Dabei war es Sommer und er hatte Ferien - die optimale Zeit sich irgendwo rumzutreiben, mit James, Peter und Remus eine Party zu feiern oder einfach Jenny wieder zu sehen.
Oder vielleicht lieber doch nicht? Schließlich war dieses Mädchen der Grund, dass sein alter Herr total ausgerastet war.
"Was, du triffst dich mit einem M... M... Muggelmädchen? Sag mir, womit ich das verdient habe!"
Seine Mutter war in Ohnmacht gefallen. Sirius hatte Jenny verteidigt, obwohl er manchmal selber seine Zweifel hatte, ob er und Jenny zusammenpassten. Schließlich war die Familie seit Generationen reinblütig gewesen.
Regulus, sein kleiner Bruder, hatte ihm einen Blick zugeworfen, den er nie vergessen würde. So wie er ihn kannte würde er sein freches Mundwerk nicht halten können und es seiner vorlauten Kusine Bellatrix erzählen. Und damit war klar, worüber sie sich im nächsten Schuljahr das Maul zerreißen würden. Sirius sah sich schon zum Spott der Slytherins werden, die sich auf ihre Reinblütigkeit besonders viel einbildeten.
Trotzig hatte er seinem Vater geantwortet und ein Wort hatte das andere gegeben. Erstaunt hatte Sirius festgestellt, wie heftig er plötzlich Partei für Jenny ergriffen hatte und Dinge sagte, die er bisher nicht einmal laut gedacht hatte. Mit einem Fluch hatte ihn sein Vater zum Schweigen gebracht.
"Du solltest einmal gründlich über deinen Standpunkt nachdenken", hatte er gedröhnt und ihn für sieben volle Tage in sein Zimmer gesperrt, wo er nun langsam vor sich hin rottete.
Jenny. Er hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet sie für ihn so wichtig geworden war. Sie war nicht seine erste Eroberung, keineswegs! In Hogwarts war er eigentlich immer von Mädchen umringt. Loreen war süß gewesen, aber es hatte ihn mehr interessiert, sie zu erobern, als mit ihr auszugehen. Davor war es diese Ricka, die ihn anhimmelte und schließlich wie eine Klette an ihm klebte. Jenny war anders. Er hatte sie auf einem seiner nächtlichen Ausflüge auf dem Besen beinahe von ihrem Moped geworfen und sie war vor Schreck in einer Blumenrabatte gelandet. Sie war geschockt gewesen, weil Sirius auf einem Besen geritten war. Er hatte sie nach Hause gebracht, ihr eine Geschichte erzählt, die sie ihm kein bisschen abgenommen hatte, die aber dazu geführt hatte, dass er sie zu einem Wiedersehen überreden konnte.
Sirius seufzte, als er an ihre erste Verabredung dachte. Sie waren in einem Saal gewesen, den die Muggel "Kino" nannten, und hatten sich einen Muggelfilm angesehen. Er hatte sich total beherrschen müssen, um seine Zauberkraft vor ihr zu verbergen. Schließlich hatte er seine Kusine Andromeda um Rat gefragt, die auch mit einem Muggel zusammen war und die ihm endlich den Rat gegeben hatte, ihr die Wahrheit zu sagen, wenn er es ernst mit ihr meinen würde.
Kreacher, der Hauself der Blacks, erschien mit seinem Mittagessen. Sirius erhob sich vom Bett und versuchte, sich an dem kleinen Wicht vorbeizuschleichen, aber eine magische Barriere hielt ihn zurück, als er durch die Türe marschieren wollte, und schubste ihn zurück in sein Zimmer.
Resigniert gab er den Versuch auf und nahm Kreacher den Teller mit seinem Essen ab.
"Der Meister meint, Sie wollen auf Ihrem Zimmer speisen", piepste der Hauself hochnäsig und Sirius warf den Teller nach ihm.
Eine Stunde später knurrte sein Magen und er bereute, dass er das Essen an den Elf verschwendet hatte. Die Einzelhaft begann ihn zu deprimieren.
Er dachte an Jenny. Es gab nur einen Weg: er musste hier raus. Verzweifelt öffnete er das Fenster und sah abschätzend in die Tiefe. Er hatte keine Wahl: der einzige Weg nach draußen war, aus dem Fenster zu springen. Wenn nur sein Besen in der Nähe wäre! Aber so einfach hatte es ihm sein Vater dann doch nicht gemacht.
Rasch suchte er ein paar Sachen zusammen. Kurz entschlossen warf er sein Kopfkissen aus dem Fenster. Dann lehnte er sich aus dem Fenster und richtete seinen Zauberstab auf das am Boden liegende Kissen. "Engorgio!", rief er. Er musste es dreimal versuchen, bis er es schließlich traf und es sich mit einem leisen Zischen aufplusterte und zu einem prall gefüllten Polster angeschwollen war.
Todesmutig stürzte er sich in die Tiefe und landete halb in dem Rosenbeet halb auf dem Kissen, das seinen Stoß einigermaßen abfing. Noch ehe ihn einer aus der Familie bemerken konnte, war er davon geschlichen und unterwegs zu Jenny.
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Jenny wohnte in einem kleinen Reihenhaus in einer Neubausiedlung, wo kaum Zauberer und Hexen lebten. Als er klingelte, winkte sie im vom Fenster aus zu und stand einen Moment später neben ihm auf der Straße.
"Hi Sirius", begrüßte sie ihn und schien erstaunt, ihn zu sehen.
"Hallo meine Schöne", begrüßte sie Sirius und wollte sie lässig den Arm nehmen, doch sie drehte sich von ihm fort.
"Schönes Wetter heute", fuhr er fort, als wenn nichts gewesen wäre.
"Wo bist du gewesen?", fauchte sie ihn an, "du hättest dich ruhig mal melden können!"
Sie hatten ziemlich unverbindlich vereinbart, sich wiederzusehen, und sie hatte ihm eine merkwürdige, lange Nummer auf die Hand gemalt und ihm so was wie "ruf mich an!" nach ihrer letzten Verabredung hinterher gerufen.
"Ich... also ich hätte dich zu gerne gesehen", stammelte Sirius, "...aber ich hatte..."
"Ich höre?"
"Zimmerarrest", murmelte Sirius verlegen. "Die ganze Woche."
"Zimmerarrest?", wiederholte Jenny ungläubig. "Gott, da musst du aber ganz schön was ausgefressen haben!"
"Ja sicher", antwortete Sirius stolz. "Nein, eigentlich nicht", fügte er ein bisschen weniger selbstbewusst hinzu. Eigentlich war ihm die Sache zu peinlich.
"Nun sag schon, mein kleiner Zauberer!", drängte sie ihn.
"Ich hatte Zoff mit meinem Alten", erklärte Sirius schließlich. "Er... Wollen wir miteinander... baden gehen? Es ist so heiß!" Er machte ein paar Schritte auf sie zu, doch sie wich zurück und ließ ihn zappeln.
"Lenk nicht vom Thema ab, Sirius Black!", erwiderte sie ernst und auf ihrer Stirn erschien eine kleine Falte, "wieso hattest du Zimmerarrest, so dass du mich nicht mal anrufen konntest?"
"Mein Vater... er will nicht, dass wir uns sehen." Endlich war es heraus. Sirius sah sie an und fürchtete, sie würde ihm jeden Moment ins Gesicht springen.
"Er will nicht, dass wir uns sehen?", wiederholte sie beinahe tonlos. "Aber er kennt mich doch überhaupt gar nicht!" Sie schluckte einen Moment, dann fuhr sie wütend fort: "Wer ist dieser Mister Black, der nicht will, dass sein Sohn mit mir ausgeht? Warum sagt er mir das nicht selber ins Gesicht?"
"Er..."
"Und was hat er gegen mich?"
Sirius fühlte sich auf einmal ziemlich erbärmlich. Wieso hatte er ihr nicht einfach eine Geschichte erzählt? Peter hätte sich sofort etwas ausgedacht, mit dem er sie überzeugt, ja vielleicht sogar beeindruckt hätte. Warum nur hatte er sie mit der hässlichen Wahrheit der Familie Black konfrontiert?
"Er... ist gegen eine Verbindung zwischen Zauberern und... Muggeln", antwortete Sirius schwach.
"MUGGELN!", schrie Jenny ihm ins Gesicht. "Ich hasse dieses Wort! Es klingt... herablassend."
"Entschuldige bitte", antwortete Sirius leise. "Es tut mir leid."
"Und was ist mit dir?", wollte sie wissen, "bin ich für dich auch nur so ein... Muggelmädchen?"
"Ich... nein...", stammelte Sirius und räusperte sich, um sich selber Mut zu machen. "Mir bedeutet es nichts, dass du keine Hexe bist, ehrlich. Ich finde dich großartig und ich bin gerne mit dir zusammen." Ein Grinsen lief über sein Gesicht. "Ich habe das meinem Vater ins Gesicht gesagt und dass er mir egal ist, was er davon hält."
"Das hast du... wirklich gesagt?" Sie sah ihn fragend an. Nun wirkte sie wieder selbstbewusst und stark, wie er sie kannte.
"Na klar", antwortete er lässig und schaffte es endlich, einen Arm um sie zu legen.
Sie platzierte einen Kuss auf seine Lippen und griff nach seiner Hand.
"Wie war das vorhin mit baden gehen?", wollte sie wissen.
"Gute Idee", grinste Sirius, "könnte fast von mir sein. Ich hol rasch meinen Bes... Mist!"
"Kein Problem", lachte sie, "lass uns das Moped nehmen. Gib mir fünf Minuten."
"In Ordnung", grinste Sirius. "Aber keine Minute länger!"
