Freundschaft
Kara! Bleib stehen, verflucht! Gib mein Zeug zurück! Kara, stopp!
Verfolgt von lautem Geschrei und ein paar Flüchen raste Kara um die Ecke und rannte so schnell sie konnte den Gang entlang. Hinter sich hörte sie schon ihre Verfolger und vor lauter Hektik verstreute sie ein paar der Kleidungstücke, die sie in einem Bündel über dem Arm trug.
Frak, sie liebte die Flugakademie! So viel Spaß hatte sie in der Schule nie gehabt. Sie liebte die Gemeinschaft mit den anderen Kadetten, die gemeinsamen Barbesuche, das Triad spielen. Und sie liebte das Fliegen. Bisher war sie nur im Simulator gewesen, aber schon das versetzte sie in einen unglaublichen Adrenalinrausch.
Was Kara weniger liebte war das dauernde „Sir, ja Sir." Der militärische Gehorsam, dem sie sich beugen musste fiel ihr nicht leicht.
Kara sprintete um eine weitere Ecke und ohne weiter nachzudenken steuerte sie die vierte Tür von rechts an. Lees Tür.
Lee schrak von seinen Büchern auf, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und eine japsende Kara hereinstürmte.
Trotz der Eile genoss sie für einen Moment seinen Anblick. Er saß in Hemdsärmeln vor seinem Schreibtisch, unrasiert und von seinem Hinterkopf stand ein kleines Haarbüschel ab. Er sah müde aus, aber seine blauen Augen leuchteten so intensiv wie immer. Ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer.
„Schnell Lee, versteck mich!"
„Eines Tages stecken sie mich noch in eine Zelle wegen deiner blöden Scherze."
Aber er lachte bei ihrem Anblick und stand auf. Sie hatte nichts anderes erwartet, auf ihren besten Freund war bisher noch immer Verlass gewesen.
Am Tag nach dem berüchtigten Kuss hatte sie sich zu ihm an den Tisch gesetzt und seit damals waren sie unzertrennliche Freunde.
Es gab Momente in denen sie dachte, dass vielleicht mehr zwischen ihnen war. Wenn sie aufschaute und er ganz schnell den Blick senkte, damit sie nicht sah, dass er sie beobachtete. Wenn sie sich ein wenig länger berührten als unbedingt notwendig. Wenn sie jede Möglichkeit nutzten, um sich überhaupt zu berühren.
Jeden anderen hätte sie einfach geküsst und die Sache ein für allemal geklärt.
Aber hier ging es um Lee, er war vor allem anderen ihr bester Freund und das wollte sie nicht aufs Spiel setzen.
Auch nach all diesen Monaten erstaunte es Kara immer noch, dass jemand wie Lee Adama mit ihr befreundet sein wollte.
„Frak, ist das dein Ernst?"
Lee verdrehte die Augen. „Wolltest du dich vielleicht unter dem Bett verstecken?"
„Schon gut, schon gut", grummelte Kara und Lee konnte sich gerade noch auf seinen Sessel werfen bevor die Tür ein zweites Mal aufgerissen wurde.
„Wo ist sie?"
„Ich dreh ihr den Hals um."
Lee musste sich ein Lachen verkneifen, als er die drei jungen Männer sah, die sich nass und nur mit einem Handtuch bekleidet in das Zimmer drängten.
„Wen sucht ihr denn?", fragte er unschuldig.
Einer der drei schwenkte eine Boxershort vor Lees Nase.
„Spar dir den Blödsinn, Lee. Das hier ist vor deiner Tür gelegen."
Lee sah sich mit übertriebener Geduld in dem kleinen Schlafraum um und zuckte mit den Schultern. Außer zwei Betten, einem Kasten und zwei Schreibtischen gab es keinerlei Möbel.
„Wenn du glaubst, dass man hier jemanden verstecken kann..."
Sonny blickte ein wenig unsicher, doch dann machte er ein paar Schritte herein und musterte das Zimmer. Nichts.
Er schaute unter das Bett. Nichts.
Zu guter Letzt riss er noch die Kastentür auf, doch auch hier war von der Übeltäterin keine Spur.
Enttäuscht zogen die drei jungen Männer ab.
Sofort, nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, sprang Lee auf und lehnte sich aus dem Fenster.
Kara hing mit fest verkrallten Fingern am Fensterbrett, ihre Beine baumelten drei Stockwerke über dem Boden und sie grinste ihn an.
Er grinste zurück.
„Los Lee, hilf mir wieder herein."
Er beugte sich über sie und blockierte so die Fensteröffnung, doch sicherheitshalber packte er ihre Handgelenke.
„Sag mir zuerst was das sollte!"
„Sonny hat mir mein Frühstück geklaut! Da musste ich mich doch irgendwie rächen."
„Und was haben dir die anderen beiden angetan?"
Kara wich seinem Blick aus. „Äh, ... eigentlich nichts. Ich war nur gerade so schön in Fahrt."
Lee verdrehte die Augen. „Du kannst so ein Kind sein, Kara, das ist unglaublich."
Mit Schwung hievte er sie in die Höhe, um ihr zurück in das Zimmer zu helfen, doch offensichtlich zerrte er ein wenig zu heftig.
Die beiden verloren das Gleichgewicht und kippten, begleitet von einem lauten Quietschen Karas, nach hinten.
Mit einem Krach knallten sie auf den Boden und Kara landete lang ausgestreckt auf Lee, ihre Nase nur wenige Zentimeter von seinem Kinn entfernt.
In der ersten Überraschung blieben beide reglos liegen und starrten sich an.
Dann spürte Kara wie sich seine Muskeln unter ihrem Bauch bewegten und ein angenehmer Schauer lief ihr über den Rücken.
Sie genoss die körperliche Nähe, sie konnte ihn sogar riechen, diese Andeutung von Schweiß und Seife und noch etwas anderem, das undefinierbar und doch unverwechselbar Lee war.
Einen Moment lang war sie in Versuchung sich noch enger an ihn zu schmiegen, doch zum Glück schaltete sich ihr Verstand rechtzeitig ein.
Das war LEE. Ihr bester Freund, den sie auf keinen Fall verlieren wollte. Ihre Freundschaft gehörte zu den besten Dingen in ihrem Leben.
Sie war eine der wenigen Sachen, die sie noch nicht verfrakt hatte und sie würde dafür sorgen, dass das so blieb.
Für Sex gab es hier genügend andere Männer.
Kara stützte sich auf ihre Hände und begann sich wegzurollen.
Bevor sie außer Reichweite war hob Lee die Hand zu ihrem Gesicht und ganz kurz glaubte sie er würde ihr über die Lippen streichen, doch er steckte ihr nur eine Haarsträhne hinter das Ohr.
Die kleine Berührung ließ ihren ganzen Körper erschauern und sie sprang eilig auf.
Hätte sie ihn angesehen, so hätte sie die Enttäuschung in seinen Augen gesehen.
„Jetzt, wo ich nahe genug dran war, du solltest dich wirklich mal wieder rasieren", sagte sie beinahe unfreundlich.
Lee schwieg einen Augenblick, dann grinste er und Kara wusste, alles war in Ordnung.
„Hey, Prüfungen in einer Woche, da kann ich mich um so was nicht kümmern. Es wundert mich, dass du Zeit hast für diesen Unsinn hier."
Kara hob in gespielter Reue die Arme. „Schon gut, ich war auf dem Weg zum Lernen."
Lees Blick folgte ihr bis sie die Tür hinter sich zuschlug. Erst dann erhob er sich und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
Bevor er sich wieder seinen Büchern zuwandte, bemerkte er die kleine Beule unter seiner Bettdecke und er rollte mit den Augen.
Großartig, jetzt hatte er die Unterwäsche von fremden Leuten am Hals.
ENDE
Bunny: ich hoff es macht dir Spass!
