonfall.

„Oh ja! Imaeath brachte ihm etwas zu Essen. Einige Wachen erzählten mir, es hätte sich dabei um rohen Fisch gehandelt. Als Imaeath ihm den Teller reichte, erwähnte sie nebenbei, seine Zelle sei einst auch die Zelle Gollums gewesen und damit für ihn mehr als angemessen. Daraufhin randalierte er. Ich habe seine Strafe um zwei weitere Nächte verlängern müssen. Du kannst sicherlich verstehen, dass er kein schlechtes Vorbild für andere Gefangene sein darf."

„Was für andere Gefangene?" Legolas schüttelte verwirrt den Kopf. „Es gibt keine weiteren Gefangenen!"

„Du hast Recht, doch es würde sich sehr schnell herumsprechen, wenn ich ihn nach einem derartigen Verhalten bereits nach so kurzer Zeit begnadigen würde." Thranduil schaute Legolas ernst an.

„Gut!", seufzte Legolas. „Dann in drei Tagen. Nicht, dass ich nicht gerne hier bin, aber eigentlich..."

„Soweit ich weiß, drängt euch die Zeit nicht, oder? Und deinen Gefährten geht es unter meinem Dach nicht wirklich schlecht. Mir ist sogar zu Ohren gekommen, dass Imaeath Gimlis Lieblingsspeise zubereitet hat – Eberrippchen in Zwergenbiersauce! Sie werden es ertragen, wenn sie noch einige Tage hier verbringen müssen. Und auch du wirst wohl damit leben müssen, dass Amlugûr eine weitere Strafe traf. Er muss noch drei weitere Nächte im Kerker verbringen!"

„Das machst du absichtlich!", rief Legolas in einer Mischung aus Ärger und Belustigung. „Du willst mich nur länger bei dir behalten!"

Thranduil lachte. „Ich gebe zu, dass ich mir zu gerne noch einige Strafen mehr ausgedacht hätte, um dein Fortgehen zu verzögern, doch ich kann das weder diesem Amlugûr noch deinen Gefährten antun. Tatsächlich hat er sich diese Strafe verdient! Er wäre auch ohne die gesamte Vorgeschichte dafür im Kerker gelandet!"

„Oh Elbereth! Was hat er denn verbrochen?"

„Er hat Imaeath als schlechteste Köchin Mittelerdes bezeichnet – und das bezog sich nicht auf den rohen Fisch!", erwiderte Thranduil trocken.

„Was?", brauste Legolas auf. „Und da hast du seinen Aufenthalt um nur drei Tage verlängert? Sieben hätten es mindestens sein müssen! Wie kann er nur!"

„Nun, ich hatte Verständnis für seine Situation. Obwohl sein Verhalten flegelhaft war und ich ihn tatsächlich für seine letzte Äußerung bestraft hätte, bin ich doch der Ansicht, dass es ohne deinen... Streich... gar nicht so weit gekommen wäre. Ein wenig Mitleid war an dieser Stelle angebracht, findest du nicht auch?" Thranduil zog seine Augenbrauen hoch und musterte seinen Sohn.

Legolas errötete. „Das ist wohl wahr." Er räusperte sich. „Aber außer uns beiden weiß doch niemand von unserem Geheimnis, oder?"

Thranduil grinste breit. „Natürlich nicht! Einige meiner Berater waren sogar der Ansicht, ich hätte eine neue Ära an Strenge und Härte eingeleitet und mich dafür beglückwünscht!"

Legolas schüttelte nur missmutig den Kopf.

„Komm, Sohn. Wenn du es nicht wagst, diese Neuigkeit deiner Gemeinschaft zu überbringen, dann werde ich das für dich übernehmen!"

Er schritt voran zur Großen Halle.

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„Wo bleiben sie?" Beinahe nervös trat Gimli von einem Fuß auf den anderen. Gemeinsam mit dem Rest der Gemeinschaft wartete er auf der Rasenfläche vor den großen Steintoren auf Amlugûr und Legolas. „Und unsere schönen Waffen sind auch noch nicht hier! Ich habe einmal gehört, Thranduil würde Schätze sammeln. Der wird sich doch hoffentlich nicht an meiner künstlerisch gestalteten Axt vergreifen?"

„Psst!" Elrohir legte schnell einen Zeigefinger über seine Lippen. „Bist du von Sinnen? Wenn Thranduil das zu Ohren kommt!"

„Stimmt! Ich sollte besser nicht erwähnen, dass meine Axt wertvoll ist", raunte Gimli.

Ein dunkel gekleideter Elb erschien und verneigte sich höflich.

„Mein König erwartet Euch in der großen Halle. Ich soll Euch führen."

Die Mitglieder der Gemeinschaft schauten sich verstohlen an und folgten ihm schweigend zurück durch die langen Gänge des Palastes zur Großen Halle. Einige Elben hielten sich bereits dort auf. In bequemen Sesseln sitzend schienen sie etwas zu diskutieren, doch das Eintreten der Gemeinschaft unterbrach ihr reges Gestikulieren. Unfreundliche und auch verwunderte Blicke trafen die Gefährten.

„Das sind die Berater des Königs, die sich hier wegen einer anstehenden wichtigen Besprechung aufhalten. Verneigt Euch bitte!", sagte der Elb, der sie in die Halle geführt hatte, leise.

Sie folgten seiner Aufforderung und verneigten sich sogleich ein weiteres Mal, als Thranduil, gefolgt von Legolas, die Halle betrat. Thranduil setzte sich in seinen Sessel in der Mitte des Raumes. Sein kalter Blick musterte die Gemeinschaft lange und unfreundlich.

„Oh Elbereth, das ist wegen mir!", flüsterte Agarmaethor so leise, dass nur die nahe bei ihr stehenden ihren Ausspruch vernahmen.

Mit kleinen Schritten trat sie vor und kniete vor Thranduil nieder.

„Herr? Darf ich sprechen, Herr?", fragte sie leise. Sie spürte dabei nicht nur den beunruhigten Blick ihrer Gefährten sondern auch den beunruhigenden Blick der Berater Thranduils in ihrem Nacken.

Thranduil ließ seinen eisigen Blick von der Gemeinschaft auf ihre gebeugte Gestalt wandern.

„Ihr dürft!", erwiderte er knapp.

„Ich möchte mich hiermit für meinen beschämenden Fehltritt entschuldigen, Herr. Indem ich mich nur im Nachthemd bekleidet und wie betrunken torkelnd in Eure Arme geworfen habe, erweckte ich einen falschen Eindruck bei Eurem Hofstaat und Eurem Volk. Ich beschmutzte Euer Ansehen und Euren ehrenhaften Ruf und verursachte somit einen Skandal, der wohl schon bald die Grenzen dieses Reiches überschreiten wird. Ich bedaure dies sehr, Herr. Ich weiß, dass ich das nicht rückgängig machen kann, doch ich verspreche, alles zu tun, um weiteren Schaden zu vermeiden!", hauchte sie. „Ich werde es wieder gut machen. Sagt mir, was ich für Euch tun kann, Herr!"

Legolas' Augen weiteten sich. Er stand noch immer schräg hinter seinem Vater und konnte direkt auf das gesenkte Haupt Agarmaethors schauen. Vorsichtig gab er ihr Handzeichen, ihr Gerede einzustellen, doch ihr Blick war zu Boden gerichtet. Unruhig trat er von einem Bein auf das andere und blickte besorgt auf seinen Vater. Natürlich war das alles kein Skandal! Aber wie würde Thranduil reagieren? Er konnte das Verblüffen seines Vaters regelrecht spüren. Nachdenklich lehnte dieser sich in seinem Sessel zurück und schaute lange und sehr streng in die Runde.

„Hier ist einer unverschämter als der andere", sagte Thranduil eisig. „Und die Krone der Unverschämtheit trägt dieser... dieser Wurmtod! Amlugûr oder wie er sich nennt. Eigentlich gedachte ich euch mitzuteilen, dass er der Grund ist, der mich dazu zwingt, euren Aufenthalt hier noch länger erdulden zu müssen. Ihr könnt mir glauben, dass niemand das mehr bedauert als ich. Leider musste seine Strafe um fünf Nächte verlängert werden und eine vorzeitige Entlassung aus meinem Kerker ist nicht angebracht."

Thranduil winkte arrogant mit einer Hand. Legolas sah, wie seine Gefährten betroffen zu Boden schauten. Nur mühsam konnte er ein aufgeregtes Japsen unterdrücken. Sein Vater nahm den Skandal als solchen hin und beschützte ihn vor der Wahrheit.

„Es ehrt Euch, Herrin Silamîriel, dass Ihr Euch bei mir entschuldigt – vor allem, da auch ein großer Teil meiner Berater hier anwesend ist und nun die Wahrheit erkennt. Ihr habt allerdings Recht, dass dieser Skandal meinen ehrenhaften Ruf sehr geschädigt hat. Ich muss gestehen, dass ich nicht sehe, wie Ihr dieses Problem wieder beseitigen könntet."

Thranduil schwieg lange und dachte nach. Legolas atmete erleichtert auf. Sein Vater spielte das Spiel mit, doch im gleichen Moment, als ihm das bewusst wurde, erkannte er dessen Folgen. Thranduil MUSSTE Agarmaethors Angebot annehmen. Ein Ablehnen dieses Angebotes sähe sonst so aus, als lehne er auch ihre Entschuldigung ab. Nervös begann Legolas auf seiner Unterlippe zu kauen. Ein Blick auf seine Gefährten verriet ihm, wie nichts ahnend sie das Geschehen verfolgten.

„Doch vielleicht..." Thranduil stutzte. „Wie mir zu Ohren kam, habt Ihr ein außerordentlich gutes Verhältnis zu Celeborn. Er scheint Euch sehr zu achten und zu schätzen. Wie Euch möglicherweise bekannt ist, kämpften wir gemeinsam gegen die dunklen Mächte in Dol Guldur und besiegten diese. Ein Vertrag wurde geschlossen, der in diesem Wald neue Grenzen erwirkte. Doch mein Verhältnis zu den lórischen Herrschern ist deshalb nicht viel besser geworden. Ich bedauere das nicht wirklich. Insbesondere jetzt, da Sauron besiegt wurde, komme ich auch ohne deren Einmischungen in meine Angelegenheiten gut zurecht. Allerdings gibt es eine einzige Sache, die mir bereits seit geraumer Zeit meinen Frieden stört."

Er erhob sich und schaute auf das noch immer gebeugte Haupt Agarmaethors herab.

„Einst waren meine Beziehungen zu Lórien besser. Geschenke wurden ausgetauscht, Handel getrieben. Ein solches Geschenk war auch einst ein prächtiges Bild einer Jagd im Wald. Es hing in meinem Arbeitszimmer, doch dort wurde es von einer mir unbekannten Person beschädigt und zur Vertuschung restauriert. Leider entspricht die Wiederherstellung des Gemäldes nicht ganz meiner Vorstellung. Bedauerlicherweise habe ich den Rohling, der sich an meinem Bild vergriffen hat, nicht fassen können. Nun hängt es in einem Nebenzimmer, denn ich kann mich an dieser stümperhaften Korrektur nicht mehr erfreuen!"

Legolas wurde blass. Nur noch wage erinnerte er sich an die Korrekturversuche. Er hatte diese im Laufe von vielen Jahrhunderten schlicht vergessen und Thranduil hatte noch nie verlauten lassen, er habe eine Fälschung am Bild bemerkt. Nicht, dass Legolas sie selbst für gelungen gehalten hätte...

„Wie ich hörte, ist der Erschaffer dieses Bildes noch immer in Lórien tätig, doch mir kam ebenfalls zu Ohren, er plane zu den Grauen Anfurten zu reisen und nach Valinor zu segeln. Sollte ihm dieses gelingen, habe ich meine letzte Gelegenheit verpasst, ihn um eine Reparatur des Bildes zu bitten. Mit Sicherheit könnte er die Schäden beseitigen. Doch zweifele ich daran, dass er meinem Wunsch nachkommt, wenn nicht Celeborn auf ihn einwirkt. Schon damals mochte mich dieser Elb aus einem mir durchaus verständlichen Grund nicht und wollte nicht für mich tätig werden." Ein sardonisches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als erinnere er sich an eine Boshaftigkeit, die zwischen den beiden vorgefallen war. „Deshalb halte ich es für eine guten Gedanken, wenn Ihr, Herrin Silamîriel, zu Celeborn geht und ihn bittet, Einfluss auf den lórischen Künstler zu nehmen", fuhr Thranduil fort.

Mit angespannter Körperhaltung hob Agarmaethor den Kopf und schaute Thranduil wie gebannt an.

„Natürlich muss ich auf meinen Ruf achten. Deshalb dürft Ihr weder Celeborn noch diesem Künstler davon berichten, dass ich den Übeltäter nicht ausfindig machen konnte! Am besten fände ich es sogar, wenn Ihr Euch aufopfert und behauptet, Ihr hättet das Bild versehentlich zerstört und restauriert" Thranduil tippte mit dem Zeigerfinger auf die Sessellehne, als sei ihm soeben ein genialer Gedanke gekommen. „Ich bestehe sogar darauf! Ihr werdet zugeben, dass Ihr das Bild manipuliert habt. Damit wären mehrere Probleme mit einem Mal behoben. Zum Einen gäbe es offiziell einen Übeltäter, und zum Anderen würdet Ihr lernen, was es bedeutet, sich in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen!"

Legolas räusperte sich. „Mein König...", sagte er mit kratziger Stimme. „Darf ich sprechen?"

Thranduil bedachte ihn mit einem Blick, als sei er soeben in seinen Gedanken gestört worden. „Ja, du darfst!"

„Ich finde, um ganz ehrlich zu sein, eine derartige Strafe nicht angemessen. Sie steht in keinem Verhältnis zu dem Skandal, der Euch betraf, mein König!"

Thranduils abweisender Blick wandelte sich in Bewunderung.

„Du hast Recht, mein Sohn. Vielleicht sollte ich zusätzlich noch eine Kerkerstrafe hinzufügen. Damit hat sie ausreichend Zeit, sich zu überlegen, wie sie Celeborn gegenüber tritt."

„Aber Herr!" Agarmaethors Augen weiteten sich. Auch Legolas sah Thranduil betroffen an.

„Mein König, ich meinte eigentlich...", stammelte er unruhig und trat nervös von einem Bein auf das andere. Diese Situation war schrecklich. Er wollte nicht, dass Silamîriel für seine Taten einstehen musste – weder für das zerstörte Bild, noch für den nicht vorhandenen Skandal. Und doch wollte er dem Rest der Anwesenden gegenüber nicht zugeben, dass dieser allein ihm zu verdanken war. Lieber würde er für das Bild büßen!

„Bist du ein kleiner Junge, dass du nicht stillstehen kannst?", fragte Thranduil streng und kalt. „Was willst du mir sagen?"

Legolas versuchte sich zu beherrschen und ruhig stehen zu bleiben. „Ich habe Euch ein Geständnis zu machen. Mein König..., Herr..., Ada...", er versuchte es weich. „Ich war es, der das Bild zerstört und neu gemalt hat."

Legolas spürte, wie der Blick seiner Gefährten und der der Berater erstarrte.

Entrüstet blitzten Thranduils Augen ihn an. „Legolas! Du bist ein erwachsener Elb und dies nicht erst seit gestern. Bist du nicht Manns genug, mir die Zerstörung mitzuteilen, anstatt das Bild zu manipulieren und einen Hirsch mit fünf Beinen zu malen?"

„Aber... ich... ich habe es schlicht vergessen! Ich hätte bestimmt etwas gesagt, wenn Ihr mich darauf angesprochen hättet, mein König!", stammelte Legolas.

„Du zerstörst etwas, was dir nicht gehört und vergisst es einfach? Und dann wagst du auch noch anzudeuten, es sei meine Schuld, dass du es mir nicht gestanden hast?" So ehrlich empört hatte Legolas seinen Vater selten gesehen.

„Aber... ich... ich war noch ein ganz, ganz kleines Kind! Es tut mir wirklich schrecklich leid, dass ich das Bild zerstört habe", erwiderte Legolas.

Thranduil verstummte, doch sein Blick verhieß nichts Gutes. Er schien nachzudenken.

„Ich will diese Horde nicht länger als nötig in meinem Palast sehen. Würde ich dich jetzt auch noch bestrafen und dadurch hier festhalten, dann wäre ein verlängerter Aufenthalt wäre dies jedoch unumgänglich. Deshalb wirst du..."

Imaeath betrat leise die Halle und brachte mit gesenktem Blick Kräutertee zu den Beratern. Als sie die angespannte Situation bemerkte, blieb sie wie erstarrt stehen und wollte sich zurückziehen.

„Du wirst solange, bis dieser Blutegeltöter seine Zeit im Kerker verbracht hat, mit Imaeath gehen und ihr beim Küchendienst helfen!", beendete Thranduil seinen Satz. „Keinen Widerspruch! Das ist mein letztes Wort! Ein derartiges Verhalten meines eigenen Sohnes kann ich nicht dulden! Und für Euch, Herrin Silamîriel, werde ich mir inzwischen noch etwas überlegen."

Ohne die Gemeinschaft oder Legolas eines weiteren Blickes zu würdigen, winkte er abfällig mit der Hand. „Geht alle! Ich habe hier Wichtigeres zu tun, als mich mit euch zu befassen. Es ist alles gesagt worden! Du, Legolas, wirst Imaeath sogleich folgen!"

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„Wie weit wollt ihr noch in den Osten?", fragte Lútholwen eines Tages, als das Laufen über die Ebene wieder einmal so eintönig war wie die Tage zuvor. Inzwischen waren sie vertrauter miteinander und auch wenn Alatar sie mehr oder weniger zu meiden schien, fühlte sie sich anscheinend recht wohl, denn sie plauderte mit Pallando nur allzu gerne.

„Wir wollen dorthin, wo einst die Elben erwachten. An den Helcarsee. Er sieht nicht mehr so aus wie damals - Mittelerde hat sich geändert...", antwortete Alatar, obwohl sie die Frage an Pallando gerichtet hatte.

„Was wollt ihr dort?", fragte Lútholwen neugierig.

„Wir hoffen, dort Elben vorzufinden, denn wegen ihnen sind wir hier – wegen ihnen und den Menschen hier im Osten", erwiderte Pallando.

„Warum wollt ihr hier Elben finden? Gibt es nicht genug im Westen Mittelerdes?", hakte Lútholwen nach. „Im Westen sollen sie wunderschöne Häuser haben. Meine Eltern haben mit ihnen gehandelt und mir phantastische Dinge über die Elben dort erzählt. Sie waren so begeistert von den Elben dort, dass sie mir auch einen elbischen Namen gaben." Sie lächelte verträumt. „Als ich noch nicht geboren war, wollten meine Eltern auch mit den Elben hier im Osten handeln, aber sie waren sehr enttäuscht. Sie haben mir nicht viel erzählt, aber nach allem, was ich verstanden habe, sind sie Jäger und Sammler, leben auf Holzplanken in den Wipfeln der Bäume, haben weder Herrscher noch sonst irgendeine Struktur. Jeder lebt nur für sich und seine Familie."

„Da hörst du es, Pallando!", mischte sich Alatar erneut ein. „Sie bestätigt alle Gerüchte, die wir bisher von den Elben hier hörten. Sie sind in ihrer Entwicklung zurückgeblieben, weniger verständig und schwach! Sie verdienen es nicht, dass wir uns um sie kümmern. Einst vertrauten sie Oromë nicht, als er ihnen anbot, sie nach Valinor zu führen. Avari nennt man sie deshalb – die Widerspenstigen. Einige von ihnen ließen sich sogar von Morgoth verführen und waren die Grundlage seiner Ork-Züchtungen, die heute wie eine Krankheit Mittelerde heimsuchen.

„Aber auch sie sind die Kinder Ilúvatars, und sie haben ebenso das Recht, ihren Beitrag im Kampf gegen Sauron zu leisten, wie uns die Pflicht trifft, ihnen beizustehen. Nur, weil sie einst abgelehnt haben, mit den Valar in Valinor zu leben, sind sie nicht schlechter zu behandeln als die Elben im Westen. Bis auf wenige Ausnahmen setzten auch diese bisher nie einen Fuß nach Valinor. Man muss den Elben hier eine Chance geben – vielleicht sogar eine neue Chance, einen Weg in den Westen zu finden, um dort über das Meer zu segeln."

Alatar rümpfte die Nase.

Pallando sah absichtlich nicht hin und fuhr fort: „Leider hat Alatar jedoch vermutlich in einem Punkt Recht. Sie sind schwach, besitzen weder ausgesprochen gute Waffen noch starke Magien. Die Elben im Westen haben sich wohl tatsächlich besser entwickelt, wenn alles stimmt, was wir hörten. Deshalb halte ich es für wichtig, dass sie sich mit den Menschen verbünden. Im Westen gab es einst ein solches Bündnis, und es war eben diesem Pakt zu verdanken, dass vor etwa eintausend Jahren gelang, Saurons EINEN RING zu erbeuten. Genau solch ein Bündnis schwebt mir auch hier im Osten vor. Die Menschen hier sind leider zum Teil sehr auf sich selbst bezogen und..."

„Verdorben!", unterbrach ihn Alatar. „Schau dir die Krieger an, welche vor etlichen Tagen über deine Eltern und dich hergefallen sind... Das ist Saurons Einfluss, seine Saat und ich bin mir sicher, dass er in ihnen nur allzu nährstoffreichen Boden findet."

„Und ihr wollt wirklich solch ein Bündnis herstellen?", fragte Lútholwen ungläubig. „Wie stellt ihr euch das vor? Ich meine, ist Sauron bereits so stark, dass die Kämpfe unmittelbar bevorstehen oder wie wollt ihr die Verträge so lange aufrecht erhalten, bis er vielleicht irgendwann einmal wieder in Erscheinung tritt? Versteht mich nicht falsch, aber ich glaube nicht, dass ein Bündnis zwischen Menschen und Elben so lange hält. Mein Vater sagte immer: Verträge sind für das Heute und Morgen. Für das Übermorgen gibt es nur die Hoffnung."

Pallando sah Lútholwen überrascht an. Ein solches Verständnis ihrerseits hatte er gar nicht erwartet. Sie begriff das Problem recht genau.

„Unsere Aufgabe ist es nicht, Verträge oder Bündnisse zu schließen. Das müssen die Elben und Menschen selbst tun. Wir sollen den Weg dafür bereiten... Durch unsere Beratung und unseren Beistand sollen die Völker einsehen, wie notwendig ein solches Bündnis ist und dass es sie stark machen wird", erklärte er Lútholwen. „Wir können nur hoffen, dass wir überzeugend genug sind, ein Bündnis für mehrere Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende zu schaffen."

„Doch bisher trafen wir nur auf Ignoranz und Arroganz!", warf Alatar bissig ein. „Illúvatar sollte den Osten am besten im Meer versenken – so wie einst Beleriand."

Lútholwen sah die beiden Wanderer eine ganze Weile schweigend an, während sie neben ihnen herlief. Schließlich fragte vorsichtig: „Ich verstehe das alles nicht ganz... Woher kommt diese Aufgabe? Warum gerade ihr?"

Alatar grinste breit. „Weil wir die besten sind und am besten die Interessen unseres Vala vertreten können."

Pallando kniff die Augen zusammen. „So ganz ist das nicht richtig. Alatar wurde auserwählt. Ich jedoch wollte ihn begleiten, weil er mein Freund ist. Ich bat Oromë darum, mit Alatar ziehen zu dürfen. Mich allein hätte man wohl kaum entsandt. Ich bin viel zu schwach, um gegen Sauron anzutreten. Ich fürchte, ohne Alatar wäre ich auf dem Weg in den Osten schon mehrfach gestorben. Meine Fähigkeiten sind also wohl eher nicht so sehr von Nutzen."

„Ihr beide kennt Oromë persönlich?", hauchte Lútholwen entgeistert.

Dabei schaute sie Pallando und Alatar bewundernd und ehrfürchtig an. Pallando schmunzelte geschmeichelt und auch Alatar schien ihren Blick zu spüren und lächelte gefällig.

„Nun ja. Wir sind Maiar", erklärte Alatar freundlich. „Du weißt doch, was ein Maia ist, oder?"

Lútholwen riss die Augen auf. „Ja, natürlich! Ihr seid Ainur... unsterbliche Geister, Diener der Valar..." Sie blieb stehen und schaute die beiden fassungslos und skeptisch an.

„Du glaubst uns nicht?", fragte Alatar etwas gereizt. Hurtig schwang er seinen Stab und zielte damit auf einen Stein welcher in hohem Bogen durch die Luft flog und etwa dreißig Fuß entfernt von ihnen landete. „Noch Fragen?", sagte er bissig.

Lútholwen schaute noch immer bestürzt auf die beiden Wanderer in ihren blauen Mänteln. Schließlich sank sie zu Boden und kroch zu Alatar.

„Herr, verzeiht mir meine Zweifel. Natürlich glaube ich jedes Wort", flüsterte sie demütig.

Sie ergriff eine Hand Alatars und hauchte einen Kuss darauf. Dieser lächelte verzeihend und strich ihr sanft über das lange, dunkle Haar. Lútholwen wandte sich zu Pallando, um auch ihm die nötige Achtung zu erweisen, doch Pallando fühlte sich höchst unwohl dabei. Er zog seine Hand zurück und beugte sich zu ihr.

„Bitte nicht. Steh auf! Ich habe unsere Reise bisher mehr genossen, als du noch nicht wusstest, wer wir waren. Ich möchte dich viel lieber so freundlich und frisch erleben, wie du es bisher gewesen bist. Du nicht auch Alatar?"

Alatars Augen funkelten ihn undeutbar an. Er ging zu Lútholwen, fasste ihr mit der Hand sanft unter das Kinn und zwang sie sacht, ihm in die Augen zu schauen. „Sicher möchte ich dich so... freundlich und frisch wie bisher... Aber... ein wenig mehr Respekt und Unterwürfigkeit ist doch auch nicht schlecht, nicht wahr Lútholwen?"

Sanft wie eine Feder streichelte seine Stimme ihr Ohr und ein freundlich strahlendes Lächeln erhellte sein Gesicht.

Lútholwen erwiderte das Lächeln scheu. „Ja, natürlich, aber war ich denn bisher nicht unterwürfig genug?"

„Doch, doch. Es ist alles bestens. Du bist bezaubernd. Ich wollte nur sicherstellen, dass du so bleibst wie du bist."

Er ließ von ihrem Kinn ab und schmunzelte einnehmend, als Lútholwens Gesicht mit einem Hauch von Rot überzogen wurde. Pallando fand, dass es sich dabei um eine sehr liebenswerte Eigenschaft handelte, die jedes Mal zum Vorschein, wenn man ihr etwas Nettes sagte. Alatar wandte sich wieder ab und lief weiter Richtung Osten. Lútholwen erhob sich und ergriff das Gepäck. Schweigend lief sie wieder eine lange Zeit neben Pallando her.

„Darf ich etwas fragen?", flüsterte sie Pallando zu.

„Natürlich. Ich hatte schon die Befürchtung, du wärst jetzt vollkommen verschreckt." Pallando lächelte aufmunternd.

„Wenn ihr Maiar seid, warum habt ihr Hunger und Durst? Warum zaubert ihr euch nicht einfach etwas zu Essen herbei? Wie lange werdet ihr hier bleiben? Kommen noch mehr eurer Art hierher und..."

„Nicht so viele Fragen auf einmal!" Pallando lachte. „Wir leiden unter Hunger und Durst, weil wir in menschlichen Körpern stecken. Menschen haben verschiedenartige Bedürfnisse, und wir haben sie auch – alle. Nur kennen wir noch nicht alle Möglichkeiten, diese zu befriedigen. Erst vor wenigen Wochen versuchte ich etwas Pfeifenkraut zu rauchen, weil es hieß, es verursache ein angenehmes Gefühl. Dem war auch so, und deshalb nahm ich mir eine Ration mit in die Wildnis, um hier meine neu geweckten Bedürfnisse zu befriedigen." Er grinste sie an. „Zu deiner zweiten Frage... Wir werden bleiben, bis die Valar uns rufen oder wir sterben. Ich vermute jedoch, dass wir zuvor endgültig über Sauron gesiegt haben - oder endgültig gescheitert sind."

„Aber werdet ihr denn nicht alt und sterbt?"

„Nun, wir werden alt, doch es sind nicht die Jahre, die uns altern lassen, sondern Weisheit und Erfahrung. Unsere Haare werden grau und unser Gesicht faltig, doch wir sterben nicht. Das Alter selbst kann uns nichts anhaben, und deshalb können wir ewig hier in Mittelerde leben und unserer Aufgabe nachgehen", erklärte Pallando geduldig.

Lútholwen schwieg wieder einige Zeit.

„Pallando? Warum ist Alatar so... so... seltsam zu mir? Mal so streng und dann wieder so nett?", fragte sie schließlich zögerlich.

Pallando schaute nachdenklich zu Alatar. „Mach dir nicht zu viele Sorgen. Ich glaube, er mag dich, aber es ist nur... wir beide, Alatar und ich, wir hatten noch nie so lang anhaltenden Kontakt zu Menschen, und schon gar nicht zu derart liebenswürdigen und freundlichen. Bisher haben wir menschliche Ansiedlungen immer recht schnell wieder verlassen, weil Alatar so unzufrieden war. Ich glaube, er weiß einfach nur nicht, wie er sich dir gegenüber verhalten soll." Er lächelte Lútholwen aufmunternd an.

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Legolas stand vor einem großen Bottich mit heißem Wasser. Neben ihm stapelten sich Unmengen von schmutzigem Geschirr. Als Imaeath ihm die gewaltige Anhäufung zeigte, konnte er zunächst seinen Augen nicht trauen. Wer verursachte nur so viel Schmutz - und nach zwei Stunden Abwaschen erweiterte er seine Frage um 'und soviel Arbeit'? Nie hätte er gedacht, dass Geschirr waschen so anstrengend sein könnte und sein Herz blieb beinahe stehen, als Imaeath einen Karren mit einem weiteren Berg Teller und Besteck in die Küche schob.

„Du musst frisches Wasser holen und es auf dem Herd erhitzen, damit du das Geschirr sauber bekommst!", wies sie ihn mit einem breiten Schmunzeln an. Imaeath konnte ihn nie mit 'Ihr' und 'Euch' ansprechen. Dafür kannte sie Legolas einfach zu lange.

„Wer verursacht all den Dreck?", rief Legolas fassungslos und schleuderte ein Handtuch in die Ecke.

„Dieser Berg hier stammt von deiner Gemeinschaft! Und zwar allein vom Mittagessen!", erwiderte Imaeath trocken.

Legolas' Augen weiteten sich, doch er schwieg dazu und ergriff nur einige große Eimer, um frisches Wasser aus dem Brunnen in einem nahe gelegenen Nebenraum zu holen. Mit Beginn seines Küchendienstes wurde ihm bewusst, wie viel Wasser in einer Küche verbraucht wurde und daher herangeholt werden musste. Das hin- und hertragen frustrierte ihn dermaßen, dass er sich vornahm, Galadriel zu fragen, wie diese das Wasser in luftige Baumhöhen bringen ließ...

Beinahe mürrisch verließ er die Küche und eilte quer über einen Flur zum Brunnen, füllte dort seine Eimer und balancierte diese zurück. Unterwegs begegneten ihm Elladan und Elrohir.

„Küchenjunge?", sagte Elrohir gespielt schnippisch und arrogant. „Mein Teller heute Mittag war nicht wirklich sauber, das gilt im Übrigen auch für mein Besteck. Ich mag keine Essensreste in meiner Gabel."

„Das Gemüse war auch nicht anständig geputzt!", fügte Elladan hinzu. „Ich könnte schwören, dass es ein kleines Steinchen war, auf das ich gebissen und mir beinahe einen Zahn ausgebrochen habe! Sollte das noch einmal geschehen, werde ich mich wohl bei deinem Vater beschweren müssen!"

Das waren nur Scherze, und Legolas wusste das. Trotzdem hatte er nur ein lahmes Lächeln für die beiden übrig.

„Wenn Elladan bereits an schwachen Zähnen leidet und einen kleinen Stein nicht verkraften kann, solltest du ihm Brei kochen!" Agarmaethor stand plötzlich hinter ihm. „Ihr beiden wagt es gar nicht, vor Thranduil zu treten und eine Beschwerde vorzubringen!", fügte sie scharf hinzu.

Elronds Söhne lachten und verschwanden im Speisesaal.

„Danke, aber das war nicht nötig", sagte Legolas und balancierte die Eimer weiter Richtung Küche. „Wie ich gerade gesehen habe, war dir dein kürzlicher Streit mit Elrohir nicht genug und du attackierst nun auch Elladan. Fürchtest du nicht, dass du bald die gesamte Familie Elronds gegen dich zu stehen hast?"

„Nein, Elladan kann damit umgehen! Er ist nicht nachtragend!", grinste Agarmaethor.

„Woher weißt du das?", erwiderte Legolas erstaunt.

Agarmaethor zuckte kurz zusammen. „Das... ist nur mein bisheriger Eindruck. Sie haben beide gelacht. Darf ich dir etwas abnehmen?" Ohne eine Antwort abzuwarten, entriss sie ihm einen Eimer.

„Was willst du?", fragte Legolas übellaunig. „Lass mich lieber in Ruhe!"

Agarmaethor schmunzelte. „So kenne ich dich gar nicht! Ich hatte angenommen, du trägst deine Strafe mit Würde."

„Ich nehme meine Strafe hin! Niemand hätte mich dazu zwingen können!", erwiderte Legolas bissig. „Das ist würdevoll genug!"

„Niemand?", fragte Agarmaethor erstaunt. „Aber du fürchtest deinen Vater, kniest vor ihm nieder, nennst ihn 'mein König'! Könnte er dich nicht für deine Küchendienst-Verweigerung in den Kerker stecken?"

Legolas' Augen blitzten sie an. „Küchendienst!", äffte er böse. „Tu' doch nicht so, als wärst du ahnungslos! Du steckst doch mit ihm unter einer Decke!", rief er empört.

„Psssst!", flüsterte Agarmaethor panisch und schaute sich nach Spionen oder biederen Bediensteten um. „Sag so etwas nicht! Dein Volk könnte das wörtlich nehmen, und dann hätten wir einen weiteren Skandal!"

„Wenn du mich verspotten willst, dann geh lieber!", knurrte er mit einem schelmischen Lächeln, der keine Missverständnisse offen ließ.

Er zürnte ihr nicht. Ihre funkelnden Augen und ihr verschmitzter Gesichtsausdruck ließen sie so vergnügt erscheinen, wie er sie bisher noch nie erlebt hatte. Er gönnte ihr diesen kleinen Spaß aus vollem Herzen, wohl ahnend, dass ihre Gemütslage nicht von Dauer sein würde. Er öffnete die Tür zur Küche und trat ein.

Agarmaethor folgte ihm mit dem letzten Eimer. „Eigentlich bin ich auch wegen etwas anderem gekommen."

Legolas setzte Wasser auf und wandte sich ihr dann zu. „So? Ich bin neugierig!"

Agarmaethor krempelte die Ärmel hoch und begann, das nasse Geschirr des ersten Waschganges abzutrocknen. „Ich möchte dir danken!", sagte sie dabei leise. „Dafür, dass du dich um mich gekümmert hast, als es nötig war. Und dafür, dass du so verschwiegen warst. Keiner weiß bisher davon, und auch wenn es nicht lange ein Geheimnis bleiben wird, so bin ich dir trotzdem dankbar dafür, dir und Gimli."

Legolas lehnte sich überrascht an eine Wand und musterte sie. Sie schaute bedrückt und ernst auf den Teller, den sie gerade so nervös und verlegen mit einem Handtuch trocken rieb, dass ihr beinahe Schweißperlen auf der Stirn standen, und doch bemerkte er etwas, was er sonst nur von Menschen kannte – eine Gänsehaut auf ihren Unterarmen.

„Es macht mir nichts aus, das zu tun...", erwiderte er und konnte seinen Blick nicht von ihrer Gänsehaut wenden. „Geht es dir nicht gut? Fühlst du dich nicht wohl?"

Agarmaethor gab dem Muster auf dem Teller eine Überlebenschance und hielt inne. Bedrückt schaute sie zu Boden.

„Haldir sagte einst, in Lórien würde man alle Sorgen vergessen, aber das stimmt nicht. Hier geht es mir besser, viel besser als in Lórien", erwiderte sie.

„Aber du frierst!", sprach Legolas seine Gedanken laut aus.

Agarmaethor nickte. „Seit Tagen schon... immer, wenn ich..." Sie biss sich auf die Lippe und schwieg.

Legolas runzelte die Stirn. Er nahm etwas von dem inzwischen kochenden Wasser und goss es in eine Tasse mit klein gehackten, getrockneten Früchten.

„Hier! Trink! Das wärmt dich von innen. Und dann sag mir, was los ist!"

Agarmaethor lächelte lahm und nippte an der heißen Flüssigkeit. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist", sagte sie leise. „Seit Monaten nicht mehr", fügte sie flüsternd hinzu. „Aber mein Frieren ist neu. Ich habe es erst hier im Eryn Lasgalen zu ersten Mal gespürt, und es macht mir Angst."

Legolas setzte sich neben sie auf einen Stuhl und sah sie tröstend an. „Ich glaube nicht, dass es etwas Schlimmes ist", sagte er beruhigend, obwohl er selbst innerlich unruhig war.

„Ich auch nicht", erwiderte sie traurig. „Legolas... ich..." Sie rang mit den Worten und Legolas wartete geduldig. „Ich muss hier fort! Bald!"

Legolas lehnte sich überrascht zurück. „Ich dachte, du fühlst dich wohl?"

Sie schloss die Augen und verschränkte ihre Arme, als hätte eine neue Kältewelle sie erfasst. „Ich weiß!", erwiderte sie gequält. „Dem ist auch so! Aber ich kann nicht! Es treibt mich! Ich bin auf der Suche und habe das Gefühl, als würden meine eigenen Erinnerungen mich zu sich ziehen, weil sie nicht zu mir kommen können. Sie geben mir keine Ruhe und ich kann mir selber keine wirkliche Ruhe geben!"

Legolas fühlte Mitleid. Sie war unglücklich, weil sie sich im Eryn Lasgalen so wohl fühlte und doch wieder fort musste. Er streckte den Arm aus und wollte tröstend ihre Hand ergreifen, doch sie zuckte erschrocken zurück und verbarg ihre Hände unter dem Tisch. Verunsichert schaute sie zur Tür, als wolle sie fliehen.

„Es tut mir leid!", sagte Legolas verlegen. „Ich wollte nicht... Ich habe nicht daran gedacht! Ich wollte nur... "

„...trösten. Ich weiß." Agarmaethor rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. „Ich wollte dich bitten, nichts mehr zu unternehmen, was unseren Aufenthalt hier noch verlängern könnte. Vor allem, was Amlugûr betrifft. Tue nichts, was ihn aufregt und vielleicht zu neuen Randalen führt. Ich habe davon gehört... ja..."

Legolas erschauderte. Wusste sie davon, dass er den Kerkeraufenthalt Amlugûrs veranlasst hatte?

„Was sollte ich denn schon Großartiges tun, was ihn aufregt?", fragte er.

„Dir traue ich zu, dass du ihm zu viel Salz ins Essen gibst."

„Ich?", fragte Legolas unschuldig und schaute verstohlen auf einen mit Suppe gefüllten Teller auf einem Nachbartisch. „Ich verspreche, ich werde nichts Derartiges tun!"

Agarmaethor erhob sich und ging zur Tür. „Ich lass dich jetzt mit deinem Abwasch allein", sagte sie.

„Das Leben ist ungerecht!", seufzte Legolas und hoffte, ihr Stimmung wieder etwas zu heben, indem er auf sein eigenes Problem lenkte. „Mein Vater ist selber ein Schauspieler! Ich bin unter seiner Obhut aufgewachsen! Wie kann er mich bestrafen, wenn er selber tagtäglich seine Spielchen spielt?"

Ein amüsiertes Lächeln huschte ihr über das Gesicht. „Dein Vater ist der König – der einzige Elbenkönig in Mittelerde", sagte sie und verschwand.

Legolas lächelte ihr fröhlich hinterher. Es war ihm gelungen, sie zumindest für kurze Zeit aus ihrer Traurigkeit zu reißen und Fröhlichkeit auf ihr Gesicht zu zaubern. Dieser Gedanke verdrängte sogar den Unmut, als er den Berg Geschirr wieder ins Auge fasste. Vier Tage noch! Er seufzte. In seinem Herzen wurde Imaeath zu einer Heldin.