Hier kommt der vorletzte Post meiner FF! Have fun! ;)
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Eine Stunde später saß sie immer noch genau so auf der Couch und starrte auf das kleine Bild, das bei ihr so viele Emotionen ausgelöst hatte.
War es nicht das, was sie immer wollte? Lohnte es sich dafür nicht zu kämpfen? Sie war sich doch einst so sicher gewesen. Was war nur mit ihr los? Sie war erschrocken vor sich selbst. Diese kleine, lachende, glückliche Person auf dem Bild, die wollte sie doch eigentlich gern sein. Sie wollte Harms Hand jetzt wirklich zu gerne halten.
Träumend senkte sich ihr Blick auf ihre Hand. Es fühlte sich an, als würde sie brennen. Da war ein so großes Verlangen diesen Mann zu berühren, ihm nahe zu sein.
Warum verdrängte sie es die ganze Zeit krampfhaft?
Irgendwie musste sie aus dem Teufelskreis dieser Gedanken wieder herauskommen.
Sie löste ihren Blick von AJs Bild und nahm stattdessen die Fernsteuerung ihres Fernsehers in die Hand, schaltete ihn an und zappte gedankenverloren durch die Programme. Es kam nicht wirklich etwas Interessantes, doch so war sie wenigstens abgelenkt – abgelenkt von ihren immer größer werdenden Zweifeln.
So verbrachte sie die nächste Stunde. Das tat ihrem Bein auch gut. Sie sollte sich eigentlich schonen, das hatte ihr der Arzt ausdrücklich gesagt, doch das hatte sie wohl eher nicht getan.
Erschöpft lag sie einfach nur auf der Couch und starrte in den Fernseher. Mitbekommen und verstanden hatte sie in der letzten Stunde von dem Film, den sie schaute, nichts. Also beschloss sie ins Bett zu gehen.
Wie viel Uhr ist es? Neun? Ich werde immer früher. Aber was soll's, ich werde wahrscheinlich keine sinnvolle Beschäftigung mehr finden.
Vorsichtig richtete sie sich auf und schaltete den Fernseher aus.
Sie schaute sich um. Die Stifte, die sie AJ gegeben hatten, lagen immer noch wirr auf dem Boden verteilt.
Das kann warten, ich leg mich jetzt wieder hin.
Langsam stand sie auf und machte sich auf den Weg ins Bad. Als erstes richtete sie den Blick im Bad auf ihr eigenes Spielbild. Die letzten Tage waren alles andere als Spurlos an ihr vorbei gegangen. Die pure Erschöpfung war deutlich in ihrem Gesicht zu erkennen.
Mac atmete tief durch und machte sich dann bettfertig.
05:53 Uhr
Mac wachte völlig durchgeschwitzt und unruhig auf. Um sie herum war alles finster.
Sie fühlte sich schlecht, doch sie war irgendwie froh, dass sie den Abend zuvor überhaupt eingeschlafen war. Sie hatte sich auf ihre Seite des Bettes gelegt und an diesem Abend fiel ihr die leere Bettseite neben ihr besonders auf. Harm fehlte da einfach eindeutig. Seine ozeanblauen Augen, sein umwerfendes Lächeln, seine Umarmung, seine Küsse, einfach seine Nähe und Anwesenheit.
Sie hatte versucht die vielen Gedanken vorm Schlafen zu ordnen. Die eigentlich eindeutigen Worte von Skates, die überraschenden Worte von Sam. Sie hatte das den Abend zuvor nicht mehr geschafft, sondern war aus Erschöpfung eingeschlafen.
Jetzt spukte das alles wieder in ihrem Kopf herum. Es quälte sie.
… ‚Weil ich noch nie einen Menschen gesehen habe, der so hoffnungslos verliebt ist, wie Harm.' …
… ‚Ich glaube, dass du die jenige bist, die nicht verstehen kann ….' …
Das musste doch irgendwie einen Sinn ergeben. Warum konnte sie das nicht erkennen?
Mac hielt die Luft an. Sie kniff die Augen zusammen und hielt sich krampfhaft an der Bettdecke fest, als ihr ein Gedanke in den Sinn kam.
Was ist, wenn alles Sinn macht, nur meine Schlussfolgerung, meine Entscheidung nicht? Ihr wurde plötzlich schwindelig. Alles in ihrem Kopf drehte sich. Ihre Welt war so wie so schon durcheinander. Das hier gab ihr den Rest.
Das konnte doch nicht sein, das durfte nicht sein. Sie hatte doch das Richtige getan?
nein … ein Schauer lief ihr über den Rücken. Bitte nicht!
Sie hatte Unrecht?
Wie in Trance schlug sie die Decke weg und stand langsam auf. Das Schwindelgefühl war immer noch präsent, also rettete sie sich auf den Stuhl, der vor ihrem Fenster stand und starrte nach draußen. Es war eine klare Nacht, die Sterne waren zu sehen.
Eine stille Träne lief ihr übers Gesicht.
Plötzlich fiel ihr etwas ein. Ruckartig drehte sie den Kopf zurück in Richtung Bett. Sie hatte die Augen weit geöffnet, las still das, was ihr Wecker ihr sagte.
Montag. Es ist Montag – 05:57. Er wird heute fliegen. …
Verzweifelt stützte sie ihre Arme auf dem Fensterbrett vor ihr ab und legte den Kopf in ihre Hände.
Das einzige, was sie sah, war Harms Gesicht. Auf nichts Anderes konnte sie sich konzentrieren. Langsam fielen ihre Augen wieder zu.
Da war er. Es kniete neben ihr, hatte kaum hörbar das Apartment betreten. Er lächelte sie an, so warm, so zuversichtlich, so sicher, in dem was er tat. Langsam streckte er die Hand aus und berührte ihre Wange.
Sie lächelte ihn mit geschlossenen Augen an, sie konnte gar nicht anders.
Sein Gesicht bewegte sich auf ihres zu. Kurz bevor sich ihre Lippen treffen würden öffnete sie die Augen wieder und blinzelte ein paar mal.
Ein stechender Schmerz quälte sie. Sie war allein, im Dunkeln, OHNE Harm. Er war nicht da, er saß nicht neben ihr, sein Gesicht war nicht direkt vor ihrem, sie fand seine blauen Augen in der Dunkelheit nicht, hörte ihn nicht atmen, spürte seine Hand auf ihrer Wange nicht mehr. Es war nur eine Illusion gewesen - Eine zu schöne Illusion.
Enttäuscht und verletzt senkte Mac den Kopf.
Das kann so nicht weitergehen.
Wieder spulten sich Sams Wort in ihrem Kopf ab.
‚Und du lässt ihn dir einfach so nehmen? Du lässt ihn gehen?'
‚Was ist mit dir los, dass du einfach so aufgibst und in Selbstmitleid versinkst? Das bist doch nicht du, Mac.'
Sie rappelte sich auf und starrte ihr Spiegelbild auf der Fensterscheibe an.
Sie fand selbst, dass sie erbärmlich aussah, so gar nicht wie der taffe Marine, den alle kannten. Sie selbst kannte sich so nicht. Sam hatte Recht. Was war aus ihr geworden? Normalerweise kämpfte sie doch für das, was sie wollte.
Was will ich eigentlich? fragte sie sich selbst.
Es fiel ihr nur eins ein. Harm! Er war die Antwort auf all die Fragen, die sie sich stellte.
All das haben wir doch schon mal durchgemacht. Wir hatten es sogar geschafft – wir waren so glücklich, wie nie zuvor. Warum lassen wir uns das jetzt wieder kaputt machen?
Spätestens jetzt musste sie es sich eingestehen. Sie hatte die falsche Entscheidung getroffen. Und eben die zog fatale Folgen mit sich.
Oh nein. Wann fliegt er? – Um halb sechs?
Hastig drehte sie sich wieder zu ihrem Wecker um. Das wurde gleich mit einem unangenehmen Ziehen in ihrem Bein vermerkt - Kein Wunder, wenn man bedachte, dass Mac nur sehr wenig zur Ruhe gekommen war. Doch jetzt war auch eindeutig die falsche Zeit zum Ausruhen. Ihr Wecker zeigte 05:08 Uhr an.
Möglichst schnell humpelte sie zu ihrem Kleiderschrank und suchte sich die weiteste Hose heraus, die sie besaß. Das war eine hellblaue Jeans, zu der sie einen dunkelroten Strickpullover anzog.
Fest entschlossen schleppte sie sich in den Flur, nahm das Telefon in die Hand und rief sich ein Taxi nach Andrews. Hoffentlich würde sie Harm da noch erwischen.
Als der Anruf gemacht war, fiel ihr das umgekippte Bild auf, dass die vor Sams Besuch extra mit der Bildseite nach untern gedreht hatte. Langsam streckte sie ihre Hand aus und stellte es wieder richtig herum an dessen gewohnten Platz. Ein leichtes Lächeln überkam sie. Dieses Bild war traumhaft. Könnte man die Gefühle festhalten, die da in Macs Augen zu sehen gewesen waren, hätte man ein Bild voller Liebe gesehen.
Das war ihr Ziel; die Liebe, das Glück, Harm.
Nach einem abschließenden Blick auf das Bild verließ sie das Apartment.
Jetzt stand sie ungeduldig vor dem Gebäude und wartete auf ihr Taxi. Ihr linkes Bein tat jetzt auch schon weh, da sie dieses jetzt natürlich besonders belastete. Langsam wurde sie nervös. Hatte der Mann am Telefon nicht gesagt, dass das Taxi in 5 Minuten bei ihr wäre?
Das durfte doch alles nicht wahr sein.
Wenn ich jetzt wegen diesem beschissenen Taxi Harm verpasse, dann …, dann… Sie kam nicht dazu den Gedanken zu ende zu denken, denn gerade bog ihr Taxi um die Straßenecke und fuhr auf sie zu.
Mac winkte noch einmal demonstrativ, damit es ja eindeutig genug werden würde, dass sie es eilig hatte.
Sie stieg mit zusammen gebissenen Zähnen in das Auto ein und stellte eins sofort klar: „Bringen sie mich nach Andrews und das so schnell wie möglich."
Sie hatte ihren besten Befehlston benutzt und hoffte, dass das dem gelangweilten Taxifahrer ein bisschen Feuer unterm Hintern machen würde. Ohne weitere Verzögerung fuhr er dann auch los.
Natürlich konnte es Mac nicht schnell genug gehen. Aufgeregt wie ein Teenager rutschte sie auf ihrem Sitz hin und her. Der Taxifahrer warf ihr schon seltsame Blick zu.
Macs Augen waren jedoch mehr auf ihre Uhr fixiert um das wahrzunehmen.
05:17 Uhr. Noch 13 Minuten, bis er fliegt … Ich muss das noch schaffen. Ich muss ihn einfach aufhalten. Er darf nicht gehen.
Sie fing ernsthaft schon an zu beten.
Ihre Einstellung hatte sich wirklich um 180° gedreht. Sie war nicht mehr wütend oder sauer auf Harm. Warum auch? Wie konnte sie nur so dumm sein? Sie hoffte und vertraute einfach nur noch darauf, dass alles gut gehen würde. Und so fest entschlossen wie jetzt war sie noch nie zuvor. Wahrscheinlich, so nahm sie an, musste es ihr erst mal so richtig schlecht gehen, damit sie wieder zu klarem Verstand kam. Sie hatte doch herausgefunden, dass er ihr ein und alles war. Das hatte sich nicht geändert – es hatte sich eher intensiviert.
Jetzt war sie bereit zu kämpfen für den Mann, den sie so hoffnungslos und bedingungslos liebte; Für eine Liebe, die stärker nicht sein könnte.
In ihrem Kopf malte sie sich aus, wie er wohl reagieren würde. Sie betete, dass er ihr verzeihen konnte.
„Können sie nicht ein bisschen schneller fahren?" drängelte Mac.
Der Taxifahrer schaute sie kurz skeptisch an.
„Was?" fragte Mac stirnrunzelnd.
„Ma'am, hier gibt es eine Geschwindigkeitsbegrenzung."
„Ach zum Teufel mit der Geschwindigkeitsbegrenzung! Jetzt fahren sie schon schneller!" befahl Mac aufgebracht. Irgendwie rechnete sie mit Widerstand, den ihr dieser hörige Taxifahrer aber nicht bot. Er grinste nur blöd vor sich hin und drückte aufs Gaspedal.
Wow, das war ja gar nicht so schwer! zufrieden lehnte sie sich zurück.
Unendlich viele Ampeln später kamen sie endlich in Andrews an. Mac war den Rest der Fahrt völlig in ihrer eigenen Welt versunken. In einer gemeinsamen Welt mit Harm.
Sie war immer noch nicht wirklich anwesend, als das Taxi anhielt.
„Ma'am, wir sind da!" der Fahrer betrachtete Mac verwirrt.
