Elizabeth wußte am nächsten Morgen nicht mehr so genau, ob sie seine Frage geträumt hatte oder ob es ernstgemeint war. William lieferte ihr schon sehr bald den Beweis für die Ernsthaftigkeit seiner Frage.
„Laß uns heute nach Meryton fahren und deine restlichen Sachen holen, Liebling," murmelte er, als Elizabeth sich in seinen Armen rührte und müde die Augen aufschlug. Sie kicherte.
„William…wie stellst du dir das vor?"
„Ich hab nur Spaß gemacht, Hon." Er zog sie auf seinen Bauch und sie legte ihren Kopf auf seine Brust. „Nein, ich möchte zuerst deine Eltern kennenlernen. Können wir heute oder morgen hinfahren?"
Elizabeth fuhr alarmiert auf. „Das ist nicht dein Ernst, oder?"
William schaute sie erstaunt an. „Warum nicht? Glaubst du nicht, sie wollen den Kerl gern kennenlernen, der ihre Tochter in den hohen Norden entführt?"
Elizabeth seufzte. Es war umsichtig und nett von ihm, daß er ihre Eltern kennenlernen wollte. Aber sie wußte nicht, ob sie es denn wollte. Ihre Mutter würde auf seiner Herkunft, seinem Reichtum herumreiten und peinliche Fragen stellen, ihr Vater ihn höchstwahrscheinlich dafür beschuldigen, seinen Arbeitsplatz wegrationalisiert zu haben.
„Warum rufst du nicht an und fragst, ob wir heute nachmittag kurz aufkreuzen können? Ich muß in drei Tagen wieder nach London und bis dahin sollten wir die Zeit nutzen. Ich ertrage es nicht, lange von dir getrennt zu sein, Liz. Ich will dich so schnell wie möglich bei mir haben. Auf Pemberley."
„Was sagen überhaupt Tim und Maggie dazu, wenn ich hier einziehe?"
„Sie lieben dich und werden kein Problem damit haben. Außerdem werde ich mein persönliches Glück nicht meinen Kindern opfern."
Sie sagten den Kindern nach dem Frühstück, daß Elizabeth hier einziehen würde und wie William vorausgesagt hatte, freuten sie sich darüber. Elizabeth war über ihre Reaktion erfreut und erleichtert zugleich. Mrs. Northam verzog keine Miene, aber sie bat William um ein kurzes Gespräch nach dem Frühstück. Er bestellte sie in sein Arbeitszimmer.
„Mr. Darcy, sie haben nichts erwähnt, aber werden sie meine Dienste noch benötigen, wenn Miss Bennet hier einzieht?"
William sah das Kindermädchen erstaunt an. „Selbstverständlich, Mrs. Northam. Miss Bennet ist berufstätig und kann sich nicht in Vollzeit um die Kinder kümmern, ebensowenig wie ich. Natürlich bleiben sie weiterhin die Nanny, Mrs. Northam." Er machte eine Pause und sah die Frau nachdenklich an. „Oder haben sie ein Problem mit Miss Bennet? Bitte sagen sie es ganz ehrlich."
Mrs. Northam lächelte gezwungen. Und wenn, würde ich es niemals zugeben, dachte sie boshaft. „Nein, natürlich habe ich kein Problem mit ihr, Sir," log sie.
„Sehr schön. Ich bin sicher, sie werden gut miteinander auskommen." Sein entrückter, verliebter Blick verursachte ihr regelrecht körperliche Qualen.
„Natürlich, Sir."
Mrs. Northam verließ so ruhig und gefaßt wie es ging das Arbeitszimmer. Die läufige Hündin zog also ein, die kleine Schlampe hatte William in ihre Netze eingewickelt und glaubte, mit ihrem Körper und ihren Tricks im Bett konnte sie ihn an sich binden. Aber dafür mußte sie früher aufstehen! Nun ja, es hätte schlimmer kommen können – immerhin hatte sie ihren Job noch – und wenn sie es geschickt anstellte, war die kleine Hure bald Vergangenheit.
Mrs. Northam hatte schon einige Ideen, wie sie die liebe Miss Bennet in Mißkredit würde bringen können.
Elizabeth hatte auf Williams Wunsch hin zuhause angerufen und gefragt, ob es ihren Eltern paßte, daß sie nachmittags kurz vorbeikämen. Sie hoffte, daß es zu kurzfristig war, aber ihr Wunsch wurde nicht erfüllt. Ihre Mutter war euphorisch, als sie sagte, mit wem sie kommen würde.
„Natürlich sind wir zuhause, Lizzy! Du raffiniertes Ding! Angelst dir still und heimlich William Darcy! Ach, ich bin schon so gespannt auf ihn! Sieht er wirklich so gut aus? Hat er wirklich soviel Geld? Kommt ihr mit dem Hubschrauber? Wann ist der Hochzeitstermin? Und was macht überhaupt…"
Elizabeth starrte den Hörer gequält an. Sie hatte es geahnt. Nachdem William ihre Eltern, vielmehr ihre Mutter, kennengelernt hatte, würde er nichts mehr davon wissen wollen, daß sie nach Pemberley zog, das ahnte sie bereits jetzt voller Sorge. Wenn dann noch ihr Vater damit anfing, daß er wegen ihm seinen Job verloren hatte…William würde auf Nimmerwiedersehen die Flucht ergreifen.
Sie beschloß, ihn vorzuwarnen und erzählte ihm ihre Befürchtungen. William lachte. „Liebes, ich will ja nicht, daß deine Mutter bei mir einzieht, sondern DU! Laß sie reden, ich mach mir da nichts draus."
„Aber es ist mir peinlich, wenn sie solche Sachen sagt! Und ich weiß nicht, wie ich sie davon abhalten kann…"
William zog Elizabeth an sich und sie beruhigte sich langsam wieder. „Mach dir keine Sorgen. Wir werden einen Kaffee trinken, ein bißchen plaudern und das wars. Das hat auf unsere weitere Beziehung doch keine Auswirkungen. Ich werde dich trotzdem wieder mit zurück nach Pemberley nehmen."
Elizabeth kicherte leise. „Und mit deinem Vater komme ich auch klar. Ich kann seinen Unmut gut verstehen, aber vielleicht ist er sachlichen Argumenten gegenüber ja aufgeschlossen."
Elizabeth konnte es nur hoffen. Sie beschlossen, die Kinder in Mrs. Northams Obhut zurückzulassen und fuhren kurz nach dem Mittagessen los in Richtung Meryton. Mrs. Northam nutzte die Gelegenheit, ihren ersten Köder auszulegen. Sie hatte die Kinder warm angezogen und die drei machten einen kleinen Spaziergang zum See. Sie überlegte, wie sie das Thema „Elizabeth Bennet" am besten anschneiden konnte, als Tim ihr auch schon das Stichwort gab.
„Daddy hat gesagt, daß Lizzy bald hier einzieht," sagte er und zog an einem schneebeladenen Tannenzweig. Maggie quiekte, als sie von einem Teil des herunterfallenden Schnees getroffen wurde.
„Ja," sagte Mrs. Northam. „Freut ihr euch, wenn sie hierherkommt?"
Tim zuckte die Achseln. „Sie ist sehr nett."
Mrs. Northam nickte. „Aber euer Vater wird dann wahrscheinlich noch weniger Zeit für euch haben, wenn sie hier wohnt."
„Warum?" wollte Tim wissen.
„Nun ja, weil sie natürlich so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen will und euer Vater wird ihr sicherlich nachgeben. Dann bleibt nicht mehr so viel für euch über."
Tim dachte nach. „Aber sie spielt mit uns und liest uns vor."
„Ja, das macht sie am Anfang, eurem Vater zuliebe. Aber jetzt sind sie auch weggefahren und haben euch nicht mitgenommen, nicht wahr? Nach Manchester zum Einkaufen haben sie euch auch nicht mitgenommen! Sie will euren Vater für sich alleine haben."
Tim war nachdenklich geworden. Seine kleine, arglose Kinderseele war natürlich leicht zu beeinflussen. Aber Lizzy war doch immer sehr nett zu ihnen! dachte er und runzelte die Stirn. Sie spielte mit ihnen und kümmerte sich um sie. Aber Mrs. Northam hatte andererseits auch recht. Seit sie hier zu Besuch war, hatte ihr Vater kaum noch Augen für etwas anderes außer Elizabeth. Immer klebten sie zusammen, küßten sich. Daß William seine Kinder niemals abwies, wenn sie etwas von ihm wollten oder ihn brauchten, fiel ihm gar nicht ein. Mrs. Northams Gift begann ganz, ganz langsam seine Wirkung zu entfalten.
Der Besuch bei Elizabeths Eltern verlief besser als gedacht. Mrs. Bennet war in Gegenwart des neuen Freundes ihrer Tochter wider Erwarten ziemlich eingeschüchtert und redete nicht gar so viel Unsinn, wie Elizabeth befürchtet hatte. Dazu kam, daß William umgänglich und höflich war und sofort einen Stein im Brett hatte, als er die Backkünste Mrs. Bennets lobte und mit ihr ernsthaft über Themen sprach, die sie mit ihrem Ehemann normalerweise nicht erörtern konnte. Gartenarbeit zum Beispiel oder von der Schwierigkeit, einen zuverlässigen Handwerker zu finden. Mrs. Bennet fühlte sich von ihm ernstgenommen und auch wenn sie ab und an in ihrer Aufregung ein wenig laut wurde, so konnte Elizabeth doch am Ende des Besuchs erleichtert aufatmen. Ihre Mutter hatte sich wacker geschlagen und auch ihr Vater hatte William nicht zu peinlich befragt. Im Gegenteil, sie hatte das Gefühl, daß auch William einen guten, normalen Eindruck auf ihre Eltern gemacht hatte.
Sie verbrachten die Nacht in Elizabeths Haus und wollten sich am nächsten Tag mit den Details des Umzugs befassen. William schüttelte fassungslos den Kopf, als er sein ehemaliges Haus sah, das nun zu einem dubiosen Club umgestaltet worden war. Es erinnerte ihn schmerzhaft an seine gescheiterte Ehe und das ganze Drama, das sich darum gebildet hatte. Aber er hatte nun Elizabeth, er hatte das Sorgerecht über zwei wundervolle Kinder und er hoffte, daß er bald wieder eine neue, komplette Familie haben würde. Mit Elizabeths Umzug war der erste Schritt getan, und irgendwann in nicht mehr allzu ferner Zukunft würde sie hoffentlich seine Frau werden. Und vielleicht hätten sie auch, in allerdings etwas fernerer Zukunft, auch ein Kind zusammen. Oder zwei.
Es wurde beschlossen, daß Elizabeth das Haus vorläufig behalten würde. Sie brauchte vorerst nur ihre Kleidung, ein paar persönliche Gegenstände sowie Dodgie einzupacken und immer mal wieder herkommen, um nach dem rechten zu sehen.
Und so zog Elizabeth peu a peu auf Pemberley ein. Die ersten Tage waren zum Eingewöhnen und noch eine Art Urlaub, aber irgendwann pendelte sich ein Rhythmus ein und das Alltagsleben begann. William mußte wieder arbeiten und auch Elizabeth konnte ihre Projekte nicht länger aufschieben. William hatte ihr ein Zimmer zur Verfügung gestellt, das sie sich nach ihren eigenen Wünschen und Anforderungen als Büro einrichten konnte. Einen luftigen, freundlichen Raum, ganz in der Nähe seines eigenen Arbeitszimmers. So oft es ging arbeitete er von zuhause aus und gerne leisteten sie sich gegenseitig Gesellschaft – wenn William nicht gerade Telefon- oder Videokonferenzen abhalten mußte und Elizabeth damit stören würde.
Elizabeth liebte diese ruhigen, gemeinsamen Stunden. William kam meist dann zu ihr, wenn er Verträge oder Dokumente lesen mußte und Elizabeth an ihren Sicherheitsprüfungen arbeitete. Dodgie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, bei diesen Gelegenheiten auf Williams Schoß platzzunehmen, sehr zu Elizabeths Verwunderung. Der Kater liebte William, einen Mann – nicht zu glauben.
Elizabeth fühlte sich also recht wohl in Derbyshire. Die Angestellten mochten sie gerne, weil sie höflich und freundlich war und sich nicht als Hausherrin aufspielte. Momentan hatte sie in etwa den Status eines geschätzten Dauergastes, der vielleicht irgendwann einmal Herrin von Pemberley werden würde. Aber das war sie momentan eben noch nicht und sie gab auch nicht vor, es zu sein. William war der alleinige Herr im Haus und Elizabeth akzeptierte es. Sie wollte es auch gar nicht anders haben.
Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätten sie sich allerdings von Mrs. Northam getrennt. Natürlich war ihr klar, daß weder sie noch William genügend Zeit hatten, sich ausführlich um die Kinder zu kümmern, aber das Kindermädchen war ihr immer noch ein Dorn im Auge. Das schlimme war, sie wußte noch nicht einmal, warum. Die Frau war höflich, wenngleich auch Elizabeth gegenüber reservierter als bei William, aber sie war nun mal auch immer präsent. Die Mahlzeiten nahm sie mit der Familie ein und auch abends leistete sie ihnen oft unwillkommene Gesellschaft. Waren die Kinder im Bett, hielten sich Elizabeth und William gerne noch ein wenig in der Bibliothek oder im Wohnzimmer auf, und dort war auch Mrs. Northam immer zu finden. Zwar etwas abseits und ohne sich aufzudrängen, aber sie war nunmal da. Nicht so schlimm war es, wenn sie beide in der Bibliothek lasen, aber manchmal mochten sie eben auch ein bißchen vor dem Fernseher kuscheln, und da hieß es doch, sich zurückzuhalten. Elizabeth haßte es, Beobachter dabei zu haben.
William lehnte es jedoch strikt ab, sie zu entlassen.
„Liebes, wer soll sich denn um die Kinder kümmern? Ich habe eine Firma zu leiten und du hast ebenfalls deinen Job und viel zu tun. Mrs. Reynolds ist mit dem Haushalt ausgelastet und kann nicht noch die Kinder übernehmen. Mrs. Northam jetzt zu verbieten, das Wohnzimmer oder die Bibliothek zu benutzen, erscheint mir etwas grausam."
Elizabeth seufzte. „Sie hat dich gut im Griff, William! Dazu kommt noch ihre raffinierte Mitleidsmasche, sie ist ja schließlich nur eine arme Witwe, die niemanden mehr hat. Ich traue ihr einfach nicht über den Weg, Hon."
„Darling, solange sie mir keinen Grund gibt, ihr nicht zu trauen, werde ich sie auch nicht rauswerfen. Die Kinder kommen gut mit ihr zurecht und wenn wir „richtig" alleine sein wollen, können wir ja immer noch ins Schlafzimmer gehen." Er zog sie auf seinen Schoß und knabberte an ihrem Ohr. „Apropos Schlafzimmer…ich hätte da so eine Idee…" murmelte er und im nächsten Augenblick hatten sie Mrs. Northam vergessen.
Aber es war nunmal nicht mehr möglich, sich spontan vor dem Kamin in der Bibliothek zu lieben oder im Wohnzimmer. Es war schon öfters zu peinlichen Zwischenfällen gekommen, wenn Mrs. Northam zum Beispiel nach dem Essen mitteilte, einen Spaziergang zu machen nur um zehn Minuten später ins Wohnzimmer zu platzen um William und Elizabeth in sehr eindeutigen Situationen vorzufinden.
Elizabeth fühlte sich in ihrem Liebesleben sehr stark eingeschränkt. Sie mochte nicht bloß aufs Schlafzimmer festgelegt sein, wenn sie mit William intim sein wollte, denn genau das machte den Reiz ihrer Beziehung doch mit aus. Sie glaubte fast, Mrs. Northam machte das mit Absicht, überall aufzutauchen, wo sie nicht erwartet wurde. Aber William wußte auch keine für sie befriedigende Lösung. Also blieben ihnen vorerst nur die Nächte, die sie im Schlafzimmer miteinander verbrachten. Wenigstens dort blieben sie ungestört.
Eines Tages saßen sie alle gemeinsam am Frühstückstisch. William las seine Zeitung, Elizabeth hatte ihr Frühstück bereits beendet und genoß ihre zweite Tasse Kaffee, die Kinder waren auf ihr Zimmer gegangen und somit saß nur noch Mrs. Northam mit am Tisch und beendete ihren Toast.
„William?" fragte Elizabeth leise.
„Ja, Liebes?"
„Ist es dir recht, wenn ich morgen einen Kunden hierher einlade? Mr. Tungsten, der Inhaber der Sandhurstbank in Manchester. Ich habe für sein Haus schon einmal eine Überprüfung gemacht und er hat möglicherweise einen neuen Auftrag für mich."
„Natürlich ist das in Ordnung, Liz. Ich drücke die Daumen, daß du den Auftrag bekommst."
„Danke, William."
Elizabeth machte den Termin mit Tungsten senior für den nächsten Tag aus. Sie war froh, daß sie immer noch ihr eigenes Geld verdiente, und außerdem machte ihr die Arbeit Spaß. Nein, sie wollte nicht von William abhängig sein müssen.
William mußte am nächsten Tag nach London fliegen und so war Elizabeth mit Mrs. Northam und den Kinder alleine im Haus. Das Kindermädchen spielte mit Tim und Maggie, während Elizabeth ihnen mit einem Kaffee und dem vorbereiteten Vertrag, den sie mit Mr. Tungsten durchgehen wollte, Gesellschaft leistete.
Es war kurz nach elf, als draußen vor dem Hauptportal ein Auto zu hören war und nur wenige Augenblicke später öffnete eines der Mädchen die Tür zum Salon und kündigte Elizabeths Besucher an. Sie erstarrte, als nicht etwa der alte Bankier das Zimmer betrat, sondern ein junger Mann, den sie nur zu gut kannte: Mr. Robert Ferrars, auch besser bekannt als der Namensgeber ihres Katers Dodgie – ihr Ex.
„Robert!" rief Elizabeth überrascht. „Wo ist Mr. Tungsten?"
Mr. Ferrars grinste und schüttelte den Kopf. „Ganz die alte Lizzy. Danke, mir geht es auch gut."
„Entschuldige." Elizabeth war immer noch wie vor den Kopf geschlagen. Was um alles in der Welt hatte Mr. Tungsten mit Robert Ferrars zu tun? Besagter Herr schien nicht überrascht, Elizabeth hier anzutreffen.
„Ich bin Sicherheitsberater für Sandhurst. Mr. Tungsten ist überraschend krank geworden und er hat mich geschickt. Schön, dich zu sehen, Lizzy. Du siehst gut aus."
Elizabeth ging nicht darauf ein. „Nun, am besten, wir gehen in mein Arbeitszimmer. Da können wir über den Vertrag reden."
„Sei doch nicht so kühl, Süße. Es gab mal Zeiten, da konntest du nicht genug von mir kriegen und jetzt tust du so, als wäre ich ein Fremder für dich."
Elizabeth schwieg eisig. Konnte er nicht seine verdammte Klappe halten, vor allem im Beisein des immer präsenten Kindermädchens? Sie wollte vorausgehen, aber in diesem Moment kam Dodgie ins Zimmer spaziert. Mr. Ferrars bückte sich zu ihm. „Na, wenn das nicht der alte Dodgie ist!" rief er aus und wollte den Kater streicheln, der jedoch fauchte und ihm auswich. Elizabeth grinste boshaft. Außer William ließ er keinen anderen Mann an sich heran. Kluges Tier.
Ferrars schüttelte den Kopf. „Und dabei hab ich dir deinen Namen gegeben, du undankbare Fellnase."
Mrs. Northam beobachtete die beiden interessiert. Mr. Ferrars schien Miss Bennet recht intim zu kennen, dachte sie befriedigt. Elizabeth war es offenbar überhaupt nicht recht, daß er hier war. Wenn sich da nicht etwas draus machen ließe...
„Kommst du?" fragte Elizabeth ungeduldig und hielt ihm die Tür auf. Betont langsam folgte Mr. Ferrars seiner Ex-Freundin in deren Arbeitszimmer.
Über eine Stunde lang quälte sich Elizabeth mit ihm herum. Sie war darauf vorbereit gewesen, Mr. Tungsten ihr Projekt in allen Details vorzustellen, aber es Robert zu erzählen war praktisch vergebene Liebesmüh. Er wollte Sicherheitsberater sein? Sie lachte bitter auf. Er hinterfragte fast alles, benötigte Erklärungen für die simpelsten Dinge und nach einer Stunde war sie davon überzeugt, daß er Mr. Tungsten überhaupt nichts würde davon erläutern können, geschweige denn eine Empfehlung aussprechen. Sie war sicher, den Job nicht zu bekommen.
Aber Mr. Ferrars hatte ganz andere Pläne. Es war damals Elizabeth gewesen, die sich von ihm getrennt hatte und er hätte nichts dagegen gehabt, wieder in ihr Leben zu treten. Es schien ihr nicht schlecht zu gehen, so wie sie hier lebte. Er wußte nur nicht so genau den Status, den sie hier einnahm. Frau des Hausherrn? Hm, sie trug zumindest keinen Ehering. Freundin? Mätresse? Sonstige Gespielin? Oder vielleicht sogar nur eine Angestellte?
„Ich bin bis heute nicht darüber hinweg, daß du mich verlassen hast, Lizzy," sagte Mr. Ferrars leise, als sie – zumindest seiner Meinung nach – am Ende der „Verhandlungen" angekommen waren. „Ich vermisse dich, Süße."
Elizabeth machte große Augen und traute ihren Ohren nicht. Was sollte das jetzt?
„Robert, hör auf damit. Wir haben uns getrennt und nichts mehr miteinander zu tun."
Robert ließ seine Blicke durch das Zimmer schweifen. „Du hast dir einen reichen Kerl geangelt, Respekt. Der kann dir sicherlich einiges bieten. Ich hoffe, er stellt dich auch im Bett richtig zufrieden?"
Elizabeth seufzte, rollte die Augen und schwieg. Sie wollte sich nicht von ihm provozieren lassen.
„Wir hatten ne Menge Spaß, Lizzy, nicht wahr? Hmmm...und du warst immer unersättlich. Es gab keinen Ort, an dem wir es nicht miteinander getrieben hätten..."
„Es reicht, Robert. Bitte geh jetzt."
Ferrars lachte. „Sag nicht, du erinnerst dich nicht mehr an die Zeit!" Er war dicht zu ihr getreten und hob mit einem Finger ihr Kinn an. „Wenn dir dein reicher, höchstwahrscheinlich langweiliger und impotenter Lover auf die Nerven geht – ruf mich an. Ich weiß immer noch sehr genau, wie du es gerne hast. Das verlernt man nicht."
Er strich ihr über die Wange und verließ das Zimmer.
Elizabeth blieb nachdenklich und gleichzeitig wütend zurück. Was sollte das? Sie bekam nicht mit, daß Mrs. Northam Mr. Ferrars aufgelauert hatte und ihn in ein – für sie jedenfalls – aufschlußreiches Gespräch verwickelte.
