Eins

Stunde: 1

Hermine glaubt, dass sie ihn wahrscheinlich bis zu ihrem ersten Jahr in Hogwarts zurückverfolgen kann. Denn damals begann ein Krieg, als Harry Voldemort zum ersten Mal als Gegner und nicht als Kind begegnete. Oder vielleicht war es, als Hermine zum ersten Mal ihren Willkommensbrief für Hogwarts erhielt. Als ein junges Mädchen sah, wie sich ihre Welt veränderte und die Zauberwelt ein weiteres Schlammblut aufnahm. Oder vielleicht war es, als Dumbledore auf einem Turm ermordet wurde, in einem Gebäude, das ein Zufluchtsort für das Licht sein sollte.

Vielleicht geht es aber auch um mehr als nur um sie. Krieg. Vielleicht ist der erste Krieg nie wirklich zu Ende gegangen. Vielleicht begann er mit dem Beginn der Zeit und den ersten Muggelgeborenen - Hexen. Tonks wird ihr noch Tage später sagen, dass der Krieg nie aufhört - er baut sich auf, erreicht seinen Höhepunkt, ebbt ab und baut sich wieder auf. Aber Hermine ist nicht die Art von Mensch, die an eine Welt glauben kann, die keinen Frieden findet.

Sie sieht die Rauchspiralen, die Gebäudetrümmer, die den leeren Platz neben ihr für einen Dumbledore, der nicht da ist, den nutzlosen Heiler-Trupp, die Brände, die an den Seiten der Läden und Häuser emporsteigen, bis man nur noch das sieht, und dann das Auroren-Team, das zu spät gekommen ist. Sie sieht das Mal, das sich kühn und hässlich über das Chaos erhebt, und Moodys Gesicht, ernst, gezeichnet und entstellt von der Säure der Kämpfe und des Elends.

Rons Finger sind im Stoff ihres Hemdes verkrampft, und Harry steht vor ihnen wie das letzte feste Bauwerk in der ganzen Stadt.

Und Hermine weiß, während Lavender ihre Schreie hinter dem Schal dämpft, den sie unter der Asche gefunden hat (Parvati... Parvati... Parvati, sagt sie immer wieder), dass das hier der Beginn des Krieges ist.

Tag: 14; Stunde: 8

Es dauert mehr als zwei Wochen, bis das Ministerium den Kriegszustand ausruft. Die Stimme des Ministers ist leise und bedrückt, selbst wenn er versucht, aufmunternd zu klingen. Ginny setzt sich und drückt den Teppich zwischen ihren Zehen zusammen. Das ist das einzige Geräusch in der Stille des Zimmers, abgesehen vom Knacken des Drahtlosen Zauberer Netzwerks und dem Rascheln von Harrys Kleidung, als er seinen Kopf in die Hände sinken lässt.

Tag: 24; Stunde: 9

Seit zehn Tagen nehmen sie an einem Auroren-Trainingsprogramm teil. Harry ist überragend, Ron ist leicht frustriert, und Hermine hat Angst - auch wenn das niemand weiß.

Der Anfang ist eine Zeit der Verwirrung und der gemischten Meinungen, die sich allmählich auflösen und beschönigen, bis keiner mehr weiß, was die Meinungen der anderen waren.

Hermine hält zu Harry und Ron, zum Orden, weil sie dort hingehört - aber es überrascht sie dennoch, die Gesichter von Freunden und Feinden kommen und gehen zu sehen, während sie entscheiden, wohin sie gehören.

Tag: 35; Stunde: 7

„Was tust du hier, Malfoy?" Die Worte sind gezischt und wütend, und Spucke fliegt ihm ins Gesicht.

Malfoy ist ebenfalls wütend. Zuerst war er ruhig und ungerührt, als ob er sich gerade im Urlaub entspannen würde, anstatt verhört zu werden. Als sie merkten, stämmigen Auroren ihn nicht knacken würden, holten sie zwei Männer mit etwas mehr Temperament. Sie hatten ein kleines Wutproblem.

Malfoy missfällt der völlige Mangel an Respekt vor ihm, seiner Familie, seiner Person oder seinem Umfeld. Sein Körper beginnt sich zu verkrampfen, die Muskeln ziehen sich zusammen und spannen sich an. Bis sein Gesicht glühend rot ist, seine Adern am Hals sich blau verfärben und pulsieren und seine Knöchel weiß sind, weil sie einander umklammern.

„Wir haben deine kleine Hurenfreundin mit dem Arsch in der Luft ein Zimmer weiter, die uns anfleht, sie für eine Begnadigung zu ficken. Ich habe gehört, wie sehr du Schwänze magst, Mal-fuck, aber du wirst nicht so leicht davonkommen. Stattdessen wirst du es deinen Todesserkollegen in Askaban bis zum Ende der Nacht wie eine Schlampe besorgen." Das wird ihm mit schleimigen Worten ins Ohr geflüstert, er sprüht Spucke auf seiner Haut, die Wut ist wie ein spürbarer Sturm um die drei Männer.

Der andere Auror grinst und lehnt sich zu ihm, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, und spottet. „Es sei denn, du gibst uns die Informationen, die wir wollen. Dann lassen wir deinen Inzucht-Daddy wieder an deinen lilienweißen Arsch –"

„Geh mir verfickt noch mal aus den Augen.", faucht Malfoy und zuckt gerade so weit nach vorne, dass er mit der Nase die des anderen trifft.

Es ist das erste Mal seit zwei Stunden, dass er spricht, und seine Stimme zittert vor lauter Emotionen, die sich aus seiner Haut zu winden scheinen.

„Oh", der Auror zieht sich lachend zurück. „Der Gedanke an Daddys Schwanz erregt dich ein wenig –"

Eine milchig-weiße, rot gefärbte Spur fließt über das Gesicht des Aurors, eine widerliche Mischung aus Schleim und Blut. Es folgt eine Pause in der die Luft still steht, in der man schwören könnte, dass die Welt stehen geblieben ist und nun frei in der Zeit schwebt. Dann, wie das Zerspringen von Glas oder die Explosion eines Gebäudes, wird der Moment wieder in die Wirklichkeit zurückgeworfen.

Schnell werden Malfoy und der Stuhl, an den er gefesselt ist, rückwärts auf den Boden geschleudert, und dann würgt ihn der erste Auror. Große, vernarbte Hände drücken fest auf die Muskeln an seinem Hals und schneiden Malfoy die Luftzufuhr ab. Blut läuft ihm aus den Mundwinkeln, und obwohl sein Gesicht durch den Sauerstoffmangel noch röter wird, sieht er zufrieden aus. Das heißt, bis sein Wangenknochen unter diesen riesigen, imposanten Knöcheln zerschmettert wird. Dann ist er wieder wütend, hat aber keine Möglichkeit, seinen Körper zu bewegen, um etwas dagegen zu tun.

Der zweite Auror schreit Obszönitäten und Verleumdungen, bewegt sich aber keinen Zentimeter, um die Situation zu verbessern. Hermine erhebt sich von ihrem Platz, ohne sich dessen bewusst zu sein, ihre Augen sind groß und auf den Blonden gerichtet, denn sie ist sich irgendwie sicher, dass dies das Letzte Mal sein wird, das man ihn lebend sieht.

Dann fliegt die Tür auf, und es erscheinen immer mehr Männer. Malfoy ist tot, denkt sie, seine Augen sind geschlossen und seinen Hals zieren schwarze Abdrücke. Der erste Auror, dem die Spucke noch immer über das Gesicht läuft, schlägt gegen die Wand, als er gezwungen wird, sich von dem Blonden zu entfernen. Der zweite steht still, aber er beäugt die hektische Menge mit dem schwebenden Sohn eines Todessers, als würde er sie alle Avadern wollen.

„Nun", Hermine hört kaum etwas durch ihre eigene Verwirrung und das überraschte Rasseln ihres Atems, aber sie schafft es, ihren Blick wieder auf Kingsley zu richten: „Ich glaube, das lief ganz gut, bis der Auror die Kontrolle verloren hat."

Hermine stimmt ihm zu. Ron lacht an ihrer Seite. Neville steht rechts von ihr in einer Art Schockzustand. Hinter ihr mehrere weitere Freunde und Verbündete in der Ausbildung, die in der gleichen Stille atmen.

„Warum haben sie nicht einfach Veritaserum benutzt?", flüstert Neville.

„Wegen euch. Ihr müsst lernen, wie man verhört, ohne ein Wahrheitsserum zur Hand zu haben. Wir wollten, dass ihr ein echtes Verhör erlebt, und das ihr versteht, wie lange es dauern kann, bis man ein Geständnis..." Kingsley hält inne, als Moody durch die Tür des anderen Raums tritt. „Kurz gesagt - wir haben beschlossen, auf den Trank zu verzichten, damit ihr ein besseres Verständnis für diese Taktik entwickelt."

„Das ist wirklich die beste Taktik, wenn es um das Frettchen geht." Ron grinst und kichert in seine Hand.

Hermine wirft ihm einen scharfen Blick zu, denn das ist alles andere als ein Scherz oder eine Hogwarts-Rivalität. Das hier ist echt. Hier geht es um Leben und Tod für einen anderen Menschen, und das ist nichts, worüber man lachen sollte, egal, wer diese Person ist.

„Timsfield wird jetzt sicher ohne Bezahlung suspendiert werden. Nur wenn unser Leben in Gefahr ist, dürfen wir einen Verdächtigen oder einen Gefangenen angreifen. Wir müssen immer unsere Selbstbeherrschung bewahren, auch wenn andere Menschen oder die Situation außer Kontrolle geraten sind. Das gilt für alles. Als neue Mitglieder des Ordens werdet ihr in viel schlimmere Situationen als diese geraten. Verliert. Niemals. Die Kontrolle."

Tag: 35; Stunde: 8

Es gibt eine Linie die diese Welt teilt, das weiß sie. Sie ist sich nun sehr sicher, obwohl die Ausbildung und die vergangenen Erfahrungen mit Snape ihr gezeigt haben, dass diese Linie nicht so einfach zu definieren ist.

Malfoy ist der erste, den sie von der anderen Seite gesehen hat, den sie als Person kennt und von dem sie weiß, dass er nicht aus dem Zwischenbereich kommt, sondern von der Seite seines Vaters. Sie hätte nicht überrascht sein sollen, ihn hier zu sehen, aber sie war es gewesen. Es ist noch nicht lange her, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hat, und doch hat sie viel Zeit damit verbracht, Veränderungen in ihm zu suchen, weil seitdem so viel passiert ist. Er hat seitdem so viel getan.

Ron ist unbeschwert, weil er Askaban und die Geschichten über Folterungen kennt und sie laut wiederholt, mit Malfoy als Hauptfigur. Harry sitzt still in seinem Sessel und überlegt voller Wut, was er getan hätte, wenn er während des Verhörs bei ihr und Ron gewesen wäre. Hermine hat Angst vor seiner Wut, denn sie wird wachsen, und es ist schon zu viel Wut in ihm.

Tag: 42; Stunde: 1

Ron ist der erste, der in den Kampf zieht, und dass nur durch Zufall, denn er war im Ministerium, als die Auroren den Alarm erhielten. Arthur erzählte, er habe sich darauf gefreut und würde in wenigen Stunden zurückkehren.

Ron ist zwei Tage lang weg, und am dritten Tag kommt er zurück in den Fuchsbau. Seine Füße sind schwer und seine Stimme leise, und die Tür zu seinem Zimmer fällt hinter ihm zu, bevor er irgendjemandem antwortet.

Vier Tage lang kommt er nicht mehr heraus.

Tag: 51, Stunde: 9

Das erste Mal, als sie ihn in der Zelle gesehen hatte, war am überraschendsten gewesen. Sie waren unten in den Arrestzellen gewesen, um die Verfahren und den Umgang mit Gefangenen zu lernen, als Lavender ihn entdeckt hatte. Die meisten ihrer Gruppe bestanden aus ehemaligen Hogwarts-Schülern oder Absolventen, und „Draco Malfoy" war nicht irgendjemand mit blondem Haar und einer Menge Arroganz. Vielmehr kannten sie ihn leibhaftig und konnten ihn auch hinter Gittern und im Schmutz des Gefängnisses leicht erkennen.

Er hatte schweigend dagesessen, selbst als Ron an der Zelle vorbeiging, als würde er seine Freiheit zur Schau stellen.

Hermine hatte nicht einmal hingesehen, trotz ihrer überwältigenden Neugier, und sie hatte sich vorgenommen, das Gleiche auf dem Weg nach draußen zu tun. Aber da war ein Geräusch gewesen, ein Rascheln von Klamotten auf dem Zement, und sie hatte es darauf geschoben. Vielleicht lag es aber auch nur in ihrer Art, hinzusehen.

Es war nicht sonderlich bemerkenswert. Er war ein wenig dreckig und ungepflegt gewesen, aber es war nicht so, dass er in seinem eigenen Dreck saß und seinen Kopf gegen die Wand schlug. Es gab nichts Aufsehenerregendes an seinem Verhalten. Er saß einfach nur da, und in ihrer Erinnerung hatte er ihr nicht einmal in die Augen gesehen. Er hatte irgendetwas gelesen und so getan, als würde er ihre Anwesenheit trotz allem nicht bemerken - vielleicht war er immer noch der Meinung, dass es so war.

Es war nur die Tatsache, die am irritierendsten war. Malfoy war hinter Gittern. War eingesperrt. Er war im Ministerium inhaftiert und die Anklage stand noch aus. Trotz allem, was sie über ihn wusste, war es so schockierend gewesen, durch die dicken Metallstangen zu blicken und ein Gesicht zu sehen, das sie schon tausendmal in Korridoren und überfüllten Klassenzimmern gesehen hatte. Es machte ihr deutlich, dass das hier Krieg war.

Das zweite Mal hatte sie die Aurorin, der ihren eigenen Gefangenen hinunter in die Zellen brachte, begleiten müssen. Nun, es war nicht ihr Gefangener, sondern eine gemeinsame Gefangennahme, aber sie war die Einzige, die es bis zum Ende durchgehalten hatte, und der kleine Mann, der keine große Rolle in Voldemorts Kreisen spielte, war ihr damals wie eine große Sache vorgekommen. Sie war stolz auf sich und ein wenig selbstgefällig gewesen, als sie diesen Meilenstein schaffte.

Sie war so dicht an ihm vorbeigegangen, dass er einfach seine Hand hätte ausstrecken und sie am Arm packen können. Stattdessen wurde sie mit einem Ruck nach links gerissen, und als sie ihren Blick dorthin richtete, wo der Auror sie anklagend anstarrte, stand sie Malfoy Auge in Auge gegenüber. Seine langen, gebräunten Finger waren um die dunkelgrauen Stäbe gewickelt, und sein Gesicht war schmutzig und spöttisch verzogen. Und doch hatte er etwas gequältes an sich, eine Eigenschaft seines Gesichtsausdrucks, der sie frösteln ließ, den sie aber nicht einordnen konnte. Alles, was sie wusste, war, dass es ihr den Verstand raubte, und sie stand nur da und starrte unzählige Sekunden lang vor sich hin, sodass es sich wie die Unendlichkeit anfühlte.

Er sah aus, als ob er sich buchstäblich auf die Zunge biss. Als gäbe es eine Million Dinge, die er sagen wollte, um zu versuchen, sie zu vernichten, von denen er aber wusste, dass er absolut nicht in der Lage war, sie zu sagen. Stattdessen schenkte er ihr einen der hässlichsten Grimasse, die sie je gesehen hatte – einen Ausdruck, der keiner Worte bedurfte. Ihr Magen verdrehte sich und die Säure brannte in ihrer Kehle.

Es war das erste Mal, dass sie rückblickend feststellte, dass sie immer die heftigsten Reaktionen auf Malfoy hatte. Die heftigsten Reaktionen auf seine Handlungen, und manchmal aus einem scheinbar unerfindlichen Grund. Sie waren gut oder schlecht oder ungeheuer furchtbar, aber bei ihm waren sie immer am intensivsten.

Aber im Moment nahm sie nur den Jungen in dem Käfig wahr. Alles, was sie sah, war das Glitzern der Verzweiflung in seinen Augen, das Anspannen seiner Finger, das Vorwärtsschwanken seines Körpers. Sie spürte, wie die Angst in Wellen in ihr aufstieg und ihre Haut stach, und sie musste darum kämpfen, nicht zurückzuweichen.

Er war ein Fremder, sah sie und erinnert sich jetzt, da sie auf die leere Zelle starrt, in der er sich befunden hatte. Sie könnte schwören, dass sie ihn noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Ein Fremder. Und er hatte sie frieren lassen und ihr mehr Angst eingejagt, als sie jemals zuvor bei etwas Wichtigem empfunden hatte.

Tag: 59; Stunde: 9

Es ist Harrys Geburtstag, und der Fuchsbau ist voll von Geräusche und Menschen. Harry lacht, und als er sie von der Couch hochzieht, während Fred die schlimmste Musik auflegt, die sie je gehört hat, ist es ihr egal, dass sie keine gute Tänzerin ist und ihm auf die Füße treten wird - und ihm auch.

Tag: 78; Stunde: 8

Sie hat den Grimmauld Platz schon einmal gesehen, in dem nur wenige Mitglieder des Ordens untergebracht sind. Der Rest der Räume dient als Büro Gästezimmer für Notfälle oder als Zimmer für Meetings. Abgesehen von einer kurzen Übernachtung mit Harry und Ron hat sie, seit sie Hogwarts verlassen hat, im Fuchsbau geschlafen.

Ihre Eltern befinden sich an einem Ort, von dem nicht einmal sie selbst weiß, wo er liegt - der Orden hat ihr gesagt, es sei wichtig, dass ihre Eltern so früh wie möglich in Sicherheit und versteckt sind. Auch für ihre anderen Familienmitglieder gibt es vom Ministerium genehmigte Schutzvorrichtungen,. Da sie in der Muggelwelt nirgendwo unterkommen konnte und in der Zauberwelt sein musste, um zu kämpfen, war ihre naheliegendste Wahl der Fuchsbau gewesen.

Die schiefe und dreckige Fassade des Hauses vor ihr ist der erste Hinweis darauf, dass es noch andere Schutzhäuser des Ordens in England gibt. Das Innere des Hauses ist nackt. Es gibt keine Bilder, Krimskrams oder irgendwelche verstreuten Notizen über die neueste Erfindung der Weasley-Zwillinge. Es gibt keine Löcher oder Flecken auf irgendetwas, das mit einer Geschichte verbunden ist, oder den Geruch eines selbstgekochten Essens aus der Küche, oder warme Farben und ein sanftes Lächeln. Es gibt nur Weiß und hässliches, abgenutztes Braun und noch mehr Weiß. Es ist leer, bis auf eine lila Couch im Wohnzimmer und einen kleinen Kamin. Der Flur ist von Regalen gesäumt, auf denen jedoch nichts steht, und bis zur Küche findet sie kein weiteres Lebenszeichen. Dort entdeckt sie einen Tisch und zusammengewürfelte Stühle, eine Glasschiebetür zum Hinterhof und ein paar geordnete Gegenstände, die sie erkennen lassen, dass Menschen hier sind.

„Ah, Lupin. Ich habe mich schon gefragt, wann du auftauchen würdest." Ein Mann steht vom Tisch auf, erschöpft und steif, und streckt die Hand aus, um ihm die Hand zu schütteln.

„Es gab ein paar neue Informationen, die wir zuerst überprüfen mussten."

„Richtig. Ich habe es in meinem Zimmer eingeschlossen, du kannst mir folgen..." Der Mann geht um den Tisch herum, ohne sie eines Blickes zu würdigen.

„Hermine, warte noch einen Moment hier, ja?" Lupins warme Finge drücken ihre Schulter, und obwohl sie mehr als neugierig ist, was der geheimnisvolle Gegenstand ist, den sie holen, nickt sie.

Sie beobachtet, wie der Wind die Äste eines Baumes schwanken lässt, der vor der Glastüre steht und lauscht wie er heulend um das Haus peitscht. Irgendetwas an diesem Ort macht ihr Angst, und sie denkt, dass sie sich vielleicht zu sehr an das Zuhause und die Annehmlichkeiten des Fuchsbaues gewöhnt hat. Hier fühlt es sich eher wie im Krieg an. Trist und leer. Dieser Ort beherbergt die Menschen, die auf der Flucht sind oder sich verstecken müssen, die keine Zeit oder Lust haben, die kleinen Annehmlichkeiten ihres Zuhauses mitzubringen. Sie stellt sich vor, wie es sein muss, sein Zuhause zu verlassen, an einem Ort wie diesem anzukommen und zu wissen, dass dies der Anfang ist.

„Fertig?" Sie dreht sich um, ihr Blick wandert automatisch seinen Händen, obwohl sie leer sind.

„Ja." Sie folgt Lupin zurück aus der Küche, und sie hört ein leises dumpfes Geräusch als sie den Gang entlang gehen.

Er schenkt den unwichtigen Gesichtern keinen Blick, aber Hermine schon. Draco Malfoy und Pansy Parkinson, starren direkt über seiner Schulter zu ihr zurück. Ihr Herz bleibt stehen, hämmert zweimal schnell und beginnt, aufgeregt zu rasen. Sie gleicht das saubere, finstere, fragende Gesicht mit dem geistigen Bild eines schmutzverschmierten, finsteren, verzweifelten Gesichts ab, und es erschüttert sie ein wenig.

Die beiden scheinen genauso überrascht zu sein, sie zu sehen, wie sie selbst. Malfoy allerdings offensichtlich weniger. Er nimmt eine beschützende Haltung ein und sie weiß das, weil sie Harry und Ron schon unzählige Male zuvor gesehen hat, wie sie es tun. Er ist angespannt und verkrampft, und sie ist sich nicht sicher, ob er vorhat, anzugreifen oder damit rechnet angegriffen zu werden.

Aber nach dieser kurzen Sekunde des Blickkontakts ist sie an ihnen vorbei, und sie weigert sich, über ihre Schulter zu den beiden zurückzuschauen. Es ist besser, so zu tun, als seien sie genauso bedeutungslos, wie Lupin sie dargestellt hat, indem sie sie ignoriert.

Sie ignoriert ihre Anwesenheit jedoch nicht, sobald die Tür geschlossen ist und nur noch Lupin und sie auf der Veranda sind. „Warum sind sie hier?"

Er seufzt, ein wenig müde. „Es gibt mehrere Gründe, da bin ich mir sicher . Ich bin nicht in allen Dingen eingeweiht, aber ich vermute, es hat etwas mit dem Angebot von Malfoy zu tun."

„Angebot?"

„Finanzierungshilfen. Sie haben ihm Veritaserum gegeben, so viel weiß ich. Er will nichts, außer vielleicht ein bisschen Frieden."

„Er hat keinen Frieden verdient." Hermines Antwort kommt harsch und schnell, und sie spürt, wie ihre Wangen vor Wut und Verurteilung warm werden.

„Vielleicht. Der Punkt ist jedoch, dass sie hinter größeren Dingen her sind als dem jungen Malfoy. Sie können an ihm ein Exempel statuieren, oder sie können ihn benutzen. Für unsere Seite ist es von weitaus größerem Vorteil, Letzteres zu tun. Ich bin mir sicher, wenn seine Anwesenheit hier uns irgendetwas sagt, dann, dass der Orden jetzt all die Geldknappheit, über die wir so besorgt waren, durch den Zugang zu ein paar vollen Tresoren bei Gringotts ausgleicht. Ich bin mir auch sicher, dass all diese neuen Informationen, die im Hauptquartier verarbeitet werden, von Malfoy stammen, ebenso wie die drei Meter Pergament auf meinem Schreibtisch, die zeigen, wie man das Malfoy-Anwesen entwaffnen kann."

„Also..." Hermine schüttelt den Kopf. „Er gibt ihnen also einfach etwas Geld und ist jetzt ein Ordensmitglied? Obwohl er Dumbledore getötet –

„Nein, nein. Ihm wurde Immunität gewährt. Das heißt, wenn er keinen Mist baut, darf er bis zum Ende des Krieges in diesem hübschen kleinen Haus bleiben. Er muss nicht mehr ins Gefängnis und muss sich keine Sorgen um wütenden Todessern machen."

„Die Todesser sind wütend auf ihn? Ich –"

„Nun, wenn sie es vorher nicht waren, dann sind sie es jetzt sicher."

„Das spielt keine Rolle, Lupin! Er –" Er dreht sich um, sein Gesichtsausdruck wurde streng.

„Ich weiß, was er getan hat, Hermine. Glaub mir, das Einzige, was ich tun möchte, wenn ich ihn sehe, ist..." Lupin schüttelt den Kopf und bewahrt die Fassung, etwas das Hermine im Moment nicht hat. „Es gibt andere Gründe, die das Ministerium haben muss. Ja, er hat Todesser in die Schule eingeschleust, und ja, er hat einen Mordversuch unternommen. Ich weiß nicht, warum das jetzt keine Gefängnisstrafe wert ist, aber es wird später etwas wert sein - verstehst du?"

„Es ergibt keinen Sinn für ihn –!"

Er lächelt, als wäre sie ein beleidigtes Kind. „Die meisten Dinge im Leben tun das nicht, Hermine."

Tag: 103; Stunde: 5

In Kriegsfilmen, abhängig von den Uniformen fragt sie sich immer, wie sie Freund und Feind unterscheiden können. Es wird immer als das Einfachste und Grundlegendste in einer Schlacht dargestellt, außer vielleicht „ducken und schießen".

Doch das ist eine Lüge. Es ist eine der schlimmsten Lügen von allen.

Sie kann kaum einen Unterschied erkennen. Bei einigen kann sie die Kapuzen sehen, spitz und verräterisch. Bei anderen konnte sie ein Stückchen am Ärmel sehen, wodurch sie wusste das sie Phoenix waren.. Aber die große Mehrheit steht in Schwarz und Schwarz, in Reihen und Gruppen von Menschen, die sie nicht identifizieren kann. Es ist die verwirrendste, frustrierendste und vernichtendste Gruppe aus wallendem Schwarz, die sie je gesehen hat.

Sie hat vier Personen aus dem Orden, darunter Justin Finch-Fletchley, mit Betäubungszaubern niedergestreckt. Sie ist nur froh, dass sie keinen der Unverzeihlichen Flüche benutzen. Selbst wenn sie es täten, könne sie sich nicht mehr selbst vertrauen. Es sind nur zwei Todesser, die von ihrem Zauberstab betäubt wurden, und nur einer, von dem sie sicher war, dass er tatsächlich der Feind war.

Überall um sie herum sind Gestalten und kämpfen, und sie steht in der Mitte, hilflos und verloren. Ihre Hand zittert nur leicht, aber ihre Schultern beben. Ihre Turnschuhe rutschen aus und versinken im Schlamm, und ihre Augen sind nutzlos in dem Rauch und der Dunkelheit. Aus dem Augenwinkel kommt ein Schatten auf sie zu, und zwei weitere rechts, ein weiterer vor ihr, und sie weiß es nicht.

Freund, Feind, Freund, Feind? Freund oder Feind... Freund oder Feind... Panik ergreift sie, und ihr Atem dringt keuchend in ihre Lungen, schwerer als Luft jemals sein sollte. Sie kann ihr Herz nicht spüren, aber sie spürt den brutalen Schmerz, der von der Kraft ausgeht, mit der es pocht. Der Schweiß rinnt ihr den Nacken und den Rücken hinunter und macht den Griff um ihren Zauberstab unsicherer, als er eigentlich hätte sein sollen. Hektisch reißt sie ihren Zauberstab nach links, nach rechts, während sie sich im Kreis dreht und denkt daran zu schreien. Zu schreien und zu weinen, und dann drängt sich plötzlich das feigste, was sie je gedacht hat, in den Vordergrund ihres erschrockenen Verstandes.

Sie will sich verstecken. Sie wird so tun, als wäre sie von etwas getroffen worden, und sie wird sich auf den Boden legen und so tun, als wäre sie tot. Sich tot stellen. Sich tot stellen, das ist es, was sie tun wird. Plötzlich gibt es nichts auf der Welt, was sie sich mehr wünscht, als ihr Gesicht im Schlamm zu vergraben und nicht mehr aufzusehen oder zu atmen, bis sie nichts mehr hören kann.

Sie hasst sich selbst für diesen Gedanken. Es macht sie krank, und sie schreit und schreit in ihrem Kopf, weil sie nicht diese Person ist. Sie ist nicht der verängstigte Feigling im Schlamm, und dies ist Krieg. Es ist ihr Krieg, und sie wird ihnen nicht die Genugtuung geben.

Aber sie ist verloren. Hermine ist völlig verloren, und ihre Hand zittert unkontrolliert, als sie ihren Zauberstab wieder nach links schwingt. Sie rutscht im Schlamm aus, stolpert fast, und das zwingt sie dazu, nach Luft zu schnappen und ihre Angst Ausdruck zu verleihen. Die Gestalt zu ihrer Rechten kommt näher, und sie weiß, dass sie sie betäuben wird, obwohl sie nicht weiß, wer sie ist. Denn hier geht es um Leben und Tod, das weiß sie. Denn es sind Todesser (möglicherweise, möglicherweise), und sie benutzen keine Betäubungszauber. Sie benutzen keine.

Ein gelber Blitz verfehlt ihre Hüfte nur um Zentimeter und lässt ihr Herz zum Stillstand kommen. Ihr Magen zieht sich zusammen, die Luft entweicht aus ihrer engen Kehle, und sie weint. Sie weint, ohne es zu wollen oder es überhaupt zu bemerken, aber sie weint. Denn sie will nicht sterben. Sie ist achtzehn und hat Angst, und sie will nicht sterben.

Sie schluckt, während sie versucht den Knoten in ihrer Kehle wieder nach unten zu zwingen, und sie ist sich ihrer Sache sicher, als sie ihren Zauberstab auf denjenigen richtet, der für den gelben Strahl verantwortlich ist.

„Stup –" Dann fällt sie, vorwärts, erstarrt.

Sie hat keine Farbe gesehen, aber sie konnte die stechende Wärme in der Mitte ihres Rückens spüren. Ihre Knochen sind steif, ihre Muskeln erstarrt, und sie kippt um wie eine Schaufensterpuppe. Der Schlamm ist nass, kalt und dick, und die Ironie darüber, dass sie jetzt mit dem Gesicht nach unten darin liegt, entgeht ihr nicht. Sie würde am liebsten noch mehr weinen, könnte sie die nötigen Körperteile bewegen, um es zu tun. Stattdessen schaut sie in die Schwärze und versucht zu atmen, aber der Schlamm ist dick in ihrem Mund und versperrt den Sauerstoff den Weg in ihre Kehle und ihre Lungen.

Bitte, bitte, bitte, schreit sie in ihrem Kopf, setzt ihre ganze Magie und Kraft ein, um sich zu befreien.

Da sind Schreie und Rufe und die Geräusche der Schlacht, die sie schon seit einer Stunde hört. Aber sie fühlt sich jetzt seltsam distanziert und denkt, dass sie hier sterben wird. Sie wird hier sterben, im Schlamm für das Schlammblut, und sie wird nie wieder die Sonne sehen. Es wird nur neblige, schattenhafte Gestalten geben, Angst und Herzschmerz, und dann dieses Grab aus Schlamm und Regenwasser.

Dann ist da eine Hand, sie spürt sie während sie sich ihrem Klagen hingibt, und der Griff ist fast schmerzhaft, als man sie auf den Rücken wirft. Sie erwartet eine Maske oder ein vertrautes Slytherin-Gesicht, das sie verhöhnen oder foltern will. Stattdessen ist es nur Neville, der über ihr steht und ihr mit zitternder Hand den Schlamm aus der Kehle holt, während er seine Entschuldigung schluchzt.

Tag: 123; Stunde: 11

„Spürst ihr es nicht? Es ist, als ob es... in der Luft liegt. Ich meine, es passiert. Es fängt wirklich an." Ron schaut von einem zerfledderten Ausgabe einer Quidditch-Zeitschrift auf, die er schon hundertmal gelesen hat, und sieht zuerst zu Harry.

Denn Harry kann es fühlen und er weiß es. Denn Harry hat es schon seit Jahren gefühlt, genau wie sie es jetzt fühlen, und es gibt niemanden, der diesen hohlen Schmerz im inneren besser versteht als Harry. Es gibt jetzt viel Angst; sie umgibt sie wie ein nasses, erstickendes Tuch. Es kommt ihnen so vor, als hätten sie schon lange Zeit ihr gelebt, aber noch nie war es so schlimm wie jetzt. Die größte Angst liegt im Ungewissen. Darin sich vorzustellen, was sein könnte.

Aber sie sind mutig. Sie sind Gryffindors und sie sind Freunde, und sie können es sich nicht erlauben, jetzt Angst zu haben. Vor allem um Harrys willen, wenn nicht gar um die ganze Welt. Er ist die Größe in diesem Raum. Größer als Leben und doch der kleinste Junge, den sie je gesehen hat. Sein Schicksal liegt schwer auf seinen Schultern.

„Es bedeutet nur, dass wir jetzt nicht mehr die Einzigen sind, die versuchen, gegen ihn zu kämpfen. Voldemort ist jetzt stärker, und wir haben jetzt mehr Hilfe, um ihn zu besiegen. Es ist aber noch genauso wie sonst auch", sagt Hermine, denn sie weiß, dass es für Harry wichtig ist, dass es nicht noch schlimmer wird, als es ohnehin schon war.

Er hat schon zu viel verloren.

Rons strahlende, schmerzerfüllte blaue Augen treffen die ihren, und sie suchen in ihrer Zuversicht nach Bestätigung dieser Überzeugung. Er weiß, dass es nicht mehr so ist wie früher, und Harry weiß das wahrscheinlich auch. Sie weiß auch, dass Ron die Art von Freund ist, die Harry die ganze Wahrheit über die Welt erzählt, wie er sie sieht, und vielleicht sieht Harry ihn deshalb als den besseren Freund an. Aber Hermine weiß trotzdem, was das Beste für ihn ist. Manchmal müssen wir die Lüge hören, um die Wahrheit leben zu können. So ist die Welt.

Ron verfällt in einen Moment des Verstehens, den sie nicht für selbstverständlich hält, weil er so leicht vorbeigehen könnte wie die Sonne hinter einer Wolke. Aber er versteht, nickt und widmet sich wieder seiner Zeitschrift, während sie sich nach einem anderen Thema sucht, über das sie sprechen können.

„Ich denke, wir sollten heute Abend etwas trinken. Ron, wann fahren deine Eltern zu dem Treffen, von dem sie gesprochen haben?" In Harrys Stimme klang leicht spitzbübisch, und es fällt ihr wieder auf, dass er erst neunzehn Jahre alt ist und sie noch Kinder sind.

Rons Augen huschen aufgeregt durch den Raum, als ob in den Ecken Leute lauern würden, und er starrt Hermine einige Sekunden lang an. Sie überlegt, ob sie etwas sagen soll, aber stattdessen lächelt sie nur und schüttelt den Kopf, und er grinst auf eine Art, die ihr das Herz bricht.

Es war in Ordnung. Sie waren eins, zwei, drei und zusammen, und sie würden es schaffen.

Tag: 131; Stunde: 17

„Team A kommt hier rein, B hier, C unten und dann nach oben, und D diesen Weg entlang. Trennt euch nicht von eurem Team! Wenn ihr an eurem Ziel angekommen seid, alarmiert die anderen Teams mit den Münzen, so wie wir es in den letzten zwei Monaten gemacht haben. Wenn alle Teams an den ihnen zugewiesenen Stellen sind, greifen Sie als Einheit an – Was, Thomas?"

„Nun, greifen wir einfach... einfach voll an oder –"

„Dazu komme ich noch. Passt auf. Achtung."

„Tut mir leid, Sir."

Moody ist heute nicht so gut gelaunt. Das ist er an den meisten Tagen nicht. Er rollt mit den Augen und wischt sich den Schweiß von der Schläfe, während er finster und grimmig dreinblickt. Er wendet sich wieder der komplizierten Karte an der Stirnseite des Raumes zu und zeichnet die Wege mit seinem Zauberstab nach. Er braucht ein paar Sekunden, um sich zu sammeln, bevor er den Rest der Mission erklärt.

Hermine ist aufmerksam; obwohl sie weiß, dass es nicht so schwer sein wird. Sie hat gelernt, solche Dinge daran zu erkennen, wer mit ihr im Raum ist. Trotz der Anwesenheit einer Handvoll Auroren und ranghoher Ordensmitglieder sitzen jetzt hauptsächlich jüngere, unerfahrenere Kämpfer um den Besprechungstisch.

Als Ron sich also darüber lustig macht, wie nervös Dean ist, oder Lavender verspottet, weil sie versucht, ihre Reflexion in der Tischplatte zu sehen, schenkt sie ihm ihre Aufmerksamkeit und lacht ebenfalls. Denn manchmal ist es gut, nicht so mitgerissen zu werden. Weil sie denkt, dass sie an allem zerbrechen könnte, wenn sie nicht darüber lächelt, wie unreif Ron sein kann oder wie eigenartig ihre Freunde sind.

Doch in dieser Nacht stirbt Luna Lovegood im Zimmer neben ihr, und acht weitere werden schwer verletzt. Hermine lernt, dass man den Schwierigkeitsgrad einer Mission nie danach beurteilen sollte, welche Personen daran beteiligt sind. Es ist Krieg, und Menschen sterben - in kleinen Schlachten, in großen Schlachten oder beim morgendlichen Zähneputzen. Keiner ist mehr sicher.

Sie weint sich tagelang in den Schlaf.

Tag: 140; Stunde: 4

Sie betritt den Hof des Malfoy-Anwesens und hebt ihr Kinn so weit an, dass sie fast zu schweben beginnt.

Sie hat heute eine Verabredung mit Tonks hier, in einem der vielen Räume, die als Büros genutzt werden. Der Rest wird als Sitzungszimmer, Taktikräume und Wohnräume genutzt. In den Kerkern wurde ein Kriegsbunker eingerichtet, und der gesamte Westflügel dient als Krankenstation und beinhaltet ein Labor für Zaubertränke. Das Gebäude ist für den Orden sehr nützlich.

Heute Abend wird sie für ihre Geburtstagsfeierlichkeiten zum Fuchsbau zurückkehren. Obwohl Tonks angeboten hat, den Termin auf morgen zu verlegen, hat Hermine auf dem ursprünglichen Datum bestanden. Es ist ein Geschenk an sich, zu wissen, dass sie jetzt auf einer ehemaligen Festung der Todesser laufen kann.

Jeder Schritt auf dem wertvollen Gras der Reinblütigkeit lässt ein Grinsen auf ihren Lippen erscheinen, dass eines Malfoys würdig ist.

Tag: 144; Stunde: 12

Ron und Harry sehen sie mit großen Augen an, halten sich den Bauch und stellen eine melodramatische Darbietung zur Schau. Hermine seufzt und versucht, sie zu ignorieren, obwohl sie weiß, dass es nichts nützt. Sie wusste es in dem Moment, als sie sie fragten.

„Ich kann nicht so gut kochen."

„Du kannst alles gut." Das ist Harrys Art, ihr Honig ums Maul zu schmieren.

„Außer Fliegen, oder nicht reden oder so." Das ist Rons Art, Ron zu sein.

"Wofür ist das? Fürs Essen? Ich bin nämlich auch hungrig!", wirft Terry ein, als er erfolglos aus der Speisekammer kommt.

„Ich kann nicht der einzige Muggelgeborene hier sein –"

„Das bist du aber –", fängt Ron an.

„– zumindest die Einzige, die wach ist." Harry schenkt ihr sein unschuldiges Lächeln, obwohl sie es beide besser wissen.

„Und da wir hier aus irgendeinem Grund keine Magie benutzen dürfen –"

„Weil –", versucht sie.

„Richtig." Terry nickt, obwohl er sie noch nicht lange genug kennt, um sie so zu unterbrechen, also blickt sie ihn besonders scharf an.

Ron lacht, Harry grinst. „Ich kann ein bisschen kochen, aber ich lasse die Sachen immer anbrennen."

Sie glaubt aber, dass Harry sie nach Strich und Faden anlügt. „Das tue ich auch –"

„Bitte, Hermine! Ich bin am Verhungern! Wir sterben! Wir wollen nur etwas zu essen." Ron sieht aus als wäre er kurz davor sich auf den Boden zu werfen und sie anzubetteln.

Hermine seufzt und wirft einen Blick auf die Uhr, die ihr sagt, dass Tonks noch mindestens eine Stunde brauchen wird bis sie in der Unterkunft ist. Das bedeutet, dass sie entweder dasitzen und darüber nachdenken kann, wohin Tonks sie danach bringen will, oder sie kann Frühstück machen und ihre Freunde dazu bringen, die Klappe zu halten.

„Gut, aber wenn ich das Haus abfackle, schieben wir es auf Ron."

„Hey!"

Tag: 147; Stunde: 16

Ihr Wecker sagt ihr, dass es halb fünf Uhr morgens ist und dass ein von Moody gesandter Auror in fünfundvierzig Minuten im Haus sein wird, um sie zu begrüßen. Sie hat sich die Stufen runtergequält, hat die Küche durchquert und ihren Kaffee aufgesetzt, bevor sie die drei Personen, die am Tisch sitzen, überhaupt richtig wahrnimmt. Es sind nicht Neville, Lavender und Justin, wie sie dachte, sondern Malfoy, Parkinson und der pummelige Mann, von dem sie sich schwach daran erinnert, Lupin die Hand schütteln zu sehen.

„Miss Granger." Jetzt scheint sie wichtig genug zu sein um beachtet zu werden.

„Sir", krächzt sie und nickt.

Parkinson sieht sie kurz an, und Malfoy ist damit beschäftigt, den Tisch mit seinem Blick in Brand zu setzen. Sie blinzelt und denkt nach, starrt auf die Kaffeemaschine und versucht, sich einen Reim auf ihre Anwesenheit zu machen. Vielleicht hatte man ihren Aufenthaltsort irgendwie herausgefunden, obwohl das ohne eine undichte Stelle im Inneren unmöglich wäre. Sie überlegt, was sie sagen könnte, um angemessen auszudrücken, wie sie sich fühlt, dass sie (er) da sind, aber ihr fällt nichts eins.

„Was zum Teufel machen die hier?" Justin, von irgendwo hinter ihr.

Sie öffnet den Mund, um etwas Verächtliches zu sagen, sagt aber nur: „Ich weiß es nicht."

„Ich bin hier, um zu übernehmen. Sind Sie Blackwood?", meldete sich der Mann zu Wort.

„Ich bin Finch-Fletchley. Was übernehmen?"

„Sie sind nicht befugt, das zu erfahren."

„Nicht befugt, das zu erfahren ? Nicht bei... Sie bringen einen Todesser und seine kleine –" Malfoys volle Aufmerksamkeit ist nun auf Justin gerichtet, seine Handfläche stützt sich auf den Tisch und sein Körper ist angespannt und abwartend.

„Justin –", flüstert Hermine.

„Nein. Nein. Sie bringen diesen Wichser hierher und dann wollen sie mir sagen, dass ich nicht wissen darf, warum? Dieses elitäre Stück Scheiße von Todesser, das meine Luft mit seinem Atem verseucht –"

Malfoy schießt hoch, der Tisch rumpelt und kratzt über den Boden, und Parkinson steht direkt hinter ihm auf. „Draco."

Sie streckt ihre Hand aus, um ihn zu beruhigen, aber er schlägt sie weg. „Vielleicht ist dein Mangel an Verstand der Grund dafür, dass die reinblütigen Eliten denken, dass Schlammblüter wie du –"

„Draco –"

„– nutzloses Stück Abschaum und dreckiges Fleisch sind. Ich bin kein verfickter Todesser –"

Justin stürmt jetzt auf Malfoy zu, und Malfoy schreit, um über Justins unartikuliertes Geschrei hinweg gehört zu werden. Der korpulente Mann stellt sich schützend vor ihn und schreit beide an.

„Fass ihn an und es ist vorbei, Draco! Fass ihn an und es ist verdammt noch mal vorbei!" Parkinson ist außer sich, stemmt sich hoch und versucht über den Tisch zu klettern, während Malfoy versucht, an dem dicklichen Mann vorbeizukommen.

„Du willst mich angreifen! Na los! Komm schon, du krankes Stück Scheiße! Du Abschaum! Du verficktes...verficktes... Arschloch. Du verdammter Wichser! Du Narcissa fickender Wichser!" Justin schreit und ist den Tränen nahe, krallt sich an dem Mann fest und versucht, Malfoy zu erreichen.

Es ist die Ansammlung von Jahren des Widerstands gegen die Vorurteile und Malfoys höhnischem Gesicht. Es ist das Ergebnis eines Krieges, der wegen eben dieser Vorurteile geführt wurde. Es ist der Zusammenbruch eines Mannes, der die vermummten, maskierten Gestalten des Rassismus über den Leichen seiner Freunde sieht und sich an Draco Malfoy erinnert.

Malfoy, der so laut geschrien hatte, dass sein Gesicht und sein Hals rot waren und seine Sehnen sich wölbten, schweigt. Malfoy, der sich gewehrt und gewunden hat und umhergelaufen ist um zu versuchen, den Mann, mit dem er gekommen war, zu umgehen, ist jetzt still. Seine Schultern und sein Brustkorb heben und senken sich schnell mit seinen schwerfälligen Atemzügen, und er beruhigt sich, während Justin nur noch hysterischer wird.

Er schreit etwas von einem Badezimmer, dann von einem Schreibtisch, dann von Pergament, dann von einem neugierigen Kick (oder vielleicht Blicken). Er hat die Hysterie erreicht, und sie ist hässlich und mächtig und roh, und Malfoy starrt ihn nur an. Er kann nur dastehen und zusehen und dem Wahnsinn auf der anderen Seite der menschlichen Wand zuhören. Die Farbe ist aus seinem Gesicht gewichen, und er ist so still, dass es schmerzt, und er wendet nicht eine Sekunde lang den Blick von Justins feuchten Augen ab. Parkinson steht auf der Tischplatte und starrt ebenfalls, und Hermine kann nicht den Willen aufbringen, ihren Blick abzuwenden.

„Justin.", sagte sie und es bringt sie ein wenig mehr zur Besinnung, also wiederholt sie seinen Namen noch einmal.

Er hört nicht auf sie, obwohl sie es erwartet hat, und so geht sie zu ihm. Er reißt sich zweimal von ihr los, und dann schreit er sie an und schubst sie, aber nur so lange, bis er begreift, was er da tut. Dann ist er auf den Knien, sein Kopf ist gebeugt, und sein ganzer Körper zittert unter der Wucht seiner Schluchzer. Er murmelt sinnlose Worte, ohne dass sie einen Sinn ergeben und sie klingen verzweifelt wie ein abgebrochenes Gebet.

Hermine geht vor ihm auf die Knie und hält seine Arme fest und ihr kommen selbst die Tränen, denn sie spürt die Wellen dessen, was er fühlt, wie etwas Quälendes und Ergreifendes.

„Schafft sie hier raus!", schreit sie. „Schafft sie verdammt noch mal hier raus. Sofort!"

Sie haben kein Recht, das zu sehen. Sie sind der Grund dafür, und sie haben kein Recht zu sehen, wie er so ausrastet wegen dem, was sie getan haben. Du zeigst deinem Feind nicht den Schmerz, den er dir zugefügt hat, die Schwäche, die er dir zufügt.

„Jetzt!", schreit Hermine, und endlich kommt Bewegung in die Sache, und es dauert nicht lange, bis sie aus dem Zimmer verschwunden sind.

„Ich wollte nur... ich habe nur..." Justin weint, schaukelt und schüttelt den Kopf.

„Ich weiß, Justin. Ich weiß", flüstert sie, streicht ihm durch die Haare und versucht, ihn den Trost zu geben den sie selbst nicht spürt.

Tag: 156; Stunde: 1

Zwölf Leute sitzen um einen Tisch im Malfoy Anwesen. Zuerst denkt sie, dass nur so wenige Leute da sind, weil der Reste umherwandert und die Dekadenz des Anwesens erkundet (so wie sie es bei ihrem ersten Besuch getan hatte, so sehr sie auch versuchte, ihre Ehrfurcht zu verbergen). Allerdings sind jetzt siebzehn Minuten vergangen, seit der Plan ausgearbeitet wurde, und niemand ist durch die schweren Türen getreten.

Es war ein Plan, der mindestens die doppelte Anzahl der jetzigen Teilnehmer erforderte. Selbst mit den zusätzlichen Leuten war es eine gefährliche Mission. Hermine kann sich ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie sie es mit so wenigen Leuten schaffen soll.

Sie hebt eine Hand, schüchterner als zu ihrer Schulzeit, aber dennoch fordernd.

„Granger."

„Sir, sind das hier alle?" Sie gestikuliert mit einer Hand durch den im Raum.

Sein Blick folgt dem Halbkreis der Köpfe vor ihm, bevor er zu ihr zurückblickt. „Ja."

„Sir, ich... Es scheinen nur recht wenig –"

„Mehr haben wir nicht, Granger. Wir haben nicht genug Leute für alles, was wir schaffen müssen. Diese Mission kann mit zwölf Leuten durchgeführt werden. Du wirst sicherstellen das es klappt – habe ich mich klar ausgedrückt?"

Das hat er nicht. „Ja, Sir."

Tag: 169; Stunde: 10

Sie hat durch Gerüchte erfahren, dass Malfoy jetzt in Kämpfen eingesetzt wird und das ist etwas, was sie überhaupt nicht versteht. Sie weiß zwar, dass es ihnen manchmal an Leuten mangelt, aber sie ist nicht bereit ihm die Chance zu geben, seine Taten wiedergut zu machen. Der Preis, den sie bezahlt haben, damit er auf ihrer Seite ist, war zu hoch.

Parkinson, erfährt sie Wochen später, hat ebenfalls mit dem Kämpfen begonnen. Hermine ist verunsichert und beunruhigt über diese Nachricht, aber sie hat zu viel zu tun und sie vergisst es oft, bis sie die beiden an verschiedenen Orten sieht und bemerkt das sie nicht mehr in dem Haus mit den leeren Wänden sind.

Hermine selbst versteht nicht, warum sie den beiden so viel Aufmerksamkeit schenkt. Zuerst denkt sie, es sei das Gleiche wie bei allen anderen; ihre Augen, Ohren und ihr Verstand verfolgen sie, wegen ihrer eigenen Paranoia. Dann ist es mehr geworden - eine mit ihrer Persönlichkeit verschmolzene Neugier, die sie nie abschütteln konnte. Sie beobachtet sie, weil sie anders sind. Sie beobachtet sie, weil die Fremdartigkeit ihres Lebens eine Abwechslung zu ihrem eigenen ist. Sie nimmt sie einfach immer zur Kenntnis und sie ist sich nicht sicher, ob sie ihnen zu viel Aufmerksamkeit schenkt.

Tag: 180; Stunde: 11

Zweige knacken unter ihren Füßen, aber sie sind soweit sie weiß weit genug entfernt von irgendwelchen Gefahren, sodass sie sich keine Sorgen machen müssen. Erschöpfung und Hunger können Menschen zu einer seltsamen und gefährlichen Sorglosigkeit gegenüber der Welt um sie herum verleiten. Sie konzentrieren sich voll und ganz auf eine Aufgabe - zu dem Lager zu gelangen, das Kingsley und Tonks errichtet hatten.

„Es sollte gleich hinter diesem Hügel sein."

„Sie würden es nicht am Fuße eines Hügels errichten, Ron", keucht Hermine und schwingt ihre Tasche wieder richtig auf ihre Schulter, um das Gewicht auszugleichen.

„Warum nicht? Es ist gut zum Blockieren."

„Es ist furchtbar zum Blocken! Es würde jedem einen perfekten Aussichtspunkt bieten, um uns auszuspionieren."

Ron stöhnt. "Na ja, was soll's, Hermine. Es wird schon bald kommen."

„Ich hoffe es", murmelt sie, weil sie ist müde, erschöpft, und es ist leicht, Angst zu haben, wenn es dunkel wird.

Jetzt sind sie nur noch zu zweit. Harry wird beschützt, indem man ihn von den Missionen fernhält, bis alle Horkruxe gefunden sind. Eine böse Armverletzung hat dem Ministerium so viel Angst gemacht, dass es ihn von allem, was gefährlich ist, abhalten will. Harry war ziemlich verärgert über die ganze Sache, hat sich aber wieder beruhigt, als sie ihn in das Horkrux-Bergungskommando zugewiesen haben.

Hermine weiß, dass Harry es immer noch hasst dort zu sein, wenn seine Freunde hier sind und ohne ihn durch den Wald stapfen. Sie weiß auch, dass Ron es hasst, hier zu sein, anstatt bei Harry. Manchmal denkt sie, der einzige Grund, warum Ron überhaupt noch bei ihr ist und nicht bei Harry, ist, dass sie Angst haben, sie allein zu lassen. Zum Teil ist das Paranoia, aber zum Teil ist es auch die Wahrheit, und sie ist sich nicht sicher, ob dieses Wissen sie mehr stört als das Alleinsein.

Sie erreichen den Höchsten Punkt des Hügels, von dem am Fuße nichts zu sehen war. Es geht steil bergab, und Ron ergreift ihre Hand, bevor sie sich auf den Weg nach unten machen. Sie denkt daran, sie zurückzuziehen, aber er ist warm und ein Freund, und es macht ihr nicht so viel aus, wie sie sollte.

Tag: 193; Stunde: 7

Sie hat ihn jetzt schon oft gesehen, in verschiedenen Sicherheitshäusern, wenn sie auf Reisen ist. Es ist das erste Mal, dass sie ihn nicht so ernst sieht. Eigentlich ist es das erste Mal, dass sie ihn überhaupt schlafen sieht. Sein Kopf liegt auf Parkinsons Schulter, und unter seinem Hemd lugen Verbände hervor.

Es ist schwer für ihn, hat Lupin ihr gesagt. Sie alle wollen ein Stück von ihm, das sie zerstören können.

Sie kann nicht sagen, dass es sie so sehr kümmert, denn es ist für alle schwer. Weil er die Entscheidungen selbst getroffen hat muss er die Konsequenzen dafür tragen, dass er mit sechzehn Jahren herumgelaufen ist und versucht hat, ein Todesser zu sein. Auch wenn er damals erst sechzehn war. Wäre Harry mit sechzehn im Kampf gegen Voldemort gestorben, hätte er auch diese verdammte Konsequenz tragen müssen. Malfoy kommt nicht ungeschoren davon. Er hat ihr Mitleid verdient.

Parkinson lächelt, denn sie ist in Malfoy verliebt, und das war sie schon immer. Jeder, der in Hogwarts Augen hatte, konnte das Gleiche sagen. Parkinson hätte im Handumdrehen ihr Leben für Malfoy gegeben und ihn noch schneller geheiratet. Malfoys Zuneigung ist etwas weniger Offensichtliches, aber nur insofern, als dass er gerne andere Mädchen vögelt, obwohl er im selben Bett wie Parkinson schläft. Oder so etwas in der Art. Hermine gibt nicht vor, ihre Beziehung zu kennen, aber sie versucht, sie zu erraten, wenn sie nichts anderes zu tun hat. Sie weiß, dass Malfoy in Hogwarts damit beschäftigt war, sich in den Besenkammern einen blasen zu lassen, während Pansy ihn mit große Augen angelächelt hat und ihn anhimmelte. Vielleicht war er nur der betrügerische, gefühllose Freund. Oder vielleicht war Pansy einfach nur in einen Mann verliebt, der sich nahm, was er wollte, und sich nicht mit Dingen beschäftigte die ihm Kummer bereiten würden - wie die Liebe.

Sie glaubt, dass Malfoy einen Schmerztrank eingenommen hat, so wie die Flasche in Parkinsons Hand aussieht, und dass er unerwartet ohnmächtig wurde. Hermine hält ihn nicht wirklich für den Typ, der es sich erlauben würde, ungeschützt vor Leuten zu schlafen, die seine Verbündeten sind, aber, ja, auch irgendwie seine Feinde. Pansy sieht aus, als genieße sie den friedlichen Moment in vollen Zügen, und Hermine lässt sie gewähren.

Es wird später noch Zeit sein, ihr zu sagen, dass sie morgen früh mit ihr abreisen wird.

Tag: 206; Stunde: 20

„Ron, meinem Bein geht es gut. Es ist völlig geheilt."

„Ich habe doch gar nichts gesagt."

„Oh. Du hast es seltsam angeschaut."

„Ich habe nachgedacht."

„Oh."

„Neues Konzept?" Seamus grinst.

„Was?"

„Dass er denkt."

„Verpiss dich, Finnigan", sagt Ron bissig, viel wütender, als sie es von ihm wegen so einer Kleinigkeit gewohnt ist.

Sie wartet, bis Seamus ihn böse anstarrt und geht, dann beugt sie sich über das Schachspiel, das zwischen ihnen steht. „Was ist los?"

„Nichts", schnauzt er, schiebt seinen Stuhl so weit zurück, dass er umkippt, und stürmt fast wie ein zweijähriger aus dem Zimmer.

„Ron!" Hermine steht auf, und er bleibt stehen, mit dem Rücken zu ihr.

Er lässt seinen Kopf sinken, und er reibt seine Hände an seiner Hose, wie er es immer tut, wenn er wegen etwas nervös ist. Ihr Herz zählt die Sekunden, denn sie weiß, dass es etwas Wichtiges ist und dass es keine guten Nachrichten sind.

„Ich gehe weg."

Sie braucht eine Sekunde, um sich daran zu erinnern, wie man redet. „Was?"

„Ich ..." Er dreht sich wieder zu ihr um, denn er war noch nie so schwach, jemandem nicht ins Gesicht zu sehen, egal, was er sagte. "Ich gehe, Hermine. Zu Harry. Ich werde bei Harry sein."

Sie starrt und blinzelt und starrt noch mehr. Seit Monaten waren sie nicht in der Lage Harrys Aufenthaltsort herauszufinden. Ron hat nicht einmal erwähnt, dass er sie verlassen will. Dass er nicht hier sein will.

„Du ... warum?" Sie schüttelt den Kopf, schluckt trocken.

„Ich weiß es nicht. Lupin weiß, dass ich nichts dagegen habe... wirklich, und ich schätze, Harry braucht jemanden dort, oder so." Ron zuckt mit den Schultern, seine Wangen erröten, und er konzentriert sich so sehr darauf, einmal in seinem Leben rücksichtsvoll zu sein.

Weil Harry ihn will. Einen Freund, und zwar ihn und sie wird diejenige sein, die hier zurückbleibt. Sie werden beide weg sein und sie hier alleine zurücklassen.

„Oh."

„Hermine, ich..." Er ging einen Schritt nach vorne. „Ich habe gefragt, ob du mitkommen kannst, aber sie waren nicht einverstanden. Ich meine... Ich... er braucht jemanden. Sonst würde ich bleiben. Aber ich kann ihn nicht zurücklassen. Er ist allein."

Er ist allein. Sie ist es jetzt auch. Sie sind es alle ein bisschen, in diesem Moment. Gefangen in sich selbst.

„Es ist in Ordnung, Ron."

Er weiß, dass es nicht so ist, oder zumindest sollte er es wissen, aber er neigt den Kopf auf seine niedliche Art nach vorne, was bedeutet, dass er es ihr abkauft. „Bist du sicher?"

„Ja." Sie zuckt mit den Schultern, denn sie war schon immer aufopferungsvoll, und Harry ist ihr jetzt wichtiger als sie selbst.

Das war er schon immer, wirklich. Er ist der Auserwählte. Der Junge, der sie alle retten soll. Ron ist der beste Freund. Sie ist das Mädchen, das... Na ja, sie weiß es nicht genau. Sie hat keine Ahnung, was ihr Titel oder ihre Stellung ist, aber sie weiß, dass sie beide liebt und lieber allein sein würde, als Harry allein zu lassen. Er braucht das alles am meisten. Sie war immer bereit, ihr Bestes zu tun, um ihm das zu geben. Um beiden zu geben, was sie brauchen.

Seine Kleidung ist ein wenig kalt, und er riecht nach Fett und Minze, aber es fühlt sich trotzdem gut an. Er ist hart und weich zugleich und fühlt sich seltsam an, wenn er sich an sie drückt, obwohl sie sich gerade noch an eine Zeit in der Vergangenheit erinnern kann, in der es das Beste auf der Welt war.

„Du musst duschen", murmelt sie gegen seine Brust, direkt neben seiner Achselhöhle.

Sie spürt, wie sich der Muskel anspannt, und dann zieht er sie fester an sich, bis sie kaum noch atmen kann. „Stinke ich?"

Er stinkt nicht, zumindest nicht nach etwas Schlimmem, und sie verrät es, als sie ihre Arme um seinen Rücken schlingt. „Ja."

„Gut. Dann bleibe ich noch ein bisschen in Erinnerung, wenn ich weg bin." Er lässt sie los, denn er i will nicht zu liebevoll wirken.

Sie sagt fast etwas Kitschiges wie, dass er immer bleiben wird, Gestank hin oder her, aber sie beschließt, dass es genug Traurigkeit durch den Krieg gibt, und sie nicht noch mehr dazu beitragen muss. „Wann gehst du?"

„In ein paar Stunden."

Sie nickt und hebt ihren Blick vom Teppich. „Okay."


Beta/Korrekturleserin ist Goldfisch!

Vielen Dank fürs Lesen! Und ich freue mich natürlich immer über Favorites und Reviews :)

Jeden Dienstag kommt ein neues Kapitel!