Hallöchen!

Tja, leider war meine liebe Beta Li aus einem mysteriösen Grunde (Technik, die begeistert) verhindert, das Kap zu betaen. Ich hoffe, dass es nicht allzu große Schwächen aufweist und ich es trotzdem wagen kann es On zu stellen. ;) Aber ich wollte euch nach dem Cliffie nicht hängen lassen. g

Zudem noch ein Hinweis:

ACHTUNG!

Meine Halbgöttin Limara hat vor einigen Wochen eine FF zur FF geschrieben. Sie nennt sich „Für den Höhlentroll" Der Hintergrund ist der, dass es in diesem Kapitel eine Szene gibt, die mein Höhlentroll als slashy empfand, auch wenn eigentlich gar nichts... (naja, ob dem wirklich so ist... das könnt ihr ja selber beurteilen) Augenzwinker

Jedenfalls hat das Li zum Anlass genommen, eine echte... ähm... Slash (Keine Sorge! Das Rating würde ich trotzdem bei PG 13 lassen ;) ) daraus zu basteln. Ich veröffentliche die Geschichte als Kapitel von „Fanfiction zur Fanfiction von Agarmaethor (ebenfalls unter meinem Pen-Name zu finden) bei www.fanfiktion.de. Dort könnt ihr ja – wenn ihr wollt – einen Blick drauf werfen. ;)

Na denn. Viel Spaß!

Euer Kampfzwerg

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Lia: Macht doch nichts, dass du es nicht weißt. Es war ja auch nicht so geschrieben, dass es einem ins Auge springen musst ;) Ich hatte nur gefragt, weil ich dachte, man könnte vielleicht drauf kommen. Danke für dein liebes Review!

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Avari-Jagd

„Entfrauen!", stieß Amlugûr schließlich hervor und verbeugte sich höflich vor dem Apfelbaum neben Anara.

Auch die von der Überraschung ausgelöste Starre der anderen Mitglieder der Gemeinschaft löste sich langsam, und sie folgten Amlugûrs Beispiel.

„Seid gegrüßt!", erklang die helle und freundliche Stimme des Apfelbaumes in klarem Westron. „Mein Name ist Apfelblüte und dies ist Dornenstolz." Sie deutete mit einem ihrer mit Blüten und Früchten zugleich bewachsenen Äste auf die Rosenhecke am Rande des Seeufers, neben der die Gemeinschaft fünf Tage lang gerastet hatte. „Es ist lange her, dass wir Elben aus dem Westen getroffen haben – dreitausend Jahre sind wohl vergangen."

Sie sprach langsam, aber lange nicht so schleppend wie die Ents aus dem Fangorn. Baumbart hätte ihre Redeweise als hastig bezeichnet. Überhaupt wirkte Apfelblüte mit ihren lustig funkelnden und interessierten Blicken sehr viel aufgeweckter als die Ents im Westen Mittelerdes.

„Mehr als dreitausend Jahre!", korrigierte Dornenstolz mit tiefer Stimme.

Sie war es gewesen, die zu Gimli gesprochen hatte. Fest mit dem Boden verwurzelt, schien sie nicht fähig zu sein, sich sehr viel bewegen zu können, so dass Anara herbeieilen musste, um mit geschickten Griffen die dornigen Zweige beiseite zu schieben und ihr einen besseren Blick auf die Gemeinschaft zu verschaffen. Dornenstolz schaute auf Elladan und fuhr fort:

„Ich habe euch in den letzten fünf Tagen beobachtet und eure belanglosen Gespräche angehört - auch dein Geturtel mit Anara! Aber mir hat sich nicht erschlossen, weshalb ihr hierher in den Osten gekommen seid. Brautschau wird es doch wohl eher nicht gewesen sein, nicht wahr?"

„Nein." Elladan äugte verlegen zu Anara. „Wir..."

„Sie sind auf Abenteuersuche!", mischte sich Apfelblüte plötzlich ein. „Anara hat es mir erzählt."

„Sie sind auf Abenteuersuche?", fragte Dornenstolz ungläubig. „Nun, wenn ihr meint... Aber das erklärt natürlich die vielen, flachen und sinnentleerten Gespräche in den letzten fünf Tagen und Nächten, und dieser... hm... Liebestöter", sie deutete auf Amlugûr, „macht mir den Eindruck, als wäre er der Schlimmste von allen Abenteurern!"

„Womit hat er das denn dieses Urteil verdient?", murmelte Apfelblüte vorwurfsvoll und auch ein wenig betroffen.

„Es ist doch gleichgültig, womit er sich das verdient hat! Ich mag ihn nicht, und das ist entscheidend!", erwiderte Dornenstolz abweisend. „Ihr anderen seid willkommen – auch der Zwerg. Anara wird euch mit allem versorgen, was notwendig ist. Bitte jagt daher nicht in in den Wäldern. Es gibt bereits sehr wenig Wild, aber Obst und Brot ist ausreichend vorhanden. Und bitte sucht euch ein anderes Lager! Ich habe euch jetzt fünf Tage lang ertragen, ab jetzt würde ich es bevorzugen, wieder ungestört zu sein. Nur leider kann ich selbst nicht fortgehen... und will es auch nicht.

Zudem wäre ich euch sehr verbunden, wenn ihr unsere Existenz mit Verlassen des Waldes in einigen Tagen sofort wieder vergessen würdet. Indem ich mich zu erkennen gab und euren Aufenthalt hier gestatte, beugte ich mich nur der eindringlichen und mir wirklich vollkommen unerklärlichen Bitte Apfelblütes!"

Sie schloss ihre Augen, als sei damit für sie jedes Gespräch beendet worden, und schwieg. Apfelblüte winkte mit einem freundlichen Lächeln und bat die Gemeinschaft ihr zu folgen. Stumm packten alle ihre Sachen und folgten ihr entlang des Seeufers.

„Und dafür haben wir nun fünf Tage gewartet?", grummelte Gimli nach einigen Minuten Fußmarsch. „Wir haben uns noch nicht einmal höflich vorstellen können!"

„Das war auch nicht nötig", erwiderte Rochdil spitz. „Wer uns fünf Tage lang belauscht, kennt unsere Namen! Ich finde das..." Er knirschte mit den Zähnen. Es ärgerte ihn, dass weder er noch ein anderer Elb aus der Gemeinschaft gespürt hatte, wie nahe ihnen einer der ältesten Bewohner Mittelerdes gewesen war.

„Ihr dürft es Dornenstolz nicht verübeln, dass sie so harsch und etwas... seltsam ist", erklärte Apfelblüte und führte dabei die Gemeinschaft durch einen grünenden Kräutergarten. „Sie liebt das alles hier: diesen Wald, diese Hügellandschaft, die Gärten. Sie liebt sie so sehr, dass sie fürchtete, ihr würdet mit eurer Ankunft Probleme mit euch bringen, denen sie nicht gewachsen sein könnte." Sie seufzte. „Ja, ja. Ich weiß. Es ist unvorstellbar, denn sie ist wirklich mächtig. Ohne sie könnte diese kleine Welt hier nicht so sein wie sie ist – mit diesen Temperaturen, diesen Jahreszeiten in den einzelnen Gebieten, dieser vielfältigen Pflanzenwelt...

Glaubt mir, das zu erhalten kostet sehr viel Kraft, welche Dornenstolz aus der Erde ziehen muss und deshalb fest mit ihr verwurzelt ist. Außer mir, die ich für sämtliche Belange der Entfrauen verantwortlich bin, die eine Bewegung erforderlich machen, sind auch alle anderen Entfrauen verwurzelt und helfen Dornenstolz bei ihrer Arbeit. Doch die Folge davon ist, dass sie sich alle nicht mehr bewegen oder gar fortgehen können, ohne dabei die Gärten zu zerstören. Und gleichzeitig sind sie sehr angreifbar, denn sie sind nicht in der Lage, sich gegen Holzfäller, plündernde Menschengruppen oder Waldbrände zur Wehr setzen oder gar vor ihnen fliehen zu können."

„Ja", murmelte Agarmaethor mehr zu sich selbst. „Da ist es nur allzu verständlich, dass sie bemüht sind, Feinde von dieser Welt fernzuhalten und Fremden wie uns zunächst mit Misstrauen zu begegnen und sie um Schweigsamkeit zu bitten. Elben und Zwerge aus dem Westen hier im Osten sind sicherlich keine Selbstverständlichkeit."

Apfelblüte blieb stehen und wandte sich zu Agarmaethor um. Vorsichtig streckte sie einen Zweig aus, um ihr damit sanft übers Gesicht zu streichen, doch Agarmaethor wich der Annäherung irritiert aus und schaute sie fragend an.

„Verzeih, mein Kind!", erwiderte Apfelblüte und löste in Agarmaethor erneut Verständnislosigkeit aus, denn die Bezeichnung 'mein Kind' empfand sie als überaus unpassend und auch recht persönlich. „Ich habe viel zu viel mit Anara zu tun, und sie mag das." Apfelblüte seufzte. „Genau genommen wollte ich dir nur Recht geben. Eben diese Furcht vor Fremden und den Gefahren, die sie mit sich bringen könnten, veranlasste Dornenstolz euch zunächst einige Tage und Nächte lang zu beobachten und zu belauschen. Sie hoffte zu erfahren, warum ihr gekommen seid, und es war ein angenehmer Zufall, dass Amlugûrs Wesensart sie meine Erklärung von eurer Abenteuersuche hat glauben lassen. Als die Avari vor mehreren hundert Jahren hierher gekommen waren, hatte sich alles sehr ähnlich verhalten, und ich hatte Dornenstolz auch..." Sie zögerte.

„Angelogen !", ergänzte Amlugûr spitz.

Elladan rammte Amlugûr verärgert einen Ellenbogen in die Seite und wandte sich höflich an Apfelblüte:

„Verzeiht sein ungehobeltes Benehmen! Er versteht es nicht besser. Vielleicht sollten wir ihm seine lose Zunge festkleben!"

„Warum? Er hat Recht!" Apfelblüte schaute beschämt zu Boden. „Ich habe die anderen Entfrauen angelogen, als ich den Avari eine neue Heimat geben wollte und ich log erneut, weil ich auch euch hierbehalten möchte." Sie blieb stehen und deutete mit einer ihrer astförmigen Hände auf eine Stelle am Ufer des Sees, die sich zum Rasten eignete. „Ich möchte euch nämlich um Hilfe bitten und zugleich eure Neugier stillen. Ihr wollt sicherlich wissen, was uns Entfrauen und Avari hierher verschlagen hat, nicht wahr?"

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Die anstrengende Reise über das unwegsame, rote Gebirge schien ein Ende zu nehmen. Pallando, Alatar und Lútholwen sahen in der Ferne Rauch aufsteigen, den sie sofort einer menschlichen Siedlung zuzuordnen wussten. Es war bereits Herbst und die drei spürten die feuchte Kälte in ihren Gliedern, fühlten die Nässe in ihren Schuhen und litten bereits ein wenig unter den immer länger werdenden Nächten.

Doch obwohl Alatar, Lútholwen und auch Pallando sich nur zu gerne für einige Tage ein weiches Bett, etwas Bier oder Met und ein wenig Ruhe gegönnt hätten, lag ein Schatten über ihren Gesichtern. Alatar hatte bereits seit Tagen nicht mehr gesprochen, grübelte nur vor sich hin und schien unzufrieden mit sich und der Welt zu sein. Nicht einmal Lútholwens bezauberndes Lächeln vermochte ihn noch aufzumuntern, doch er teilte niemandem mit, was ihn so sehr beschäftigte.

Aber auch Lútholwen und Pallando waren nicht annähernd so glücklich, wie der Anblick der Siedlung sie hätte machen müssen.

„Fürchte dich nicht!", flüsterte Pallando mit einem erzwungenen Augenzwinkern. „Du wirst sehen! Alatar begehrt deinen Körper so über alle Maßen, dass er dich nicht bei den Menschen hier zurücklassen wird."

„Und wenn doch...?", erwiderte Lútholwen hilflos. Ihre Schritte wurden immer kürzer und langsamer, so dass Alatar sich unwirsch zu ihr umdrehte und sie mit einem energischen Kopfnicken aufforderte, sich zu beeilen.

Schon bald erreichten sie eine bucklige und vom Regen vollkommen zerstörte Straße, die sie zu der kleinen Ansiedlung führte. Der Anblick, der sich ihnen dort jedoch eröffnete, wirkte wenig erbaulich. Die Häuser waren halb verfallen und vollkommen verschmutzt. Die Menschen teilten sie sich mit den Rindern, die aus offen stehenden Fenstern glotzten und wiederkäuten.

Der Brunnen in der Mitte des Dorfplatzes schien nicht mehr funktionstüchtig zu sein, und weder Pallando noch Alatar wollten auch nur einen Gedanken daran verschwenden, woher die Menschen ihr Trinkwasser nahmen oder womit sie sich wuschen – wenn sie dieses denn überhaupt taten. Der Schmutz in den Gesichtern der Kinder, der Frauen und der Alten, die sich vor den Hauseingängen versammelten und neugierig die drei Ankömmlinge musterten, war kaum zu übersehen.

Es fehlte an jungen Männern. Das war es, was Pallando, Alatar und Lútholwen sofort auffiel. Möglicherweise ihr Fehlen der Grund, warum niemand mehr die Kraft zu besitzen schien, sich um die Reparatur der Häuser zu kümmern. Nicht einmal der Karren, der auf die Existenz eines Händlers schließen ließ, befand sich in einem guten Zustand.

Trotzdem wollte Alatar den Händler aufsuchen, vielleicht etwas Tabak oder Wein kaufen oder einige Informationen erhalten. Über das Zurücklassen Lútholwens erwähnte er nichts. Er öffnete nur vorsichtig die morsche Tür und trat in den Laden. Pallando und Lútholwen folgten ihm.

Ein zahnloser, alter Mann stand hinter einer Theke, auf welcher unterschiedliche Waren angerichtet waren: Pfeilspitzen, Dolche, billiger Schmuck und verschrumpeltes Gemüse und ein steinhartes Brot. Tabak gab es keinen, was Alatars Laune noch mehr zu trüben schien, doch immerhin fand er etwas frisches Obst.

„Wo ist eure Jugend?", fragte er während er bezahlte. „Ich sehe hier nur Alte, Weiber und Kinder."

„Unsere Jugend?", der Zahnlose lachte, als sei die Frage so überflüssig wie die Frage nach der Farbe von grünem Gras. „Die hat sich zusammengetan und jagt Avari."

„Avari?", fragte Alatar verblüfft.

„Es gibt noch viel zu viele von ihnen, und das ist bedauerlich!" Der Alte spuckte verärgert zu Boden und Pallando gewahrte mit Ekel, dass dies wohl eine Angewohnheit von ihm sein musste, denn dort hatte sich bereits eine weißliche Pfütze gebildet. „Einige hundert leben nördlich von hier in den Wäldern."

„Warum jagt Ihr sie?", fragte Lútholwen und gab sich dabei Mühe, nicht angewidert zu wirken, als eine Ratte quer durch den Raum huschte.

„Weil sie unsere Kinder rauben und essen. Sie vernichten unsere Ernte, indem sie wilde Tiere auf unsere Felder hetzen und unsere Rinder mit Krankheiten anstecken! Wir haben Hunger!" Wieder spuckte er aus. „Würdet ihr das über euer Dorf ergehen lassen, ohne euch zu wehren?"

„Nein", erwiderte Pallando betroffen.

„Wann und wo wurde denn das letzte Kind entführt?", fragte Alatar. Der Jäger-Instinkt war in ihm erwacht. „Vielleicht könnten wir helfen?"

„Das letzte Kind? Hm... Achtzig Jahre könnten schon vergangen sein!", knurrte der Alte etwas unwillig. „Der Junge war ein Krüppel und daher eine Last für seine Eltern. Für diese war sein Verschwinden ein Segen, aber Elben haben auch dumme Krüppel nicht anzutasten! Das ist eine prinzipielle Angelegenheit!"

„Wohl wahr!", erwiderte Alatar und hielt es für wahrscheinlicher, dass die Eltern sich des Kindes entledigt hatten.

„Aber warum sollten Elben so etwas tun?", fragte Pallando entsetzt.

„Warum? Ich weiß es nicht! WIR haben ihnen mit Sicherheit nichts angetan! Die Elben haben angefangen – schon vor langer, langer Zeit, und seitdem herrscht Krieg! Mein Großvater hat es mir so erzählt, und der hat es von seinem Großvater und dieser von seinem. Rache und Gerechtigkeit! Das ist es, was wir wollen, und jedes Elbenohr in unserer Sammlung ist ein Elbenohr zu wenig!"

Er wühlte in einer Kiste, entnahm ihr einen Beutel und wollte dessen Inhalt vor Alatar ausbreiten, doch der wollte den Anblick dessen, was er in dem Beutel vermutete, vermeiden.

„Aha!"

Mehr Worte hatte Alatar nicht für den Alten übrig. Er zahlte, ergriff Lútholwens Handgelenk und verließ schweigend das Haus. Kurz hinter der Tür blieb er stehen und atmete tief durch:

„Verdorben... alle nur verdorben. Selbst wenn die Menschen nicht als Soldaten und Räuber umherziehen, sondern scheinbar in friedlichen Siedlungen leben, begehen sie Gräueltaten im Namen der Gerechtigkeit und Rache und wissen nicht einmal, wann oder warum genau die Streitigkeiten begonnen haben!" Zornig trat er gegen ein leeres Fass, welches sofort zersprang. Sein Blick fiel auf Lútholwen, die beschämt zu Boden schaute. „Du musst dich nicht für dein Volk schämen!", knurrte er. „Du bist zwar im Osten aufgewachsen, und in gewisser Art und Weise bist auch du verdorben", ein anzügliches Lächeln glitt über sein Gesicht, „aber ich will trotzdem nicht, dass du hierbleibst!"

„...oder gerade deshalb nicht!", murmelte Pallando leise und warf Lútholwen ein Augenzwinkern zu.

„Lass uns gehen!" Alatar schritt voraus, doch Pallando blieb stehen und rief ihn zurück.

„Meinst du nicht, dass wir bleiben sollten? Vielleicht finden wir genau hier den richtigen Ansatzpunkt für unsere Arbeit: Frieden zwischen den Völkern, gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. Möglicherweise gelingt es uns sogar, die Armut der Menschen hier zu beseitigen, indem wir lebhafte Handelsbeziehungen..."

„Ach Unsinn! Diese Menschen hier sind dumm, grausam und in ihren Vorstellungen vollständig festgefahren! Da gibt es nichts mehr zu rütteln!", knurrte Alatar ihn verbittert an.

„Aber sie sterben! Und ihre Kinder und Kindeskinder sind doch formbar und... Alatar!"

Pallando konnte Alatar nur noch hinterher eilen, denn dieser eilte schnellen Schrittes aus dem Dorf.

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Apfelblüte bat die Gefährten, sich im weichen Gras niederzulassen und ihr zu lauschen. Einen Moment lang schaute sie nachdenklich auf Agarmaethor und begann ihren Bericht mit einer Schilderung der Ereignisse während des Ringkrieges vor mehr als dreitausend Jahren in den Gärten der Entfrauen östlich des Anduins, von den Bränden und Abholzungen, um Platz für die Heerlager zu schaffen, von den gewaltigen Ork-Armeen Saurons, die ihren Hass an jedem Leben, das Ilúvatar und die Valar geschaffen hatten, auslebten, von der Kälte und dem überall gleichermaßen stinkenden, den Boden verseuchenden Blut und all der Gewalt und dem Tod, die ihre Augen in ihren Gärten hatten erblicken müssen.

Es war ein schneller und konsequenter Entschluss gewesen, die Flucht nach vorne zu anzutreten und dorthin zu fliehen, wo Saurons Schergen herkamen, dorthin, wo man sie am wenigsten vermuten würde, dorthin, wo die Sonne noch aufging - in den Osten.

Im ständigen Bemühen, auf ihrer Reise unentdeckt zu bleiben und sich heimlich eine neue Heimat suchen zu können, hatten sie lernen müssen, sich als einfache Bäume und Sträucher zu tarnen, sich manchmal tage- oder gar wochenlang bewegungslos dem wehenden Wind anzupassen und rastende Ostlingshorden neben sich zu dulden, den Schmerz und den Ekel zu unterdrücken, wenn diese den Boden zu ihren Füßen verunreinigten oder gar ihre Zweige brachen.

Doch die vielen Jahre der Suche, des Leids und der Entbehrungen hatten sich gelohnt, denn sie hatten eine neue Heimat gefunden: eine unberührte und von einem Wald umschlossene Hügellandschaft mit fruchtbarem Boden und genügend Wasser, um neue Gärten anlegen zu können. In ihrer Abgeschiedenheit hatte die neue Heimat ihnen die Sicherheit geboten, nicht von den Belangen der restlichen Welt belästigt zu werden, die sie bis so sehr hatte leiden lassen.

Gelegentlich waren zwar einige Wanderer am Rande des Waldes vorüber gezogen, doch abgeschreckt von dessen Düsternis und Leblosigkeit hatten sie ihn nie betreten, so dass die Entfrauen hunderte von Jahren in stiller Heimlichkeit hatten verbringen können.

Apfelblüte lächelte traurig als sie fortfuhr: „Und dann kamen vor etwa sechshundert Jahren die Avari. Sie versuchten nicht in den Westen zu reisen, weil sie die Nähe der Valar begehrten, sondern allein, weil sie vor denen flüchteten, die sie im fernen Osten unermüdlich jagten, verfolgten und vor allem entführten. Zunächst waren es die Menschen gewesen, die die Elben geraubt hatten, wenn diese unvorsichtigerweise einzeln unterwegs gewesen waren. Als aber die Sangwa entstanden waren - aus dem Blute der von den Menschen entführten Avari stammend – war das Leben für viele nicht mehr zu ertragen, so dass sie ihre Heimat verlassen wollten, um sich eine neue zu suchen."

So wie die Sindar überwiegend blondes oder silbernes und die Noldor dunkles Haar trugen, schienen die Avari vornehmlich braunhaarig und grünäugig zu sein, so dass allen in der Gemeinschaft die Ähnlichkeit zwischen den Ork-Elben und den Avari vom ersten Moment an aufgefallen war. Doch Apfelblüte hatte soeben ihre Vermutung bestätigt, dass die dunklen Kreaturen tatsächlich von den Elben des Ostens abstammten. Betroffen schauten sich alle an.

„Das Wort Sangwa ist uns kein Begriff. Was bedeutet es?", fragte Elladan.

„Sangwa bedeutet 'Gift'. Dieser Name entstand aufgrund der Veränderungen der Elben im Osten", erklärte Apfelblüte. "Ihr müsst wissen, dass die Sangwa nicht immer so waren, wie sie heute in Erscheinung treten – bösartig, brutal und hinterlistig, mit dunklen Krallen und schwarz-rotem Blut. Sie waren nämlich ursprünglich die von den Menschen entführten Elben – nichts anderes." Apfelblüte schaute betrübt auf Elladan. „Zur größten Überraschung aller kehrten sie nämlich Jahre nach ihrer Entführung zurück - schwer krank, äußerst lichtscheu, geschwächt und ohne Erinnerungen an das, was ihnen angetan wurde. Die Heiler jedenfalls waren der Ansicht, man habe ihnen Gift zugeführt, denn anders waren die Krankheiten damals nicht zu erklären. Elben werden schließlich nicht krank!"

„Und so kam der Name Sangwa zustande." Elladan schüttelte sich bei der Vorstellung an die kranken Elben.

„Genau!" Auch Apfelblüte schüttelte sich. „Die Heimkehrer wurden von ihren Familien mit Liebe aufgenommen, gepflegt, umsorgt und wieder integriert – sogar neue Kinder wurden gezeugt und geboren, viele neue Kinder. Doch leider schien sich das Gift auf sie übertragen zu haben. Sie waren nicht lichtscheu oder schwach, doch in ihnen steckte Übel, denn sie taten Dinge, die ein gesundes Elbenkind wohl kaum getan hätte – vor allem schienen sie zur Tierquälerei zu neigen, wobei sich diese gestörten Verhaltensweisen von Generation zu Generation verstärkten.

Überhaupt erfolgte der gesamte Prozess äußerst schleichend, so dass niemandem diese Entwicklung wirklich offensichtlich war. Die Avari lebten in kleinen Familienverbänden und tauschten sich nur selten mit den anderen aus. Hinzu kam, dass vieles totgeschwiegen wurde. So sahen sie auch nicht, dass ähnliche Probleme in anderen Clans existierten.

Doch als die ersten Kinder mit dunklen Krallen und schwarz-rotem Blut geboren wurden, brach Panik aus. Mit einem Mal redeten und stritten die Elben miteinander, begannen, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, sich zu misstrauen und zu verdächtigen, ebenfalls einer vergifteten Linie anzugehören. Tatsächlich war es nicht mehr eindeutig, wer zu den Vergifteten und wer zu den Unberührten gehörte, denn nicht alle verhielten sich gleich. Viele lebten verborgen und machten erst später durch Verrat auf sich aufmerksam.

Letztlich wusste niemand, welche Konsequenzen aus all dem zu ziehen waren. Es gab viele Vorschläge, auch äußerst radikale, die bis hin zu Kindstötung und Krieg reichten. Zu einem Krieg ist es dann auch gekommen, und er hat viele Elben in den Tod gerissen. Aber die Kinder, insbesondere die mit den dunklen Krallen und dem schwarz-roten Blut, wurden von irgend jemandem geschützt und fortgebracht – und heute sehen wir die Sangwa, wie sie wohl aus ihnen weiter gezüchtet wurden."

„Und die, die den Krieg überlebt haben, sind heute hier!", stellte Gimli traurig fest.

„Ja und nein. Wir wissen nicht, ob es noch weitere Elben im Osten gibt oder ob alle, die dort geblieben sind, Teil der Sangwa-Zucht wurden. Vielleicht hast du Recht, und die Elben hier sind die letzten Avari, die es in Mittelerde noch gibt, und nicht nur deshalb mache ich mir große Sorgen. Vor unserem Wald steht ein Heer der Sangwa, nicht groß, aber so groß wie noch nie zuvor. Ich denke, dreihundert werden es wohl sein, und das ist mehr als genug, um alle Elben hier endgültig auszulöschen. Deshalb kommt uns euer Besuch so gelegen. Ich... Wir, das heißt die Elben und ich, wollen euch um Hilfe bitten, um eure Bögen und eure Schwerter, aber um ehrlich zu sein, würde ich gerne einige Avari zu dem Gespräch einladen und euch daher bitten, noch einige Stunden auf mich zu warten."

Ohne eine Antwort abzuwarten, eilte Apfelblüte davon.

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Rufur wusste nicht, was sich die Grünaugen dabei gedacht hatten, als sie ihn und Haunar barfuß und waffenlos über die kalte Ebene laufen ließen, aber viel konnte es nicht gewesen sein. Der dumme Ruhta hatte die Entscheidung getroffen und dabei vollkommen außer acht gelassen, wie widerspenstig, stur und zäh ein Zwerg sein konnte, wenn er es nur wollte.

Man konnte allem etwas Positives abgewinnen. So war der Erdboden zwar eisig und hart, doch die Kälte betäubte die Füße dermaßen, dass er nicht einmal die spitzen Steine fühlte, die sich in seine Ferse bohrten. Wurde ihm zu kalt setzte sich nieder und wärmte seine Füße mit den Händen, die er während der Wanderung in den Hosentaschen trug.

Haunar folgte ihm schweigend. Nicht einmal ein Klagen verließ seine Lippen. Stattdessen entpuppte er sich als aufmerksamer Aassucher. Man konnte wirklich allem etwas Positives abgewinnen. Es schmeckte in seiner rohen Form nicht wirklich gut, aber es war nahrhaft, und als sie eines Tages einige spitze Steine am Rande eines Baches fanden, konnte Rufur sogar eine kleine Waffe herstellen, die ihm die Zerteilung des Fleisches erleichterte und ermöglichte, aus dem Fell der toten Tiere Fußlappen herzustellen.

Der Weg zu den Hochebenen war noch sehr lang. Haunar wusste, dass es hart werden würde, aber er wollte seinen Kindern – sollte er denn je welche haben – einmal erzählen können, welche unglaubliche Tat er einst vollbracht hatte.

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Obwohl Apfelblüte bereits am Horizont verschwunden war, schauten ihr die Mitglieder der Gemeinschaft noch lange Zeit schweigend hinterher. Sie waren mit einer solchen Fülle an Informationen überflutet worden, dass jeder von ihnen sich etwas Zeit nehmen wollten, noch einmal alles zu überdenken und Fragen zu formulieren, die sie nur zu gerne bei der Rückkehr Apfelblütes stellen wollten.

Zudem hatte hatte bisher niemand auch nur mit einem Ton erwähnt, dass ihnen die Ork-Elben bekannt waren, dass diese sie in gewisser Weise sogar auf der Reise begleiteten und dabei ein ungemeines Interesse an Agarmaethor besaßen. Stammte das Heer vor dem Wald der Entfrauen womöglich sogar aus den Verfolgern der Gemeinschaft? Bestand dann überhaupt eine Bedrohung für die Avari und die Entfrauen oder hatte sich Dornenstolzes Befürchtung, Fremde könnten Gefahren mit sich bringen, durch ihre Anwesenheit tatsächlich bewahrheitet?

Nachdenklich schaute Agarmaethor über die vom Wind gekräuselte Oberfläche des Sees. Was sich unter den Elben des Ostens abgespielt hatte, war eine Tragödie gewesen, und wer auch immer dafür verantwortlich war, würde das nie wieder gutmachen können. Nie wieder! Und vermutlich würde er es auch gar nicht wollen.

„Möchtest du vielleicht mit mir baden gehen?", flüsterte Legolas ihr ins Ohr und riss sie dabei aus ihren Gedanken. „Sieh nur, wie schön dich die Sonne im Wasser anlacht!"

„Mit dir?", fuhr Agarmaethor überrascht auf. „Baden?"

„Ich würde dir auch den Rücken zukehren... wie im Fangorn", erwiderte Legolas hastig. „Ich dachte nur, ein Bad würde dir gut tun. Du siehst so bedrückt aus."

„Wenn du fürchtest, Agarmaethor könnte eine Vision bekommen, ohnmächtig werden und im Wasser ertrinken, könnte ich auch Anara bitten, mit ihr zu gehen", mischte sich Elladan mit einem breiten Schmunzeln ein.

Agarmaethor schaute wieder auf das von der Sonne in goldenen Glanz versetzte Wasser. Legolas hatte Recht. Ein Bad würde ihr gut tun und sie von ihren trüben Gedanken befreien. Sie nickte und Elladan verständigte Anara, die mit Begeisterung einwilligte. Schon kurze Zeit später erreichten sie einen abgelegenen und von Sträuchern umgebenen Strand.

Unbekümmert zog sich Anara aus und eilte bis zu den Knien ins Wasser. Agarmaethor zögerte. Im ersten Moment war ihr die Anwesenheit Anaras angenehm erschienen, doch nun empfand sie ungemeines Schamgefühl. Scheu schaute sie ihr hinterher.

„Was ist mit dir? Ist es bei Euch im Westen nicht üblich nackt oder gemeinsam mit anderen zu baden?", fragte Anara erstaunt.

„Es ist durchaus üblich, aber... es ist mehr... mein eigenes Problem", erwiderte Agarmaethor verlegen und begann zögerlich sich auszuziehen.

Bei jedem fallenden Kleidungsstück dachte sie an die Ereignisse am Hulsten Kamm, wie alle sie nackt hatten sehen können, weil sie sich genau in diesem Moment überhaupt gar keine Gedanken um Schamgefühl gemacht hatte. Und nun fühlte sie sich gezwungen, Anara den Rücken zuzuwenden und so viel Haut wie nur möglich mit Händen und Armen zu bedecken.

„Du musst dich nicht schämen!" Anara stieg aus dem Wasser, griff nach Agarmaethors Arm und zog sie mit sich. „Du bist so schön! Schon allein dein silbern funkelndes Haar! Legolas wird sicherlich kaum einen Blick von dir wenden können!"

Agarmaethor lächelte gequält, musterte ihren eigenen Körper und verglich ihn mit den weichen Rundungen Anaras. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte sie ihren Körper gehasst oder sich sogar vor ihm geekelt. Hass und Ekel waren zwar dabei allmählich zu schwinden, doch das bedeutete noch lange nicht, dass sie sich deshalb selbst für attraktiv hielt. Sie beobachtete Anara, wie diese sich mit dem weißen Sand des Sees abrieb und leise ein Lied vor sich hin trällerte. Zögernd folgte Agarmaethor ihrem Beispiel und musste sich dabei beinahe zwingen, die junge Elbenfrau nicht anzustarren.

„Wie ist es eigentlich im Westen?", fragte Anara nach einer Weile. „Wie leben die Frauen dort?"

Agarmaethor hielt wie gelähmt inne und musterte Anara. Einige Sekunden lang überlegte sie panisch, was sie Anara erzählen sollte, versuchte dann aber geschickt einer Antwort auszuweichen:

„Nun... Ich... Ich habe nicht viel Zeit mit Elbenfrauen verbracht. Ich habe mich als Krieger beinahe ausschließlich unter Männern befunden."

„Dann kannst du mir doch am ehesten erzählen, wie Männer Frauen im Westen behandeln!" Anara schaute sie neugierig an.

Hastig suchte Agarmaethor nach etwas, was sie Anara erzählen könnte. „Sie zwingen sie, unbequeme Kleidung und Schuhe zu tragen!", polterte es aus ihr heraus, denn das erste, was ihr in den Sinn kam, waren die Erinnerungen an das silberne Kleid und die Schuhe in Lórien.

„Zwingen?", fragte Anara entsetzt.

„Nein! Nein! Nicht zwingen! Also nicht mit Gewalt oder ähnlichen Mitteln!", versuchte Agarmaethor ihre Behauptung zu korrigieren. „Aber sie finden es schöner, wenn Frauen sich in solchen Schuhen quälen." Sie kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf über sich selbst. Was sollte Anara nur denken?

„Sie finden es schöner, wenn sich Frauen quälen?", fragte Anara erschrocken und schaute plötzlich bedrückt auf in die Ferne.

Agarmaethor wusste nicht, ob sie ein schlechtes Gewissen haben sollte. „Warum fragst du?", hakte sie nach.

„Nun...", stammelte Anara verlegen. „Elladan und ich... haben uns... du weißt schon! Und die Gemeinschaft wird vermutlich in wenigen Tagen oder Wochen wieder abreisen... Ich muss mir Gedanken machen, wie es weitergehen könnte, denn die Zeit hier genügt nicht, um endgültige Entscheidungen zu treffen."

Agarmaethor schaute Anara überrascht und sprachlos an. Gerade einmal fünf Tage waren vergangen, seit sie Elladan zum ersten Mal gesehen hatte, und sie dachte bereits darüber nach, dem Osten den Rücken zu kehren! Für Elladan! Sie zog es nicht einmal in Betracht, ihn darum zu bitten zu bleiben!

„Ja... das ist wohl wahr!", erwiderte Agarmaethor schließlich gedehnt. „Viel Zeit habt ihr nicht. Ich denke aber, du musst dir keine Sorgen machen. Den Frauen im Westen geht es sehr gut. Eigentlich müssen sie auch keine quälenden Schuhe tragen, wenn sie nicht wollen. Sie tun es nur, um den Männern zu gefallen, und sieh mich an! Legolas mag mich auch in diesen zerfetzten Kleidungsstücken." Sie hoffte, Anara damit ein wenig Mut machen zu können.

„Oh ja! Das ist wahr!" Anara lächelte wieder und ihre Augen funkelten neugierig. „Und kann er gut küssen? Elladan jedenfalls ist phantastisch!", schwärmte sie.

Agarmaethor war erneut einige Sekunden lang sprachlos. War das ein so genanntes Frauengespräch?

„Ich... weiß es nicht", erwiderte sie verlegen und dachte krampfhaft darüber nach, wie sie das Thema wechseln konnte.

„Du weißt es nicht? Du musst es versuchen! Unbedingt! Küssen ist so aufregend!", rief Anara enthusiastisch aus. „Und Legolas wird in deinen Armen dahin schmelzen, wenn du es nur richtig anstellst!"

Agarmaethor ergriff hastig ihre Sachen, warf Anara noch einen kurzen Gruß zu und verschwand gerade noch rechtzeitig, bevor diese dazu ansetzen konnte, ihr den perfekten Kuss zu erklären.

Küssen war küssen. Was konnte man dabei schon falsch machen?

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A/N Ich weiß, dass die Existenz dieser werten Damen noch GANZ viele Fragen aufwirft, aber leider kann ich einfach nicht alles in einem Kap unterbringen. Trotzdem könnt ihr natürlich eure Fragen stellen, wenn ihr wollt. Sollte ich nämlich etwas vergessen haben, kann ich es dann noch berücksichtigen. ;)