Als Kate Tony's Wohnung betrat war sie angenehm überrascht. Es sah sauber und ordentlich aus. Sie schaute Tony zu, wie er seine Jacke an die Garderobe hing und die Schuhe auszog. Während Tony durch einen leeren Türbogen ging, entschloss sich Kate, seine Wohnung erst einmal zu erkunden.

Eine Tür am Ende des Flures führte in ein kleines Badezimmer, das ganz und gar in weiß und türkis eingerichtet war. Von dort aus gelangte man ins Schlafzimmer. Als Kate das Bett in ziemlicher Übergröße sah, lachte sie. Das war typisch Tony. Es war mit roter satin Bettwäsche bezogen und gegenüber stand ein großer Schrank aus Palisander. Als Kate nach oben sah entdeckte sie einen Spiegel, der an der Decke über dem Bett befestigt war. Da sie sich nicht weiter vorstellen wollte, welchen Nutzen DiNozzo von ihm hatte, ging sie geradewegs durch eine Tür und betrat das Wohnzimmer.

Auch dort war es ordentlich und sauber. Aus der Küche hörte sie das Klirren von Gläsern, anscheinend machte Tony sich etwas zu trinken. Das Wohnzimmer war mit schlichten Schwarzen Sofas und weißen Tischen und Regalen ausgestattet. Die Wände waren in einem zarten Mintgrün gestrichen und der Boden war mit hellem Laminat belegt. In einer Ecke des Raums stand ein Esstisch mit vier Stühlen.

Als Kate gerade Tonys CD Sammlung durchschaute, kam dieser durch die Küchentür herein. Er hielt nicht nur ein Weinglas, das schon halb geleert war, mit Rotwein in der Hand sondern auch ein recht unscheinbar wirkendes schwarzes Büchlein. Er stellte beides auf dem Esstisch ab und ging erneut in die Küche.

Neugierig ging Kate zu dem Glas und dem Buch. Es stand weder Autor noch Titel, noch sonst irgendetwas auf dem Umschlag und so vermutete Kate, dass Tony selbst der Verfasser des Textes war, der wohl darin stand.

Sie ging einmal um den Tisch herum und wartete, bis DiNozzo zurück kam, schließlich konnte sie selbst das Buch nicht aufschlagen. Es dauerte nicht lange, bis Tony mit der Weinflasche zurückkehrte. Er setzte sich auf einen Stuhl, füllte das Glas auf und schlug das Buch auf.

Kate war unglaublich neugierig und schaute über Tonys Schulter. Dieser nahm einen Füller, der schon die ganze Zeit auf dem Tisch gelegen hatte, und schrieb das Datum dieses Tages auf eine neue Seite. Nun war auch Kate klar, dass es sich hierbei wohl um Tony's Tagebuch handelte. Kate lächelte bei diesem Anblick. Ein Tagebuch hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Einen kurzen Moment rang sie mit ihrem Gewissen. Es ist schließlich nicht richtig anderer Leute Tagebücher zu lesen, doch dann siegte die Neugierde und Kate las mit.

Ich kann immer noch nicht fassen was heute geschehen ist. Warum nur hat dieses Schwein ausgerechnet Kate erwischt? Was hat er davon? Wenn ich ihn nur in die Finger kriege... er ist dran, er bezahlt für das, was er getan hat. DIESES SCHWEIN!

Kate schreckte auf als Tony plötzlich mit der flachen Hand auf den Tisch schlug und sein Weinglas bedrohlich zu schwanken began. Er schnaufte verächtlich und schrieb dann weiter.

Ich war wirklich kurz davor. Ich wollte es ihr wirklich, ganz wirklich... also total wirklich sagen. Aber jetzt? Jetzt ist alles anders... sie könnte sterben, sie könnte... nein, ich will es mir gar nicht vorstellen, es wäre einfach zu schrecklich. Ich will sie zurück, so wie sie vorher war, und ich will es ihr sagen.

„Was willst du mir sagen Tony?", flüsterte Kate ihm ins Ohr. Tony blickte auf und sah sich leicht verwirrt um. Für einen kurzen Moment dachte Kate tatsächlich, er hätte sie gehört, doch dann senkte er seinen Kopf wieder.

Ich werde das nicht schaffen... welcher Mensch soll das schon aushalten? Ich mag sie wirklich, sehr.

Kate seufzte. Vielleicht war DiNozzo ja tatsächlich ganz in Ordnung. Aber musste sie erst fast sterben, damit sich der ordentliche Mensch in ihm regt?

Ich wünschte bloß, sie wäre hier. Ich habe ständig das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich habe das Gefühl, sie wäre hier, jetzt in diesem Moment. Als würde sie hinter mir stehen und ihre Haare streichen über meine Schulter.

Tony fasste an seine rechte Schulter, über der Kates Kopf hing und an der ihre Haare tatsächlich seine Schulter streiften.

Aber es ist sicher nur Einbildung... sie ist nicht da. Sie wird vielleicht nie wieder da sein, nie... ! Ari, ich bringe dich um!

Kate schaute mit Tränen in den Augen auf Tony hinunter, der sein Tagebuch nun zuschlug. Er lehnte sich zurück, nahm sein Weinglas und leerte es mit einem Zug. Kate setzte sich vor Tony auf die Tischkante.

„Wehe du wirst jetzt wegen mir zum Alkoholiker! Ich versohle dir höchstpersönlich den Allerwertesten wenn ich wieder wach bin.", sagte sie in drohendem Ton. Tony stellte das Glas auf dem Tisch ab.
„Na geht doch! Und jetzt die Flasche weg... was ein Schwachsinn Tony, den Kummer zu ertränken! Du bist doch stark verdammt!" Tony runzelte die Stirn, stand auf und stellte die Weinflasche in die Küche.

Kate sah ihm nur verblüfft nach. „Ich muss wohl erst als Geist... oder so was in der Art um dich rumlaufen, damit du mal tust was ich dir sage.", rief sie ihm nach, doch ihre Worte wurden nicht erwidert. Es war wahrscheinlich nur ein Zufall, dass Tony so reagierte.

Während Tony sich nun mit seiner nur noch halb vollen Flasche Wein auf's Sofa setzte und den Fernseher einschaltete, ging Kate unruhig auf und ab.
Sie wusste absolut nichts mit sich anzufangen. Sie hatte keinen Hunger, keinen Durst, war nicht müde... wahrscheinlich würde sie das alles als Geist auch nie sein.