Zwanzig
Tag: 1439; Stunde: 23
Seamus, Justin, Lavender, Lavenders Freund Harold und sie selbst. Eigentlich sind auch noch zwei Neulinge dabei gewesen, die kaum 17 Jahre alt waren, die Seamus davon überzeugt hat sich ihnen anzuschließen, aber sie haben ca. da einen Rückzieher gemacht, als sie in Lupins neues Büro eingebrochen sind. Hermine hatte den Eindruck, dass sie nicht gewusst hatten, dass es sich nicht um eine offizielle Mission des Ordens handelte, sondern eher um eine persönliche Angelegenheit.
Es dauerte bis zwei Uhr morgens, dass alle den Grimmauldplatz verlassen hatten oder ins Bett gegangen waren, damit sie in Lupins Büro gehen konnten. Es hatte nur eine Minute gedauert, um die Pergamentblätter auf seinem Schreibtisch zu finden, die mit dem Siegel von Askaban gestempelt und von verschiedenen Vernehmungsbeamten unterschrieben waren und noch weitere Papiere auf denen die Orte verzeichnet waren, an denen sich die Todesser normal versteckt halten. Es sind fast zwei Dutzend Orte aufgelistet und nur fünf Todesser, und es brauchte keinen klugen Kopf, um zu wissen, dass es mehr als nur einundzwanzig Verstecke und Wohnorte geben muss. Die Zahl der Todesser geht in die Hunderte, die meisten von ihnen sind wohlhabend und wollen nicht viel mehr als ihre Leidenschaft für Macht und Mord teilen. Aber selbst wenn Ron oder einer der Vermissten sich in keinem einzigen dieser Verstecke aufhält, würde sie diese Möglichkeit nicht davon abhalten, trotzdem zu suchen.
Hermine ist eine gründliche Person, also planen sie drei Stunden in ihrem Schlafzimmer, mit so vielen Verriegelungs- und Stillezaubern, dass sie wahrscheinlich verdächtig wirken würden, falls jemand versucht, sie zu knacken. Sie haben einen ganzen Beutel mit Portschlüsseln zu verschiedenen Sicherheitshäusern, Karten und zehn Seiten mit Plänen, die sie mit Hilfe des Schachbretts erstellt, während die anderen sie seltsam anstarren.
Alles ist so gut wie möglich auf die Situation vorbereitet, und es herrscht eine entschlossene Aufregung im Raum, als ihnen das klar wird. Sie haben keine Ahnung, was auf sie zukommt, und sie sind nur wenige Leute, und deshalb ist da auch eine Angst, die die Knochen ihrer Wirbelsäulen entlangkriecht, aber das ist etwas, an das sie in der Zwischenzeit gewöhnt sind. Trotzdem zucken sie zusammen, und Lavender gibt einen Laut von sich wie eine verletzte Katze, als jemand am Türknauf rüttelt.
Ängstlich beäugen sie den bronzenen Knauf, niemand rührt sich oder atmet auch nur, als ob die Stillezauber gar nicht angebracht worden wären. Auf der anderen Seite der Tür gibt es eine Pause, und dann ist da wieder ein Rütteln, härter und fast wütend.
„Wer kann das sein? Alle sind im Bett, die Schutzzauber sind angebracht... Sie sind noch intakt, oder?" Lavenders Flüstern bestätigen ihre Zweifel.
„Lupin?"
„Vielleicht sollten wir die Tür nicht aufmachen."
„Wir machen sie bestimmt nicht auf."
„Aber was ist, wenn etwas passiert ist? Oder sie uns brauchen?", fragt Hermine, macht aber keine Anstalten, sich zu bewegen, und es herrscht wieder Stille, bis etwas gegen die Tür knallt.
„Scheiße."
„Verstecken!" Lavender verwandelt sich plötzlich wieder in eine Achtjährige, die von ihren Eltern erwischt wurde, springt auf und durchsucht hektisch das Zimmer. Hermine hat sie nicht einmal so flink gesehen, als Todesser auf der anderen Seite der Tür standen.
„Die Sachen!", schreit Justin, schnappt sich den Beutel mit den Portschlüsseln und schleudert ihn in den Koffer, knallt den Deckel zu und setzt sich zur Sicherheit darauf.
Harold erweist sich als nutzlos, denn er stößt die Schachfiguren um, als würde das Spiel sie verraten, und Lavender schiebt die Karten in den Bund ihrer Hose und bedeckt sie mit ihrem Oberteil. Justin ist sich zwar darüber im Klaren, dass sie die Beweise verstecken müssen, aber er steht jetzt einfach in der Mitte des Raumes und hält die Hände nach oben gestreckt in die Luft. Hermine stopft die Pläne, Stifte und die Liste in ihren Kopfkissenbezug.
Es ist schon komisch, wie unschuldig ihre Gesichter aussehen, als Harold die Tür öffnet. Hermine stockt der Atem, als die Tür zurückgeschoben wird, und sie erkennt die Schulter, den Arm, die langen Finger. Sie kann gerade noch die Hälfte seines Gesichts erkennen, als Harold aufhört, die Tür weiter zu öffnen. Auf seinen Wangenknochen ist ein roter Fleck zu sehen, und er ist aus irgendeinem Grund, den sie nur erahnen kann, außer Atem. Er hat seinen Blick nicht von Harold abgewandt, und Hermine flucht leise, als die Ader an seiner Schläfe sichtbar wird. Es gibt nur ein Ereignis, das so etwas sonst verursacht, und das hier war eine ganz andere Situation.
Dieser Gedanke lässt sie innehalten, und sie blickt zu ihren anderen Mitverschwörern hinüber, um zu sehen, ob sie die Wahrheit in ihr lesen. Es ist nicht gerade normal, dass ein Mann mitten in der Nacht vor der Tür einer Frau auftaucht, und als Lavender sich bewegt und Justin seine Hände fallen lässt, ist sie überzeugt, dass sie es wissen. Dann fragt sie sich plötzlich, ob es wirklich eine Rolle spielt.
Draco spricht eine ganze Minute lang nicht, auch nicht, als Harold ihn fragt, was er braucht. Die Wut, die aus seiner Haltung spricht, ist beängstigend. Hermine hat ihn noch nie in einem solchen Zustand gesehen, wenn er nicht gerade auf einer Mission war oder wenn ihr eigener Zorn nicht die Schärfe seines Zorns trübte. Erst als Harold sich zurücklehnt und die Tür sich weiter öffnet, treffen Dracos Augen auf Lavender und dann auf Justin. Er atmet schwer aus, und seine Schultern entspannen sich nur langsam. Die Hand, die seinen Zauberstab umklammert hat, lockert ihren tödlichen Griff, und dann sieht er sie an.
Hermine wird klar, warum er so wütend war, und sie verspürt ein flatterndes Gefühl in der Magengegend, dass sie nicht als Lust zu bezeichnen wagt. Draco mustert sie und fast lacht sie über die Vorstellung von ihr und Harold, aber die aktuelle Situation ist zu brisant für eine solche Reaktion. Sie hat noch nie erlebt, dass ein Mann so eifersüchtig wegen ihr geworden ist, und es fasziniert sie so sehr, dass sie sich vorstellt, praktisch über ihn herzufallen, wenn der Raum leer wäre.
Er stößt mit der Handfläche gegen die Tür, schiebt sie an Harolds Griff vorbei und betritt den Raum. Harold tritt zurück, und Draco stößt die Tür hinter sich zu, die Augen immer noch auf die ihren geheftet, und wenn ihre Atmung unruhig ist, würde sie das niemals zugeben. Die Art, wie er sie ansieht, hat etwas Raubtierhaftes an sich, aber nicht so, wie sie es gewohnt ist. Es ist eine Berechnung in seinen Augen und ein Grinsen zieht an seinen Mundwinkelt, das sie glauben lässt, dass er mehr weiß als nur das, was er mit ihr vorhat, wenn sie alleine sind und das sie dazu bringt, all die Dinge zu tun, die er möchte.
„Drei Gryffindors und zwei ihrer Freunde, die sich mitten in der Nacht treffen, in einem Zimmer, dass mit Stille- und Absperrzaubern abgeriegelt ist. Du bist in Geheimhaltung durchgefallen und hast volle Punktzahl in Misstrauen verdient. Ich frage mich fast, wie du es überhaupt geschafft hast, durch Hogwarts zu schleichen, Granger. Wann habt ihr vor zu gehen?"
„Wir wissen nicht, was du –", beginnt Lavender, aber Seamus unterbricht sie, indem er sich über jede schwache Ausrede hinwegsetzt, die sie sowieso nicht retten würde.
„Das geht dich nichts an, Malfoy."
„Ich glaube, das tut es doch. Eine nicht genehmigte Mission sieht nur so aus, als wolltet ihr euch irgendwo verstecken. Da ich darüber gestolpert bin, möchte ich nicht so aussehen, als würde ich Deserteuren helfen, indem ich es nicht melde."
„Draco.", flüstert Hermine, und sie schreit nicht, weil sie etwas in seinem Gesicht erkennt, bei dem sie sich aber nicht sicher ist, was es zu bedeuten hat. Eine Lüge.
Seine Augen treffen wieder die ihren und er hält sie fest, auch als Seamus anfängt, seine Beleidigung herauszuschreien. „Das würden sie nicht denken, Malfoy! Du bist viel besser darin, Leuten hineinzuhelfen, als ihnen herauszuhelfen, stimmt's? Als ob wir es so weit geschafft haben, nur um jetzt abzuhauen –"
Er würde sie nicht verpfeifen. Er würde versuchen, sie zum Bleiben zu überreden, er würde versuchen, sie zum Bleiben zu zwingen, und wenn er ihr den Zauberstab abnehmen und sie fesseln müsste, hätte es vielleicht funktioniert. Aber letztendlich würde er einfach wütend werden und ihr sagen, dass sie gehen soll. Zumindest glaubt sie das.
„Wir sind keine Deserteure, wir werden nicht abtrünnig... Okay, wir werden ein bisschen abtrünnig, aber das ist nichts, was Lupin nicht gutheißen würde. Wir haben einfach nicht genug Zeit, Malfoy, und Lupin würde uns warten lassen, bis wir –"
Und wie er ausgesehen hatte, als die Tür aufging, ganz rot im Gesicht und außer Atem, als hätte er sich angestrengt. Er war an diesem Abend noch nicht im Haus gewesen. Er hatte sogar noch seinen Mantel an. Draco war aus einem bestimmten Grund gekommen... wegen ihr, aber weswegen, wusste sie nicht.
„Seamus, leg deinen Zauberstab weg.", seufzt Lavender und lässt sich auf das Bett plumpsen, wobei die Karten unter ihr knirschen, obwohl man es wegen des Geschreis nicht hört.
„Wir versuchen nur, ihrem Freund zu helfen." Harold zuckt mit den Schultern, offensichtlich nicht erfüllt von all dem Gryffindor-Bravado, dass das Blut bei einem Wort wie ‚Deserteur' zum Kochen bringt.
„Weasley, ich weiß."
„Du kannst mich nicht zwingen zu bleiben.", sagt Hermine, mit einer Entschlossenheit in den nun stillen Raum.
Dann ist Draco wieder da und tritt aus dem Mann mit den Emotionen und der Haltung heraus, die sie nicht verstehen konnte. Seine linke Augenbraue hebt sich, seine Schulter lehnt sich gegen den Türrahmen, während sein Bein das andere kreuzt. Seine Finger spielen mit seinem Zauberstab, und seine Mundwinkel heben sich zu einem Grinsen, hinter dem sich nicht viel verbirgt. Er spielt ein Spiel, und sie weiß es, um die Tatsache zu verbergen, dass er sich bei etwas so unsicher ist.
„Ich könnte, wenn ich wollte. Aber wenn du dich in den Ruhm nach dem Tod stürzen willst, Granger, dann werde ich dich nicht aufhalten."
„Warum zum Teufel bist du dann noch hier?", schnauzt Seamus, sein Gesicht glänzt noch immer vom Schweiß seiner Wut.
„Weil es eine Schande wäre, wenn du nicht vor meinen Augen sterben würdest. Das würde diesen ganzen Krieg vielleicht ein bisschen erträglicher machen."
„Was?"
„Ich weiß bereits, dass es dir an Hirn mangelt, Finnigan, also gibt es keinen Grund, es noch öfter zu beweisen." Draco richtet sich zu seiner vollen Größe auf, bläst sich die Fransen aus den Augen und seufzt resigniert. „Ich komme mit."
Tag: 1440; Stunde: 1
Hermine hat nicht vor, ihn anzuflehen nicht mitzukommen. Er ignoriert sie, als sie die Tatsache anspricht, dass er erst vor weniger als 36 Stunden aus St. Mungos entlassen worden war. Er sieht gelangweilt aus, als sie ihn auf seine Verletzungen hinweist. Er funkelt sie wütend an, als sie von den möglichen Konsequenzen spricht, und er packt ihr Handgelenk fest genug, um einen blauen Fleck zu hinterlassen, als sie seine Schulter zum Test mit ihrem Finger pikst. Nach langem Gezänk, zwei Beinahe-Schlagabtäuschen zwischen Draco und Seamus und vielen wütenden Blicken zwischen Hermine und Draco sind sie jetzt aber endlich auf dem Weg.
Hermine weiß inzwischen, dass, wenn Draco sich etwas in den Kopf gesetzt hat, es nicht viel Hoffnung gibt, ihn davon wieder abzubringen. Außerdem ist er fähig, willig und eine weitere Person, die man der sehr kurzen Liste hinzufügen kann. Gleichzeitig fühlt sie sich sicherer, wenn er hier ist, aber sie ist auch nervös wegen seiner Verletzungen. Sie kann nicht wissen, wie schwer sie sind oder wie sehr er das hier nicht tun sollte, bis er seine Schwäche zeigt, und dass das passiert ist bei Draco Malfoy sehr unwahrscheinlich.
„Ich sage dir, das ist eine schlechte Idee. Wir sind jetzt mit Malfoy in einem der am seltensten genutzten Sicherheitshäusern, und niemand weiß, wo wir sind. Das ist die perfekte Gelegenheit für ihn, mit einem Mord davonzukommen. Nicht, dass ich nicht in der Lage wäre, ihn vorher zu töten, aber das ist der Sinn der Sache, Hermine. Hast du deinen verdammten Verstand verloren?"
„Erstens, Seamus, sprich nicht so mit mir. Zweitens, wenn Draco sich dir gegenüber noch nicht bewiesen hat, dann hat er mit Sicherheit bewiesen, dass er dich für einen Dickschädel hält.", schnauzt Hermine, auch wenn sie später ein schlechtes Gewissen deswegen haben wird, aber sie ist schon lange am Ende ihrer Geduld angelangt.
Seamus steht beleidigt da, sein Ordensband hängt schlaff von einem Finger, während er sie anstarrt. Lavender kratzt sich in einem Moment der Unbeholfenheit an der Schläfe, offensichtlich unsicher, auf welcher Seite sie stehen sollte, und wahrscheinlich speichert sie die Information ab, um den Tratschtanten mitzuteilen, dass Hermine Draco Malfoy verteidigt hat. Schon wieder.
Hermine lenkt sich von ihrem schlechten Gewissen ab, indem sie sich das orangefarbene Band um den Arm bindet und in ihrem Kopf summt. Harold seinerseits bleibt mit einem Grinsen auf der Couch sitzen, das Hermine schon immer unglaublich gruselig gefunden hat. Lavenders Freund scheint kein Gespür für die Atmosphäre in einem Raum zu haben, das hatte Draco ihr vor einigen Wochen gesagt. Der ganze Raum konnte von einem Dutzend Emotionen erfüllt sein, oder jeder konnte vor Wut oder Unbehagen erstarren, und es ist, als hätte der Mann kein Ahnung was vor sich geht. Er... lächelt einfach weiter, starrt Lavender an oder beides, um die volle Wirkung zu erzielen.
„Ich schätze, jemand hat vergessen, alle Pläne zu besorgen.", sagt Draco auf eine Art und Weise, die sie wissen lässt, dass er ihre Inkompetenz schon vor langer Zeit erkannt hat.
„Welche Pläne? Für die Gebäude?" Draco antwortet Justin nicht, der inzwischen auch gelernt hat, dass der Blonde auf Fragen nicht mit offensichtlichen Antworten reagiert, also springt er stattdessen zur Erklärung über. „Wir haben uns alle geschnappt, die da waren."
Draco schiebt sich die Zunge in die Wange und hebt sein Kinn in Richtung Hermine. „Du musst mir zeigen, was deine ganzen kleinen Symbole bedeuten."
Hermine folgt ihm in die Küche und bleibt unbeholfen hinter ihm stehen, als er am Tisch stehen bleibt. Sie hat keine Ahnung, warum sie sich so unbehaglich fühlt, aber es ist so. Ihre Gefühle sind den ganzen Krieg über wie Tornados durcheinander gewirbelt, aber besonders in den letzten Tagen. Im St. Mungos ist sie so glücklich und erleichtert gewesen, ihn lebend zu sehen, so abgelenkt von Harrys Wohlbefinden, Rons Situation und Nevilles Tod, dass sie keine Zeit zum Nachdenken gehabt hat. Als sie das letzte Mal wirklich mit ihm allein gewesen war, ohne dass seine Augen benommen und seine Stimme von den Schmerzmitteln undeutlich gewesen war, hatte sie gedacht, es wäre das letzte Mal, dass sie ihn lebend wiedersehen würde.
Und jetzt ist er hier, bei relativ guter Gesundheit, völlig wach, völlig lebendig, und hier. Hier ohne ersichtlichen Grund, den sie zwar erahnen kann, sich aber nicht erlaubt, den Gedanken zu Ende zu führen, weil sie nicht damit umgehen kann, im Unrecht zu sein. Vielleicht kann sie auch nicht damit umgehen, im Recht zu sein. Aber sie will ihn berühren. Sie will den Schlag seines Herzens, die Wärme seiner Haut, seinen Atem spüren. Das ist der Grund für ihre Unbeholfenheit – ihr Wunsch, ihn zu packen oder zu umarmen, und ihr völliger Mangel an Wissen, ob sie das Recht dazu hat, das zu tun oder nicht. Sie braucht etwas, das sie wieder mit der Welt verbindet, denn seit sie nach dem Tod von Voldemort durch Justins verzweifelte Schreie aufgewacht war, sie treibt dahin wie vor über einem Jahr, bevor Draco sie wieder an Land gezogen hatte.
Er schaut über seine Schulter, zieht die Augenbrauen hoch, weil sie nicht an seiner Seite steht, und hält inne. Etwas ist an dem müden Blick in seinen Augen vorbeigeschlittert, und es ist das erste Mal, dass sie ihn so erschöpft sieht. Es erschreckt sie fast. Sie merkt, dass ihr Körper unter dem Gewicht ihrer Gefühle zusammensackt, und sie fragt sich, seit wann es ihr nichts mehr ausmacht, dass er sie geschwächt sieht. Sie richtet sich auf und befreit sich von ihren Gedanken an ihn und an alles, was in den letzten Tagen geschehen ist. Es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt für so etwas.
„Granger.", er sagt es so sanft, dass es ihr Herz zwei Schläge lang aussetzen lässt.
Sein Blick wandert nach oben, hinter sie, und sein Gesicht verhärtet sich wieder, der müde Blick verschwindet aus seinen Augen. Sie fragt sich, warum er ihr überhaupt erlaubt hat, ihn zu sehen. Justin geht an ihr vorbei zum Tisch und schlägt mit der Faust gegen das abgenutzte Holz, während er auf die ausgebreiteten Papiere hinunterschaut. Er braucht einen Moment, aber er ist nicht Harold, und als er zu ihr hinüberschaut, sieht er fast nervös aus.
„Na gut, dann lass uns gehen." Draco rafft die Papiere zu einem Stapel zusammen, rollt seinen Nacken und wirft Justin einen Blick zu. „Bist du fertig?"
„Ja. Ich muss nur noch meine Sachen anzie –"
„Dann tu das."
Justin wirft ihm einen bösen Blick zu und Hermine lächelt ihm zu, als er die Küche verlässt, um zu holen, was er anziehen muss. Seamus brüllt Harold etwas wegen seinem Lächeln zu und Lavender schreit zur Verteidigung ihres Freundes zurück. Draco wendet sich ihr voll und ganz zu, zurückhaltend und gefühlskalt wie ein Winterfeld.
„Ich habe dir nicht gesagt –"
„Nein, du warst zu sehr mit deiner Mitleidsparty beschäftigt, um daran zu denken, dass Zeit wichtig ist. Ist das nicht der Grund, warum du das hinter dem Rücken des Ordens gemacht hast?"
Hermine zieht überrascht den Kopf zurück und hofft inständig, dass sie eher wütend als beleidigt aussieht. „Ich bin mir vollkommen bewusst –"
„Dann hör auf, wie ein Haufen Fleisch herumzustehen und beweg deinen Hintern, Granger."
Sie bleibt die gesamte Mission wütend auf ihn und er schürt weiter das Feuer indem er ihr immer wieder gute Gründe liefert sauer zu bleiben. Erst als sie nach einer gründlichen Durchsuchung eines leeren Gebäudes und eines halb zerstörten Hauses erschöpft zum Sicherheitshaus zurückkehren, wird ihr klar, dass er das mit Absicht getan hat. Nicht ein einziges Mal ist sie von einem anderen Gefühl als Wut überwältigt worden, und die knochentiefe Müdigkeit, die sie in der Küche empfunden hatte, ist durch eine entschlossene Wut ersetzt worden, die ihn dazu bring, sie anzugrinsen, wenn er denkt, sie würde es nicht sehen.
Tag: 1440; Stunde: 19
Drei Minuten lang steht sie vor seiner Tür. Sie weiß nicht, wie oft sie ihren Arm zum Anklopfen oder zum Ergreifen der Klinke gehoben und gesenkt hat, aber es sind so viele Male gewesen, dass ihre Schulter anfängt, wehzutun. Sie ist kein Feigling, aber sie hätte es vermutlich nicht geschafft sich durchzuringen, die Tür tatsächlich zu öffnen und das weiß sie auch, als sich die Tür vor ihr öffnet.
Sie atmet tief ein und riecht den Schnaps in der Luft, als er im Licht des Flurs blinzelt. Manchmal gewöhnt sie sich so sehr daran, ihn vor sich und in ihrem Kopf zu sehen, dass sie vergisst, wie schön er ist, und das ist eine Schande. Sie errötet, ertappt, und ein kurzer Blick der Belustigung verzieht seinen Mund bei ihrem Anblick. Er stützt sich mit einem Arm über seinem Kopf am Türrahmen ab, so dass die Türöffnung ausgefüllt ist.
„Ich würde dich ja hereinbitten, aber ich bin mir nicht sicher, ob du eintreten willst oder ob du nur vorhast, die ganze Nacht vor meine Tür herumzulungern."
„Woher wusstest du, dass ich hier draußen bin?", antwortet sie ihm flüsternd.
„Der Schatten unter der Tür. Ich bin davon ausgegangen, dass es entweder du bist oder Finnegan, der mich im Schlaf ermorden will."
„Oh.", denn er ist wirklich der einzige Mensch auf der Welt, der ihren umfangreichen Wortschatz manchmal auf das Wesentliche reduzieren kann.
Er steht da und starrt sie so lange an, dass sie nervös ihr Gewicht verlagert, weil sie nicht weiß, was er denkt. Sie überlegt, ob sie sich eine Lüge ausdenken und weggehen soll, aber er durchschaut sie sowieso immer. Er wartet immer noch auf etwas, und sie hasst es, dass er es ihr so schwer machen muss.
„Hast du noch mehr?" Sie macht eine Trinkbewegung, und in seinen Zügen spiegeln sich Wissen und Neugier wieder.
Er tritt zurück und zur Seite, um ihr die Tür zu öffnen. Er hat sich in der Zwischenzeit an den paranoiden Blick gewöhnt, den sie über ihre Schulter wirft. Sie waren alle vor zwanzig Minuten ins Bett gegangen, so müde, dass die enthusiastischen Geräusche, die sie aus Lavenders und Harolds vorübergehendem Zimmer erwartet hatte, ausblieben.
Draco schließt die Tür hinter ihr und geht an ihr vorbei zum Schreibtisch. Sie muss blinzeln, um sich an das Licht zu gewöhnen, eine einsame Lampe auf dem Schreibtisch ist die einzige Lichtquelle im Raum. Sie fragt sich, ob es eine schlechte Idee war, dass sie gekommen ist, ob er mit dieser... dieser... Beziehung fertig ist, jetzt, wo der Krieg fast vorbei ist. Sie fragt sich, ob sie anhänglich aussieht oder so wirkt, als ob sie ihn zu sehr braucht, denn das ist das Letzte, was sie möchte, und der Gedanke daran lässt sie erröten, selbst nachdem er sich wieder auf den Weg zu ihr gemacht hat.
Er bleibt einen halben Meter vor ihr stehen, die dunkle Flüssigkeit wirbelt in dem Glas, das er in der Hand hält. Sie streckt ihre Hand danach aus, und als er sich nicht rührt, um es ihr zu geben, sieht sie auf und stellt fest, dass er auf sie herabstarrt. Das scheint er in letzter Zeit oft zu tun.
Die Art und Weise, wie er sie ansieht, verrät ihr, dass auch er alle möglichen Dinge, die er sagen könnte, durchgeht und verwirft, und die Stille wird so dick, dass sie Mühe hat zu atmen. Es gibt so viele Dinge, die sie ihn gerne sagen und fragen würde, aber das würde vieles wieder ausgraben, was sie am liebsten ignorieren würde. Sie will einfach nur aufhören, nachzudenken und sich diese Fragen zu stellen, und sie geht davon aus, dass es ihm genauso geht. Es ist der Grund, warum sie das Ganze überhaupt angefangen haben.
Dann bewegt er sich, fließend und entschlossen, und streckt die Hand aus, um das Glas auf der Kommode abzustellen und mit der anderen Hand ihre Hüfte zu ergreifen. Sie ist sich nicht sicher, ob sie sich gleichzeitig oder kurz danach bewegt, aber es fühlt sich an, als würde sie in dem Moment, in dem er die Hand ausstreckt, einen Schritt nach vorne machen. Dann vergraben sich ihre Hände in seinem Hemd, und sie drückt sich fest an ihn. Er beugt sich nach unten, als sie an seinem Hemd zieht, und dann küsst sie ihn, ein Zusammenprall von Mündern und Zungen, der ihr sagt, dass sie das nötiger hatte, als sie sich eingestehen will.
„Gott.", haucht sie und greift nach seinem Gesicht, ihre Finger gleiten in seine Haare.
Er brummt einen Atemzug gegen ihren Mund und greift nach unten, um ihre Beine von hinten zu packen und sie hochzuheben und an sich zu ziehen. Hermine kann ihre Hände nicht zügeln, sie folgen den Kanten seines Gesichts, seinem Hals, den Vertiefungen seiner Schultern. Sie drückt und zerrt und schlingt ihre Beine so fest um seine Hüften, dass ihre Muskeln brennen. Sie küsst ihn hart, Zähne treffen auf Zähne, ihre Zungen kämpfen um die Oberhand, um das Bedürfnis, um etwas, das ihnen nur der jeweils andere geben kann.
Seine Hände strecken sich aus, ihre Finger spreizen sich, als wollten sie so viel wie möglich von ihm spüren, seine Hände suchen ihre Taille, ihren Hintern, jeden Zentimeter freiliegende Haut. Er vertraut darauf, dass sie sich festhält, greift zwischen sie, um ihre Hose aufzuknöpfen, und schiebt eine Hand hinten unter ihr Oberteils. Seine Hand ist kühl auf ihrer Haut und drückt in ihren Rücken, während die andere den Saum ihres Oberteils ergreift und es hochzieht.
Hermine schnappt nach Luft und atmet den Sauerstoff ein, als sie ihre Arme hebt und sie sich aus dem Stoff befreien. Er wirft es irgendwo hinter sie und sie ergreift den Stoff an seinen Schultern und zieht es gewaltsam nach oben, weil sie sich nach dem Gefühl von seiner Haut auf ihrer sehnt. Er küsst den oberen Teil ihrer Brüste, ihren Hals, ihr Kinn und dann wieder ihre Lippen, beide ihre Körper bewegen sich, weil sie Luft brauchen, aber ihre Münder nicht voneinander lösen können. Wenn sie jetzt anhänglich wirkt und so als ob sie ihn zu sehr braucht, bringt er sie dazu, sich nicht weiter Gedanken darüber zu machen, sondern es als die einzige Möglichkeit zu akzeptieren.
Sie fällt zurück ins Bett, bevor sie überhaupt bemerkt, dass er darauf zugegangen ist, und sie atmet tief ein, um den Sauerstoff auszugleichen, der sie unter dem plötzlichen Druck seines Körpers verlässt. Er stützt sich mit einer Hand auf der Matratze ab, bringt etwas Abstand zwischen sie und zieht sich sein Hemd über den Kopf, während ihre Hände jeden Zentimeter Haut, der sich ihr offenbart, erkunden.
Er wirft sein Hemd nach hinten über seine Schulter und sieht auf sie herab, was ihre hektischen Bewegungen zum Stillstand bringt. Seine Haare stehen durch die statische Ladung seines Hemdes in alle Richtungen ab, seine Wangen sind gerötet und seine Augen dunkel. So mag sie ihn am liebsten, entblößt und außer Kontrolle. Sie wölbt ihre Hüften gegen ihn und Draco stöhnt, tief und rau, eine Hand versinkt in ihren Haaren, um ihren Mund wieder zu ihm zu ziehen, während er wieder auf sie herabsinkt. Die andere schiebt sich unter sie, um sie herum, die Muskeln in seinem Arm spannen sich an ihrem Rücken an, während er sie hochzieht und ihre Brust an seine presst. Seine Hand drückt ihre Hüfte, legt sich um ihren Hinterkopf, und er verschlingt sie auf eine Weise, die sie glauben lässt, dass sie die Fähigkeit hat, auch ihn anhänglich zu machen und dazu zu bringen, sie zu sehr zu brauchen.
Ihr ist schwindlig, heiß und sie ist ganz von ihm eingenommen. Sie ist diejenige, die als Erste ihren Mund zurückzieht und so heftig einatmet, dass es sie nicht wundern würde, wenn man es im ganzen Haus hören konnte. Er ist genauso laut, löst seine Hand aus ihren Haaren, um sich auf der Matratze abzustützen, und drückt sich hoch, als ihre Hände von seinem Rücken zu seiner Brust wandern. Er küsst ihren Hals, ihre Schlüsselbeine, ihre Brüste und hinunter, als er sich zurückzieht, um den Bund ihrer Jeans zu ergreifen, und sie merkt, dass sie zittert.
Er steht auf und lässt sie kalt auf dem Bett zurück, während er ihr in einem Zug die Hose und ihr Höschen auszieht. Er sieht sie auf eine Art an, die ihre Magengegend zum Kribbeln bringt und ihr ein Lächeln auf ihre geschwollenen Lippen zaubert, und er grinst wölfisch zurück. Dann lacht sie, weil sie sich absurd fühlt, aber nicht weiß, warum. Das Grinsen verschwindet langsam aus seinem Gesicht, als seine Augen ihren Körper abtasten, und sie ignoriert den Drang, sich zu bedecken oder ihrer Unsicherheit nachzugeben – er hat ihr immer wieder gezeigt, dass das die letzte Reaktion ist, die er von ihr will, und dass sie sich bei ihm nicht unsicher fühlen muss, nicht bei dieser Sache. Er bückt sich, um seine Hose auf den Boden zu schieben, und als er wieder aufsteht, ist da wieder dieser dunkle, raubtierhafte Blick, der sie ein verängstigt aber sie noch viel heißer macht.
Gott, wie viele Tage und Monate könnte sie damit verbringen, ihn einfach so anzustarren. Von eine Welle der Lust durchflutet, während sie jede Vertiefung und Kontur seiner Muskeln, seiner Haut, seiner Knochen betrachtet, die sie jahrelang erforschen könnte und doch nicht genug davon bekommen würde.
„Dra...", haucht sie leise, unterbricht sich aber als sie ein Knarren hört.
Sie hört ein weiteres Knarren im Flur hinter der Tür, und jetzt weiß sie, warum er so verdammt lange braucht, um weiter zu machen. Eine Tür schließt sich und ein leichtes Husten kommt aus der Richtung des Badezimmers. Sie blickt von der Tür zurück zu Draco, dessen Erschöpfung sich langsam wieder in seine Miene schleicht, und oh nein. Oh nein, denn sie wird nicht zu dem unbeholfenen Mädchen zurückkehren, das mit erhobenem Arm vor seiner Tür steht und nicht weiß, was es sagen soll. Weil sie nicht zulassen wird, dass er so vor ihr steht, und sie so auf seinem Bett liegt, und dass irgendjemand der Grund dafür ist, dass sie in ihr Zimmer zurückkehren muss, damit sie sich selbst um das hier kümmert während sie sich wünscht, er wäre es.
Sie sind zu zerbrechlich, sie beide. Wenn sie jetzt geht, kann sie nicht sicher sein, dass er ihr wieder die Tür öffnen würde. Er hat bewiesen, dass er sie immer noch will, und sie weiß, dass sie ihn auf eine Art und Weise braucht, an die sie nicht denken will. Also hört sie auf zu denken, und sie hört auf, so viel Angst zu haben. Er starrt sie vorsichtig an, behutsam, als sie sich auf die Knie zwingt, und scheint es immer noch nicht zu begreifen, als sie sich aufrichtet und ihn erneut küsst. Seine Finger umschlingen ihren Arm, und er erwidert den Kuss, als wäre er unsicher, und das gefällt ihr gar nicht. Seit wann kümmert es ihn, ob andere Leute etwas mitbekommen?
Ihr Atem geht stoßweiße, als sie sich zurückzieht, und sie spürt so etwas wie Ablehnung in ihrer Magengrube brennen. Verwirrung zeichnet sich auf seinem Gesicht ab, und seine Finger krallen sich fester um ihren Arm, als sie wieder zurücksinkt. Das lenkt ihre Aufmerksamkeit davon ab, seinen Blicken auszuweichen, und sie sieht wieder zu ihm auf und versucht sich zu erinnern, wo er ihre Kleider hingeworfen hat. Er legt den Kopf schief, seine Augen huschen über die Ebenen ihres Gesichts und er zieht sie wieder zu sich. Er küsst sie, und sie hält den Atem an, atmet laut aus, als er sich zurückzieht und sie ansieht. Ein weiterer Kuss, ein weiteres Zurückziehen, gerade als sie beginnt, ihn zu erwidern. Hermiones Gesichtsausdruck weicht ihrer Überraschung, als sie begreift, dass er sie testet. Abgesehen von den dunklen Augen und dem geschwollenen Mund sieht er genauso aus wie damals, als sie ihn beobachtet hat, wie er allein im Besprechungsraum Pläne geschmiedet hat. Auf der Suche nach allen Möglichkeiten, konzentriert und prüfend, mit einer rohen Art von Hingabe.
Was für ein dummer Mann. Obwohl er allen Grund zu der Annahme hatte, dass sie in dem Moment abhauen wollte, als sie einen ihrer Freunde vor der Tür hörte. Hat sie das nicht zuvor jedes Mal getan, wenn sie jemanden gehört hat? Sie würde das alles später auseinandernehmen, wenn sie die Geduld dazu hatte, aber das ist das Letzte, worum sie sich jetzt kümmern will.
Sie ist energisch, als sie ihn im Nacken packt und ihn dazu bringt, ihr auf halbem Weg entgegenzukommen, indem sie seinen Mund einnimmt und ihn mit sich herunterzieht. Er folgt ihr bereitwillig, atmet schwer aus, und als sich eine Tür öffnet und sie ihn immer noch küsst, schlingt er schließlich wieder seine Arme um sie.
Tag: 1441; Stunde: 5
Sie verbringt die Nacht immer noch nicht mit ihm. Es ist nicht so, dass sie sich für ihn schämt, und sie hofft, dass er das weiß. Es ist nur einfacher für die Leute, wenn sie es nicht wissen, und das braucht sie. Die Sache zwischen ihnen war schon kompliziert, wenn sie allein waren, geschweige denn, wenn es alle wüssten. Sie will sich nicht dem Geflüster stellen, das Lavender hinter sich herzuziehen scheint, den Vorwürfen ihrer Freunde, oder dass ihr jemand das Gefühl gibt, sie sei weniger wert, weil sie „mit Malfoy vögelt". Und das nicht nur, weil es er ist, sondern wegen der ganzen Sache mit dem Vögeln. Sie ist nicht einmal in einer festen Beziehung mit ihm. Draco ist nicht ihr Freund, und sie weiß nicht einmal, ob diese ganze Sache von einem Tag auf den anderen Bestand haben wird.
Wenn es etwas Festes wäre, an dem sie sich festhalten und für das sie kämpfen könnte, dann würde sie das tun. Sie würde es tun. Aber sie weiß nicht einmal wirklich, was er für sie empfindet, und obwohl sie für ihn und die Person, die er geworden ist, kämpfen würde, glaubt sie nicht, dass sie den Platz und die Energie hat, um für sie zu kämpfen, als etwas, das miteinander verbunden ist, egal, was irgendjemand darüber denkt. Zum Teufel, ihre Freunde haben bereits Probleme damit zu wissen, dass sie Freunde sind.
Aber da ist ein Blick in seinen Augen gewesen, der ihr in dieser Nacht den Schlaf geraubt hätte, wenn sie nicht so erschöpft gewesen wäre. Beinahe hätte sie es allen erzählen wollen, und sei es nur, um sicherzustellen, dass er sie nie wieder so ansieht. Sie hat einfach Angst vor so vielen Dingen, davor, dass er es abbricht, weil es so aussieht, als würde sie es zu ernst meinen, davor, es ihren Freunden zu erzählen, weil es wichtig genug ist, damit sie davon erfahren. Sie hat Angst davor, wie es sich anfühlen würde, wenn er sie verlässt und es dann alle wussten. Das Mitleid, die Witze, das Gefühl der Unzulänglichkeit. Sie würde dann mit ihren eigenen Gefühlen zu kämpfen haben, und sie bräuchte nicht noch mehr Drama dazu.
Sie hat es sich noch nie leicht gemacht, trotz ihrer Ausreden, und sie weiß, dass sie sich schämt, als sie sein Zimmer verlässt. Sie ist diejenige gewesen, die das Gehen nach dem Sex angefangen hatte, und er war derjenige gewesen, der es geändert hatte. Sie war diejenige, die immer Angst davor hatte, dass die Leute es herausfanden, und er, der es akzeptierte. Sie zählt ihre Fehler wie die Liebesmale, die er auf ihrer Haut hinterlässt, und sie fühlt sich wie ein Feigling. Es gib schon so viele schwierige Dinge hier, sie will nicht noch eine weitere Sache hinzufügen.
Tag: 1441; Stunde: 10
Hermine keucht so heftig, dass sie sich daran verschluckt, und reißt Lavender mit so viel Kraft zu sich, dass sie beide gegen die Wand geschleudert werden. Seamus hat den Zauberstab des Todessers in der Hand, bevor sich der grüne Rauch des Tötungsfluchs verzogen hatte, wo Lavenders Schulter gewesen war. Draco hat ihn keine Sekunde später gefesselt, während Justin in seinen Taschen nach dem Beutel mit den Portschlüsseln des Ministeriums kramt. Hermine klammert sich etwas länger an Lavenders Schultern, als sie es während einer Mission hätte tun sollen, und wenn Lavenders Schultern unter ihren schweißnassen Händen zittern, wird sie sie nicht darauf hinweisen.
„Geht es dir gut?" Hermine sieht Lavender an, als sie sich von ihr löst, sie nickt, ist aber sichtlich erschüttert.
„Heilige Scheiße, heilige Scheiße, heilige Scheiße." Harold legt ihr eine Hand auf die Schulter, aber Lavender zieht sich vor der Berührung zurück, schüttelt ihre Arme und spürt den Blutfluss, der bedeutet, dass sie noch am Leben ist.
„Sollen wir ihn verhören?" Seamus nickt zu dem Jungen, und Draco schüttelt den Kopf, während seine Augen um sie herumwandern.
„Er ist zu jung. Er wird nichts wissen."
Seamus ignoriert das und schaut zu den anderen, aber als sie nicht antworten, rollt er mit den Augen. „Ich werde mich wohl auf dein Wort verlassen müssen, da du ja ein paar echte Insider-Informationen darüber hast, wie die Todesser arbeiten."
„Nun, wenn ihr wollt", beginnt Draco, während seine Stimme harsch wird, „kann ich ihn befreien und euch mitnehmen lassen, damit ihr selbst ein paar Insiderinformationen bekommt –"
„Leute!", unterbricht Hermine den nächsten großen Ausbruch und beobachtet, wie Harold den Jungen so heftig schüttelt, dass er wie eine leblose Puppe in den Händen eines aufgeregten Dreijährigen aussieht.
„Weißt du, wo Ron Weasley ist? Sandra Colack, Peter Hemmings?"
„Schick ihn ins Ministerium. Er wird nicht reden, bis er unter dem Einfluss von Veritaserum ist."
Wahrscheinlich hat Draco recht, wenn man den trotzigen Blick des Jungen betrachtet, den er ihnen zuwirft. Sie hatten auch eine Viertelstunde lang versucht, einen der anderen jungen Todesser, die sie im Haus gefunden hatten, zum Reden zu bringen, und das hatte sich als völlige Zeitverschwendung erwiesen. Justin drückt dem Jungen den Portschlüssel in den Mund und steht auf, als er zum Ministerium verschwindet.
Das ist der vierte, den sie zurückgeschickt haben, und nach einer weiteren Durchsuchung des Hauses auch der letzte, den sie finden würden (oder der sie finden würde). Hermine versucht sich einzureden, dass es nicht sinnlos war, denn sie haben immer noch vier Todesser gefangen, egal ob sie einen niedrigen Rang hatten oder nicht. Aber das macht ihre Frustration und ihre Angst nicht weniger groß.
Tag: 1441; Stunde: 17
„Woher wusstest du das?" Hermine wartet, bis er sie verwirrt anschaut, bevor sie ihm die Tüte mit den Keksen aus der Hand reißt.
Die Verwirrung verwandelt sich in einen schneidenden Blick, als er nach vorne greift und ihr Handgelenk ergreift, ein bisschen zu spät, sodass sie gerade noch die Hand wechseln kann. „Woher weiß ich was?"
Er zieht sich auf seine Seite der Couch zurück und schnappt sich die Fernbedienung, für den Fall, dass sie sich auch darauf stürzen will. Sie haben beide immer wieder Schlafprobleme. Ihm ist der Schnaps ausgegangen, seine neue Schlafmethode, und sie ist mit ihren Gedanken ganz woanders.
„Was ich vorhatte. Mit Ron."
„Bitte. Du bist so berechenbar wie der Geschmack von Kürbissaft."
Sie hält in ihrem Griff nach einem Kecks inne, starrt ihn an und reißt schließlich die Tüte weiter auf, um besser rankommen zu können. „Nennst du mich etwa langweilig?"
Er schnaubt und schaltet auf die von ihm so geliebten Werbespots für Sport um. „Wohl kaum."
„Gut.", sagt sie und knabbert an einem Keks.
„Du wusstest, dass es Potter gut geht. Die ganze Welt wusste, dass es Potter gut geht. Als ich das mit Weasley erfahren habe, wusste ich genau, was du tun würdest. Dich mit deinen todessehnsüchtigen Ex-Gryffindors in die Gefahr stürzen und für das Gute kämpfen."
Diesmal schnaubt sie, ihr Mund ist trocken von den Keksen und sie beäugt sein Getränk. „Heuchler. Du kämpfst auch für das Gute. Und du bist hier, um dich mit uns ‚in die Gefahr zu stürzen'."
„Nun, jemand muss überleben, um die Geschichte zukünftigen Generationen zu erzählen. Eine Lektion für künftige Gryffindors, die ihnen beweist, wie dumm ihr Haus ist. Aber wie ich euch kenne, würden sie wahrscheinlich Freudentränen weinen, weil ihr so mutig gewesen seid."
„Richtig." Sie rollt mit den Augen und schnalzt mit der Zuge.
Er ist ein Ex-Slytherin und beweist die Eigenschaften seines eigenen Hauses, indem er wartet, bis sie es sich bequem gemacht hat, und ihr mit einem Grinsen die Tüte mit den Keksen aus der Hand reißt. Er sieht völlig überrascht aus, als sie sich anschließend auf ihn stürzt.
Ich hoffe, euch hat das neue Kapitel gefallen!
Das nächste kommt am 27.09.2022, Updates jeden Dienstag!
