Elizabeth war an diesem Tag bereits früh nach Manchester zu einem Kundengespräch gefahren und wollte anschließend noch ein wenig einkaufen gehen. „Bezahlt von meinem eigenen Geld!" wie sie William unmißverständlich und nicht wenig gekränkt mitteilte. Sie kam erst spät am Abend wieder zurück und traf William im Schlafzimmer an. Er war noch wach und saß in seinem Lieblingssessel vor dem Kamin, ein Buch auf dem Schoß und ein Glas Wein neben sich. „Hallo, Liz," sagte er leise.
„Guten Abend, William," sagte Elizabeth zurückhaltend, ging an ihm vorbei und begann, ihre Einkäufe auf dem Bett zu sortieren.
Normalerweise wäre sie zu ihm gegangen, hätte es sich auf seinem Schoß bequem gemacht und ihm von ihrem Tag erzählt. Sie hätten ein bißchen geplaudert, miteinander geschmust und wären schließlich zu Bett gegangen. Aber nicht heute. Bereits der gestrige Abend war für beide unbehaglich gewesen. Elizabeth war enttäuscht, gekränkt und wütend, daß William ihr nicht glauben wollte und William wußte nicht, was er glauben sollte. Er brauchte Zeit, aber die würde er nicht ohne weiteres bekommen.
„Wie war dein Tag?" fragte er schließlich. Elizabeth wandte sich um. „Anstrengend. Das Gespräch bei der Bank hat länger gedauert als geplant."
William schwieg und auch Elizabeth wußte nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Sie fühlte sich unendlich elend. Die negative Stimmung schlug ihr auf den Magen und sie wollte nichts lieber, als sich in Williams Arme zu kuscheln und alles wäre wieder gut zwischen ihnen. Aber sie wußte ja noch nicht einmal genau, was sie verbrochen hatte und warum er ihr nicht glaubte. Doch mit seinen nächsten Worten versetzte er ihr und ihrer Beziehung praktisch den Todesstoß.
„Elizabeth, was hältst du davon, wenn wir die Hochzeit noch ein wenig verschieben?"
Elizabeth, die gerade eine Hose zusammengefaltet hatte, ließ langsam ihre Arme sinken und wandte sich um. Ungläubig sah sie William an und er zuckte regelrecht zusammen, als er den Schmerz in ihren Augen bemerkte. Es war nicht verzweifeltes Entsetzen, so wie er fast erwartet hatte, es war ein verletzter, unglücklicher Ausdruck, der ihm fast das Herz brach.
„Du willst die Hochzeit verschieben?" sagte sie leise. „Warum?"
Tja, warum? Weil sie seltsame Post bekam?
„Ich denke, es ist momentan besser, wenn wir noch ein wenig warten und nichts überstürzen." „Aber warum, William?" fragte sie erneut. „Ist es, weil du immer noch glaubst, daß ich deine Kinder in Internate abschieben will? Weil ich es kaum erwarten kann, dein Geld für allen möglichen Unsinn auszugeben? Weil ich nur an deinem Bankkonto interessiert bin?" Ihre Stimme war lauter und entschieden geworden. „Ich kann nicht glauben, daß du das ernst meinst. Und ich bin enttäuscht, daß du mir nicht glaubst."
„Elizabeth... ich weiß momentan selbst nicht, was ich denken soll. Ich..." er seufzte und trat ans Fenster. „Ich glaube einfach, ich habe Angst. Ich könnte es nicht ertragen, eine zweite Ehe in den Sand zu setzen, ein weiteres mal eine falsche Entscheidung zu treffen."
Elizabeth schüttelte ungläubig den Kopf. „William! Glaubst du im Ernst, ich hätte dich die ganze Zeit über in Sicherheit gewogen, nur um jetzt, wo wir verlobt sind, Pläne zu schmieden, wie ich in Zukunft dein Geld ausgeben kann und deine Kinder loswerde? Und das alles vor deinen Augen?" Sie war fassungslos.
William fand keine Antwort. Er hatte insgeheim gehofft, sie würde verstehen und keine große Szene machen. Aber wie es weitergehen sollte, wußte er auch nicht so genau.
„Hast du dazu sonst nichts zu sagen?" Elizabeth war wütend. Wütend, enttäuscht, frustriert. „Du willst die Hochzeit verschieben, fein. Du kannst sie meinetwegen bis in alle Ewigkeit verschieben, William Darcy." Sie ging zur Tür, Tränen in den Augen. Dort wandte sie sich noch einmal um. Ihre Stimme war leise, aber fest. „Ich werde heute nacht in einem der Gästezimmer schlafen. Morgen früh fahre ich zurück nach Meryton."
„Elizabeth, bitte..."
Elizabeth schüttelte entschieden den Kopf. „Laß gut sein, William. Du hast zwei Probleme. Einerseits kannst du mir nicht vertrauen, andererseits hast du Bindungsängste. Es tut mir leid für uns beide, daß ich das vorher nicht gemerkt habe. Komm erst einmal selbst mit dir ins reine, ok?"
Mit einem letzten, bedrückten Blick wandte sie sich ab und verließ ihr gemeinsames Schlafzimmer. Als William am nächsten Morgen nach einer fast komplett durchwachten Nacht und nur wenigen Stunden leichten Schlafs erwachte, lag Elizabeths Verlobungsring auf seinem Nachttisch.
Elizabeth hatte ebenfalls nur wenig geschlafen in dieser Nacht. Sie hatte zunächst einen kleinen Koffer mit dem Notwendigsten gepackt und war am nächsten Morgen bereits früh losgefahren in Richtung Meryton. Bevor sie ging, hatte sie leise Williams Schlafzimmer betreten und ihren Ring auf den Nachttisch gelegt. William hatte unruhig geschlafen und da sie ihn nicht aufwecken wollte, hatte sie nur noch einen kurzen, traurigen Blick auf ihn geworfen und leise die Tür hinter sich geschlossen. Ohne jemanden über den Weg zu laufen, hatte sie das Anwesen verlassen, sich ins Auto gesetzt, tief durchgeatmet und war losgefahren in Richtung Meryton.
Elizabeth kam exakt bis zu den Grenzen des großen Parks. Als sie Pemberley gerade eben hinter sich gelassen und das Tor passiert hatte, fuhr sie an die Seite und ließ ihren bisjetzt aufgestauten Tränen freien Lauf.
Mehr als eine Viertelstunde saß sie weinend hinter dem Lenkrad, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, wieder umzukehren und noch einmal mit William zu sprechen und dem Drang, so schnell wie möglich die Gegend zu verlassen. Schließlich entschied sie sich für das letztere und – unterbrochen durch mehrere „Heulpausen" erreichte sie viele Stunden später endlich ihr Haus in Meryton.
Kaum hatte sie die kühlen, unbewohnten Räume betreten, als schon wieder die Tränen flossen. Sie schalt sich eine alberne Gans, aber sie war zu schwach, um aufzuhören. Ihr ganzes Leben, ihre ganze Zukunft war wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Aus heiterem Himmel. Vor wenigen Tagen noch war sie glücklich gewesen. Hätte ihr Leben auch nur annähernd besser sein können? Ein wundervoller Mann, der ihr sämtliche Wünsche von den Augen ablas und im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen trug, ein Leben in einem wahrhaftigen Palast, zwei reizende Kinder, denen sie gerne eine zweite Mutter gewesen wäre. Was hatte sie bloß getan, daß sich ihr Glück von einem Tag auf den anderen änderte? Ausgelöst durch dämliche BRIEFE?
Elizabeth hatte an diesem Abend keine Kraft mehr, um sich noch mehr Gedanken darüber zu machen. Sie hatte den ganzen Tag bereits vergebens gegrübelt und war nur noch müde und erschöpft. Ausgelaugt vom vielen Weinen fiel sie eine Stunde nach ihrer Heimkehr ins Bett und schlief einen erschöpften Schlaf.
Am nächsten Morgen erwachte sie früh und zuerst blieb sie mutlos und frustriert im Bett liegen. Noch ein paar Tränchen vergießen, aber dann riß sie sich zusammen. „Du wirst nicht in Selbstmitleid zerfließen, Elizabeth Bennet!" nahm sie sich streng vor und zwang sich aus dem Bett. Sie war relativ überstürzt abgereist und hatte in der ganzen Aufregung prompt ihren Laptop im Arbeitszimmer vergessen. Da sie momentan nicht davon ausging, jemals wieder auf Pemberley zu wohnen, ihr Computer aber lebensnotwendig für sie war, mußte sie wohl oder übel veranlassen, daß ihr das wertvolle Stück irgendwie zugeschickt wurde. Sie grübelte einen Moment, wie sie am besten vorging und kam zu dem Ergebnis, Mrs. Reynolds anzurufen. Zuerst redete ihr ein kleines Teufelchen ein, doch William anzusprechen, aber so verlockend der Gedanke auch war, so schnell hatte sie sich auch wieder davon verabschiedet. Nein, er würde nur denken, sie versuche es auf diese Tour mit einem billigen Trick. Elizabeth wußte, daß Mrs. Reynolds die meisten Anrufe im Haus entgegennahm, da William in seinem Arbeitszimmer noch eine eigene, private Rufnummer hatte, die nur wenigen Auserwählten zugänglich war.
Elizabeth wählte also die ihr vertraute Nummer und hörte, wie es hoch oben im Norden, auf Pemberley, klingelte. Es klingelte lange und sie wollte bereits enttäuscht auflegen, als der Hörer doch noch abgenommen wurde und eine atemlose, weibliche Stimme sich mit „Pemberley Manor" meldete. Elizabeth zögerte. Die Stimme war zu jung für Mrs. Reynolds und schließlich fragte sie, ob sie die Haushälterin sprechen konnte.
„Tut mir leid, Ma'am, Mrs. Reynolds ist nicht im Haus heute vormittag. Darf ich etwas für sie notieren?"
Elizabeth hatte mittlerweile erkannt, daß sie mit Nelly, dem Zimmermädchen, sprach und gab sich zu erkennen. „Nelly, hören sie, ich brauche ihre Hilfe. Ich muß mein Laptop unbedingt haben. Ich bin momentan in Meryton und sie müssen Mrs. Reynolds bitten, es mir zuzusenden, verstehen sie? Sie hat die Adresse."
Nelly bejahte. Sie arbeitete schon lange genug auf Pemberley um zu wissen, daß sie keine neugierigen Fragen zu stellen hatte. „Gut. Aber sie müssen mir noch einen Gefallen tun." Diesen zu verlangen fiel Elizabeth schwer, aber es mußte sein. Sie brauchte wichtige Daten aus ihrem Computer für ein Gespräch, das sie heute noch mit einem potentiellen Kunden führen mußte. Dafür mußte sie dem Mädchen ihre Zugangskennworte verraten. Sie hatte Bauchschmerzen dabei und hätte sich selbst beißen können, daß sie ihren Laptop vergessen hatte, aber es half im Endeffekt nichts. Geduldig erläuterte sie Nelly, was genau sie brauchte. Um die Telefonkosten nicht unnötig in die Höhe zu treiben, sollte das Mädchen in Ruhe nachsehen und sich dann wieder telefonisch mit den gewünschten Informationen bei ihr melden.
Nelly versprach, sich umgehend darum zu kümmern und lief in Richtung Arbeitszimmer. Sie hatte keine große Erfahrung im Umgang mit Computern und war nicht sicher, ob sie Miss Bennet weiterhelfen konnte. Lieber wäre ihr gewesen, wenn sich jemand darum kümmerte, der sich besser als sie mit der Materie auskannte. Aber wen sollte sie fragen? Mr. Darcy war bereits vor einer Stunde mit den Kindern weggefahren, worüber sie ehrlich gesagt froh war. Ihn zu fragen wäre ihr schwergefallen. Er war zwar nie unfreundlich zu ihr, aber sie hatte einen Heidenrespekt vor ihrem Arbeitgeber.
Sie sann immer noch darüber nach, als ihr Mrs. Northam über den Weg lief. Nelly faßte sich ein Herz und fragte das Kindermächen, ob sie ihr behilflich sein konnte und erläuterte kurz, worum es ging. Nun war Mrs. Northam auch keine Kapazität auf dem Gebiet der EDV, aber sie wußte immerhin mit Emails umzugehen und kannte sich zumindest ein bißchen damit aus. Als sie hörte, daß Elizabeth irgendwelche Daten suchte, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Sie war sofort bereit, dem Zimmermädchen zu helfen und gemeinsam betraten sie Elizabeths Arbeitszimmer.
Nelly war erleichtert. Mrs. Northam fuhr das Gerät fachmännisch hoch und verlangte von ihr das erste benötigte Kennwort. Nelly hatte natürlich keinerlei Ahnung, daß diese Wörter nach Möglichkeit auch geheim bleiben sollten und anstatt es für sich zu behalten und einfach nur über die Tastatur einzugeben sagte sie es laut zu Mrs. Northam. CUTEWILL.
Mrs. Northam verzog angewidert das Gesicht, sagte aber nichts. Sie ließ sich von Nelly genau erläutern, was Elizabeth von ihr wollte und suchte ihr die gewünschten Informationen heraus. Dabei erfuhr sie, daß Mrs. Reynolds den Rechner zu Elizabeth nach Meryton schicken sollte.
„Nelly, wir sollten Mrs. Reynolds damit nicht belästigen. Ich werde mich darum kümmern." Nelly, erleichtert, daß sie der gestrengen Haushältern nichts darüber erzählen mußte und die ganze Verantwortung auf Mrs. Northam abschieben konnte, war nur zu gerne dazu bereit. Sie bedankte sich höflich bei dem Kindermädchen und machte sich auf den Weg, Elizabeth anzurufen.
Mrs. Northam nahm in der Zwischenzeit das Gerät an sich und trug es auf ihr Zimmer. Mr. Darcy war mit den Kindern unterwegs und sie hatte daher genügend Zeit, sich ganz in Ruhe Elizabeths Rechner zu widmen. Sie lächelte boshaft. Es konnte interessant sein, einmal einen Blick in ihr Emailpostfach und andere Dokumente zu werfen.
Zunächst war ihre Ausbeute bescheiden. Die Emails waren zum größten Teil geschäftlicher Natur und für Mrs. Northam eher langweilig. Sie fand einen Ordner „William" und darunter einige private Mails, die Elizabeth mit William ausgetauscht hatte. Das meiste davon war ein Hin und Her an harmlosen Liebesschwüren und anderem verliebten Geplänkel, wenngleich auch die ein- oder andere pikantere Nachricht darunter war. Mrs. Northam war rechtschaffen empört als sie las, daß Elizabeth es nicht erwarten konnte, das neugekaufte Schaumbad auszuprobieren und William in der Badewanne ganz speziell zu verwöhnen, so wie er es gerne mochte. Mrs. Northam wurde rot, als sie in Williams Antwort nachlesen konnte, wie er sich das genau vorstellte. Begierig las sie die intime Korrespondenz und schämte sich nicht im geringsten, in die Privatsphäre ihres Arbeitgebers und dessen Freundin (zumindest war sie es noch gewesen zu diesem Zeitpunkt), einzudringen. Mit rotem, erhitzten Gesicht lehnte sie sich zurück und stellte sich in allen Einzelheiten vor, daß sie an Williams Seite sein würde und das alles mit ihm anstellen konnte.
Sie grinste. Elizabeth war vorerst aus dem Weg geräumt – sie mußte jetzt nur noch sicherstellen, daß es dabei blieb und ihre eigenen Chancen, William zu erobern, standen besser als je zuvor. Ja, ihre kleine Spielerei mit den ganzen Katalogen, die sie in Elizabeths Namen angefordert hatte, hatte sich ausgezahlt. Das war ja alles noch mehr oder weniger harmlos gewesen, aber als die Anfragen der Internate kamen, war Williams Geduld und vor allem sein Vertrauen in Miss Bennet erschöpft gewesen. Endlich sah er ein, daß diese Frau sein Untergang sein würde und er war sie elegant losgeworden. Sicherlich würde er nun Trost suchen und dann würde sie bereitstehen. Für ihn. Niemals hätte sie geglaubt, daß es so einfach werden würde. Aber sie würde endlich doch noch triumphieren. Und Elizabeth wäre schnell vergessen.
Mrs. Northam hörte draußen auf dem Flur plötzlich Stimmen und kam mit einem Schlag wieder in die Gegenwart zurück. Sie schaute auf die Uhr – es war noch genügend Zeit, den Computer ein wenig zu durchforsten. Vielleicht fand sich ja noch etwas, mit dem sie Elizabeth würde schaden können. Als sie auf ein Email von Robert Ferrars stieß, der unbedingt ein Treffen mit Elizabeth ausmachen wollte, aber offenbar damit keinen Erfolg gehabt hatte, kam ihr eine Idee.
Natürlich würde sie kein Email an Mr. Ferrars schicken können in Elizabeths Namen, wie sie zuerst geplant hatte, aber sie hatte eine viel bessere Idee. Und dabei mußte sie Mr. Ferrars gar nicht involvieren. Es genügte vollkommen, daß William alles mitbekam. Still vor sich hinlächelnd nahm Mrs. Northam den Computer wieder an sich und spähte vorsichtig hinaus auf den Flur. Niemand war zu sehen, die Stimmen waren weg und die Luft rein. Mrs. Northam schlich leise zu Elizabeths Arbeitszimmer zurück, lehnte die Tür nur ein wenig an, damit sie draußen rechtzeitig Schritte oder Stimmen hören konnte und stöpselte das Laptop ein. Suchend schaute sie sich um und da war er auch schon, der Drucker. Auch dieser wurde eingeschaltet und Mrs. Northam hoffte nur, sie würde es hinkriegen, ein paar Sachen ohne Probleme auszudrucken. Während der Computer hochfuhr, überlegte sie konzentriert, was sie schreiben wollte.
Zunächst versuchte sie, das Email von Mr. Ferrars auszudrucken und nach ein paar Minuten des Probierens gelang ihr das auch. Es war wunderbar passend: Mr. Ferrars bedrängte Elizabeth, ihm zu vergeben und sich mit ihm zu treffen. Ohne es William zu sagen! Mrs. Northam grinste hämisch. Allein dieses Email, hinter Williams Rücken, würde wahrscheinlich bereits genügen, Elizabeth Bennet in Mißkredit zu bringen. Aber sie wollte noch einen draufsetzen.
Sie nahm am Schreibtisch platz und verfaßte ein Antwortmail, indem sie zu einem Gespräch nur zu gerne bereit war und ihrem Ex-Freund vertraulich mitteilte, daß ihr kleiner Plan, eine Menge Geld aus William herauszuholen, unvorhergesehene Schwierigkeiten verursachte. Sie dichtete noch hier und da etwas dazu, signierte mit „Deine Lizzy" und druckte das Email aus. Nachdem sie sich vergewissert hatte, daß es ordnungsgemäß ausgedruckt worden war, löschte sie die elektronische Mitteilung wieder, fuhr den Laptop herunter und schaltete den Drucker aus. Beide Ausdrucke legte sie strategisch günstig auf Elizabeths Schreibtisch und verließ den Raum.
Sie konnte nur hoffen, daß William die Ausdrucke auch zu sehen bekam. Daß sie das Gerät hätte verschicken sollen, vergaß sie dabei ganz.
Die Glücksgöttin war William und Elizabeth wahrlich nicht hold. William hatte am Tag nach Elizabeths Abreise? Flucht? die Kinder ins Auto gepackt und war mit ihnen nach Manchester gefahren. Er hatte gehofft, sich abzulenken, aber das klappte nur bedingt. Die Kleinen hatten auf alle Fälle eine Menge Spaß, da ihr Vater nicht ganz bei der Sache war und ihre Einkaufswünsche in den einschlägigen Spielzeugläden praktisch ohne jegliche Gegenwehr erfüllte. Die kleinen Teufel nutzten Williams gedankliche Abwesenheit natürlich gnadenlos aus und kehrten mit einem Auto voller unnützer Einkäufe nach Pemberley zurück. Im Normalfall hätte William diese Shoppingorgie niemals erlaubt, und Mrs. Reynolds machte nur große Augen, als zwei Bedienstete schwerbepackt das Haus betraten und mit den Tüten und Päckchen im Kinderzimmer verschwanden.
William bat bloß um einen Kaffee und zog sich in sein Arbeitszimmer zurück. Er hatte ununterbrochen darüber nachgedacht, was er tun sollte. Irgendwann war er zu dem Entschluß gekommen, nach Meryton zu fahren und mit Elizabeth zu sprechen. Tief drinnen hatte er das Gefühl, daß er ihr Unrecht getan hatte. Es mußte irgendetwas ganz dummes hinter der ganzen Sache stecken. Es gab keinen Grund, Elizabeth nicht zu glauben. Und ja, verdammt, er liebte sie. Er haßte es, ohne sie einzuschlafen. Er haßte es, aufzuwachen und sie nicht an seiner Seite, in seinen Armen zu haben. Sie war erst einen Tag weg und er war schon kurz davor, Amok zu laufen. Er vermißte sie. Schmerzlich.
William nahm sich vor, noch in Ruhe seinen Kaffee auszutrinken und sie dann anzurufen. Gerade wollte er nach dem Telefon greifen, als es an die Tür klopfte und Georgiana den Kopf hineinsteckte.
„Hallo großer Bruder, hast du einen Augenblick Zeit?"
William schüttelte etwas unwillig den Kopf. „Was gibt's denn, Georgie? Ich wollte einen dringenden Anruf machen."
Georgiana wedelte mit zwei Blättern. „Ich denke, das interessiert dich mehr. Schau mal, was ich in Elizabeths Arbeitszimmer gefunden habe."
