Danke für dein FB firegirl! Heute gibt's ein längeres Kapitel! Viel Spaß beim Lesen!
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Georgetown,
gleiche Zeit
Mac stand schon seit 2 Stunden am Fenster. Sie war gegen Fünf Uhr plötzlich aufgewacht und konnte seit dem nicht mehr einschlafen. Heute würde Harm gehen und sie hatte noch nicht einmal die Courage mit ihm zu sprechen. Sie hatte gestern, nachdem Chloe ins Bett gegangen war, noch lange mit dem Telefonhörer in der Hand im Schlafzimmer gesessen und überlegt ob sie ihn auf sein Handy anrufen sollte. Schließlich tat sie es doch nicht.
Jetzt sah sie auf einmal Lichter auf der Einfahrt und ging deshalb näher ans Fenster um erkennen zu können, wer das war. Ihr Herz blieb fast stehen. Das war Harms Wagen.
Er stieg aus und ging auf den Eingang zu und verschwand darin. Mach wartete wie gebannt auf ein Klopfen an der Tür. Doch stattdessen sah sie Harm wieder zögerlich aus dem Haus gehen. Er schaute zu ihr hoch, konnte sie aber anscheinend nicht sehen.
Jetzt oder nie dachte sich Mac, zog ihren Morgenmantel enger um sich und verließ rennend ihr Apartment. So schnell war sie noch nie die Treppen hinuntergelaufen. Endlich erreichte sie die Eingangstür und stürmte hinaus.
Als sie sah, dass Harm tatsächlich noch da war, blieb sie stehen.
Sie atmete schwer.
Harm hatte sie bemerkt und drehte sich langsam zu ihr um. Er stand schon direkt vor seinem Wagen.
Mit Tränen in den Augen sah Mac, dass er auf sie zuging, bis er direkt vor ihr stand.
Als sich ihre Blicke trafen herrschte wieder diese unbeschreibliche Magie zwischen ihnen. Doch jetzt war sie getrübt von Schmerz und Traurigkeit.
„Ich …" versuchte Mac zu beginnen, bis sie ihre Tränen übermannten.
„Sscchhh." Unterbrach Harm sie.
Er nahm langsam ihr Gesicht in seine Hände, beugte sich zu ihr herunter und gab ihr einen kurzen aber zärtlichen Kuss.
„Es tut weh." gestand Mac weinend.
„Es sollte anscheinend nicht sein." flüsterte Harm. „Pass auf dich auf Mac."
„Und du passt auf dich auf, versprochen?" fügte Mac leise hinzu.
Anstatt zu antworten ließ er ihr Gesicht los, drehte sich um, setzte sich in seinen Wagen und fuhr los.
Da stand jetzt Mac, alleine auf dem Hof, in der Dunkelheit – weinend. Sie weinte verzweifelte Tränen. Der Mensch, der ihr am nächsten war, würde jetzt auf einmal so fern sein.
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Freitag
17:11 Uhr
JAG-HQ
Die ganze Woche war für Mac ein Alptraum gewesen. Sie war die ganze Zeit schlecht gelaunt und hatte viel im Büro zu tun. Nur mit Mühe konnte sie den Admiral davon überzeugen ihr nachmittags freizugeben. Immer hin war ja Chloe bei ihr. Nur heute musste sie noch etwas länger bleiben, da das Wochenende vor der Tür stand.
Chloe war auch wirklich die einzige, die sie ein wenig von all dem Stress ablenken konnte. Mac war froh, dass sie die letzte Woche nicht alleine war. Sie konnte sich gar nicht vorstellen in ein leeres Apartment zurückzukommen. Schließlich war ja in letzter Zeit immer Harm bei ihr gewesen.
Da waren sie wieder – die Gedanken an Harm. Jeden Tag fragte sie sich, was er jetzt wohl machen würde und ob alles OK ist.
Sie vermisste ihn wahnsinnig und das obwohl er erst eine knappe Woche auf der USS Petrik Henry war. Ihr kam es wie eine Ewigkeit vor.
Gleich würde sie Chloe zum Flughafen bringen müssen. Die 6 tage waren vorbei und sie musste wieder nach Hause. Mac fürchtete sich jetzt schon vor dem Abschied, sie würde ihre kleine Schwester einfach furchtbar vermissen.
Sie wurde durch ein leises Klopfen an der Bürotür aus ihren Gedanken gerissen. Sie schaute auf und in diesem Moment betrat Sam Matthews ihr Büro.
„Störe ich Mac?" fragte Sam. Dabei hatte er sein charmantestes Lächeln aufgesetzt.
Mac schaute vor sich auf den Schreibtisch.
„Ich war gerade dabei zu gehen. Was willst du denn?" Sie hatte einen etwas zu strengen Tob benutzt, das fiel ihr auch sofort auf und sie verbesserte sich, jetzt ebenfalls ein Lächeln auf den Lippen.
„Entschuldige, komm rein. Ich habe noch ein bisschen Zeit."
Er kann ja auch eigentlich nichts für meine schlechte Laune und den Stress, den ich hier im Moment habe…
Froh über Macs Stimmungswechsel fuhr Sam selbstsicher fort.
„Schon OK. Ich will dich JETZT gar nicht lange aufhalten, aber vielleicht hättest du heute Abend Zeit für mich?"
Mac schluckte. Hatte sie da gerade richtig gehört? Einen Moment lang zögerte sie und dachte nach. Das kannte sie gar nicht. Sam war so direkt. Bei Harm und ihr war das immer ein riesiges Problem gewesen. Am Anfang hatten sie ihre ‚Treffen' immer mit der Arbeit verbunden. Doch Sam wollte anscheinend nicht arbeiten, er wollte eine Verabredung.
Ich kann doch jetzt nicht einfach JA sagen. Ich muss doch auch an Harm denken …
„Sam, heute, das ist … also es passt nicht so gut."
Jetzt musste schnell eine Ausrede her. Und die hatte sie sogar.
„ … Ich muss Chloe zum Flughafen bringen."
Wartend musterte sie Sams Gesichtsausdruck. Doch entgegen ihrer Vermutung schien er überhaupt nicht ärgerlich zu sein. Sein strahlendes, aufmunterndes Lächeln wich nicht aus seinem Gesicht, als er antwortete:
„Das ist schade. Dann werden wir es verschieben, ja? Ich will nicht, dass du dir Stress machst."
Er ging ein paar Schritte bis zur Tür zurück.
„Grüß die Kleine von mir. Ich hab sie ja gar nicht richtig kennen gelernt." Er zwinkerte ihr zu und verschwand dann wieder aus dem Zimmer.
Mac saß noch eine Weile still da. Seine lockere und entspannte Art hatte etwas Erfrischendes. Er war so unkompliziert und umgänglich. An sich mochte sie ihn wirklich gern.
Jetzt sagte ihr ihre innere Uhr jedoch, dass es Zeit war, nach Hause zu fahren. Schließlich musste sie Chloe wirklich zum Flughafen bringen.
Schnell packte sie ihre Aktentasche, räumte ihren Schreibtisch auf und verließ das JAG-HQ.
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Georgetown,
17:34 Uhr
Macs (und Harms) Apartment
Mac stand vor der Tür zu ihrem Apartment und wollte gerade aufschließen, als die Tür schon von innen geöffnet wurde.
„Da bist du ja eeeendlich!" rief Chloe. Sie stürmte auf Mac zu und drückte sie ganz fest.
„Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich hatte noch so viel zu tun."
„Schon OK, aber jetzt haben wir gar nicht mehr viel Zeit. Können wir noch was essen, bevor wir fahren müssen?" fragte Chloe, nachdem sie Mac wieder losgelassen hatte und beide ins Apartment gegangen waren.
„Wie wär's wenn wir gleich noch was beim Chinesen holen? Das dauert nicht so lange." Schlug Mac vor.
„Oh ja, gute Idee." Bestätige Chloe grinsend.
„Ich geh noch schnell ins Bad, ja? Ich beeil mich auch!"
„Na los!" Mac gab ihr einen spielerischen Schups in Richtung Bad und machte sich selbst auf den Weg ins Wohnzimmer.
Sie musste mal einen Moment durchatmen. Heute was alles ein bisschen zu viel für sie.
Die ganze Woche war sie völlig erschöpft. Sie hatte nicht richtig geschlafen und machte sich ständig Gedanken um Harm.
Erschöpft ließ sie sich aufs Sofa fallen. Als sie ihre Füße auf den Couchtisch legen wollte, bemerkte sie, dass da etwas im Weg lag. Sie beugte sich vor und sah ein aufgeschlagenes Fotoalbum auf dem Tisch liegen – das Album mit Fotos von Harm und ihr.
Als sie die Bilder betrachtete, kamen all der Schmerz und die Traurigkeit wieder in ihr hoch. Sie legte das Album in ihren Schoß und strich mit ihrer Hand zart über das Foto, auf dem Harm, Mac und klein AJ zu sehen waren.
So fand Chloe sie vor, als sie aus dem Bad zurückkam.
„Mac, ich … das tut mir leid, ich wollte nicht, dass …" stammelte Chloe.
Mac sah auf, drehte sich zu Chloe um und versuchte, trotz der Tränen in ihren Augen, ein wenig zu lächeln. Das misslang ihr jedoch kläglich.
„Schon OK. Du kannst ja auch nichts dafür."
Chloe setzte sich neben Mac und lehnte sich an sie.
„Ich vermisse Harm" sagte Chloe leise.
„Ja. Ich auch … glaub mir."
„ich will, dass er jetzt nach Hause kommt und ihr euch wieder vertragt."
„Das ist nicht so einfach." Erklärte Mac mit einem Seufzer. Sie schloss das Fotoalbum und legte es zurück auf den Tisch.
„Warum nicht? Warum müsst ihr zwei euch immer alles schwerer machen als es ist?"
Mac stand vom Sofa auf und drehte sich um. „Chloe …"
„Was?"
„Wir müssen jetzt fahren. Ich hol schon mal deine Sachen."
Da Mac jetzt das Zimmer verließ, war Chloe gezwungen dieses Gespräch vorzeitig zu beenden.
Mac war gerade im Gästezimmer angekommen, sie dachte immer noch über Chloes Worte nach. ‚Warum müssen wir es uns immer alles schwerer machen, als es ist' Ja, gute Frage, warum? Vielleicht versteht er mich, wenn ich … ihr Blick wanderte zu ihrem Laptop, den sich Chloe gestern ins Zimmer geholt hatte.
Sie änderte ihre Richtung und ging nun auf den Laptop zu, klappte ihn auf und öffnete ihr Email-Programm.
‚Harm,
bitte, vertrau mir, da ist nichts zwischen mir und Sam. Ich verspreche es dir.
Du fehlst hier.
Mac'
Schnell las sie sich ihre Zeilen noch einmal durch. Sie war sich absolut sicher, dass sie auch wirklich meinte, was sie da sagte. Hoffentlich, so dachte sie, würde Harm ihr glauben und verzeihen.
Entschlossen klickte sie auf senden.
Die Mail war jetzt in ihrem Postausgang und es war nur eine Frage der Zeit, bis Harm sie irgendwo im Ozean lesen würde.
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Mittlerweile waren sie auf dem Weg zum Flughafen. Eben waren sie, wie abgesprochen noch etwas essen gegangen. Jetzt lief das Autoradio und Chloe war lautstark am Mitsingen. Das brachte Mac zum Lächeln.
Langsam begann auch sie mitzusingen, bis das Lied zu Ende war.
Jetzt schaute Chloe zu Mac herüber und lächelte sie schwach an.
„Ich werde dich vermissen, Mac!" sagte Chloe traurig.
„Ich dich auch. Aber du wirst schon bald genug wieder Zeit haben uns zu besuchen."
Habe ich gerade uns gesagt? Macs Blick verfinsterte sich unbewusst. Natürlich hatte Chloe das kleine Wörtchen überhört, noch Mac Gesichtausdruck übersehen.
„Und wenn ich das nächste Mal komme ist Harm auch wieder bei dir, ja?" ergänzte Chloe. Sie versuchte einen möglichst beiläufig klingenden Ton zu benutzen.
Mac seufzte laut auf und Chloe beschloss, jetzt nicht weiter darüber zu sprechen. Sie wollte nicht, dass Mac noch schlechtere Laune bekommt.
15 Minuten später hatten sie das Auto geparkt und waren auf dem Weg zu Chloes Flieger. Das Gepäck war abgegeben und die Zeit des Abschieds war gekommen.
Beide blieben stehen und Mac nahm Chloe in die Arme.
„Pass auf dich auf, ja?" Sie drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Mac, ich bin doch kein Baby mehr. Klar passe ich auf mich auf." Schelmisch grinste sie Mac an. „Machs gut."
„Melde dich, wenn du daheim bist, ja?" bat Mac.
„Ja mach ich, wie immer! … Ich muss jetzt."
„OK, bis dann."
Ein letztes Mal nahmen die beiden sich in die Arme. Dann ging Chloe.
Mac atmete tief ein und aus. Jetzt bin ich allein. Ganz allein.
Schließlich machte sich auf den Rückweg zu ihrem Auto, setze sich hin und blieb einen Moment einfach nur stumm in der Stille sitzen.
Unter all den Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, plagte sie dieser eine bestimmte am meisten.
Bin ich schuld?
Sie konnte das alles einfach nicht verarbeiten, wenn diese entscheidende Frage nicht geklärt war. Musste sie sich selbst verantwortlich machen? Und wie ging es überhaupt weiter?
Waren sie überhaupt noch ein Paar oder war das für Harm alles schon vergangen?
Sie musste sich auf einmal wieder an diesen schrecklichen Morgen erinnern, an dem Harm vor seiner Abreise vorbeigekommen war.
‚Es sollte anscheinend nicht sein' hatte Harm zu ihr gesagt. War das überhaupt möglich? Sie hatte noch niemanden so geliebt wie Harm. Und es zerriss ihr das Herz, dass sie ihn nach so kurzer Zeit wieder gehen lassen musste.
„Ich bin schuld. Ich muss ihn gehen lassen" flüsterte sie zu sich.
Sie redete sich ein, dass ihr diese Feststellung irgendwie helfen würde, doch eigentlich was es das genaue Gegenteil. Es schmerzte unsagbar.
Schließlich starte sie den Wagen und fuhr langsam nach Hause.
Nach hause … waren ihre letzten Gedanken was ist das noch für ein zuhause?
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Georgetown
19:58
Mac war gerade wieder daheim angekommen.
Sie betrat ein stilles, dunkles Apartment. Alles kam ihr so fremd vor. So alleine hatte sie sich wirklich lange nicht mehr gefühlt.
Deprimiert setzte sie sich aufs Sofa und starrte in die Dunkelheit des Raumes.
Das hat doch so alles keinen Sinn. Was soll ich denn jetzt machen fragte sie sich.
Plötzlich schoss ihr ein Gedanke in den Kopf.
Sie nahm das Telfon, wählte eine Nummer und wartete bis abgenommen wurde.
„Matthews?"
Einen Moment zögerte Mac jetzt doch. Ich muss Harm gehen lassen …
„Hi, hier ist Mac."
„Mac! Das ist ja eine Überraschung. Was ist los?" begrüßte Sam sie gut gelaunt.
„Ich habe Chloe gerade zum Flughafen gebracht … und … ich dachte, dass …"
Was stammele ich da vor mich hin? Er ist ein Freund. Ich werde ihn ja wohl einladen können.
„Ich wollte fragen, ob du nicht doch vorbei kommen möchtest."
Jetzt war es gesagt. Neugierig wartete sie auf seine Reaktion.
„Natürlich, ich freue mich. Wollen wir irgendwo hin ausgehen?"
uh, immer langsam. So war das nicht geplant.
„Ich … dachte mehr, dass wir … na ja, wir könnten ja ein bisschen am Fall Melson arbeiten."
Jetzt war es einen Moment still in der Leitung.
„Ja, wie du willst." Antwortete Sam ein wenig enttäuscht.
„Kommst du her?" fragte Mac noch einmal nach.
„Ich bin sofort bei dir. Bis gleich."
„Ja, bis gleich."
„Mac?" ergänzte Sam noch „ich freue mich wirklich."
Ohne darauf zu antworten legte Mac auf.
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Ca. 20 Minuten später klopfte es. Mac stand vom Sofa auf und ging geistesabwesend zur Tür. Ein bisschen Angst hatte sie schon.
Auf dem Weg dort hin hefteten sich ihre Augen an ein ganz bestimmtes Bild. Da war sie in Harms Armen zu sehen. Sie schaute zu ihm auf und beide strahlten sich an. Das war an dem Tag gewesen, an dem sie ihren Freunden erzählt hatten, dass sie ein Paar waren. Mac konnte sich noch daran erinnern, als ob es gestern gewesen wäre.
Einer der schönsten Tage meines Lebens …
Da machte sich auf einmal wieder der Schmerz in ihr breit.
Dafür hab ich jetzt keine Zeit …
Einigermaßen entschlossen streckte sie ihre rechte Hand aus und kippte den Rahmen nach vorne, so dass man das Foto nicht mehr sehen konnte.
Einmal noch atmete sie tief ein und aus bevor sie ein Lächeln aufsetzte und die Tür öffnete.
Ein strahlender Sam begrüßte sie.
„Hey!"
„Hi. Ehm… komm rein." Sagte Mac etwas verlegen.
„Die sind für dich." Verkündete Sam, als sie bereits das Apartment betreten hatten. Er hielt einen großen Blumenstrauß hin.
Mac war erstaunt.
„Wow, danke! Das hättest du nicht gemusst."
„Ich möchte es aber!" antwortete er charmant.
Das erwiderte Mac mit einem dankenden Lächeln.
Das scheint doch noch ein ganz netter Abend zu werden.
Einladend zeigte sie mit ihrer Hand in Richtung Wohnzimmer.
„Ich hole noch schnell eine Vase, mach's dir bequem."
Während Sam auf dem Sofa platz nahm flitzte Mac in die Küche und stellte sie Blumen in Wasser. Ihre Laune hatte sich schon um einiges verbessert.
Vielleicht muss ich heute Abend mal nicht ständig an Harm denken …
Im Türrahmen stehend fragte sie Sam: „Was möchtest du trinken?"
Er lächelte sie an und entgegnete: „Ein Wasser wäre perfekt."
Wow, er … gefällt mir!
Mit diesem Gedanken verschwand Mac noch einmal in der Küche, um 2 Minuten später mit 2 Gläsern und einer Flasche Wasser zurückzukommen und sich zu ihm zu setzen.
Nach ein paar Minuten Stille, die Mac gar nicht unangenehm vorkam, fiel Mac ein unter welchem Vorwand sie ihn eigentlich eingeladen hatte.
„Wir sollten anfangen. Ich meine, wir sollten uns die Berichte und Zeugenaussagen noch mal anschauen."
„Einverstanden. Lass uns das hinter uns bringen."
Irgendwie kam es dann so, dass sie nicht im Esszimmer am Zisch arbeiteten, sondern beide im Wohnzimmer auf dem Boden vor dem kleinen Tisch saßen und die Akten vor ihnen wirr ausgebreitet hatten.
Das war ein absolutes Durcheinander aber zu zweit fanden sich beide ganz gut zurecht.
Wir sind ein gutes Team fiel Mac mehr und mehr auf. Seine Gesellschaft war sehr angenehm. Das hatte sie gar nicht erwartet.
Warum auch nicht? Ich hatte ja auch eigentlich den ersten Abend, den er hier war, genossen. Weiter wollte sie an diesen Tag gar nicht denken.
Schnell konzentrierte sie wieder auf das Hier und Jetzt.
Immer wieder blickte Sam von den Akten auf und schaute Mac an. Das entging ihr natürlich nicht, es schmeichelte ihr sogar.
Als sie jetzt wieder seinen Blick bemerkte, schaute sie ebenfalls auf. Ihre Augen trafen sich. Die Verbindung war tief, trotzdem konnten Mac seine Augen nicht fesseln, wie die eines gewissen Flyboys. Es fiel ihr nicht schwer den Blickkontakt zu brechen.
„Wie wär's wenn wir das für heute gut sein lassen. Immer hin haben wir schon 53 Minuten und 24 Sekunden gearbeitet." Schlug Mac vor.
„Gute Idee. Meine Konzentration lässt seltsamer Weise auch schon nach."
Die Zweideutigkeit dieses Satzes brachte Mac zum Lachen.
Natürlich hatte Sam den Satz mit Absicht so formuliert und er stimmte in Macs Lachen mit ein.
Als die beiden sich wieder gefangen hatten, räumten sie gemeinsam das Durcheinander auf.
„Hast du Lust auf etwas zu essen? Ich denke, ich habe da noch was im Kühlschrank …" schlug Mac vor und war bereits auf halbem Weg in die Küche, als Sam sie am Arm festhielt und sie unterbrach.
„Nein, schon OK. Lass uns einfach nur einen Moment hier sitzen, einverstanden?"
Mac schaute ihn konfus an, nickte auf seinen Vorschlag hin nur schwach.
Sam setzte sich auf die Couch und zog Mac neben sich.
„Ich bin froh, dass du dich doch noch umentschieden hast."
Flüsterte er leise, während Mac betreten ihren Fußboden anstarrte.
Als Sam ihren Blick bemerkte beschloss er nicht darauf einzugehen, sondern einfach weiterzureden.
„Du warst für mich schon immer etwas besonderes, das weißt du, ja?"
Mac schaute auf und blickte ihn verwundert und beinahe peinlich berührt an.
„Geht es dir gut?" fuhr Sam fort.
Sie wusste genau, dass er auf Harm hinaus wollte, doch sie hatte sich geschworen heute Abend nicht an Harm zu denken geschweige denn von ihm zu reden. Also wich sie seiner Frage geschickt aus.
„Der Abend war wirklich schön."
Einen Moment lang hielt sie den Blickkontakt, doch seine Augen kamen ihr so fremd vor, dass sie bald nicht anders konnte als wegzuschauen. Da war auch noch ein anderer Grund. Sie sah etwas in seinen Augen, das sie ein wenig beunruhigte. Sie wagte es jedoch nicht, es in irgendeiner Form zu identifizieren.
„Mac, sag mir ehrlich, bist du glücklich mit dem, wie es zurzeit ist?"
Impulsiv antwortete sie: „Wie es zurzeit ist? Mein Gott nein, ich bin es zurzeit nicht."
Als sie ihm nach dieser unüberlegten Aussage wieder in die Augen sah, bemerkte sie, dass dieses ETWAS in seinem Blick intensiver geworden war. Sie hatte beinahe das Gefühl, sie würde davon angezogen.
„Das ist schade. Ich will nämlich, dass du glücklich bist." Wisperte er leise.
Immer noch hielten sie den Blickkontakt und es war zu spät zum Antworten oder Nachdenken, als Mac bemerkte, dass sein Gesicht inzwischen immer näher gekommen war. Sie konnte sich einfach nicht entziehen. Ihre Einsamkeit war verflogen und durch Nervosität ersetzt worden.
Einige Zentimeter trennten noch ihre Gesichter, bis Sam schließlich die Distanz zwischen ihnen schloss und seine Lippen fest und fordernd auf ihre presste.
Im ersten Moment wusste Mac gar nicht wie ihr geschah und sie erwiderte den Kuss. Doch sie fühlte nicht das, was sie eigentlich erwartete. Ihr fehlten das Kribbeln im Buch und die Gänsehaut am Körper.
Schlagartig, von einer Sekunde auf die andere, wurde ihr bewusst, wen sie da küsste. Das war nicht der Mann, den sie über alles liebte. Das war nicht Harm.
HARM Sein Gesicht schoss ihr durch den Kopf und gleichzeitig erinnerte sie sich an die Zeilen, die sie ihm geschrieben hatte, bevor sie Chloe zum Flughafen gebracht hatte.
Augenblicklich verkrampfte sie und riss sich verstört von Sams Umarmung los. Erschrocken über sich selbst sprang sie auf.
Distanz - sie musste eine möglichst große Distanz zwischen sich und den Mann bringen, mit dem sie die Liebe ihres Lebens gerade betrogen hatte.
„Mac was …?" perplex starrte Sam Mac an.
„NEIN!" schrie Mac, „Sei still. Lass mich in Ruhe!" sie atmete schwer, war unglaublich wütend.
„Aber…"
„Nein, nein ….!" Aus Verzweiflung hielt sich Mac sie Ohren zu und kniff die Augen so fest wie möglich zusammen.
Sie war innerlich noch nie so durcheinander und gleichzeitig so unsagbar wütend wie jetzt.
Auch Sam war völlig konfus. So hatte er Mac noch nicht erlebt. Erschrocken stand er auf und wollte Mac irgendwie beruhigen, doch sie ließ ihn nicht mehr an ihn ran. Sie sperrte sich völlig.
Schließlich gab Sam auf sagte: „Ich … ich ruf dich an."
Als Sam fluchtartig das Apartment verlassen hatte begann Mac laut zu weinen.
„Was hab ich gemacht?" rief sie vollkommen verzweifelt.
Mittlerweile hatte sie die Arme vor sich verschränkt, ihre Finger schlossen sich immer fester um ihre Arme. Sie war so wütend, dass sie sich selbst wehtat. Aber das war ihr alles egal, sie fühlte sich so unglaublich mies.
Ich mache alles kaputt. Die Chance, die wir noch hatten, hab ich jetzt endgültig zerstört. Ich hatte es ihm versprochen…
Langsam hatte sie ihren Körper nicht mehr unter Kontrolle. Kurzerhand beschloss sie Laufen zu gehen. Irgendetwas musste sie jetzt einfach tun. Die Anstrengung sollte sie selbst für ihre Dummheit bestrafen.
Sie zog sich noch nicht einmal um, ging mit einer ¾-Hose und T-Shirt raus in die mittlerweile kühle Abendluft.
Sie knallte die Apartmenttüre zu und rannte auf die Treppen zu. Durch ihre Tränen konnte sie nur wenig klar erkennen. Doch das war ihr alles gleichgültig. Natürlich kam es, wie es kommen musste. Auf der vorletzten Treppenstufe rutschte sie aus und fiel sehr unsanft auf den harten Steinboden. Sofort spürte sie einen stechenden Schmerz im rechten Handgelenk und an ihrem Schienbein. Ausgerechnet in diesem Moment öffnete sich die große Einganstüre von draußen und ihre Nachbarin betrat das Gebäude. Die ältere Dame sah Mac erschrocken an.
„Miss MacKenzie. Was ist passiert? Lassen sie sich doch helfen!"
Mac antwortete nicht. Sie war laut am schluchzen und ihr Gesicht war tränenüberströmt.
Unter Schmerzen zog sie sich am Treppengeländer auf die Beine und verschwand, an einer verwirrten Nachbarin vorbei laufend, aus der Eingangstür.
Weg hier. Ich muss hier weg!
Sie begann trotz des Schmerzes in ihrem Bein zu laufen, die Straße entlang, in Richtung Montrose Park.
Immer wenn sie irgendwelchen Leuten begegnete, schauten diese sie verwundert an. Kein Wunder – Mac war am humpeln und am weinen. Das fiel auf.
Denkt doch was ihr wollt sagte sich Mac. Wütend wischte sie sich mit der linken Hand die Tränen aus dem Gesicht. Nichts und niemand könnte sie jetzt aufhalten.
Mittlerweile war der Schmerz in ihrem Bein immer schlimmer geworden, deshalb nahm sie ihre Umgebung gar nicht mehr richtig wahr. Doch dieser körperliche Schmerz war lange nichts gegen den Stich, den sie in ihrem Herzen spürte. Was sie jetzt gebrauchen könnte, wäre eine Umarmung von Harm. Leider, so wusste sie, war das unmöglich.
Auch wenn er hier wäre, wäre das unmöglich. Was hab ich ihm angetan? Was hab ich mir angetan?
Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie erst jetzt bemerkte, dass sie im Park angekommen war.
Entkräftet kam Mac schließlich zum Stehen. Sie war völlig außer Atem und ihr Gesicht war schmerzverzerrt und gezeichnet von getrockneten Tränen. Sie musterte ihre Umgebung.
Es war schon kurz vor 22 Uhr und natürlich war im Park alles still und dunkel. Sie konnte keinen einzigen Menschen sehen, alles war schwarz, bis auf den Mond, der heute besonders hell am Himmel schien. Sein Licht spiegelte sich in dem kleinen See, der direkt vor ihr lag. Mit langsamen Schritten ging sie aufs Ufer zu und betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild im Wasser. Sie war wieder allein. Die Einsamkeit war zurück.
Verzweifelt sank sie im Gras in sich zusammen. Sie zog ihre Beine an sich heran, umschloss sie mit ihren Armen und legte ihren Kopf auf ihre Knie. Der Schmerz in ihrem Bein quälte sie noch dazu.
Wieder begannen die Tränen zu fließen. Doch das war eben anders gewesen. Vorhin noch, hatte sie aus purer Wut geweint. Jetzt hingegen, weinte sie aus völliger Traurigkeit. Alles tat ihr weh. Ihr anscheinend verletztes Bein, ihr Handgelenk, ihr Kopf, ihr Herz …
Sie sehnte sich nach Versöhnung, nach Vergebung … nach Harm.
Er wird es nie verstehen … sie hob ihren Kopf und schaute in den Himmel, auf den hellen Mond und die klaren Sterne. Irgendwo im Ozean würde Harm vielleicht auch auf diese Sterne schauen.
Bitte, bring ihn zurück! Bitte, lass ihn verstehen. Ich brauche ihn so sehr. In ihm ist mein Leben, in ihm meine Stärke, in ihm meine Hoffnung. Nur in ihm!
Sie schloss die Augen und lies sich auf den Rücken ins Gras fallen.
Sofort sah sie Harms Gesicht vor sich. Sogar in dieser Lage brachte es ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie wollte das einfach genießen. Wenigstens in ihren Gedanken konnte sie ihm nah sein, auch wenn sie im Moment so fern wie noch nie waren.
Es tat gut in vielen schönen Erinnerungen zu versinken, in ihre heile Welt zurückzukehren. Und die konnte sie nur da finden, wo auch Harm war. Das wurde ihr jetzt richtig bewusst. Es bestand absolut keine Chance mit einem anderen Mann glücklich zu werden, als mit Harm. Es ärgerte sie, dass sie für diese Erkenntnis erst diese schmerzhafte Erfahrung mit Sam machen musste.
Sie musste erst den Menschen, den sie am meisten liebte, so verletzen, dass er sich von ihr abwand, damit sie begriff, was sie in ihm hatte, dass sie ihn so unbeschreiblich liebte und brauchte.
Ich darf das so nicht enden lassen. Das wäre so unfair gegenüber Harm. Ich will, dass er alles weiß. Er soll wissen, was ich gemacht habe, er soll wissen, wie dumm ich war. Er kann mich ruhig dafür hassen. Das hab ich nicht anders verdient. Aber er soll auch wissen, dass ich ihn über alles liebe, dass er mein Leben ist und dass ich mit ihm gemeinsam die schönste Zeit meines Lebens verbracht habe.
Langsam öffnete sie wieder ihre Augen. Sie blickte in einen atemberaubend schönen Sternenhimmel, der ihr eben noch gar nicht so bewusst aufgefallen war. Die Sterne waren selten klarer gewesen. Oft hatte sie hier an diesem kleinen See gemeinsam mit Harm die Abende verbracht - in seinen Armen liegend. Sie schloss ihre Augen wieder.
„Wenn diesen verdammten Kuss ungeschehen machen könnte. Egal was ich dafür tun müsste, ich würde es machen."
Flüsterte Mac in die Stille hinein.
„Ich wusste, dass du hier bist." Sagte eine Stimme hinter ihr leise.
Sofort lief Mac ein Schauer den Rücken hinunter. Sie wagte es nicht, die Augen zu öffnen. Sie hatte sich das eingebildet, ganz bestimmt.
„…Mac!"
