Außerhalb Macs Apartment …

Harm hatte schweren Herzens das Apartment verlassen. Er versuchte die Tränen, die in ihm aufstiegen, zu unterdrücken.

Was hab ich getan? Warum hab ich das gesagt? Ich will doch gar nicht gehen.

Er drehte sich auf der Stelle um und lief wieder auf den Eingang zu. Er konnte so nicht gehen. Sie hatten mal wieder nichts geklärt. Wo standen die beiden jetzt? Das musste Harm einfach wissen. Er hatte Macs Meinung noch nicht gehört.

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Im Apartment …

Mac stand immer noch an derselben Stelle im Zimmer, sie hatte sich noch keinen Schritt bewegt.

Am liebsten wollte sie weinen, doch die Tränen wollten einfach nicht fließen. Das machte sie wütend.

Warum gehst du einfach Harm? Lässt du mich jetzt auch alleine, wie alle anderen Männer in meinem Leben bisher?

„NEIN!" schrie sie zornig in die Stille des Apartments hinein.

Im selben Augenblick öffnete sich die Tür und Harm betrat langsam den Raum.

Macs Gefühle fuhren nun endgültig Achterbahn. Sie war wütend auf Harm, auf sich selbst, auf diese ganze verdammte Situation.

Harm stand nun am einen, Mac am anderen Ende des Zimmers.

Es dauerte eine Weile, bis Harm endlich anfing zu reden.

„Mac, wir haben nichts geklärt." Sagte er leise, während er seinen Blick senkte.

„Was sollen wir denn auch klären?" fuhr sie ihn an. „Es ist doch eh schon alles zu spät."

Mac war so aufgebracht, dass sie gar nicht wirklich wahrnahm, was sie da sagte und was sie damit Harm antat.

Ihm fiel es auf einmal furchtbar schwer seine Tränen zu verbergen. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Endlich waren sie zusammen und jetzt? Was war das hier jetzt?

„Willst du damit sagen, dass … Meinst du, dass …"

Er konnte es nicht aussprechen. Das Wort ‚Trennung' wollte einfach nicht über seine Lippen kommen. Sein Herz verbot es ihm.

„Du willst, dass ich gehe und … nicht wieder kommen?" presste er leise, mit zitternder Stimme heraus und blicke Mac an.

Er konnte sehen, dass in Macs Kopf einiges vorging.

Sie konnte seine Worte noch gar nicht verstehen. Was hatte er da gerade gesagt? ‚Nicht wieder kommen'?

Mein Gott. Doch, doch, du sollst gar nicht erst gehen

Sie konnte nicht sofort antworten, musste ihre Gedanken erst sortieren.

Diese Pause verstand Harm hingegen als eine Antwort. Er nickte kaum merkbar mit dem Kopf, als würde er sich so selbst die Frage beantworten und versuchen es zu akzeptieren.

Bevor Mac das realisieren und reagieren konnte war Harm schon aus dem Zimmer verschwunden.

„Nein. Nein, Harm, hörst du? Nein, ich will nicht, dass du gehst. Komm zurück." Flüsterte sie perplex in das einsame, dunkle Schlafzimmer hinein.

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Eine Stunde später …

Chloe wurde durch lautes Weinen aus ihrem Schlaf geweckt. Sie hatte mitbekommen, dass Harm und Mac sich gestritten hatten, vermutete zu dem Zeitpunkt aber, dass sich das bald wieder einkriegen würde.

Doch das unaufhörliche Weinen von Mac ließ sie erkennen, dass es doch schlimmer war, als sie zuerst dachte.

Leise stand sie auf und ging in Richtung Schlafzimmer.

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Mac kam es vor, als ob sie schon ewig auf ihrem Bett lag und weinte. Zu etwas anderem war sie im Moment auch nicht fähig. Durch ihre Rücksichtslosigkeit hatte sie jetzt Harm verloren. Sie war völlig durcheinander. Sie konnte und wollte nicht ohne ihn weiterleben. Er bedeutete ihr einfach alles.

Sie bemerkte ein leises Klopfen an der Tür. Ihr Herz blieb fast stehen. Sie richtete sich schnell auf.

Als sich die Tür öffnete erkannte sie Chloe, die langsam ins Zimmer trat.

„Mac?" fragte Chloe sanft.

Mac bemühte sich ihre Tränen wegzuwischen und halbwegs ohne schluchzen zu antworten:

„Ja, komm her."

Trotz Macs Bemühungen hatte Chloe den vollkommen verzweifelten Ton in ihrer Stimme erkannt. Langsam ging Chloe zum Bett und setzte sich neben Mac. Sie schaute sie lange einfach nur an. So fertig hatte sie Mac noch nie gesehen. Sie weinte immer noch.

„Mac? Wo ist Harm?" fragte Chloe vorsichtig mit leiser Stimme.

Das lies Mac noch mehr weinen. Sie zog Chloe näher an sich und hielt sie fest.

„Ich weiß es nicht Chloe. Ich weiß es nicht."

Jetzt lief sogar über Chloes Wange eine Träne.

„Warum?" wollte Chloe wissen.

„Ich glaube, er will nicht wiederkommen. Vielleicht gar nicht mehr." Flüsterte Mac traurig.

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Am nächsten Tag,

Montag

JAG-HQ

Mac betrat mit weichen Knien und völlig übermüdet das JAG-HQ. Die letzte Nacht war Chloe noch bei ihr geblieben, doch sie hatte trotzdem kaum geschlafen. Als dann heute Morgen der Wecker klingelte, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie Harm heute auf jeden Fall hier sehen würde. Ihr war völlig unwohl bei diesem Gedanken.

Überhaupt war heute Morgen alles so anders gewesen als sonst. Normalerweise wachte sie jeden Morgen neben Harm auf und ging mit ihm zur Arbeit. Jetzt war er nicht da. Chloe war zwar da, das konnte Mac jedoch nicht wirklich trösten.

Sie würde heute auf Harm treffen und wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Was sie dazu noch besorgte, war, dass sie auch nicht wusste wie alle anderen reagieren würden. Alle wussten bescheid, dass die beiden zusammen waren und auch zusammen bei Mac lebten. Es würde sicherlich auffallen wenn sie heute hier getrennt erschienen.

Sie hatte jedoch jetzt keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn Petty Officer Coates kam ihr im Bullpen entgegen und sagte hastig:

„Colonel MacKenzie, der Admiral möchte, dass sie so schnell wie möglich ein sein Büro kommen."

„Ja, danke Coates." Entgegnete Mac automatisch.

Mac ging zu erst noch schnell in ihr Büro, legte ihren Mantel und die Aktentasche ab und machte sich dann auf den Weg zum Büro des Admirals.

Als sie vor der schweren Tür stand, atmete sie noch einmal tief durch. Natürlich ging sie davon aus, dass Harm schon da war.

„Ma'am? Sie können reingehen." Sagte eine etwas verwirrte Coates hinter Mac.

„Ja, danke Petty Officer."

Jetzt öffnete Mac die Tür und trat ein.

Ihr Herz blieb fast stehen, als sie sah, wer da im Büro stand.

Alleine hier mit Harm zu sein wäre ihr schon schwer genug gefallen. Aber jetzt das?

Es herrschte eine eisige Atmosphäre in diesem Raum. Mac hielt unbewusst die Luft an.

Der Admiral saß in deinem großen Ledersessel, Harm stand vor dem Schreibtisch. Doch da war noch jemand, den sie schon wieder total vergessen hatte – Sam. Er drehte sich als erster um und lächelte sie an. Mac konnte das beim besten Willen nicht erwidern. Er war schließlich der Auslöser des ganzen Dramas gewesen. Ehrlich gesagt hatte sie jetzt überhaupt keine Lust sich mit ihm auseinanderzusetzen. Harm war Sams überglücklich scheinendes Lächeln natürlich nicht entgangen und Mac konnte erkennen, dass sich sein Gesicht noch mehr verfinsterte.

Endlich schaute der Admiral auf.

„Colonel, was machen sie da hinten? Kommen sie her!"

Mac erschreckte sich. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie immer noch direkt bei der Tür stand.

Eilig trat sie vor und nahm Haltung an.

„Stehen sie bequem Colonel." Schnaubte der Admiral.

Jetzt stand Mac zwischen Harm und Sam. Sie riskierte einen schnellen Blick nach links, wo Harm stand.

Er schaute auf den Admiral und Mac erkannte, dass auch er nicht viel Schlaf bekommen haben konnte. Er sah ebenso müde aus wie sie.

Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke, als Harm ebenfalls leicht seinen Kopf zu Mac drehte.

Mac versuchte krampfhaft diesen Ausdruck in seinen Auge zu definieren, aber er hatte zu schnell sein Pokerface aufgesetzt, welches keinerlei Emotionen zum Vorschein kommen lies.

Also versuchte sie sich wieder auf den Admiral zu konzentrieren.

Auch Harm versuchte sich nicht ablenken zu lassen. Das fiel ihm jedoch unendlich schwer, da hier in diesem Raum der Mann stand, wegen dem sich Mac und er furchtbar zerstritten hatten. Er kannte ihn zwar gar nicht wirklich, wusste aber mit absoluter Sicherheit, dass er diesen Mann hasste.

Die letzte Nacht hatte er viel Zeit gehabt über die ganze Situation nachzudenken, da er schlaflos im Hotel gelegen hatte. In sein Apartment konnte er ja nicht zurück, das hatte er verkauft und war ganz bei Mac eingezogen.

Die Worte des Admirals signalisierten ihm aber jetzt, dass er besser aus seiner Gedankenwelt zurückkommen und sich konzentrieren sollte.

„So dann will ich sie alle mal mit ein paar neuen Fällen bekannt machen."

Der Admiral nahm zwei Akten in die Hand und gab je Sam und Mac eine.

„Commander Matthews, Colonel MacKenzie sie werden einen Lt. verteidigen. Ihm droht eine Militärgerichtsverhandlung. Angeblich hat er wichtiges Beweismaterial beim Fall von Lt. Kevins, bei dem er Verteidiger war, unterschlagen. Gehen sie der Sache nach. Der Mann heißt Lt. Melson. Colonel, sie sind Hauptverteidiger. Ich nehme an, dass sie Commander Matthews Unterstützung gut gebrauchen können."

„Aye Sir." Antwortete Mac.

Sie schaute Sam kurz an. Er war immer noch am Strahlen und verbreitete wirklich gute Laune, sogar an einem Montagmorgen. Sie konnte nicht anders, als auch leicht zu lächeln. Sie musste sich, nach all dem was geschehen war, trotzdem zu gestehen, dass sie Sam mochte und seiner Gesellschaft eigentlich genossen hatte.

Sie drehte den Kopf wieder und bemerkte, dass Harm sie ansah. Er bemühte sich, seine Gesichtszüge zu kontrollieren. Doch Mac erkannte, dass es ihm furchtbar schwer fiel und sofort war das leichte Lächeln aus ihrem Gesicht verschwunden.

Komischerweise war das einzige was die denken konnte:

Ich liebe dich doch Harm.

Am liebsten hätte sie das laut ausgesprochen, doch das war jetzt wirklich sehr unpassend. Sie richtete ihren Blick wieder auf den Admiral.

Er hat noch nicht gesagt, was Harms nächster Fall sein wird…

„Jetzt zu ihnen Commander." Der Admiral legte seine Brille ab und sah Harm an.

„Sir?" sagte Harm strinrunzelnd.

„Der JAG an Bord der USS Petrik Henry verlässt den Dienst und ich werde Sie als zwischenzeitigen Ersatz schicken."

„Aye Aye, Sir."

Mac schluckte und starrte Harm an. Er zeigte keinerlei Regung im Gesicht.

Macht es ihm gar nichts aus jetzt einfach zu gehen? Ist ihm unsere ‚Beziehung' so egal? Das tat so weh. Es tat ihr so weh zu sehen, dass der Mann, den sie liebte, ohne mit der Wimper zu zucken von ihr gehen konnte. Er ließ sie einfach allein. Wie alle anderen zuvor auch.

„Sehen sie zu, dass sie ihre Aktenberge ein wenig verkleinern. Den Rest geben sie Roberts. Ihr Flug geht morgen um 8:00 von Andrews. Wegtreten."

„Aye Aye Sir." Sagten die drei Anwälte gleichzeitig, nahmen Haltung an und verließen dann das Büro des Admirals. Als Mac gerade nach dem Türgriff griff, berührte sie Harms Hand. Es war nur eine kleine Berührung, doch sie ließ die beiden erstarren. Sie schauten sich erschrocken an.

Keiner der beiden brachte ein Wort heraus. Sie schauten sich nur eindringlich in die Augen, als könnten sie darin lesen, was im anderen vorging.

Der Augenblick wurde vom gut gelaunten Sam unterbrochen:

„Mac, was ist? Gehst du mit mir zum Lunch oder nicht?"

Mac sah, wie Harm zusammenzuckte und kurz die Augen schloss. Einmal noch blickte er sie an, bevor er sich ohne ein Wort umdrehte und in sein Büro verschwand.

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Dienstag,

7:03 Uhr

Harm hatte sich gerade in seinen Wagen gesetzt. Die Tasche war gepackt und alles war eigentlich bereit. Nur er selbst war nicht bereit.

Das war einfach kein Punkt, an dem er einfach so gehen konnte. Er freute sich natürlich mal wieder auf einem Flugzeugträger zu sein, doch was würde aus Mac und ihm?

Er liebte sie und er konnte nicht einfach gehen ohne „Auf Wiedersehn" gesagt hatte. Also beschloss er bei Mac vorbei zu fahren.

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To be continued …