Kapitel fünf – Vorzeitige Verurteilung

Hermine rannte den Gang entlang und bog um eine Ecke, um zu sehen, wie Fudges Körper in den Flammen einer der vielen Kamine in der Haupthalle des Zaubergamot verschwand.

Hermine wollte schon apparieren, doch dann fiel ihr auf, dass sie gar nicht wusste, wo genau Fudge hingegangen war. Sie rannte zu der Sekretärin, die immer noch über Hermines Anwesenheit schockiert zu sein schien.

„Hallo, ich bin Hermine Granger, Zauberei-Ministerin. Ich muss von Ihnen wissen, wo genau Fudge hingegangen ist.", zischte Hermine schnell, während sie auf ihre Uhr sah. Die Sekretärin kam langsam wieder in die Realität zurück und antwortete schnell:

„Ähm, er ist ins Ministerium gegangen, Ministerin." Die junge Frau sah auf ihre Unterlagen, die sie einordnete. „Zur Verurteilung von Mister Malfoy, denke ich."

„Wo findet diese statt?"

„In einem der alten Gerichtssäle, Ministerin." Hermine schenkte der Sekretärin ein Lächeln, dann drehte sie sich um, lief zu einem Kamin und verschwand.

Hermine trat aus den Flammen eines Kamins im Ministerium und eilte an vielen erschrockenen Arbeitern vorbei den Gang herunter. Sie sprang in einen der Aufzüge, gerade als dieser die Tür schloss. Der Aufzug war voll; seltsame Wesen und Arbeiter mit tonlosen Minen standen dicht an dicht. Einige erkannten Hermine und lächelten ihr höflich zu. Hermine lächelte flüchtig zurück, als die Frau, die dem Etage-Auswahl-Schalter am nahsten stand, Hermine fragte, in welche Etage sie wolle.

„Die unterste Etage.", antwortete Hermine zielsicher.

„Aber auf der Etage befinden sich nur die alten Gerichtssäle.", meinte ein alter Mann. „Sie werden nicht mehr benutzt, Ministerin."

„Das weiß ich. Aber heute wird dort eine Verurteilung stattfinden." Hermine sah sich im Aufzug um und bemerkte, dass alle sie neugierig beobachteten. „Entschuldigung, aber hat es irgendjemand hier besonders eilig?"

Viele schüttelten ihren Kopf, andere zuckten bloß mit den Achseln. Hermine nutzte diese Gelegenheit, beugte sich mit ihrem Zauberstab über einige Menschen, richtete diesen auf den Auswahl-Schalter und murmelte einen Spruch. Plötzlich fiel der Aufzug wie eine Rakete, die in die falsche Richtung flog, den Schacht hinunter. Sämtliche Fahrgäste im Aufzug fielen durch die Wucht des plötzlichen Falles auf den Boden des Aufzugs.

Im Nu hielt der Aufzug an und die Türen öffneten sich. Hermine machte einen Schritt hinaus und sagte zu den Menschen, die nun vorsichtig aufstanden: „Das tut mit wirklich leid, aber da keiner von Ihnen in Eile war und ich dafür umso mehr-"

Hermine stoppte mitten im Satz und flog praktisch um die Ecke, die benommenen Arbeiter, die ihr nachstarrten, hinter sich lassend.

Sie rannte den Korridor entlang und stoppte plötzlich vor der Tür eines Gerichtssaals. Sie konnte Stimmen aus dem Inneren des Raumes vernehmen und daher wusste sie, dass es der richtige Saal war.


In Inneren des Gerichtssaals befanden sich in etwa ein Dutzend Menschen, die auf langen Bänken saßen und auf eine ausgedehnte leere Fläche blickten, auf der sich nur ein einziger Stuhl stand. Auf diesem Stuhl befand sich ein äußerst wild aussehender Mann; die Ketten des Stuhls banden seine Arme und Beine fest, er war dreckig und brauchte dringend eine Dusche und eine Rasur. Seine blonden Haare fielen ihm über sein Gesicht, denn sein Kopf war nach unten geneigt.

Auf der Bank konnte man Fudge sehen, der in der Mitte saß, einen hochgewachsenen, hageren Rotkopf links neben sich. Hermine stand im Schatten verborgen und schaute beim Anblick von Percy Weasley finster drein. Fudge war die Formalitäten durchgegangen, die vor jeder Anhörung verpflichtend waren, ob bei Vernehmungen oder Verhandlungen. Dann sagte er mit lauter, siegreicher Stimme:

„Draco Malfoy, Sie sind heute hier, um die Strafe Ihres Vaters zu erhalten. Sie werden angeklagt wegen Mordes zahlreicher Muggel und Schlamm- ähm, Muggelgeborener, wegen Folter und wegen Verrat der Rechte und Gesetze unserer Welt. Sie werden daher den Kuss des Dementoren –"

„Nein!"

Alle Köpfe wandten sich, um die Gestalt, die nun aus einer dunklen Ecke hervortrat, anzustarren. Hermine ging auf die Bänke des Zaubergamots zu und blieb in der Mitte stehen. Fudge sah aus, als wäre er bereit, sie zu töten. „Ministerin! Was bringt Sie denn heute hier herab in diesen Gerichtssaal?"

„Sie wissen, warum ich hier bin, Fudge.", knirschte Hermine, während sie versuchte, eine plötzliche Welle Zorns zu bezwingen.

„Ah, ich habe Ihnen bereits gesagt, dass so etwas nicht möglich sein wird." Fudge sah zu seinen Mit-Richtenden; einige von ihnen schienen verwirrt zu sein, andere hingegen waren wütend auf Hermine. Einer der erzürntesten Richter war das neueste Mitglied des Zaubergamots, Percy Weasley.

Hermine seufzte; sie hatte gehofft sie würde hiermit durchkommen. „Wer ist hier die Ministerin, Fudge?"

„Das sind sie, aber –"

Hermine brachte ihn mit einem Schlenker ihres Handgelenks und einem eisigen Blick zum Schweigen. „Dann sage ich, dass ich gegen Mister Malfoys Urteilsspruch aussagen kann und möchte."

„Aber –"

„Kein Aber! Haben das alle Mitglieder des Zaubergamots verstanden?" Hermine blieb hart, als sie alle Richter nacheinander ansah. Sie nickten alle, einige von ihnen mürrisch, aber sie nickten. Hermines Wut ließ ein wenig nach, bis ihre Augen auf Percy fielen. Er schien förmlich vor Wut zu toben, als er Hermine mit solcher Gehässigkeit ansah, dass es jeden anderen hätte erzittern lassen. Aber Hermine versuchte, seinen Blick mit noch größerer Boshaftigkeit zu erwidern.

Fudge zappelte wie ein Zweijähriger herum, er funkelte Hermine ungeduldig an. „Gut, wenn Sie darauf bestehen, auszusagen, dann tun Sie das besser jetzt. Die Dementoren werden ruhelos und je eher Sie fertig sind, desto eher wird ihr Hunger befriedigt werden. Vorübergehend."

„Ich denke, sie werden sich von den glücklichen Erinnerungen andere ernähren müssen, denn wenn ich ausgesagt habe, werden Sie keinen denkbaren Grund haben, den Kuss des Dementors an Mister Malfoy ausführen zu lassen, Fudge." Eine neue Stimme sprach hinter Hermine, sodass diese sich umdrehte und in das Gesicht von Katharine blickte, die gerade nach vorne kam und sich neben Hermine stellte. Hermine sah sie verblüfft an.

„Woher wussten Sie, dass die Verhandlung verschoben wurde?", fragte Hermine. Katharine lächelte; sie sah Hermine nicht an, sondern ließ ihre Augen auf Fudge ruhen.

„Nenn es die Dumbledor'sche Intuition." Katharine sah Hermine endlich an; Hermine kicherte leise und richtete ihren Blick wieder auf Fudge.

„Ministerin,", Fudges Stimme war von Hass gespickt, „Wer ist das?"

„Fudge, dies ist mein Beweis." Hermine zeigte all den anderen fragend aussehenden Richtern ein breites Grinsen. Sie warf auch einen kurzen Blick auf Malfoy, der sie mit einer Mischung aus Dankbarkeit, Verwirrung und Pein ansah, aber er schien Katharine zu erkennen. „Dies ist Katharine Dumbledore, Albus' verwitwete Ehefrau."

Fudge schnaubte nach einem Moment der Verunsicherung. Er sah sich nach Unterstützung um, aber all die anderen betrachteten Katharine mit Respekt und Ehrfurcht. „Bitte, ich denke keiner von uns wird wirklich glauben, dass dieser alte Spinner eine Frau hatte, von der keiner wusste."

Einige nickten langsam, aber sie starrten Katharine immer noch an. Diese hatte sich nun direkt vor Fudge gestellt und ihren Zauberstab an seine Stirn gedrückt. Sie sah ziemlich passiv aus, aber ihre Augen, die vor Wut nur so zu sprühen schienen, verrieten sie. „Beleidige ihn noch ein Mal, und ich werde dich töten."

Diese einfache Bedrohung ließ alle Augenpaare auf Fudge blicken, der verlegen aussah und angefangen hatte, zu zittern. Hermine hielt es an der Zeit, einzuschreiten. „Katharine, er ist es nicht wert, nach Azkaban zu gehen. Und wenn Sie ihn töten, werde ich keine Wahl haben, als Sie dorthin zu schicken."

Katharine steckte ihren Zauberstab weg und ging zurück zu Hermine, den Blick immer noch auf Fudge gerichtet. „Genau, also, Katharine, bitte erzählen Sie von Ihrem Beweis für Draco Malfoys Unschuld.", sagte Hermine in professionellem Tonfall. Sie riskierte einen weiteren Blick zu Draco, der sie immer noch mit diesen gemischten Gefühlen, die sie zuvor auf seinem Gesicht gesehen hatte, ansah. Er schien von Katharines Drohung an Fudge ungerührt.

„Ungefähr vor vier Jahren, als Mister Malfoy noch in Hogwarts ausgebildet wurde, wusste Albus, dass Mister Malfoy immer noch unsicher war, welcher Seite er sich verpflichten solle, so dass Albus begann, ihn auf unsere Seite zu ziehen. Die Nacht bevor Mister Malfoys Vater seinen Sohn sich Voldemort anschließen lies, kam Draco zu Albus und mir nach Hause und verpflichtete sich zu Albus' Diensten. Wie einige von euch sich vielleicht erinnern, hatte Severus Snape so ziemlich dasselbe getan, als er noch jung war, und es hat sich als sehr nützlich für die Helle Seite erwiesen." Katharine war zu Draco getreten, der, wie Hermine verblüfft feststellte, seinen standhaften Blick immer noch auf Hermine gerichtet hatte.

„Mister Malfoy hat es uns ermöglicht, viele Todesser gefangen zu nehmen, die unbestreitbar sehr böse waren, und er hat es auch Möglich gemacht, dass Harry Potter Voldemort besiegen konnte, in jener wohlbekannten Nacht. Keiner von Ihnen wird dies wissen, aber er hat sich Voldemort zu erkennen gegeben und das hat Voldemort dazu gebracht, ihn zu verfolgen, bis zu genau der Stelle, an der Harry Potter schon auf ihn gewartet hatte."

Von den Mitgliedern des Zaubergamots waren so manche Atemzüge vernehmbar. Sogar Fudge sah etwas dümmlich auf Draco herab. „Er wurde zusammen mit den restlichen Todessern noch in dieser Nacht nach Azkaban gebracht. Dort hat der Halbriese Hagrid noch auf Albus' Anweisung seinen kleinen Bruder Grawp, das ist einer der Riesen, die Azkaban bewachen, gebeten, Draco in eine Einzelzelle zu stecken; zu dessen eigenen Sicherheit vor den anderen loyalen Todessern. Erst da hat Draco erkannt, welchen hohen, endgültigen Preis er für sein Opfer zahlen musste."

Nachdem Katharine ihre Rede beendet hatte, trat für einige Momente Schweigen ein. Dann hatte Fudge sich erholt und sagte, sogar noch verächtlicher als vorher: „Wie lange haben Sie gebraucht, um sich an das zu erinnern, Mrs Dumbledore?"

Fudge sah zu seiner linken und rechten Seite, so als wolle er brüllendes Gelächter. Aber nichts kam. Die anderen Richter waren still. „Nun, können Sie beweisen, was sie mi- ähm uns gerade gesagt haben?"

Katharine lächelte verbittert. „Ja, ich dachte mir, dass Sie das fragen könnten, daher-"

Katharine holte ihren Zauberstab hervor und einige Momente später tauchte ein weißes Marmorbassin neben ihn auf. Katharine hob beide Hände, um es festzuhalten, bevor es auf den Boden fiel. Sie ging zu der Bank und kniete vor dem Zaubergamot, dann stellte die das Bassin vor ihr auf den Boden. „Dies ist ein Denkarium, eigentlich Albus'. Es enthält seine Erinnerungen, ich kann es Ihnen in diesem Fall beweisen, wenn Sie möchten."

Fudge sackte mürrisch in seinen Stuhl und schwang wütend seine Faust. „Ich nehme an, das werden Sie müssen, oder!"

Katharine bemühte sich, ein Lächeln zu verstecken, dann nahm sie erneut ihren Zauberstab, schloss die Augen und murmelte einen Spruch. Plötzlich tauschte aus dem Denkarium etwas auf, das große Ähnlichkeit mit einem Hologramm hatte. Es war Draco, sauber und gut gekleidet, seinem jetzigen Erscheinen sehr unähnlich. Er sprach mit Albus über sein Gelöbnis zu Albus und zu Voldemort. Das Bild flackerte plötzlich und ein anderes Bild erschien. Katharine wollte gerade mit Flohpuder verreisen. Vorher jedoch sprachen sie und Albus darüber, wie sie da sein würden, wenn Draco Voldemort zu dem Friedhof bringen würde, auf dem Harry auf ihn warten wollte.

„Genug!", schrie Fudge; alle Augen waren nun auf ihn gerichtet. Er war blass und bebte, während er das Bild zornig betrachtete, das erst flackerte und dann verschwand. „Ich denke, das wird… genügen."

Hermine lächelte leicht. Sie hatten ihn, er konnte nicht leugnen, dass Draco unschuldig war. Sie ging nach vorne, um sich zu Katharine zu stellen, da diese beim Denkarium stand. „Sie haben keine Wahl mehr."

Fudge funkelte Hermine eine Minute lang an, aber dann breitete sich ein böses Lächeln auf seinem Gesicht aus, ein schadenfrohes Grinsen. „Ministerin, ich stimme Ihnen zu, dass er freigelassen werden muss. Aber ich denke, dass eine zuverlässige Unterhaltsvereinbarung… ähm… konzipiert werden sollte, meinen Sie nicht?"

Hermines Augen verengten sich misstrauisch für einige Sekunden bevor sie langsam nickte. „Ja, ich vermute. Was haben Sie Sinn?"

„Nun", lächelte Fudge an Percy gewandt, der schneller als der Rest des Zaubergamots zu erfassen schien, was Fudge wollte und ebenfalls genauso schadenfroh grinste. „Da Sie ja diejenige sind, die seine Freilassung gefordert hat, denke ich, dass er für einige Zeit bei Ihnen wohnen sollte?"

Hermine starrte ihn an, sie musste sich verhört haben. Er wollte, dass sie ihrem alten Feind erlaubte, in ihrem Haus zu leben? Er war ernsthaft verrückt. Hermine wusste, dass er es ihr nachtrug, dass sie ihn ruiniert hatte, aber das hier war einfach nur unverschämt. „Was?"

„Für, sagen wir mal, drei Monate? Das sollte angemessen sein." Fudge sah auf seine übrigen Mitglieder des Zaubergamot, die meisten stimmten ihm zu. Nur wenige sahen umsichtig aus. „Ja, dass sollte gut sein."

Fudge räusperte sich auf professionelle Weise und sagte deutlich: „Wie vom Zaubergamot stimmen zu, den Haftbefehl gegen Draco Malfoy zu erlassen, solange er drei Monate lang unter der Obhut der Zauberei-Ministerin, Hermine Granger, bleibt."

Hermine fühlte sich nicht annähernd so siegreich wie sie gedacht hatte dass man sich fühlen würde, wenn man jemandem das Leben gerettet hatte. Sie sah herüber zu Katharine, die Draco aus dem Stuhl half, dann sah sie weiter und ihr Blick blieb auf Percy hängen, der sie anstarrte. „Richte meiner Schwester meinen Glückwunsch für ihre Hochzeit aus."

Damit ging er hinter Fudge, der steif und wütend davon stolzierte, aus dem Raum. Hermine drehte sich wieder zurück und stellte fest, dass sowohl Katharine als auch Draco sie ansahen. Katharines Blick war stolz und siegreich, aber Draco sah sie komisch an und so seltsam es auch war, es schien als würde sich Stolz in seinen Augen spiegeln.

Hermine atmete tief ein und dachte bei sich: ‚Zeit für drei Monate Hölle pur.'


So, der erste Teil (immer noch die Einleitung?) ist damit fertig... aber keine Sorge, es kommen ja noch mehr als 20 Kapitel... #yaks... arbeit...#