Hiho! ( zwergisch 'Hallo' auf waltdisneyisch g)

Mein PC hat jetzt andere Macken, aber trotzdem geht es weiter. Allerings muss ich mal vorab darauf hinweisen, dass in meiner Wohnung demnächst eine Sanierung ansteht, die dazu führt, dass die PCs abgebaut und staubdicht verpackt werden müssen. Es wird nächste Woche noch ein Kap geben, aber dann kann es unter Umständen 2-3 Wochen dauern. Ich hoffe, ihr springt mir deshalb nicht ab ;) Zumindest bereite ich euch mal mental darauf vor (grins).

Na denne – viel Spaß!

Euer Kampfzwerg

P.S. Das Gedicht/Lied ist aus Tolkiens Hand selbst

an Amarie: Vielen, lieben Dank

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Auf dem Schiff

Ruhig und sanft glitt das Handelsschiff dem Meer von Rhûn entgegen. Die Sterne leuchteten am nächtlichen Himmel und hüllten die karg bewachsenen Ufer des Celduin in ein silbernes Licht, verzauberten die Einöde und gaben ihr eine Schönheit, die sie ohne ihren Schein nicht besaß.

Agarmaethor saß wach zwischen den schlafenden Elben der Gemeinschaft und schaute traurig und nachdenklich auf die vorüber gleitende Landschaft, die sie so sehr an das heutige Eregion erinnerte. Sie konnte sich noch an Zeiten erinnern, als sich ein beinahe grenzenloser Wald vom Nebelgebirge bis tief in den Westen Mittelerdes erstreckte, als Eregion noch grünte und blühte und nicht dagegen ankämpfen musste, dass der Wind den letzten Rest fruchtbarer Erde davontrug. Sie erinnerte sich an Zeiten, als der Gesang von Vögeln die Luft erfüllte, Eichhörnchen von Ast zu Ast sprangen und Bienen eifrig von Blüte zu Blüte flogen... an Zeiten, bevor Saurons Armeen Eregion niederbrannten und alles zerstörten.

Doch das war sehr lange her. Alles hatte sich seitdem verändert, und nur die Sterne leuchteten genau so wie damals, als sie vor mehr als 4700 Jahren mit einer blutenden Kopfwunde auf einer kleinen Waldlichtung in eben diesem grenzenlosen Wald mit all seinem Leben zu sich kam und sich an nichts mehr erinnern konnte – an gar nichts.

Wie ein kleines Kind hatte sie den Sonnenaufgang beobachtet und dabei neugierig dem Zwitschern der Vögel gelauscht, ihre Hand ausgestreckt und Blüten und Blumen berührt und ertastet, als habe sie dies noch nie zuvor getan. Wie ein kleines Kind steckte sie sich beinahe alles in den Mund, um zu kosten, zu lernen und die Umwelt zu begreifen.

Aber sie war kein kleines Kind. Körperlich war sie erwachsen, doch ohne eine einzige Erinnerung konnte sie sich nicht einmal die Frage stellen, warum sie so einsam auf der Waldlichtung saß, warum ihr Magen ein knurrendes Geräusch machte oder warum eine seltsam rote Flüssigkeit aus ihrem schmerzenden Kopf rann. Sie verstand nur, dass sie sich in einer Welt befand, in der jeder zu jemandem gehörte: das Rehkitz zu seiner Mutter, die Fische im Bach zu einem Schwarm und selbst die winzigen Ameisen liefen zuhauf auf einen kleinen Hügel zu und reichten sich gegenseitig Nahrung und Baumaterial.

Nur wo sie selbst hingehörte begriff sie nicht und deshalb fühlte sie, dass ihre Einsamkeit auf dieser Lichtung falsch war, dass es anders hätte sein müssen. Orientierungslos war sie durch den Wald gestolpert, lief wohl hunderte Male im Kreis und fand noch nicht einmal die Lichtung wieder, die ihr annähernd vertraut war. Wie sollte sie auch, da sie nicht fähig war zu verstehen, dass es einen Zusammenhang zwischen Sonnenstand und Himmelsrichtung gab?

Und als eine weitere Nacht hereinbrach, begann sie zu weinen wie ein kleines Kind – bittere Tränen der Angst, Einsamkeit und Hilflosigkeit rannen ihr über das Gesicht. Hungrig, zerkratzt und verloren hockte sie zusammengekauert in einem Gebüsch und schluchzte laut, bis sie am nächsten Morgen von einer Gruppe Zwerge gefunden wurde. Rührend hatten diese sich um sie gekümmert, ihre Wunden versorgt und ihr die ersten Worte beigebracht.

Ein Lächeln huschte Agarmaethor über das Gesicht, als sie sich an die Zwerge erinnerte. Vielleicht waren diese der Grund, warum sie Zwerge so mochte, warum sie nicht - wie viele andere Elben - so schlecht über sie dachte. Mit Geduld, einem gewissen Schmunzeln und Fürsorge erlebten diese mit, wie sie einen feuchten Finger in die Luft hielt und darüber staunte, dass er beim Trocknen auskühlte oder wie sie versuchte, eine Biene zu streicheln und dafür gestochen wurde.

Wie gerne wäre sie länger bei ihnen geblieben. Sie hatte sich an deren Füße geklammert, als die Zwerge sie in einer Elbensiedlung zurücklassen wollten, hatte gebettelt und getobt – nichts hatte geholfen. Nargi und seine Gefolgsleute verschwanden aus ihrem Leben so schnell, wie sie gekommen waren. Damals zürnte sie ihnen, konnte ihnen nicht vergeben, dass sie sie bei Fremden zurückließen, denn die Elben waren ihr fremd in ihrer Art, in ihrer Lebensweise und vor allem in ihrer Sprache – so fremd, wie ihr noch vor wenigen Wochen die Zwerge waren, doch wer wollte schon gerne von Vorne beginnen?

Erst sehr viel später verstand sie, dass die Zwerge das einzig Richtige taten, indem sie sie zu dem Volk brachten, zu dem sie gehörte. Was hätten die Zwerge auch sonst mit einem hilflosen und unfähigen Elben machen sollen... in einer Zeit, in der Sauron bereits Eregion und auch Khazad-dûm mit Krieg und Zerstörung bedrohte! Und noch viel später begriff sie, dass der weite Weg in Gil-galads Reich mehr war, als die Zwerge hätten tun müssen. Sie hatten die Mühe auf sich genommen und sie fort aus Eregion gebracht, fort von der Gefahr durch die Orks und Sauron.

Sie zürnte ihnen nicht mehr. Sie dankte ihnen und empfand seitdem die Anwesenheit von Zwergen immer als Glücksfall – auch wenn sie mit ihnen seit ihrem Erlebnis nicht mehr zu tun hatte, als jeder andere Elb. Auch heute glaubte sie daran, Gimlis Anwesenheit in der Gemeinschaft sei ein großes Glück – nicht nur, weil es ihm gelungen war, durch ein einfaches Gespräch mit einem Raben die Anwesenheit der lästigen Fledermäuse zu beenden. Gimli lockerte die Stimmung in der Gemeinschaft auch ungemein auf. Seine überaus herzliche und doch knurrige Art erinnerte sie sehr an Nargi, nur dass Gimli nicht annähernd so oft von seinem Großvater Gróin sprach wie Nargi von seinem Großvater Narvi.

Ihr Blick huschte suchend über die schlafende Gemeinschaft. Sie wollte einen Blick auf Gimli werfen, sein Bild dazu benutzen auch wieder ein klares Bild von Nargi zu erhalten, doch Gimli war nicht da. Agarmaethor runzelte die Stirn und zählte die verbliebenen Mitglieder der Gemeinschaft – einer von ihnen fehlten ebenfalls.

Unruhig erhob sie sich, schritt lautlos zwischen den Elben umher und suchte, doch ihr Blick blieb an Legolas hängen. Eingerollt in eine Decke schlief er ruhig und friedlich. Ein leichtes Lächeln überzog sein Gesicht. Sie beneidete ihn um seinen erholsamen Schlaf. Schon lange war ihr dieser nicht mehr vergönnt. Entweder empfand sie Schmerzen oder aber sie träumte von Dingen aus ihrer Vergangenheit, an die sie sich selbst nicht erinnern konnte – Dinge, die so wirklich waren, dass sie sie regelrecht erlebte. Doch damit schlief sie nicht wirklich, erholte sich nicht... sie spürte die sich nähernde Erschöpfung mehr und mehr. Nicht umsonst hatte sie danach gedrängt, den Eryn Lasgalen so schnell wie möglich zu verlassen.

Ein leises, polterndes Geräusch erklang aus einer der Kabinen unter Deck. Agarmaethor schreckte zusammen und auch Legolas bewegte sich unruhig. Eine Haarsträhne löste sich und glitt über sein Gesicht, schien ihn zu kitzeln und beim Schlafen zu stören. Unwillig strich er sie mit der Hand weg, doch dabei glitt eine silberne Kette mit einem Ring aus seiner nicht vollständig zugeknöpften Tunika.

Agarmaethor erstarrte und traute ihren Augen nicht. Der Ring leuchtete! Er schien das Sternenlicht einzufangen und seine blauen Steine glühten in einem angenehm beruhigenden, dunklen Blau. Sie kannte die blauen Steine nicht, doch das Metall des Ringes bestand aus Ithildin, demselben Material, aus welchem die Schriftzeichen an den Toren zu Moria einst geschaffen wurden...

Sie hatte bisher nur von der Existenz dieser Mithril-Legierung gehört, denn sie war äußerst selten, doch nun, da sie mit ihren eigenen Augen erblicken konnte, wie die Sterne des Himmels ihr auf dem Deck eines einfachen Handelsschiffes zu Füßen lagen, erkannte sie die Besonderheit und den Wert dieses Metalls und verstand, warum man oftmals mit Ehrfurcht von Ithildin sprach.

Sekundenlang starrte sie wie verzaubert auf den Ring und erst in dem Moment, als sie ein scharfes Einatmen in ihrem Rücken hörte, begriff sie, dass ein weiteres Augenpaar diesen Ring entdeckt hatte – ein Augenpaar, das nicht hierher gehörte.

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Odan konnte das scharfe Einatmen nicht unterdrücken. Das Glitzern und Funkeln der Sterne in einem einfachen Metall war für ihn derart faszinierend, dass er seinen Blick für einige Momente nicht abwenden konnte. Noch nie hatten seine Augen etwas Derartiges gesehen und nur gerüchteweise war ihm zu Ohren gekommen, dass die Elben in der Lage waren, ein solches Metall zu schaffen.

Er hatte nie verstanden, warum Mahal so ungerecht war, den Zwergen das Schmieden beizubringen, ihnen zu erlauben, es auszuüben und ihnen doch nie die Möglichkeiten gab, die geschaffenen Gegenstände mit Magie zu verbinden. Allein die geheimen Türen und Tore zu ihren Reiche waren magisch, so dass niemand unerlaubt Zutritt erhalten konnte, und allein deshalb war es seinem Volk gelungen, sich den Grünaugen zu widersetzen. Doch wie gelang es so garstigen und arroganten Wesen wie den Elben, solch schöne Dinge herzustellen?

Gäbe es nicht Bizar-kûn, hätten die Zwerge seines Volkes außer den Türen gar nichts Besonderes vorzuweisen, doch Bizar-kûn lehrte sie, den Schattenmantel und die Schleicherschuhe herzustellen. Diese Namen hatte Odan den Gegenständen einst selbst gegeben – sie klangen ein wenig naiv, wie er selbst fand, doch sie passten zu den Fähigkeiten, die sie besaßen. Wie sonst wäre es ihm wohl gelungen, sich nachts an Bord dieses Schiffes zu bewegen, ohne von der Schwarzhaarigen entdeckt zu werden? Lautlos und verborgen im nächtlichen Schatten...

Er konnte nur dankbar sein, dass sie sein viel zu lautes, scharfes Einatmen nicht gehört hatte und den Ring seinem Träger wieder in die Tunika schob. Nur etwas vorsichtiger hätte sie dabei sein können! Warum weckte sie diesen blonden Elben dabei? War sie tatsächlich derart ungeschickt?

Misstrauisch zog sich Odan einige Schritte zwischen Kisten und Fässer zurück und beobachtete, wie der blonde Elb sich streckte und sich schließlich auf eine nahe gelegene Truhe setzte und irgendetwas von 'Wache halten' sagte. Odan ärgerte sich. Der verfluchte Ring hatte ihn davon abgehalten, der Schwarzhaarigen seine Axt in den Rücken zu werfen und nun war sie kein sicheres Ziel mehr.

Erneut erklang ein lautes Poltern aus dem Bug des Schiffes und Odan hoffte, dass dieses nicht noch mehr Elben wecken würde, doch zu seinem Glück schauten nur einige von ihnen erstaunt auf und rollten sich sogleich wieder zusammen um weiterzuschlafen. Nur die Schwarzhaarige entfernte sich von den anderen und ging zum Bug, um nach dem Rechten zu sehen.

Odan freute sich. Das würde ihm Gelegenheit geben, sich ihr erneut nähern zu können. Vorsichtig und beinahe lautlos kroch er aus seinem Versteck und versuchte, ihr über Umwege zu folgen. Er bezweifelte, dass sie tatsächlich so arglos war wie sie gerade tat, und fühlte, wie sie sich heimlich umschaute und nach etwas oder womöglich gar nach ihm zu suchen schien. Hatte sie sein Einatmen vielleicht doch gehört? Oder war sie so aufmerksam, weil sie dem Poltern im Inneren des Schiffes nicht traute? Je mehr er darüber nachdachte, desto stärker war er davon überzeugt, dass sie den Elben nicht versehentlich geweckt hatte. Er musste wohl auch auf diesen Acht geben.

Die Schwarzhaarige näherte sich soeben einer sich öffnenden Luke an Deck und blieb an der Wand einer Kajüte stehen – ungünstig für einen sicheren Wurf mit seiner Axt. Odan beobachtete sie und wartete ab.

„D... Du bist vollllkommen ... betlunken!", hörte er die tiefe und knurrende Stimme, die er sofort einem Zwerg zuzuordnen wusste.

„Nein, das bin ich nicht." Diese Stimme klang weich und melodiös und irgendwie glaubte er die Stimme des Blonden wiederzuerkennen, mit dem er in der Seestadt beinahe zusammengestoßen war und der ihn mehr oder weniger zufällig zu der Schwarzhaarigen geführt hatte.

„D... Doch. D... Das bist du!", stellte der Zwerg wieder lallend fest.

„Bin ich nicht."

Der Elb sprach klar und deutlich. Er schien tatsächlich nüchtern zu sein. Odan runzelte die Stirn und musterte die Umgebung, um eine bessere Position für seinen Angriff auf die Schwarzhaarige zu finden, denn zu seinem Bedauern blieb das neugierige Weib an der Kajütenwand stehen, um den betrunkenen Zwerg zu beobachten. Er hielt ein solches Verhalten für äußerst verwerflich, auch wenn er selbst immer wieder neugierig zu der geöffneten Luke schauen musste.

„Ich bin höchstens ein wenig... lustig. Du bist selber betrunken!", hörte er den Elb sagen und zum ersten Mal zweifelte er an der vollkommenen Nüchternheit des Blonden.

Eine Tür öffnete sich und ein Zwerg torkelte heraus. Odan erschrak regelrecht, als er den berauschten Zustand des Zwerges wahrnahm. Sein erster Eindruck von ihm, als er ihn in der Seestadt neben der Schwarzhaarigen gesehen hatte, war durchaus positiv. Aber wie konnte dieser nur...? Er war so reich und prächtig gekleidet, an die äußerst wertvolle Axt wollte Odan dabei gar nicht denken, und doch benahm er sich derart verwerflich! Wie konnte dieser Zwerg nur solchermaßen berauscht sein und dabei gegen einen so schmächtigen und empfindlichen Elben versagen?

Odan schüttelte sich, doch er revidierte viele seiner Gedanken, als er den Elben in zweifelhafter Eleganz aus der Luke folgen sah. Das Schiff schwankte nur leicht, doch der Elb bewegte sich, als würde soeben ein schwerer Sturm wüten. Seine Augen waren etwas verdreht und er grinste mehr als dümmlich, als er sich an der Wand einer angrenzenden Kajüte festhalten musste.

„HA!", brüllte der Zwerg plötzlich los. „Aber im G...g...gegensatz zu dir bin... bin ich zu Höscht... Höschtleischtungen bereit."

Er rülpste laut und der Elb benutzte eine Hand, um den unangenehmen Duft zu vertreiben. Dabei gelang es ihm nicht mehr, sich an der Wand der Kajüte neben ihm abzustützen und er fiel mit einem lauten Knall auf die Planken.

„Mach nicht so einen Lärm!", kreischte der Zwerg mädchenhaft.

Odan errötete an Stelle des vor ihm lallenden Zwerges. Zwar war der Elb ebenfalls betrunken, doch Zwerge waren zäher und härter im Nehmen als jedes andere Wesen, das er kannte. Der Elb hätte zumindest ohnmächtig sein müssen, um einen derartigen Zustand des Zwerges rechtzufertigen. Hatte denn dieser Zwerg gar keinen Mumm in den Knochen? Hatte man ihn denn nicht von Kindesbeinen an mit Bier gefüttert? Waren die Zwerge im Westen denn derart verkommen und verweichlicht?

„Woher kennst du solche Worte?", fragte der Elb erstaunlich klar, was überhaupt nicht seinem äußeren Verhalten entsprach.

„Was? Lärm?", Gimli versuchte ihn vom Boden abzukratzen, konnte jedoch nicht den richtigen Ansatzpunkt finden, um Amlugûr hochzuziehen.

„Höchstleistungen, meine ich..."

Der Elb stand nun auf Händen und Füßen und versuchte, seinen Körper mit Hilfe der Hände an der Wand der Kajüte emporzuziehen. Die Schwarzhaarige trat auf ihn zu und wollte ihm helfen. Hastig nahm Odan erneut seine Axt zur Hand und zielte, doch der betrunkene Zwerg verlor sein Gleichgewicht und stieß die Schwarzhaarige versehentlich weg.

Odan ärgerte sich, doch es war zu spät. Die Schwarzhaarige hatte dem Blonden auf die Beine geholfen und stand erneut, von einigen Kisten und Fässern verdeckt, außerhalb seiner Reichweite.

Vorsichtig schlich Odan um eine Kiste herum, doch in eben diesem Moment gewahrte er den blonden Elben, den die Dunkelhaarige geweckt hatte. Also doch! Er wurde bemerkt und wurde gesucht! Der blonde Elb mit seinen kalten blauen Augen schlich höchst konzentriert auf dem Deck umher und musterte die Umgebung. Odan blieb in seinem Versteck und wartete ab, bis der Elb vorüber war.

„W... warum sollte isch dasch nischt kennen? Isch kann noch alles, wasch du von mir willscht! Isch bin nischt be... betrunken!", knurrte der Zwerg und Odan schüttelte zweifelnd den Kopf.

„Na, na", erwiderte der Elb ernst. „Dann spring doch auf einem Bein tausendmal hintereinander!"

Der Zwerg schaute ihn entsetzt an. „Da... Dasch könnte isch noch ... noch nischt mal, wenn isch k... kein Zwergenbier getrunken hätte."

„Na gut, dann nur zwanzig mal", sagte der Elb erneut in vollem Ernst, doch ein etwas schwachsinniges Grinsen konnte er nicht unterdrücken.

„W... wasch hälscht du von einem gemeinsamen Lied?", fragte der Zwerg stattdessen mit einem spitzbübischen Grinsen und umarmte den Elben freundschaftlich an der Hüfte. „Dann kk...kanscht du zeigen, dasch du auch nischt be... betrunken bischt! Dasch Lied, was isch dir vorhin vorgesungen habe. Mit allem Drum und Dran, verschtanden?"

Der blonde Elb huschte an Odan vorbei und Odan nutzte die Gelegenheit, um sich einen neuen und besseren Standort zu suchen. Lautlos schlich er erneut über das Deck. Der blonde Verfolger war verschwunden... Odan misstraute dieser Beobachtung. Sicherlich würden die Elben einen derartigen Verdacht nicht einfach beiseite schieben und wieder schlafen gehen... Vorsichtig sah er sich um. Eine Hand griff aus der Dunkelheit nach ihm und nur ganz knapp entrann er einer Berührung, indem er hastig zwischen zwei Kajütenwänden verschwand.

Innerlich seufzte er auf. Er hasste Elben! Auf nichts konnte man sich verlassen – nicht einmal darauf, dass sie ihn im Dunkeln nicht sahen! Er schien unsichtbar genug zu sein, dass sie ihn nicht sofort ergreifen konnten und doch war er offenbar soweit sichtbar, dass die Elben seine Anwesenheit erahnen konnten! Erneut schaute er sich um, doch der blonde Verfolger blieb verschwunden. Aber dessen Hand hatte Odan dermaßen erschreckt, dass er dem Frieden nicht traute. Er blieb wo er war und wartete erneut ab, während er die Umgebung argwöhnisch musterte. Es gefiel ihm nicht, dass er nicht mehr Jäger sondern Gejagter war.

Ein lautes Singen des betrunkenen Elben ließ ihn unvorsichtig herumfahren und ein Seil von einer der Tonnen neben ihm reißen.

„Kalt war Stein und kalt war Erz,
als Hammer drang mit großer Wucht,
durch Nacht und Hitze tief in des Berges Herz.
Durins Volk war's, das unbekümmert, stark und stolz,
den tiefsten Stollen trieb noch tiefer,
und unbedacht entfachte das Ende von Khaza-dûm."

Der betrunkene Zwerg warf sich auf die Planken und begann schallend zu lachen. Mit der Faust schlug er immer wieder auf das Holz und brüllte:

„Ein Elb singt ein Zwergenlied!"

Odan konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, doch seine aufkeimende gute Laune wurde durch das Surren eines Pfeils, welcher haarscharf an seinem Kopf vorbeiflog, wieder zerstört. Vor Schreck ließ er seine Wurfaxt fallen und rollte sich nur Bruchteile von Sekunden später zur Seite, um erneut den greifenden und mit einem Dolch bewaffneten Händen des blonden Elben zu entkommen.

„Geweckt wurden viele,
doch zu spät,
Zwerg und Glocke schrien beide laut,
doch lauter noch war Durins Fluch.
Wer konnte floh,
doch so mancher ging mit Axt und „Khazad ai-mênu",
in die Finsternis,
die den Fluch ganz und gar umschloss",

fuhr der betrunkene Elb unbeirrt fort und übertönte dabei das leise Geräusch, das Odan verursachte, als er beim Wegrollen gegen ein weiteres Fass stieß. Sein Verfolger näherte sich ihm bedrohlich und Odan konnte das gefährliche Blitzen in seinen Augen sehen. Einen Moment lang dachte er darüber nach, seinem Jäger eine Axt zwischen die Rippen zu treiben, doch die anderen Elben waren durch den Gesang des Betrunkenen angelockt worden und standen ihm so nah, dass jeder Angriff sofort von ihnen bemerkt worden wäre. Einer derartigen Überzahl von ihnen sah sich Odan nicht gewachsen und so harrte er ruhig aus und bewegte sich nicht.

„Tapfere Zwerge,
Mahals ganzer Stolz,
doch bestand von ihnen keiner.
Die Fliehenden,
rennend mit unfasslicher Furcht,
kamen durch Azanulbizar,
vorbei am ihrem geliebten Kheled-zâram,
mit der Gewissheit:
Zwergenheim ist für immer verloren."

Plötzlich ergriff der betrunkene Elb die Axt des Zwergen, die dieser bei seinem Lachanfall auf den Boden fallen gelassen hatte. Mit einem drohenden, fast zum Wahnsinn verzerrten Gesicht stürmte er mit erhobener Waffe auf die sich wundernden Elben zu.

„Baruk Khazad! Khazad ai-mênu!°", brüllte er aus Leibeskräften.

Die Elben stoben auseinander und wichen der Axt aus. Verachtende Blicke trafen den betrunkenen Elben und ohne ein Wort zu verlieren wandten sie ihm den Rücken zu, doch Odan nutzte diese Gelegenheit aus und entfernte sich leise ein weiteres Stück von seinem gefährlichen Verfolger.

Der betrunkene Elb begann schallend zu lachen. „War das nicht lustig? Hab ich nicht gesagt, ich bin lustig?"

Hätte sich Odan nicht in einer solch prekären Lage befunden, hätte er mit Sicherheit darüber gelacht, wie der betrunkene Elb soeben jegliche Würde verlor. Innerlich verzieh Odan dem Zwerg, weil dieser die Blamage des arroganten Elben herbeigeführt hatte. Odans verletzter Stolz war vollkommen geheilt.

Doch die Gefahr durch den blonden Verfolger drohte noch immer. Vorsichtig schaute sich Odan erneut um und sah ihn mit seiner verlorenen Wurfaxt in der Hand nur fünf Schritte von ihm entfernt an der Stelle stehen, an der er selber sich noch soeben befunden hatte. Odan ärgerte sich über die verlorene Waffe, doch sie zurückzuholen war wohl kaum möglich. Der Elb schaute nachdenklich auf die schwarzhaarige Frau. Odan nutzte die Gelegenheit und huschte lautlos zur Reling, kletterte über sie und sprang ins Wasser.

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„Ich habe einen deutlichen Aufschlag im Wasser gehört!", sagte Agarmaethor halblaut und beugte sich über die Reling.

Legolas nickte. „Es war gut, dass du mich geweckt hast. Es war tatsächlich jemand hier. Ich konnte ihn nicht fassen, doch ich fand eine Wurfaxt." Er reichte sie Agarmaethor.

Erstaunt musterte sie die Waffe. „Wer kann das gewesen sein und wen wollte er mit der Waffe angreifen?"

„Dich?", fragte Legolas unsicher. „Er hatte wohl keine Gelegenheit dazu. Der Trubel, den unsere beiden Freunde hier veranstaltet haben, hat nicht nur dafür gesorgt, dass ich nichts hören konnte, er hat auch dafür gesorgt, dass alle auf den Beinen waren und sich der Besitzer der Wurfaxt nicht besonders frei bewegen konnte."

„Aber warum ich?" Agarmaethor staunte. „Ich denke, man will mich entführen! Haben die Ork-Elben ihre Meinung geändert?"

„Und wenn es keine Ork-Elben waren?" Legolas nahm ihr die Wurfaxt wieder ab. „Sie sieht irgendwie... zwergisch aus."

Agarmaethor runzelte die Stirn. „Das wäre aber ein überaus ungewöhnliches Verhalten für einen Zwerg. Angriffe aus dem Hinterhalt..."

Sie schob diese Vorstellung weit von sich. Das entsprach nicht ihrem Bild von Zwergen. Zwerge waren goldgierig, doch sie waren beherzt und ehrenhaft. Legolas schwieg einen Moment, doch dann murmelte er:

„Vielleicht sind nicht alle Zwerge so wie Gimli. Waren es nicht auch Zwerge, die einst König Thingol erschlugen, als es Streit um einen Silmaril gab?"

Agarmaethor schwieg, doch ihr graute vor diesem Gedanken. War ihr Name Silamîriel tatsächlich schicksalhaft? Doch die Zwerge damals begehrten den Silmaril und wollten ihn nicht zerstören.

„Auf jeden Fall sollten wir von nun an besser auf dich Acht geben. Dich aus unserer Mitte zu entführen ist schwieriger als dich mit einer Wurfwaffe zu töten..."

Agarmaethor presste die Lippen zusammen und nickte. Was hätte sie auch sonst tun sollen?

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Der Morgen war noch nicht angebrochen, doch an Schlaf war für niemanden mehr zu denken. Elladan und Elrohir kümmerten sich mit dem Einsatz einiger Kräuter um Kopfschmerzen und Übelkeit bei Amlugûr und Gimli, während andere das Schiff durchsuchten, um herauszufinden, wie der heimliche Angreifer an Bord gekommen sein konnte. Bis auf eine leere und offen stehende Kiste im Lagerraum, die nach Angabe des Kapitäns für viel Geld kurz vor der Abreise zum Transport aufgegeben wurde, befand sich nichts Auffälliges an Bord. Der Täter schien sich seine Reise tatsächlich erkauft zu haben, nur dass niemand von seiner Anwesenheit wusste.

Kaum ging es Amlugûr ein wenig besser, stahl er sich heimlich davon und suchte die Einsamkeit. Die Scham in ihm saß tief und er konnte die Blicke der anderen Elben einfach nicht mehr ertragen, doch es bewegte ihn noch sehr viel mehr. Nur Agarmaethor bemerkte sein Fortgehen, folgte ihm und fand ihn am Bug des Schiffes, traurig zum Horizont sehend.

„Was hast du nur? Ist irgendetwas? Du benimmst dich so seltsam", fragte sie leise.

„Nein, es ist nichts. Und ich benehme mich nicht seltsam. Lass mich jetzt bitte alleine", erwiderte er abweisend.

„Auch komm... sei nicht so empfindlich! Irgendwann hat jeder einmal über seinen Durst getrunken. Ich auch, wie du weißt. Nur ist das schon sehr, sehr lange her." Sie lächelte ihn aufmunternd an, doch er sah es nicht und schaute weiterhin zum Horizont.

„Es ist nicht der Rausch", sagte Amlugûr schließlich leise. „Ich schäme mich dessen, doch es nicht der Rausch."

„Nein?", nachdenklich sah sie ihn an. „Das habe ich mir gedacht. Du benimmst dich schon seit einiger Zeit so anders. Du streitest dich nur noch herum, kapselst dich ab und dann betrinkst du dich gemeinsam mit einem Zwerg - ausgerechnet du, der du Zwerge nicht leiden kannst! Was ist der Grund dafür? Was ist los?"

„Es sind die Meinungsverschiedenheiten." Amlugûr sah weiterhin starr zum Horizont „Meinungsverschiedenheiten mit dir."

„Mit mir?" Agarmaethor dehnte die beiden Worte ungläubig. „Ich wüsste nicht, welche Meinungsverschiedenheiten wir in letzter Zeit hatten, und wir kennen uns schon so lange und hatten bereits des Öfteren Streitigkeiten, doch nie warst du deshalb verletzt oder beleidigt!" Agarmaethor war verwundert.

Amlugûr sah sie an und sagt kalt: „Ich spreche nicht von Streitigkeiten, sondern von Meinungsverschiedenheiten – wir haben eine unterschiedliche Meinung zu einem Thema! Und mich enttäuscht das deshalb so ungemein, gerade weil ich dich so lange kenne und dich offenbar vollkommen anders eingeschätzt habe. Aber vielleicht sind deine... Veränderungen vor einigen Monaten daran schuld."

Agarmaethor erblasste und schluckte einige Male, bevor sie wieder zum Reden ansetzte. „Ich weiß nur trotzdem nicht, von welchen... Meinungsverschiedenheiten du sprichst."

„Von Legolas, rede ich", knurrte er verbittert. „Unserem Prinzen, unserem Helden... unserem singenden Blümchenpflücker!"

Agarmaethor gelang es nur mit Mühe ein Lächeln zu unterdrücken. „Was ist denn mit ihm?"

„Du... ich... früher hast du Elben wie ihn verachtet... Elben, denen sich nur aufgrund ihrer Abstammung Möglichkeiten im Leben boten, die anderen gar nicht offen standen, die nur aufgrund ihrer Abstammung respektiert und geehrt wurden..."

„Oh Amlugûr. Es ist nicht nur so, dass du ihm Unrecht tust, du tust auch dir Unrecht. Du redest, als müsstest du dich geringer fühlen. Du bist doch ein erfahrener Krieger. Du hättest doch all die Schlachten gar nicht überlebt, wenn du es nicht wärst. Du bist nicht schlechter als er", redete sie sanft auf ihn ein.

„Das scheint ja trotzdem nicht genug zu sein", murmelte Amlugûr.

„Genug? Genug wofür?", fragte Agarmaethor erstaunt.

„Genug für alles... für alles, was mich interessiert und ich mir ersehne. Legolas ist doch fast noch ein kleines Bübchen. Und trotzdem erhielt er bereits eine Gelegenheit sich zu beweisen. Ich hätte alles, was er mit den Ring-Gefährten vollbracht hat, ebenfalls leisten können. Ich habe Elrond damals darum gebeten, mit der Gemeinschaft ziehen zu dürfen, doch er ließ es nicht zu. Das ist doch alles Politik! Elende Politik! Elrond war es wichtig, die Beziehungen zu König Thranduil wieder aufleben zu lassen – warum auch immer... Ich muss zugeben, dass ihm das gelungen ist, denn Thranduil ist dazu bereit, einen Teil seiner ach so wertvollen Zeit dafür zu verschwenden, um Elrond einen Brief über mein Verhalten zu schreiben... Nun... zumindest hat er nun etwas zum Schreiben: Amlugûr hat sich gemeinsam mit einem Zwerg um den Verstand getrunken!", erklärte Amlugûr zynisch.

Agarmaethor schüttelte den Kopf. „Ich kenne Elronds Motive nicht, doch es waren sicherlich keine politischen. Dafür war die Zusammensetzung der Gemeinschaft für das Schicksal Mittelerdes viel zu wichtig. Doch er hat dich auf diese Reise geschickt und auch dafür wird er seine Gründe gehabt haben... Vielleicht wollte er dir auch eine Gelegenheit geben, zu beweisen, wofür du dich für fähig hältst..." Sie lächelte ihn aufmunternd an.

„Wohl kaum!", knurrte Amlugûr. „Er wollte auch Legolas in der Gemeinschaft haben und dieser steht mir nicht nur dabei im Weg, eine wichtige Rolle für die Gemeinschaft zu spielen..."

„Nicht nur?", wiederholte Agarmaethor erstaunt. „Wobei denn noch?"

Amlugûr biss sich auf die Lippen als habe er gerade zu viel gesagt und wandte sich ab. Schweigend schaute er wieder zum Horizont und knetete dabei unruhig mit den Händen die Reling des Schiffes.

„... nicht nur eine wichtige Rolle für die Gemeinschaft, sondern auch eine wichtige Rolle für dich", flüsterte er gequält.

Agarmaethors Augen weiteten sich. „Interessierst du dich etwa für mich?", fragte sie ehrlich erstaunt. „Legolas deutete bereits einmal etwas derartiges an, doch ich hätte nicht erwartet, dass..."

„Selbst Legolas hat es bemerkt", unterbrach Amlugûr sie unwirsch. „Ich hatte nicht erwartet, dass du meine Signale übersiehst."

„Signale? Was denn für Signale?"

„Du kennst mich doch schon so lange! Hast du denn jemals erlebt, dass ich mich so um jemanden gesorgt habe wie um dich? Im Nebelgebirge wollte ich, dass du dir ein wenig Ruhe gönnst und bei Grimbeorn habe ich mich um deine Verletzungen kümmern wollen... Nie spreche ich so freundlich mit jemandem, wie mit dir... ich... ich behalte dein großes Geheimnis für mich und ich hatte ein offenes Ohr nach den nackten Tatsachen im See am Hulsten-Kamm. Wie konntest du nichts bemerken?"

Agarmaethors Augen weiteten sich. „Verzeih mir, Amlugûr! Ich habe wohl tatsächlich all dieses Verhalten nicht richtig gedeutet. Nimm es mir nicht übel, aber für einen Annäherungsversuch... waren deine Signale ein wenig... uneindeutig!" Sie hätte am liebsten das Wort 'unbeholfen' gebraucht, aber Amlugûr ging es bereits schlecht genug. „Ich muss gestehen... wenn Legolas all dies als Signal für dein Interesse an mir aufgefallen sein sollte, dann ist er doch sehr... einfühlsam..."

„Er ist ein Weichei!"

„Findest du? Dabei war er es, der gemeinsam mit Gimli im Nebelgebirge zurückblieb, um mich vor den Uruk-hai zu schützen! Für jemanden, der sich für einen anderen interessiert ist es doch ein wenig... seltsam..., wie leicht es dir gefallen ist, mich zurückzulassen..."

Amlugûr stöhnte auf. „Das werde ich mir wahrscheinlich bis zum Ende meiner Existenz vorwerfen."

Agarmaethor stieß ihn mit der Faust freundschaftlich an. „Das musst du nicht! Es würde auch nichts bringen, nur verstehe ich nicht, warum du mich zurückgelassen hast. Ich meine als Krieger war das richtig, aber für jemanden, der einen anderen begehrt..."

Amlugûr seufzte leise und schaute zu Boden. „Nicht nur du wirst zwischen zwei Welten hin und her gerissen. Dieses Schicksal trifft auch mich, nur dass es sich um zwei vollkommen andere Welten handelt als deine. Ich bin ein Krieger und war mein Leben lang zufrieden damit. Nur eines fehlte mir: die Unsterblichkeit... die Unsterblichkeit, die beispielsweise Gil-galad genießt. Wenn jemand seinen Namen nennt, dann atmen alle hochachtungsvoll ein und drücken damit ihren Respekt aus. Ich wollte immer so unsterblich sein wie er oder wie Glorfindel von Gondolin. Das ist ein Ziel, das ich anstrebe... eine Sehnsucht, die ich empfinde.

Und dann gibt es die andere Welt, die Welt, in der man seinen Frieden findet. Eine Welt, in der man sich eine Elbenfrau sucht und gemeinsam glücklich ist. Ich habe diese Welt nie gekannt, mich jedoch immer nach ihr gesehnt, doch ich konnte auf die Welt des Kriegers nicht verzichten..."

Gequält sah er sie an. „Und dann kamst du... Und du bist wie ein Bindeglied zwischen diesen Welten – ein Krieger, und eine wunderschöne Elbenfrau noch dazu! Ich könnte mit dir glücklich werden! Ich könnte mit dir beide Sehnsüchte miteinander verbinden!"

„Amlugûr, ich... es tut mir wirklich leid, aber ich... ich kenne dich einfach schon viel zu lange, als dass ich mein Herz einfach so an dich verlieren könnte. Und wenn es nur das wäre... Du selbst weißt von allen hier am Besten, wie schwer meine derzeitige Situation ist. Es gibt schließlich einen Grund, warum dein Interesse an mir erst vor einigen Wochen entstanden ist und nicht bereits vor Jahren. Ich weiß nicht, was kommt, ich weiß nicht, was aus mir wird... Ich weiß gar nichts, und das Einzige, das ich mir derzeit so sehr ersehne, wie du es dir kaum vorstellen kannst, ist... ich kann es nicht wirklich in Worte fassen, doch 'Sicherheit' trifft es möglicherweise am ehesten... das Gefühl, mich auf irgendetwas verlassen zu können, und sei es nur, dass morgen ebenso schönes Wetter ist wie heute! Und deine Elbenfrauen-Geschichten..."

„Meine Elbenfrauen-Geschichten haben damit nichts zu tun! Sie waren auch nichts anderes als ein hilfloser Versuch, beide Welten zu verbinden! Doch das funktioniert nicht! Aber bei dir wäre es etwas anderes!" Liebevoll schaute er sie an. „Bitte!"

„Und du bist dir ganz sicher, dass du mich nicht allein deshalb begehrst, weil ich für dich der einfachste Weg bin, keine Entscheidung mehr zwischen deinen beiden Sehnsüchten treffen zu müssen? Ist dir bewusst, dass du mich damit missbrauchst? Dass es dir eigentlich nicht um mich geht? Ich... ich habe das alles nicht verdient! Nicht nach allem, was mit mir geschehen ist!" Agarmaethor war verletzt und das kam mit jeder Silbe bei Amlugûr an.

„Es tut mir leid! Wirklich! Ich habe das nicht so gesehen... ich glaubte, es käme auch dir entgegen, weil es an dem festhält, was du kennst! Du müsstest dich weniger umstellen, könntest dein Leben weiter so leben... oder zumindest beinahe weiter so leben, wie du es kanntest..."

„Vielleicht hast du Recht, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt will!" Sie schluckte. „Alles hat sich verändert... alles! Warum sollte ich nicht auch das ändern, was noch in meiner Hand liegt... es den neuen Umständen anpassen?"

Amlugûr wandte sich ab. „Ich verstehe, was du mit 'alles' meinst!", sagte er verbittert. „Es wird schon richtig sein, dass du mich ablehnst!"

„Ich..." Hilflos sah sie ihn an.

„Ich hätte es mir denken können... Galadriel sagte etwas Derartiges zu mir...", sagte er traurig.

„Was sagte sie?", fragte Agarmaethor als Amlugûr nicht fortfuhr.

Amlugûr lächelte müde. „Sie erkannte meine Sehnsüchte und meinte, es würde mir nicht gelingen, sie miteinander zu verbinden... Ich müsse mich entscheiden und..."

„Ja?", hakte Agarmaethor nach.

„Vielleicht erzähle ich es dir ein anderes Mal." Amlugûr versuchte, sie unbefangen anzulächeln, doch so richtig wollte es ihm nicht gelingen.

Sie glaubte, in seinen Augen die Frage zu lesen, ob sie ihm folgen würde, falls er sich für ein Leben in Frieden und ohne Blut und Krieg entscheiden sollte, doch er sprach diese Frage nicht aus. Schweigend wandte er sich ab und ging zurück zu den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft.

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°Äxte der Zwerge! Die Zwerge sind über euch! (Schlachtruf der Zwerge)