Und trotzdem war sie erschöpft - so unglaublich erschöpft, dass sie dachte, sie würde sofort einschlafen, wenn sie die Augen schloss. Doch sie konnte nicht schlafen. Was Kate anscheinend auch abhanden gekommen war, war ihr Zeitgefühl. Als sie einen Blick zum Fenster warf, hatte draußen bereits die Dämmerung eingesetzt und Tony war eingenickt.

Am liebsten hätte sie ihm eine Decke übergeworfen, doch auch das konnte sie nicht und so setzte sie sich auf den Boden und legte ihren Kopf auf das Sofa. Die Zeit kroch nur so dahin. Die Nacht erschien Kate unendlich.

Sie beobachtete mit trüben Augen wie die Sonne über Washington D.C. unter ging. Immer mehr Lichter erloschen und die ganze Stadt schien einzuschlafen. Der ganze letzte Tag spielte sich vor ihrem inneren Auge erneut ab - wie sie diesen Knall gehört hatte und danach einfach wieder aufgestanden war. Warum war ihr Geist aus ihrem Körper gegangen? Wie kam sie dort hin zurück? Ging es vielleicht allen Komapatienten so, wie ihr jetzt? Als Kate plötzlich die Augen aufschlug was es draußen hell.

Hinter ihr regte Tony sich. Kate stand etwas erholter als am Abend zuvor auf und ging um den niedrigen Couchtisch, auf dem eine leere Flasche Wein stand, herum. Tony öffnete die Augen und gähnte herzhaft. Sein Gesichtsausdruck war entspannt. Er erhob sich träge und schlürfte ins Bad.

Nach einigen Minuten kam er schon geduscht und angezogen wieder, doch seine Miene war nun finster und erbittert. Anscheinend waren die Erinnerungen vom letzten Tag zurückgekommen. Ohne ein Frühstück machte er sich, mit Kate an der Seite, auf den Weg ins Büro. Dort angekommen wunderte sich Kate über die Stille, die im ganzen Hauptquartier herrschte. Gibbs saß an seinem Schreibtisch und starrte ins Leere. McGees Stuhl stand verlassen da - genau wie ihr eigener.

Beim Vorübergehen strich Kate gedankenversunken mit der Hand über die Tischplatte ihres Schreibtisches. Plötzlich öffnete sich die Aufzugstür und Ducky trat ein. „Oh Jethro.", seufzte er, ging zu Gibbs und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Tony blieb regungslos hinter seinem Schreibtisch stehen.

„Es ist einfach unbegreiflich. Guten Morgen Tony. Ich hoffe, du konntest etwas schlafen?", fragte Ducky und blickte in Tonys abweisende Augen. Dieser nickte nur stumm und lehnte sich zurück. „DiNozzo. Finde ihn!", sagte Gibbs und allen war klar, dass er Ari meinte. „Ich werde ihn finden Boss, das werde ich...", hauchte Tony schwach und schaltete seinen Computer ein.

Ducky machte gerade den Mund auf, um etwas zu sagen, als die Aufzugstür erneut aufging und Abby herein platze. „Hey ho... was ist denn hier für 'ne Stimmung?", fragte Abby und grinste in die Runde. Auf ihrer Stirn bildete sich eine Falte, als sie keine Antwort erhielt. „Fast schon schlimmer als die schlimmsten Typen auf diesen gruseligen Grufti-Partys!", fügte sie leise hinzu.

Gibbs und Tony tauschten einen bedrückten Blick aus. Bisher hatte keiner Abby informiert. „Abbs..." Tony erhob sich langsam und ging einige Schritte auf Abby zu, diese wich vor ihm zurück. „Waaas bedeutet dieser Blick?", fragte sie und ihre Augen huschten unsicher zwischen Tony, Gibbs und Ducky hin und her. „Das gefällt mir gar nicht, was ist los? Was ist passiert? Wo sind Kate und McGee?"

„Tim hat sich heute einen Tag Urlaub gegönnt.", sagte Gibbs tonlos. „Und Kate..."
Tony unterbrach ihn. „Abby, es ist gestern etwas schlimmes passiert... Ari hat auf Kate geschossen, sie wurde am Kopf getroffen und liegt im Koma." Abby schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund, lief ein paar Schritte rückwärts, stolperte und fiel zu Boden. „Nein.", wisperte sie und ihre Augen funkelten verdächtig. „Abby es...", setzte Tony an, doch Abby rappelte sich auf und stolperte zurück in den Aufzug. „Es ist schwer für sie. Kate war... ist... eine sehr gute Freundin für Abby.", sagte Ducky und seufzte.

Kate musste einfach zu Abby. Sie rannte die Treppe runter und lief in Abbys Labor. „ABBY!", rief sie, als sie den Raum betrat. Sie sah gerade noch, wie Abby ihren Kittel auszog und den Raum verließ. Kate eilte ihr nach.