Es war ein typischer Freitagabend. Das "Daily´s" brummte. Justin stand hinter der Bar und polierte Gläser. "Willst du Pause machen?" fragte Jose, der ebenfalls Gelegenheitskellner im Daily´s war. Jose war Mexikaner und lebte erst seit ein paar Monaten in New York. Sein Akzent war unüberhörbar und verlieh dem kleinen dunkelhaarigen Mann etwas exotisches. "Ich kann übernehmen." Justin nickte dankbar und war Jose sein Handtuch zu.
Als Justin aus der überfüllten Bar trat, zog er in tiefen Zügen die Nachtluft ein. Sie roch nach Abgasen, aber das war ihm in diesem Moment egal. Es war noch knapp ein Monat bis zu seiner Show und er konnte vor Nervosität kaum noch schlafen. Justin lehnte sich an die Hauswand und fischte aus seiner Hosentasche eine zerdrückte Zigarettenpackung. Er hatte sich eigentlich vorgenommen aufzuhören, den Versuch aber nach kurzer Zeit wieder aufgegeben.
"Hi Süßer, hast du Feuer für mich?" hauchte eine rauchige Stimme in Justins Ohr. Ein strahlendes Lächeln legte sich auf sein Gesicht als er die Stimmer erkannte. "Suse, ich wusste nicht das du aus San Francisco zurück bist!" Er umarmte die Frau. Susan Melton wohnte in der Wohnung über ihm. Sie war Mitte 40, was man ihr aber nicht ansah. Ihr blond gefärbtes Haar fiel ihr in kleinen Locken bis über die Schultern und das dezente Make-up verdeckte die kleinen Falten in den Augenwinkeln. Susan erinnerte ihn in vielen Dingen an Debbie. Sie war ebenso offen und hatte eine scharfe Zunge. Sie hatte sich von ihrem Mann scheiden lassen und war vor über 5 Jahren nach New York gezogen. "Du weißt wie das ist. Erst vermisst man seine Familie schrecklich, dann geht man sich tierisch auf den Geist. Also hab ich das nächste Flugzeug genommen und... hier bin ich!" Justin grinste und umarmte Susan noch einmal. "Ich bin froh das du wieder hier bist." "Hm, ich kann mir denken warum; du vermisst mein Essen." Justin errötete. "Na ja, so kann man es vermutlich auch sehen..." Susan lachte auf und tätschelte ihm die Wange. "Wie wär's, wenn du morgen zum Essen kommst. Dann kannst du mir all die neuen Gerüchte erzählen."
Es war kurz vor 3 als Justin endlich nach Hause kam. Er war müde, seine Füße taten weh und er hatte Hunger. Er hatte kaum seine Wohnungstür aufgeschlossen, als sein Handy klingelte. Fluchend angelte er es aus seiner Tasche und warf einen Blick auf das Display. Er rollte mit den Augen und nahm ab.
"Was wäre, wenn ich schon geschlafen hätte"
"Was"
"Brian, es ist 3 Uhr morgens. Da ist es üblich, das Menschen schlafen"
"Hast du"
Justin lachte: "Nein, ich bin grad von meine Schicht zurückgekommen. Und ich bin hundemüde"
"Ich habe das Gefühl, das du mich abwürgst"
Justin balancierte auf einem Bein, während er sich den linken Schuh auszog. "Nein... Ich bin einfach nur erschöpft. Und nervös. Es sind nur noch ein paar Wochen bis zur Show." Mit einem dumpfen Geräusch prallte sein Knie schmerzhaft gegen sein Bett. "Ah, verdammt"
"Justin, alles ok"
"Ja, ich bin gegen mein verdammtes Bett gestoßen"
"Versuch zu schlafen. Ich rufe dich morgen an, dann können wir reden"
Justin horchte alarmiert auf. Brian wollte reden! "Was gibt es denn"
"Ist nicht so wichtig. Schlaf"
Justin beruhigte sich etwas. Also kein Notfall und keine Lebenskrise. Er seufzte. "Dann bis morgen... heute, nachher!" Er legte auf und ließ sich rücklings aufs Bett fallen.
Brian konnte nicht schlafen. Seit Justin in New York war, passiert das in regelmäßigen Abständen. Besonders wenn sie telefoniert hatten. Brian hätte nie gedacht, das er sich so an eine Person im Bett neben ihm gewöhnen konnte. Und diese Person auch noch vermisste. Er würde es natürlich nie vor den anderen zugeben - besonders nicht vor Justin! Ein kleines Lächeln stahl sich auf Brians Gesicht. Er konnte sich die kleinen Witze gut vorstellen, die Justin machen würde. Andeutungen gegenüber ihren Freunden oder noch schlimmer vor Debbie.
Brian setzte sich auf und verließ sein Bett. Er würde heute keinen Schlaf mehr finden. Er startete seinen Computer und holte sich eine Falsche Wasser aus dem Kühlschrank. Auf der Ecke der Theke lag Justins Einladung. Sie war heute in der Post gewesen. Brian nahm sie hoch und las sie - vermutlich zum hundersten Mal. Nur noch ein paar Wochen, dann würde er seinen kleinen "Stalker" wiedersehen. Er verscheuchte die sentimentalen Gedanken und setzte sich an seinen Computer. Vielleicht könnte er etwas Arbeit erledigen.
"Hey," Michael hauchte Brian einen Kuss auf die Wange und ließ sich ihm gegenüber nieder. Das Diner war relativ leer. Die Partygänger lagen noch in ihren Betten. "Hey," begrüßte Brian seinen besten Freund. Er faltet die Zeitung zusammen und legte sie beiseite. "Wo ist der Professor?" "Er arbeite an einem neuen Buch. Ich bekommen ihm kaum noch zu Gesicht. Er ist total versessen." Brian grinste spöttisch. "Arme alleingelassene Hausfrau!" Michael warf ihm einen düsteren Blick zu. Dann erhellte sich sein Gesicht plötzlich. "Ich hab die Einladung für Justins Show bekommen." Brian nickte ohne eine Mine zu verziehen. "Wirst du hingehen?" fragte Michael neugierig. Brian seufzte, nickte jedoch. Es hatte keinen Sinn, seine Anwesenheit zu leugnen. "Du bist bestimmt wahnsinnig stolz auf ihn. Ich meine, eine eigene Show! Das ist ein Wahnsinns Erfolg!" Brian nickte wieder. Er wünschte Michael würde endlich aufhören, aber sein bester Freund schien erst richtig in Stimmung zu kommen.
Fast 10 Minuten hörte sich Brian mit stoischer Mine Michaels Redefluss an. Dann wurde er endlich durch Emmets erscheinen erlöst. Auch Em hatte anscheinend eine Einladung bekommen und weitere 10 Minuten vergingen in - wie Brian fand - sinnlosem Gespräch über Ausstellungen, Stolz und Justin und Brians Beziehung. Schließlich wurde es Brian zuviel. Er stand auf. "Wenn die Ladys mich entschuldigen!" Ohne Zurückzublicken floh Brian aus dem Diner in die sichere Stille seines Autos.
Sorry, für die lange Wartezeit, aber durch die WM kommt man ja zu nichts;-) Ich hoffe euch gefällt das Kapitel und ich versuche, das nächste schneller zu posten.
