Als Shrinal, T'Pkara, Charlie und Valery das Holodeck betraten, fanden sie sich in einer exakten Nachbildung der Krankenstation wieder. Während Dr. Crusher sie begrüßte, kam Counselor Troi herein. „In den Simulationen, die sie in ihrem praktischen Jahr erwarten, geht es weniger darum, medizinische Details auswendig zu lernen," fuhr Dr. Crusher fort, „diese sollten sie bereits beherrschen...sondern es geht darum, mit schwierigen Situationen umzugehen. Sie müssen also darauf gefasst sein, Phänomenen zu begegnen, die nicht in Ihren Lehrbüchern stehen und trotzdem möglichst schnell eine Diagnose stellen sowie eine wirkungsvolle Behandlung ansetzen." Dr. Crusher schaute jeden einzeln an. „Counselor Troi und ich werden Sie nur im Falle Ihres totalen Scheiterns beraten. Während des Programmablaufs stehen Ihnen alle medizinischen Informationen des Computers, inklusive einer fiktiven Patientenkartei, zur Verfügung. Es steht Ihnen ebenfalls frei, das Programm so oft abzuspielen, bis Sie eine erfolgreiche Lösung gefunden haben." Die beiden Tutoren nahmen sich Stühle und setzten sich an eine freie Wand. „Computer, Simulation starten!"
„Lt. Worf an Krankenstation!"
„Ja?" antwortete Shrinal.
„Hat Fähnrich Sorak sich bei Ihnen gemeldet?"
„Nein, was ist mit ihm?"
„Einen Moment bitte..." Stille. Fragende Blicke wurden ausgetauscht. Worf meldete sich wieder in einer Stimme, die deutlich seinen Zorn verriet: „Ich habe meinem Befehl Nachdruck verliehen. Falls er sich nicht in drei Minuten bei Ihnen meldet, unterrichten Sie mich sofort! Worf Ende." Mehr fragende Blicke. Da ertönte das Zischen der Tür und ein junger Vulkanier in gelber Uniform trat ein.
„Ich habe Befehl, mich bei Ihnen zu melden," gab er mit angespannter Stimme bekannt, „ich muss Sie allerdings darüber informieren, dass ich keinesfalls krank bin...und dies alles...nur das Resultat eines Missverständnisses ist," er stockte wie jemand, der sich an etwas verschluckt hat, „ich werde...Sie daher nicht länger...von Ihrer Arbeit abhalten" und damit wandte er sich zur Tür.
„Hey mal langsam!" rief Shrinal, der Vulkanier drehte sich wieder um und sah ihn scharf an. „Ihre Hand zittert, das müssen wir uns erst mal ansehen," sagte Shrinal ohne Anzeichen von Unsicherheit. „Tut mir leid, Fähnrich, sie können noch nicht gehen!" fuhr er in klarer Stimme fort, „setzen Sie sich bitte auf das Bett hier." Valery fing inzwischen an, ihn mit einem Tricorder zu scannen und war so in den kleinen Bildschirm vertieft, dass sie nicht merkte, wie der Vulkanier sie anblickte.
„Wie lange haben Sie dieses Zittern schon?" fragte ihn Charlie. „Ich habe meine Hände...vollkommen unter Kontrolle...es gibt keinen Grund...zur Beunruhigung."
„Er scheint unter großem Stress zu stehen," schloss sie aus ihrer Tricorderuntersuchung, „sehr hohe Pulsfrequenz und Stresshormonwerte."
„Außerdem verbreitet er einen merkwürdigen Geruch," merkte Shrinal an, „findet ihr nicht auch?" Daraufhin stand der Vulkanier abrupt auf und blickte Shrinal fest in die Augen.
„Setzen Sie sich bitte wieder hin," sagte Charlie mit einer beschwichtigenden Geste und fasste ihn sanft an den Oberarmen. Als nächstes spürte den Vulkanier seine Unterarme zusammen drücken und hörte sich selbst schreien. Shrinal, der ihn von hinten ergriffen hatte, bekam erst einen Ellenbogenstoß in die Rippen und landete dann vor dem Vulkanier rücklings auf dem Boden. Als der Patient sich auf den angehenden Arzt stürzte, löste sich das Hologramm plötzlich in Luft auf.
„Dieser Kommentar über seinen Geruch hat ihm nicht gefallen, Shrinal," beschwerte sich Charlie, „ich habe übrigens nichts gerochen."
„Er ist erst ausgeflippt, als unser schlauer Psychologe ihn angefasst hat," erwiderte der Andorianer während er sich aufraffte und seine Fühler nach vorne drehte.
„Starten wir das Programm einfach noch mal," schlug Valery vor.
„Hätte nicht gedacht, dass Vulkanier so ausflippen können," bemerkte Shrinal während er seine Uniform zurecht strich und blickt T'Pkara an. Die schien es nicht für nötig zu halten, darauf etwas zu erwidern.
„Vielleicht hat er das Bendii-Syndrom," meinte Valery.
„Nee, viel zu jung," erwiderte Shrinal.
„Wir sollen uns doch auf Sachen gefasst machen, die nicht in unserem-"
„Diskutieren Sie bitte während das Programm läuft!" mahnte Dr. Crusher, „in der Realität haben sie auch keine unbegrenzte Zeit! Computer, Programm starten, an der Stelle nach dem Tricorderscan."
Das Hologramm erschien wieder, auf dem Bett sitzend. „Ich werde mir mal Ihre Patientenkartei anschauen und eine Recherche starten." Charlie ging zum Schreibtisch und wandte sich dem Bildschirm zu.
„Wir sollten nach allen Arten von Infektionen scannen, die wir kennen," meinte Valery und nahm Einstellungen am Überwachungsbildschirm des Krankenbettes vor. „Hmm...nichts," sie wandte sich dem Patienten zu, „Fähnrich Sorak, haben Sie vor kurzem etwas zu sich genommen, das Sie noch nie probiert haben?"
„Nichts...an das ich mich erinnere."
Valery freute sich, dass ihr freundlicher Umgangston seine Aggressivität zu besänftigen schien. Er blickte sie erwartungsvoll an. „Haben Sie noch andere Symptome?"
„Fähnrich..." begann er.
„Alba," half sie ihm nach.
„Fähnrich Alba," sagte er langsam und blickte ihr tief in die Augen, „ich bin nicht krank...und ich...habe die Situation...vollkommen im Griff...bitte...entlassen sich mich." Dieser Fall war wirklich eine harte Nuss und warum hörte er nicht auf sie so anzuglotzen?
„Aufgrund Ihrer Werte sind wir nicht ganz von ihrer Gesundheit überzeugt, Fähnrich," sagte Shrinal und versuchte diplomatisch zu sein, „Sie leiden an einem extremen biochemisches Ungleichgewicht." Er berührte den Bildschirm der Diagnoseeinheit. „Wir sollten einen Neuroscan machen." Der Andorianer holte den Scanner, Valery fing ihn auf dem Rückweg ab.
„Lass mich ihn scannen," flüsterte sie, „er scheint auf mich weniger aggressiv zu reagieren." Vorsichtig näherte sie sich ihm und führte das Gerät um seinen Kopf herum. Er schaute sie an. „Ist was?"
„Nein...das Gerät...stört mich nicht."
Er atmete heftig. Shrinal überwachte den Diagnosebildschirm. „Sein Kopf ist ja das reinste Chaos!" murmelte er, „er sollte einen Neuro-Überwachungsmonitor tragen...das hier könnte schnell kritisch werden."
T'Pkara reichte Valery das kleine kreisrunde Gerät.
Während dessen schien Charlie etwas entdeckt zu haben. „Kommt mal bitte auf eine kurze Besprechung hier rüber!"
Shrinal und T'Pkara liefen zu ihm herüber und warteten auf Valery, die gerade das Gerät einstellte. „Es wird sich im ersten Moment etwas kalt anfühlen," warnte sie ihn einfühlsam, „er sollte aber keine Beschwerden verursachen." Sie heftete ihm das Gerät vorsichtig an die Schläfe. „Ich werde es jetzt einschalten." Um sicherzustellen, dass er still hielt und sie die kleinen Knöpfe nicht verfehlte, legte sie ihre freie Hand sanft in seinen Nacken. Er gab ein leises Stöhnen von sich und hatte plötzlich eine Hand in ihrem Nacken und die andere unter ihrem Kinn. Er stand ihr jetzt gegenüber. Seine braunen Augen bohrten sich in ihre. Seine Hände fühlten sich fiebrig heiß an, hielten sie fest, aber nicht grob. Er keuchte immer heftiger. „Was...machen Sie da!" Als sie versuchte sich seinem Griff zu entwinden, löste sich das Hologramm auf. Sie stand für einen Moment fassungslos da.
„Hat er Dir weh getan?" fragte Charlie besorgt.
„Nicht direkt...es war nur...etwas unheimlich."
„Sah aus wie ne Art von Geistesverschmelzung." Shrinal hatte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck, der ihn viel klüger und sensibler aussehen ließ, als man ihn gewöhnlich einschätzte, „vielleicht überträgt sich die Krankheit auf diese Weise."
Nur Counselor Troi bemerkte den etwas geschockten Gesichtsausdruck T'Pkaras und hatte noch nicht gemerkt, dass ihr Mund immer noch offen stand. Als sie mit Crusher Blicke austauschte, bemerkte diese flüsternd: „Ich habe dieses Programm nicht geschrieben."
Valery blickte entmutigt und genervt in Shrinals blaues Gesicht. „Ich bin jetzt also auch infiziert, schön."
„Wir kriegen schon noch den fiesen Bazillus abgeschossen, der den Spitzohrigen quält," versuchte der sie aufzumuntern.
„Er ist nicht krank," konstatierte Charlie mit deutlicher Stimme, worauf sich alle zu ihm umdrehten, „jedenfalls nicht wie ihr euch das vorstellt..." Alle Blicke waren auf den angehenden Psychologen gerichtet. „Ähm, er hat das Pon Farr."
Zwei Fühler spannten sich und zwei paar Augen weiteten sich. „Was für'n Ding?"
„Vulkanier!" lachte Shrinal, „ich fasse es nicht!" In der Mittagszeit war Zehn Vorne gewöhnlich voll. „Und dann halten sie das auch noch geheim! Und ich hab' die ganze Zeit dieses Farr Heija für ein Stresshormon gehalten!" Der Andorianer schüttelte lachen den Kopf „Haben wohl Angst dass wir fiese Witze machen...wir Andorianer haben mit sowas keine Probleme, die ganze Galaxie weiß, dass sich unsre Fühler dunkelblau färben, wenn wir geil sind!"
„Shrinal!" zischte Valery, „du solltest das vielleicht über Hyperraumfunk ausrufen, damit es auch noch der Andromedanebel irgendwann mitkriegt!"
Charlie schluckte einen Bissen herunter, „Vulkanier reden nicht über Sexualität, deshalb hat T'Pkara wohl auch beschlossen, ihr Mittagessen ohne uns einzunehmen."
„Frag' mich ob weibliche Vulkanier das auch kriegen...da besteht noch Forschungsbedarf." Shrinal erntete weitere mahnende Blicke, die er ignorierte.
Charlie nippte an seinem Drink, „ich schätze die telepathische Verbindung vertieft die emotionale Beziehung und bringt den Partner in Stimmung." Der Andorianer war für einen Moment still,
„wie hat sich das denn angefühlt?" fragte er Valery.
„Hologramme können keine Geistesverschmelzung machen," antwortete sie ruhig.
Shrinal, der sich bei einer Dummheit ertappt fühlte, fing an zu grinsen. „Na ja, wenigstens hast Du ihn geheilt, die Methode ist zwar etwas...inkonventionell, aber führt garantiert zum Erfolg." Valery schaute ihn scharf an.
„Tut mir leid, sollte bloß ein Witz sein."
