Hiho, ihr Lieben!
Jaja, ihr seht es richtig. Es ist noch nicht einmal Freitag, aber ich hab es irgendwie geschafft schnell zu sein (fragt nicht wie - g).
Jedenfalls ist hier das neue Kap stolz guckt
Falls es Beschwerden über den Inhalt des Kaps geben sollte - dann richtet sie bitte an meine Freundin Winnia! Die hat nämlich zu meinen Phantasieausbrüchen ja und amen gesagt: Und nun haben wir das Zwergenmus. (zwinker)
ACHTUNG
Ansonsten
würde ich euch gerne noch zwei Links geben. Aeweth hat nämlich
zwei GANZ, GANZ tolle Bilder für mich gemacht. stolz und
glücklich guckt und die kann man sich hier anschauen (Link
kopieren und in einem neuen Fenster einfügen - anders gehts
leider nicht)
1.
Agarmaethor:
http/img205.imageshack.us/img205/8219/agarmaethor8tk.jpg
2.To
wash away my
fears
http/img80.imageshack.us/img80/4397/towashawaymyfears8hn.jpg
Alles Liebe
Euer Kampfzwerg
StupidMouth:
Vielen, lieben Dank, dass du dich wieder meldest. Ich weiß ja nie so, wer noch liest und wer nicht, aber mach dir keine Sorgen. Ich bin wegen so etwas nicht böse oder so. Das geht vielen, und meine Zeit ist auch recht knapp. :(
Amlugûr kommt wieder - keine Sorge. ;) Und er wird in Begleitung sein. (kicher). Und Alatar... ja... es sollte auch mehr ein Unfall aus dem STreit heraus sein. SO dunkel und böse, dass er ihn ermordet hätte, wollte ich ihn nun doch nicht machen. Schließlich hat er ja zumindest gut gemeinte Ziele. :)
Ich hoffe, dass du nach diesem Kap verstehst, warum Agi ihm ihr Geheimnis nicht sagen wollte und vielleicht auch, warum sie sich getrennt hat. (schön kompliziert ist die Dame, nicht wahr?)
Und das Rätsel hat niemand erraten - also kein Problem. ;)
LG
Vypox
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Sonnenlicht und Sternenglanz
Die Nacht war bereits beinahe vorüber, und obwohl Gimli und die Elben wussten, dass der unsichtbare Angreifer vermutlich kaum noch zu finden sein würde, bemühten sie sich redlich, die Lösung des Rätsels auf der Steinplatte herauszufinden. Für alle war es eine Herausforderung, und der Umstand, dass Agarmaethor ohnehin ohnmächtig in Legolas' Armen lag und erst in wenigen Stunden von ihrer neuen Vision und ihrem neuen Ziel würde berichten können, gab ihnen auch die Zeit, um sich den Kopf zu zerbrechen.
"Mich verwirrt die letzte Strophe", murmelte Lhainir, nachdem sämtliche Versuche von 'Zwerge' bis 'Aulë' oder auch von 'khazad' bis 'Mahal' gescheitert waren. "'Dein Wort war es, welches hervorgebracht...' und 'Schönheit davon zu erkennen' klingt für mich, als habe die Lösung mehrere Bedeutungen!"
Schweigen legte sich über die Gemeinschaft. Nachdenklich starrten alle auf die Platte.
"Ich verstehe es doch richtig, dass Aulë hier mit Ilúvatar über die Erschaffung der Zwerge spricht, nicht wahr?", fragte Mithlondion und durchbrach damit die bedrückende Stille.
"Ja!", erklärte Gimli. "Er versucht Ilúvatar davon zu überzeugen, dass er nicht wie Morgoth Neid empfunden hat und er auch bereit wäre, sein Werk wieder zu zerstören, wenn Ilúvatar es von ihm verlangen sollte. Aber eigentlich will er ihn davon überzeugen, dass er gut gemeinte Zwecke verfolgt hat: Er wollte seinen Kindern die Schönheit Ardas zeigen."
"Warum nur Ardas? Aulë ist ein Vala, der auch die Sterne Vardas liebte!", warf Rhavan ein. "Warum wollte er den Zwergen nicht die Schönheit von allem zeigen?"
Wie gelähmt starrte Lhainir ihn an, doch dann platzte es aus ihm heraus: "Doppeldeutigkeit der letzten Strophe! Eä!"
Mit einem leisen Kratzen und Schaben verschob sich die Platte zu ihren Füßen. Bewundernd sahen ihn alle an. Eä: das Wort Ilúvatars, mit welchem er alles erschuf - Arda und die Himmel, belebt durch das Geheime Feuer. Eä - die Welt.
Doch die Bewunderung für Lhainir währte nur kurz, denn ein "Ich - will - da - nicht - rein!" Rochdils lenkte die Aufmerksamkeit aller auf das dunkel gähnende Loch unter ihnen.
Skelette und verrostete Waffen zeugten von Gewalt, Tod und Verderben. Übel riechende, feuchte Luft stieg empor und trug die Gewissheit mit sich, dass nur noch Ratten die Höhle bewohnten. Trotzdem sprang Elrohir entschlossen hinein und musterte den Raum. Zwei Gänge schienen tiefer in den Felsen zu führen, doch viel mehr als das interessierten ihn die Fußspuren im grauen Staub.
"Hier waren mehrere Personen", stellte er nach einer kurzen Untersuchung fest. "Sie haben viel Staub aufgewühlt, aber ihre Spuren heben sich deutlich von der übrigen Umgebung ab." Mit dem Fuß schob er eine dicke Schicht Staub beiseite und musterte den Boden. "Gimli? Hier steht etwas geschrieben! Auf Khuzdul!", rief er.
"Tatsächlich?" Gimli folgte seinem Beispiel und sprang ebenfalls hinein. Neugierig prüfte er die die Rillen im Stein und begann dann mit seinen Stiefeln eine größere Fläche freizulegen. "Gabil-zahâr!", rief er schließlich aufgeregt. "Wir befinden uns in einer alten Zwergenfestung. Ich habe von ihr gehört, aber NIE hätte ich erwartet, jemals einen Fuß in sie zu setzen. Wenn ich das meiner Familie erzähle... Sie wird vor Neid erblassen!"
"Weil du ein großes Grab betreten hast?" Rochdil starrte angewidert auf die Knochen. "Diese Meisterleistung einer Eingangstür scheint die Zwerge nicht vor dem Tod geschützt zu haben!"
Gimli musterte die Knochen. "Unter diesen Gebeinen befinden sich keine eines Zwerges. Vielleicht stammen sie von Menschen?" Sein Blick wanderte an den Seitenwänden der Halle entlang. "Prächtig muss es hier einst gewesen sein! Ich sehe die Inschriften an den Wänden, die von der Geschichte der Festung berichten, von den Königen und ihren großen Taten, ich sehe die Aushöhlungen, in denen sich vermutlich einst Edelsteine und kleine Steinmetzarbeiten befunden haben müssen. Ich sehe an einigen Stellen Marmor und kleinere Schmiedearbeiten, die in den Stein eingelassen sind." Traurig schüttelte er den Kopf.
"Kannst du den Inschriften auf dem Boden oder den Wänden entnehmen, was hier geschehen ist?", fragte Elrohir.
Gimli zuckte mit den Schultern und begann vorsichtig den restlichen Staub und die Knochen an den Rand der Halle zu schieben und dabei mit Tüchern vor dem Mund ein Husten zu verhindern, doch als der Staub sich wieder gelegt hatte kroch er auf Knien auf dem Boden umher und las laut vor:
„Im Zeitalter der Dunkelheit schuf Mahal die sieben Väter der Zwerge, denn er sehnte sich nach Kindern und Schülern, denen er seine Kunst und Wissenschaft lehren wollte. Er legte sie immer Paarweise unter den Bergen Mittelerdes schlafen und nur Durin I., der Vater der Langbärte, war allein. Wir, die Schwarzlocken, erwachten unter König Kiluin I. und bewohnten seitdem die Gegend um Ubain. Unser zu Hause waren die Hochebenen und unsere Bergwerke befanden sich tief unter der Ebene. Hier fanden wir Gold, Silber und Edelsteine, die unsere Gemüter erfreuten und uns reich und glücklich machten. Hier lebten wir in Frieden mit den Steinfüßen, unseren Nachbarn und Brüdern.
Weit waren die Heime der Zwerge des Westens entfernt, weit waren auch die Zwerge, und doch erfuhren wir sehr wohl von den Geschicken der Elben und Menschen im Westen, von den Kriegen, die Morgoth über das Land brachte, und wir fürchteten seine Macht... Und so weiter..." Fragend schaute er auf. "Hier folgen langatmige Ausführungen über den Aufbau der Stadt - nichts Interessantes, wenn wir wissen wollen, was aus den Zwergen hier geworden ist. Eine Frau erschien", setzte er dann aber wieder an. "Sie nannte sich Lútholwen, und sie brachte uns ein Geschenk und Grüße von Celebrimbor, einem Elbenschmied und Freund von Durins Volk in Khazad-dûm. Dieses Geschenk war ein Ring der Macht, der uns noch reicher und noch glücklicher machen sollte, und solange wir den Ring der Macht besaßen, fanden wir in unseren Stollen alles, wonach wir uns sehnten.
Lange Zeit lebte sie mit uns und starb nicht, sodass wir sie schon bald für eine der 'Schönen' hielten. Achtung und Respekt brachten wir ihr deshalb entgegen, doch sie betrog uns, denn der Ring, den sie uns überbracht hatte, diente allein dazu, unseren Willen zu brechen und uns zu unterwerfen. Und als dieser seinen EINEN RING verlor, forderte sie das Geschenk zurück."
Gimli machte eine Pause und sah Elrohir fragend an. "Das ist nur eine Vermutung, aber glaubst auch du daran, dass es sich bei dieser Lútholwen um Thuringwethil gehandelt haben könnte?"
"Ich mag es kaum glauben, dass sie sich nach Lúthien benannt hat, die sie doch durch ihren Gesang besiegt hat, aber doch... ja... irgendwie glaube ich daran."
"Als wir uns weigerten, den Ring herauszugeben, überzog sie uns mit Krankheit und Pestilenz. Fledermäuse verfolgten uns in die Schächte unserer Bergwerke, in die Tunnel unserer Festung und in unser Heim. Ihr Speichel vergiftete unser Blut und brachte uns den Tod.
Doch obwohl unser Ende nahte und auch unsere Stammesbrüder im Roten Gebirge uns nicht zu helfen vermochten, weil sie selber kämpfen mussten, um ihre Ringe behalten zu können, weigerte sich König Mioin II. den seinigen Ring aufzugeben. Erst Verrat - das übelste Gift Morgoths - brachte ihm den Tod und Lútholwen den Ring."
"Wie kann es sein, dass du nichts vom Schicksal der Zwerge wusstest?", fragte Mithlondion, der inzwischen ebenfalls in die Eingangshalle nach Gabil-zahâr gesprungen war. "Wenn ich mich recht erinnere, war der Verlust der Ringe jedenfalls bekannt, nicht wahr?"
"Manche Nachrichten gehen seltsame Wege", erwiderte Gimli traurig, "und manchmal reduzieren sie sich auf das Wesentliche. Die Ringe erschienen sehr vielen Menschen, Elben und Zwergen sehr wichtig. Ich will mich dabei nicht einmal ausschließen... Und genau genommen wusstet doch auch ihr nichts vom Schicksal der Avari obwohl euch bekannt war, dass es sie gab."
Betreten schaute Mithlondion beiseite und lauschte den weiteren Worten Gimlis.
"Obwohl sie ihr Ziel nun erreicht hatte und der Ring sich in ihrer Gewalt befand, jagte sie uns mit ihren menschlichen Anhängern. Sie kannte das Geheimnis des Tores nach Gabil-zahâr, kannte die Wege, Brücken und Lagerräume, und sie führte die Ostlinge in unsere Festung, um sie zu plündern und zu zerstören. Nur noch wenigen von uns gelang es, sich in geheime Kammern zurück zu ziehen und zu hoffen, dass unser Volk sich dort erholen würde.
Doch es mangelte an Wasser und Nahrung. Schon glaubten wir, unser Ende sei gekommen, da erschienen zwei Männer in blauen Roben. Lútholwen schloss sich ihnen an, verließ mit ihnen unser Reich und hinterließ nur einige tote Anhänger, die sie für ihren Betrug an den Blauen geopfert hatte, und deren Gebeine nun ihren Frieden in unserem Reich gefunden haben."
Stolz schaute Gimli auf das Häufchen Knochen am Rande der Eingangshalle. "Das nenne ich großherzig! Diese Menschen jagen Zwerge, und trotzdem wird ihnen ein Grab geschenkt, anstatt sie an der Erdoberfläche verrotten zu lassen." Wohlwollend nahm er das Nicken der Elben auf. "Einige Monate noch gruben wir in den Stollen, suchten neue Metalle, neue Wasserquellen und versuchten, unser Volk wieder zu stärken, aber ohne einen Ring der Macht schienen wir nur noch Sand und Steine zu finden, und so beschlossen wir fortzuziehen und unsere Brüder im Roten Gebirge aufzusuchen."
Nachdenklich ließen alle ihre Blicke über die weite Ebene zu ihren Füßen bis hin zum östlichen Horizont schweifen, wo das Licht der aufgehenden Sonne die feinen Umrisse eines sich von Norden nach Süden erstreckenden Gebirges offenbarte. Leise mutmaßten sie den Weg der Schwarzlocken-Zwerge und beschlossen nach dem Erwachen Agarmaethors, die Verfolgung des unsichtbaren Angreifers aufzugeben und lieber ihrer Vision zu folgen.
Mit einem von Gimli leise geflüsterten 'Eä' verschlossen sie das Grab wieder und stiegen die Stufen hinab zurück zu den Pferden.
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Zu gerne hätte Odan die Erdoberfläche noch in der Nacht erreicht und damit sich und seinen Gefährten die Möglichkeit eingeräumt, sich auf der Ebene noch ein großes Stück von den Elben zu entfernen. Doch insbesondere Haunars hohes Fieber zwang ihn sie zu häufigen Pausen, sodass viele Stunden verloren gingen, bevor er die Riegel der inmitten der Ebene verborgenen Tür öffnen konnte.
Vorsichtig presste er die Steinplatte nach oben. Seit vielen Jahrhunderten war sie nicht mehr bewegt worden, und eine dicke Schneedecke machte sie noch schwerer, als sie es ohnehin war. Doch Odan gelang es, sie ein wenig zu bewegen und durch einen schmalen Spalt über die Ebene zu spähen.
Kaum hatten sich seine Augen an das grelle Licht der Mittagssonne gewöhnt, hielt er aufgeregt den Atem an und dankte dem Zufall dafür, dass er die Elben die Tür bereits hatte passieren lassen, bevor er sie geöffnet hatte. Nie hätte er erwartet, dass sie seinem Fluchtweg so nahe kommen würden, doch die Spuren im Schnee waren eindeutig: Die Dunkelhaarige und ihre Gefährten hatten die Hochebene verlassen und befanden sich auf dem Weg in das Rote Gebirge.
Besorgt spähte er zum Horizont und gewahrte dort einige Punkte, die sich weiter in östlicher Richtung bewegten. Sich sicher fühlend schob er den Stein vollends beiseite und half seinen Kameraden an die Oberfläche.
"Und nun? Wollen wir der Dunkelhaarigen folgen oder suchen wir uns einen eigenen Weg nach Hause?"
Gemoor hatte die unangenehmste Frage ausgesprochen, die sich Odan in diesem Moment vorstellen konnte. Er zweifelte. Er zweifelte so sehr an der Richtigkeit eines Anschlages auf die dunkelhaarige Frau, dass er sich weder für einen weiteren Versuch entscheiden konnten noch in der Lage war, die anderen davon abzuhalten. Und so schwieg er und nahm schließlich dankbar Rufurs Angebot an gemeinsam mit Haunar zurück zu bleiben.
Traurig winkte er Rufur, Gemoor und Dolgi hinterher und half dann Haunar dabei, sich wieder auf die Beine zu stellen.
"Sie verlassen uns!", hörte er Haunar sagen. "Sie lassen uns hier verrecken!"
Odan schwieg. Natürlich ließen sie niemanden verrecken, aber auch er glaubte zu fühlen, seine drei Gefährten das letzte Mal gesehen zu haben, und so schaute er sich kein weiteres Mal nach ihnen um und kämpfte sich gemeinsam mit Haunar Schritt für Schritt durch den tiefen Schnee Richtung Heimat.
Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu, als Haunar sich auf den Boden setzte und sich nicht mehr rührte. Er verweigerte jegliche Wasseraufnahme, redete nicht einmal mehr wirre Worte und starrte nur stumm zum Horizont, als würde er von seiner Heimat, dem Roten Gebirge, Abschied nehmen wollen.
Betrübt hockte Odan sich neben ihn. Er besaß kein Holz für ein Feuer, besaß keine Kräuter, um Haunars Fieber zu lindern. Er besaß nicht einmal mehr etwas zu essen. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als neben seinem Gefährten auszuharren und zu warten, zu warten, bis Haunar einschlief - für immer.
Schäbig kam er sich dabei vor, schäbig, weil er einst mit fünfzig Kriegern und zwei weiteren Anführern sein Reich verlassen hatte, um eine große Tat zu vollbringen. Und nun würde er in seine geliebte Heimat zurückkehren - allein und erfolglos.
Schäbig kam er sich vor, schäbig, weil nicht eine bewusste Entscheidung hinter seiner Erfolglosigkeit gestanden hatte, sondern allein Zweifel. Wie sehr wünschte er sich, von seinem Tun überzeugt zu sein - gleichgültig in welche Richtung. Das Leben wäre um so vieles einfacher, wenn er die Dunkelhaarige hassen würde oder sich absolut sicher wäre, dass sie den Tod nicht verdiente. Aber er besaß diese Sicherheit nicht, lebte in einem lähmenden Zwiespalt, der ihn daran hinderte, die Dunkelhaarige zu töten oder aber seine Gefährten davon abzuhalten, ihr Leben für einen Tötungsversuch zu riskieren.
Er fühlte sich tatsächlich wie eine Schabe. Er war nicht einmal dazu in der Lage, Haunar die Hand zu halten, während dieser in seinen tiefen Schlaf versank. Stumm hockte er nur daneben und wartete, wartete auf das Ende seines Gefährten bis er selber in einen tiefen Schlaf fiel und träumte.
Er träumte von seiner Schwester im Roten Gebirge, von seiner hoffnungsvollen Reise gemeinsam mit Rufur und Haunar, von der Jagd auf dem Schiff im Westen, von der Menschensiedlung am Ufer des Talathrand, von den ebenmäßigen Gesichtern der Elben, dunkelblauen Augen, die ihn kritisch musterten, und von Haunar, der einen Elben mit aller Kraft anhustete.
„Elben werden nicht krank", hörte er eine weiche, singende Stimme amüsiert sagen. „Gib dir keine Mühe."
Odan erschrak. Das war kein Traum gewesen!
Bewegungslos, so als würde man ihn dadurch mit einem Stein verwechseln und in Ruhe lassen, hockte er im Schnee und starrte auf Haunar, der von einem dunkelhaarigen Elben mit einigen geschickten Handgriffen untersucht wurde.
„Warum tötet ihr mich nicht einfach? Warum wollt ihr, dass ich mich zu Tode friere?", wimmerte sein Gefährte.
Der Elb reagierte zunächst nicht, tastete Haunars Leib nach Wunden ab und zog schließlich die Augenbrauen nach oben.
„Wir essen am liebsten lebendiges Fleisch", sagte ein anderer Elb, der dem ersten wie aus dem Gesicht geschnitten war. „Deshalb müssen wir dich zunächst in unser Lager bringen, wo wir dann ein kleines Feuerchen für dich entfachen werden."
Odan glaubte, einen scherzhaften Ton bemerkt zu haben, aber Haunar war dazu nicht imstande.
"Zwergenfleisch! Sie essen Zwergenfleisch!", schrie er hysterisch. "Tue doch etwas, Odan! Siehst du denn nicht, wie ausgehungert schmal sie sind?"
Aber Odan konnte nichts tun, wollte nichts tun. Fünf weitere Elben hatten ihn bereits entwaffnet und auf ein Pferd gehoben. Er fühlte, wie ein kräftiger Arm ihn festhielt, jemand ihm warme Worte in einer ihm unbekannten Sprache ins Ohr flüsterte, die ihn wieder schlafen ließen.
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"Die Nächte mit Alatar sind langweilig und die Tage ohne dich öde! Seit ich dich kenne, begreife ich mehr und mehr die Bedeutung des Wortes 'schmachten'." Weich und liebevoll klang Lútholwens Stimme, während sie ihre Finger über den muskulösen Rücken eines Elben gleiten ließ.
Die tief grünen Augen des Elben suchten ihren Blick, weiche Lippen berührten ihre, doch er spielte nur mit ihrer Lust indem er sich kurz darauf erhob und sie unbefriedigt auf ihrem Lager zurückließ - ein Spiel, welches ihr bittersüße und heiß geliebte Qualen bereitete. Hungrig wanderte Lútholwens Blick über seinen Körper.
"Ich habe dir die kleine Phiole meiner Mutter mitgebracht. Sie ist gereinigt und poliert", sagte er ruhig und holte dabei aus einer Tasche am Rande der Höhle einen winzigen Gegenstand hervor. "Wozu benötigst du sie? Du besitzt doch bereits eine äußerst wertvolle!"
Lútholwen schloss einige Atemzüge lang ihre Augen. "Ich denke nicht, dass dich meine Pläne etwas angehen", flüsterte sie, doch dann öffnete sie ihre Augen und sah ihn eindringlich ein. "Oder vielleicht doch? Ich brauche einen Vertrauten, und wer könnte da besser geeignet sein als du?" Mit einer animalischen Bewegung glitt sie vom Bett, näherte sich ihm und berührte mit ihren Fingern seine Haut. "Aber ich muss mir deiner sicher sein...", flüsterte sie dabei. „SEHR sicher, und ich kann mir keinen größeren Beweis deiner Treue vorstellen, als deine Bindung an mich!"
"Du bettelst nur um Befriedigung!", erwiderte der Elb stolz, doch seine Stimme zitterte bereits unter der Berührung ihrer Hände.
"Nein, ich bitte dich um deine Treue." Ein wissendes Lächeln umspielte Lútholwens Lippen, als sie die tiefe und heftige Atmung des Elben spürte, der sich ihren Händen noch entziehen und ihrer Verführung widerstehen wollte. "Du bist das edelste und wundervollste Exemplar aus der Zucht Alatars. Als ich dich als kleines Kind in meinen Armen gehalten habe, wusste ich es bereits. Du bist einzigartig!" Sie nahm seine Hand in ihre und hauchte einen Kuss auf die Finger, die nicht die schwarzen Nägel seiner Brüder und Schwestern aufwiesen. "Ich brauche dich!"
"Und Alatar?", fragte er mit kratziger Stimme.
"Was soll mit ihm sein? Er ist kein Elb! Wie soll er dir ansehen können, dass du an mich gebunden bist?"
Lútholwens Finger glitten über die empfindlichste Stelle seines Körpers. Wieder atmete er heftig unter der Berührung ihrer Hände, doch plötzlich wandte er sich ihr zu, packte sie mit einem geschickten Griff, warf sie zurück auf das Bett und ließ sie seinen Namen schreien - Araf.
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Unruhig suchte Odan das Lager der Elben nach seinen Gefährten ab, doch bis auf Haunar, der von den Elben mit einem Kräutersud behandelt wurde, und Rufur, dessen frischer Verband sich an der Schulter langsam rot färbte, konnte er niemanden entdecken. Dafür erblickte er die Dunkelhaarige, die ihn traurig ansah... und er verstand: Sie fühlte mit seinem Verlust - SIE, deren Gefährten Dolgi und Gemoor getötet haben mussten.
Verwirrt schloss er seine Augen und versuchte nachzudenken und zu verstehen, was vorgegangen war. Doch vor allem versuchte er zu begreifen, was in den Elben vorging. Warum töteten sie nicht auch Haunar, Rufur und ihn - ihre Feinde? Sie waren Angreifer gewesen!
Er ignorierte jeden Versuch der Elben oder des ihm so fremden Zwergen von Durins Volk und verweigerte jedes Wort. Er brauchte Zeit, um die Elben einschätzen zu lernen.
Interessiert verfolgte Odan in den darauf folgenden Tagen seiner Reise mit der Elbengemeinschaft, was sich zwischen den einzelnen Gefährten abspielte, nahm besondere Freundschaften wahr, bemerkte die nur scheinbar heimliche Sehnsucht der Dunkelhaarigen und die offenkundig gezeigte Sehnsucht des blonden Freundes an der Seite des einzigen Zwerges in der Elbengemeinschaft.
Auch der Bericht Rufurs über den kurzen Kampf Dolgis und Gemoors zeugte weder von Gewalttätigkeit noch Rücksichtslosigkeit. Ihr Tod war einzig ein Ergebnis ihrer heftigen Gegenwehr gewesen, und so überraschte es Odan wenig, wie fürsorglich sich die Elben um Haunars Krankheit und Rufurs Verletzung kümmerten, um ihnen die Reise nicht noch schwerer zu machen, als sie es ohnehin bereits war, denn der Winter war vollends über die Ebene hereingebrochen.
Kniehoch reichte den Pferden der Schnee, nicht selten sogar bis zum Bauch. Ihr Fell dampfte, und die Elben gaben sich redliche Mühe, sie nicht im eisigen Wind erkranken zu lassen, indem sie versuchten, das Fell trocken zu halten, neben ihnen herliefen, um ihnen das Gewicht zu ersparen und während der Rast den Boden vom Schnee befreiten, damit die Tiere etwas zum Knabbern fanden - wenn es auch gefroren war.
Und so überraschte es Odan wenig, als die Dunkelhaarige eine mehrtägige Rast vorschlug. Mit Erstaunen vernahm er jedoch dabei ihre Worte. Von Planen sprach sie, von Lederplanen, die die Elben bereits seit Beginn ihrer Reise mit sich führten und die die Dunkelhaarige nun einzusetzen gedachte.
Über eine breite Fläche wurden sie ausgebreitet, Elben und Zwerge in unterschiedlichen Paarungen oder Dreiergruppen legten sich darauf und deckten sich mit einer weiteren Plane zu. Speere wurden neben die jeweiligen Unterkünfte in den Boden gerammt, um sie nach dem langen Schneefall unter der dichten Decke wieder zu finden.
Odan war überrascht über diesen Einfall, wollte fragen, ob man unter den Planen nicht ersticken würde, doch bevor er auch nur ein Wort zu sagen vermochte war er bereits untergebracht worden und schneite gemeinsam mit zwei Elben ein. Mit dem Gefühl von Sicherheit, welches ihm die wachenden Elben außerhalb der Planen schenkten, beschloss er zu schlafen.
Agarmaethor hatte gemeinsam mit Elladan die erste Wache übernommen. Sie mochte ihn, redete gerne mit ihm, doch an diesem Abend schwieg sie lieber, beobachtete, wie der Wind die Wolkendecke auseinander riss und dabei den funkelnden Sternen die Freiheit schenkte, ihr Licht auf Arda zu lenken, und so bemerkte sie nicht, wie er sich langsam zurück zog, um Legolas das Schlachtfeld zu überlassen.
"Woran denkst du?" Lautlos hatte er sich ihr genähert und sich hinter ihr niedergelassen, um ihrer Blickrichtung folgen zu können.
"Siehst du Eärendil am Himmel?", fragte sie leise und entfernte sich ein Stück von ihm. "Ich denke an die Silmarilli und daran, was aus ihnen geworden ist... und an die Bedeutung meines Namens."
"Von welcher Bedeutung sprichst du?" Legolas streckte seine Hand aus, ließ sich von Agarmaethors heftigem Kopfschütteln nicht abhalten und strich sanft durch ihr weiches Haar.
"Ich beziehe mich auf die Geschichte der Silmarilli." Agarmaethor zögerte einen Moment lang, doch dann drängte sie ihre Wange seiner Hand entgegen. "Es heißt, einer von ihnen hinge am Himmel und schenke den Völkern auf Arda Hoffnung, ein anderer sei im Meer verloren und der dritte für immer zerstört, und..." Sie sah ihn traurig an. "Und wenn ich mich mit der Geschichte der Silmarilli vergleiche, entdecke ich mich darin wieder. Ein Teil von mir ist verschollen. Ich suche ihn und frage mich, ob ich ihn wirklich jemals wieder finden werde."
"Du sprichst von deinen Erinnerungen?" Legolas verdrängte den Gedanken an sein Gespräch mit den Entfrauen und an sein Vorhaben, Agarmaethor von ihrer Vergangenheit fernzuhalten. "Und welcher Teil ist zerstört?"
"Meine Unbefangenheit", sagte sie verbittert. "Nie wieder werde ich wirklich unbefangen lachen können und immer werde ich mich daran erinnern, was mit mir geschehen ist, mich fragen, was mein Vater sich bei seinen Taten gedacht hat. Allein dieser Name! Silamîriel! Welches Lebensziel hat er mir damit setzen wollen? Dass es mir genau so ergeht, wie den Kristallen seines Großvaters - auseinander gerissen, zerstört und verloren?"
"Nicht doch!" Legolas näherte sich ihr wieder. "Ich bin sicher, dass er sich dabei etwas anderes gedacht hat." Liebevoll umschlossen seine Hände ihr Gesicht und zwangen sie sachte ihn anzusehen. "Dein Vater hat sein Leben lang versucht, seinem Großvater Fëanor nachzueifern, ihn vielleicht sogar zu übertreffen. Und als er dich als kleinen Winzling zum allerersten Mal im Arm gehalten hat, da ist ihm bewusst geworden, dass er sein Ziel erreicht hat, dass es ihm endlich gelungen ist etwas zu erschaffen, das den Silmarilli Fëanors gleicht: Nämlich dich!"
Sanft hauchte er ihr einen Kuss auf die Lippen und genoss es, dass sie ihn ohne ein Anzeichen von Übelkeit beinahe erwiderte, doch einen weiteren Kuss ließ sie nicht zu.
"Wir sind kein Paar mehr!", flüsterte sie heiser und entfloh erneut seiner Nähe.
"Stimmt! Das sind wir nicht!" Mit einer geschmeidigen Bewegung folgte er ihr über den Schnee. "Aber das ist nur eine kleine, dumme Formalität, die wir jederzeit ändern können."
"Legolas! Bitte!" Panisch schaute sie ihn an. "Ich habe dir die Zeit einräumen wollen, über alles nachzudenken, doch stattdessen verhältst du dich wie ein Raubtier, das seine Beute nicht verlieren will!"
Legolas hielt in seiner Bewegung inne und sah sie besorgt an. Sie hatte Angst! Angst vor seiner Nähe und zugleich Angst davor, dass er aufstand und fort ging. Er bemerkte, wie sie nach Atem rang, mit sich kämpfte und plötzlich sagte sie vollkommen ohne Zusammenhang:
"Fain-rhiw!" Jede Silbe schien sie Kraft zu kosten. "Ich hieß früher Fainrhiw!"
Im ersten Moment verstand Legolas nicht, was sie ihm damit hatte sagen wollen, aber er kannte diesen Namen. Er hatte ihn bereits einmal gehört. Fieberhaft versuchte er sich daran zu erinnern, und plötzlich prügelte der harte Knüppel der Erkenntnis auf ihn ein. Amlugûr hatte ihn zu Beginn der Reise erwähnt - Fainrhiw, den verschollenen Krieger!
Vollkommen benommen sah er Agarmaethor an, wich einige Schritte zurück und fühlte sich, als habe ihm jemand mit aller Gewalt einen Übelkeit erregenden Tritt in den Unterleib versetzt. Schwindel erfasste ihn, zwang ihn, sich niederzusetzen und sein Gesicht mit dem kalten Nass des Schnees zu benetzen.
Er wollte sich wieder fangen, wollte sich unbedingt von seinem Entsetzen lösen und zu einem klaren Gedanken fähig sein, doch es gelang ihm nicht, denn allein die Vorstellung davon, wie sich Agarmaethors Verwandlung abgespielt haben musste, lähmte ihn.
"Wahnsinn! Das ist Wahnsinn!", flüsterte er atemlos.
Er glaubte ihren Schmerz fühlen zu können und wusste doch, dass ihrer so unendlich viel größer gewesen sein musste. Seine Benommenheit begann sich in Zorn zu verwandeln, der ihn seine Hände zu Fäusten ballen und mit den Zähnen knirschen ließ. Am liebsten hätte er laut über die Ebene geschrieen, mit seinen Fäusten auf irgend etwas Hartes eingetrommelt und vielleicht sogar geweint... für Agarmaethor... um Agarmaethor.
Er sah zu ihr, sah sie zusammen gekauert im Schnee liegen und bemerkte ihre durchnässte Kleidung. Bestürzt warf er einen Blick auf die Sterne, die seine Befürchtung bestätigten: Stunden waren vergangen, seit er Agarmaethor im Schnee zurückgelassen hatte. Stunden! Aber er hatte sie gebraucht, hatte sie so sehr gebraucht, diese Zeit, um wieder Herr seiner Gefühle werden zu können.
Vorsichtig näherte er sich ihr, betrachtete ihre Gesichtszüge, ihre traurigen Augen, die in die dunkle Nacht hinaus starrten, und versuchte sich Fainrhiw dahinter vorzustellen, versuchte sich auszumalen, wie er wohl gewesen sein mochte, wie er wohl ausgesehen hatte...
Es gelang ihm nicht. Es gelang ihm einfach nicht, hinter Agarmaethor wirklich Fainrhiw zu sehen, doch seine fehlende Vorstellungskraft fühlte sich richtig an, so unendlich gut, dass er seine Scheu verlor, sich zu ihr setzte und sie in seine Arme zog. Tränen benetzten ihre Haut - seine Tränen - die sie spüren lassen sollten, wie sehr er mit ihr fühlte.
Und plötzlich begriff er, warum sie ihm nichts hatte erzählen wollen, warum sie ihr Geheimnis gerade vor ihm hatte verbergen wollen: Er war ihr Sonnenschein gewesen. Sie hatte es selber gesagt. Doch mit all dem von ihm geschenkten Sonnenlicht, welches sie so dringend, dringend benötigte, würde von nun an immer auch ein dunkler Schatten einher gehen, denn er hatte seine Unbefangenheit verloren - ebenso wie sie.
Nie wieder würde er wirklich hemmungslos verspielt mit ihr umgehen, nie wieder lachen oder sie berühren können, ohne sich dabei auch nur für den Bruchteil eines Wimpernschlages lang ihre Vergangenheit zu vergegenwärtigen.
Aber sollte er ihr deshalb sein Sonnenlicht vollends entziehen? Wollte er deshalb auf ihren Sternenglanz verzichten?
Ganz fest drückte er sie an sich, wollte ihr Geborgenheit schenken, und die Sicherheit, dass er nicht vor ihr fliehen würde.
"Hast du überhaupt verstanden, was ich dir habe sagen wollen?", fragte Agarmaethor leise. Sie entspannte sich nicht in seinen Armen, duldete nur verkrampft seine Hände, die die ihren zu wärmen versuchten.
"Ja!", hauchte Legolas. "Ich habe verstanden, dass du beinahe fünftausend Jahre lang als Elbenmann auf dieser Welt gelebt hast."
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"Ich habe sie gefunden!" Warm und glücklich klang Lútholwens Stimme, als sie Araf ihre Worte ins Ohr säuselte. Ihre Hände umschlangen seinen Körper, suchten einen Zugang unter seine Kleidung und strichen sanft über seine Haut. "So viele Jahre! So viele! Tausend werden es wohl inzwischen sein, die ich die Tochter Celebrimbors habe suchen lassen, aber niemand hat sie bisher gesehen oder gar von ihr gehört. Sie war verschollen! Nicht einmal eine Notiz darüber, ob sie mit einem Schiff nach Valinor gereist ist, habe ich finden können!"
Araf sagte nichts. Still stand er im Höhleneingang, duldete Lútholwens Berührungen regungslos und hielt dabei Ausschau nach Alatar und dessen kleinem Heer, welches schon bald von einem seiner unzähligen Überfälle auf eine Reihe nahe gelegener Siedlungen zurückkehren würde.
Viele gab es davon nicht mehr. Alatar arbeitete äußerst sorgfältig. Selten erklang auch nur der Schrei eines Sterbenden, denn die nächtlichen Schatten - wie die Menschen inzwischen von den Kriegern Alatars sprachen - waren schnell, und ihre dunkle Aura ängstigte und lähmte insbesondere die Frauen und Kinder.
Die unmittelbare Umgebung der Höhle war verödet. Abgebrannte Dörfer, unbestellte Felder, verwildertes Vieh - und dabei raubte Alatar auch alles, was er für sich und seine 'Söhne' und 'Töchter' benötigte, seine Ohtamo - die Kriegsmacher - die er auch nicht selten 'Alata' - Leuchten - nannte. Traurig lächelte Araf über die Doppeldeutigkeit dieser Bezeichnung.
"Aber dann..." Lútholwen begann seinen Hals zu küssen und seine Aufmerksamkeit zu suchen. "Dann haben die Orks vor einigen Monaten nach der Übernahme von Khazad-dûm einen Brief gefunden - von Celebrimbor an einen gewissen Nargi - in welcher er sich für die Rettung eines Elben bedankt. Eines ELBEN!"
Araf wurde hellhörig. "Ein kluges Versteck hat sich Celebrimbor für seine Tochter erdacht", sagte er leise. "Und ohne ihre Erinnerungen weiß sie nicht einmal selber, dass sie eigentlich eine Frau ist und kann sich nicht verraten!"
"Ja, und sie wird sich und die Welt hassen, wenn sie sich zurückverwandelt!" Lútholwen lächelte wissend. "Und sollte sie nicht hassen, dann wird sie leiden..."
"... denn für einen Mann kann es nichts Schlimmeres geben, als kein Mann mehr zu sein, nicht wahr?" Ein undeutbares Lächeln huschte über Arafs Gesicht.
"Ist es denn nicht so? Ich weiß es nicht! Sag du es mir!", fragte Lútholwen unsicher und suchte seinen Blick. "Du bist der Mann!"
"Oh doch, das ist schrecklich!", erwiderte Araf ernst. "Und wüsste ich, dass ich dieses Leid mein unendliches Leben lang ertragen müsste und sich meine Seele selbst mit meinem Tod nicht wirklich von all den Qualen würde befreien können, dann würde ich die Welt verändern wollen - mit meinem Wissen aus der Phiole vollständig verändern wollen!"
Er glaubte einen Schatten gesehen zu haben, der durch den Durchgang in einen anderen Raum verschwunden war, doch ihm wurde keine Gelegenheit gegeben, seine Wahrnehmung zu überprüfen, denn Lútholwen forderte seine Aufmerksamkeit, indem sie sachte über seine Wange strich und ihn zwang sie anzusehen.
"Nie hätte ich gedacht, dass deine Bindung an mich dich zu meinem Seelenverwandten machen würde, aber du gibst mir die Bestätigung, die ich brauche! Ich danke dir!" Sanft küsste sie sie ihm auf die Lippen. "Bin ich gut?", hauchte sie. "Komm! Belohne mich für meine treuen Dienste an Sauron!"
Sie versuchte ihn ins Bett zu ziehen, aber Araf spielte wieder mit ihr, gönnte ihr die gewünschte Belohnung nicht und verneigte sein Haupt nur kurz und ehrfürchtig. "Du bist wahrhaft eine treue Dienerin Melkors!", sagte er voller Respekt.
Selten genug durfte Lútholwen dies erleben, denn obwohl er jedem ihrer Befehle ohne Widerworte folgte und seinen Verpflichtungen treu nachkam, wann immer Alatar nicht zugegen war, war er kein kriechender und buckelnder Sklave, wie Ruhta es für Alatar geworden war, und normalerweise wusste Lútholwen das zu schätzen.
Hier aber war es Spiel, ein prickelndes Spiel, und so schaute er wieder zum Horizont, als würde das Heer Alatars in den nächsten Minuten eintreffen - und er weckte damit in Lútholwen eine sie erregende Furcht.
Aber so bald würde das Heer nicht kommen. Araf wusste es, denn die Reisen zu den angrenzenden Menschendörfern dauerten bereits Tage, manchmal Wochen, und an die nahe gelegenen Städte, von denen es ohnehin nur sehr wenige im Osten gab, wagte sich Alatar bisher nicht. Seine Ohtamo pflanzten sich nicht fort, wie Mäuse, Ratten oder Menschen - so viel Elb steckte noch in allen von ihnen - und so war sein Heer noch viel zu klein für größere Pläne.
Ganze tausend Krieger besaß er bisher, von denen ein nicht geringer Teil nahe der Höhle bleiben musste, um sie vor den ständigen Angriffen der Zwerge des Roten Gebirges zu schützen. Der Krieg mit ihnen dauerte bereits Jahrhunderte an, und nie war ihnen bisher erfolgreich beizukommen gewesen, denn sie kamen und verschwanden durch unsichtbare Türen.
"Hör auf mit mir zu spielen", knurrte Lútholwen Araf verärgert an und riss ihn aus seinen Gedanken, "denn das wird unsere letzte Nacht sein, in der du mir deine Treue beweisen darfst!"
"Warum? Quäle ich dich nicht genug?", fragte er erstaunt.
"Du bist perfekt!" Lútholwen seufzte leise. "Ich werde dich vermissen! Verzehren werde ich mich nach dir, aber du musst diesen Elben suchen und finden. Er ist wichtiger als unsere Fleischeslust!"
Araf musterte sie abfällig und stieß sie weg. "Bettle! Krieche mir zu Füßen! Flehe mich an! Dann zeige ich dir meine Treue - vielleicht!"
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"Nur einer Sache bin ich mir gewiss", sagte Agarmaethor leise. Sie kuschelte sich unter einer Lederplane eng an Legolas und ließ sich von ihm im Arm wiegen, während Elladan und Elrohir ihre Wache übernommen hatten. "Mein Vater wollte mich verbergen. Galadriel sagte es, und auch ich glaube es, aber zu welchem Preis? War ihm nicht bewusst, was er mir damit antut? Beinahe fünftausend Jahre lang habe ich nie die Wärme einer anderen Person spüren dürfen, und danach dieser Schock! Ich dachte, ich wäre wahnsinnig geworden! Von den Schmerzen will ich gar nicht sprechen! Warum? Was war ihm eine solche Tat wert?"
Legolas spürte, dass es ihr gut tat zu reden - endlich zu reden und endlich all die Gedanken zu teilen, die Fragen, die Sorgen...
"Er wollte, dass du lebst und vor Sauron sicher bist! Jeder Vater wünscht sich das für seine Tochter", erwiderte er. Es hätte andere Wege gegeben, um Silamîriel am Leben zu erhalten, doch er fand keine andere Erklärung. "Und sein Versteck war gut! Beinahe fünftausend Jahre sind vergangen, bevor Celeborn dich erkannt hat, weil du wieder die warst, die du einst gewesen bist."
"Gut? Das Versteck war nicht gut!" Agarmaethor war verbittert. "Ist dir bewusst, wie auffällig diese Berührungsschmerzen waren? Ich ahne, dass mein Vater nur meine Bindung an eine Frau zu verhindern gesucht hat, denn was hätten die Valar gesagt oder getan, wenn sie davon erfahren hätten? Wie wäre es meiner Frau oder meinen Kindern ergangen?" Sie schüttelte sich vor Entsetzen. "Aber Gerüchte über Auffälligkeiten wie meine verbreiten sich beinahe immer. Ich kann nicht ausschließen, dass nicht hinter meinem Rücken darüber geredet wurde. Und wenn ich ganz ehrlich bin... jetzt im Nachhinein... Weißt du, warum ich die Fledermäuse in den Bäumen von Fangorn so schnell habe wahrnehmen können? Weil mir dieses Geräusch vertraut war. Schon so oft hat es mich in den letzten Jahren begleitet, nur habe ich nie einen Zusammenhang zu meiner Person gesehen und auch bis zu meiner Entführung nahe dem Eryn Lasgalen nie wirklich sehen wollen!"
Sie schwiegen, kuschelten dabei noch enger aneinander und streichelten einander mit ihrem Atem.
"Merkwürdigerweise geht mir diese silberne Kugel nie aus dem Kopf", sagte Legolas nach einer Weile nachdenklich. "Was wäre, wenn sich in ihr eine Nachricht für dich verborgen hätte? Irgendetwas, das dir hätte erklären können, warum das alles mit dir geschehen ist?"
Agarmaethor zuckte entsetzt zusammen. "Du meinst, sie ist deshalb nach meiner Umwandlung aus meinem Körper getreten?", fragte sie panisch und wirkte, als wollte sie sofort aufspringen und sie suchen gehen, doch Legolas hielt sie fest, drückte sie fest an sich und wartete bis sie sich wieder beruhigt hatte.
"Wir werden sie suchen gehen - nach unserer Rückkehr", erwiderte er entschlossen. "Gemeinsam!"
"Gemeinsam?", fragte sie leise. "Ganz sicher? Mit all den Problemen, die noch auf uns zukommen werden? Hast du dir das gut überlegt? Mit mir wird es nicht einfach werden."
Sie entlockte Legolas mit ihrer Begierde nach seiner endgültigen Entscheidung und ihrer sogleich noch einmal hervorgehobenen Warnung vor ihren Problemen ein Lächeln.
"Kennst du meine Lieblingsjahreszeit?", fragte er sanft.
"Es ist der Frühling!", erwiderte sie verträumt. "Du liebst ihn, weil beinahe alles im Frühling einen Anfang findet."
"Manchmal sogar einen Neuanfang", ergänzte Legolas. Liebevoll küsste er ihr auf die Stirn. "Seit du dich von mir getrennt hast verfolgt mich ein Traum. Beinahe jede Nacht wiederholt er sich, lässt mich nicht los, quält mich. Ich träume von einem Fluss. Eisschollen treiben auf dem Wasser, Schnee liegt an seinen Ufern, und inmitten dieses Schnees stehe ich und beobachte ein kleines Schiff. Es ist wirklich nur klein, aber es ist schön und stolz, und ich weiß, dass es in den Frühling fährt - in einen wundervollen, blühenden Frühling. Und es fährt und fährt, aber es nimmt mich nicht mit, obwohl ich laufe, renne, schreie und rufe, und trotzdem..." Sachte strich er ihr über das Haar. "Aber weißt du, was das Schreckliche an dem Traum ist?", fragte er und wartete auf ihr Kopfschütteln. "Ich erkenne, dass es für mich kein anderes Schiff mehr geben wird, erkenne, dass ich immer im Winter leben werde, wenn ich es nicht erreiche."
Agarmaethor schwieg einen Moment lang, zupfte nervös an Legolas' Tunika und stieß schließlich atemlos hervor: "Willst du damit sagen, ich wäre ein altes Schiff?"
Legolas stutzte zunächst und lachte dann leise. "Das Wort 'alt' habe ich zwar nicht benutzt, aber ja: Du bist MEIN altes Schiff, denn du bist dabei, einen Neuanfang zu wagen und bitte, bitte nimm mich mit in diesen Frühling! Ich will nicht im Winter zurückbleiben!"
Agarmaethor schwieg erneut und vergrub ihre Nase in Legolas' Hemd. Er kannte diese Neigung, genoss es, dass sie seine Nähe suchte, und hoffte, hoffte darauf, dass sie ihm glaubte und sich nun ihrerseits für ihn entschied - für immer.
"Du willst also auf einem alten Schiff namens Agarmaethor fahren?", fragte sie noch einmal nach, wirkte dabei aber eher, als wolle sie ihn aufziehen.
"Nein!" Legolas konnte nicht anders als zu lachen. "Ich würde es auch Sternchen, Liebling, Edelsteinchen oder..."
"Hör auf! Das ist ja widerlich!", unterbrach sie ihn. "So viel Frau, um DAS zu erdulden, bin ich wohl noch nicht!"
"Du bist Frau genug, um die Sache mit uns beiden so kompliziert anzugehen, wie man es als Mann niemals fertig bringen würde." Legolas grinste frech.
"Die Sache? Du meinst deine Schifffahrt auf mir?", erwiderte Agarmaethor schnippisch und wirkte dabei so befreit, dass Legolas innerlich aufatmete.
"Dir geht es gut, nicht wahr?", fragte er amüsiert.
"Phantastisch!" Agarmaethor schlang ihre Arme um seinen Hals und flüsterte leise: "Denn du bist das Beste, das mir je passiert ist!"
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