"Lumos!" Sirius hielt seinen Zauberstab in der Hand und richtete den hellen, silbrigen Lichtstrahl auf ein Blumenbeet, in dem wilde Rosen blühten, auf ein Bänkchen, auf dem wohl tagsüber ein altes Pärchen im Schatten eines Fliederbusches saß, auf Blumentöpfe, wo Kräuter und Gewürze gezogen wurden. Jenny pflückte Sirius ein paar Tomaten aus einem Beet und Sirius brach Jenny eine Rose und heftete sie mit einem simplen Zauber an ihr Kleid.
"Wie findest du das da drüben?", meinte Jenny und deutete auf ein Gartenhäuschen mit roten Fensterläden, dass ganz von Efeu überwachsen war.
"Lass uns sehen, ob es uns gefällt", antwortete Sirius und betrachtete das Häuschen von allen Seiten. Fensterläden und Türe waren verriegelt. Jenny bückte sich und hob die Fußmatte hoch.
"Nach was suchst du?", wollte Sirius wissen.
"Nach einem Schlüssel", antwortete sie, "oder willst du durch das Schlüsselloch hinein?"
"Woher weißt du, dass er unter der Matte liegt?", fragte Sirius erstaunt.
"Ich weiß es nicht", lachte Jenny, "aber manche Leute haben keine besonders große Fantasie. Schade, kein Schlüssel."
Enttäuscht wandte sie sich ab und wollte schon weiter gehen.
"Alohomora!" Sirius beherrschte den Zauber zum Öffnen von Türen wie im Schlaf. Nur zu oft hatte er ihn benützen müssen, wenn die Neugier der Rumtreiber es mal wieder erfordert hatte.
Mit einem leisen Knacken sprang das Vorhängeschloss auf und Sirius öffnete die Türe. "Hereinspaziert!", forderte er Jenny auf, die das Häuschen begeistert betrat.
"Ach, wie süß!", rief sie begeistert aus, "schau mal wie liebevoll das hier eingerichtet ist!"
Sie führte Sirius in die enge Stube, wo es neben einem bequemen Sessel, einem Tisch, einem Stuhl auch ein gemütliches Sofa gab. An den Wänden hingen Fotos von glücklichen Familien, Kinderzeichnungen und ein gestickter Wandteppich mit der Aufschrift "Trautes Heim - Glück allein!".
Schweigend sahen sie sich um, dann sahen sie sich an. "Nicht schlecht", stellte Jenny fest, "aber wir finden noch ein besseres!"
Sie verließen das Häuschen und sahen sich nach einem anderen um. Das nächste war so klein, dass sie zu zweit kaum Platz zum stehen fanden, das zweite war größer, aber grässlich eingerichtet und das nächste hatte eine Tapete, die Jenny deprimierend fand.
Als sie um die Ecke bogen und Sirius in den Vorgarten leuchtete, sprang er rasch auf das Beet zu, ergriff einen Gegenstand, den er im Halbdunkel erblickt hatte, und warf ihn in hohem Bogen über das Dach des nächst gelegenen Gartenhäuschens und weit über den Gartenzaun auf den angrenzenden Acker.
"Was war das?", rief Jenny erschrocken, "wieso hast du denn den Gartenzwerg weggeworfen? Er hat dir doch nichts getan!"
"Weil ich schneller war als er", erwiderte Sirius, "diese Kreaturen sehen zwar irgendwie putzig aus, aber wenn du einmal ihre messerscharfen Zähne zu spüren gekriegt hast, bist du lieber schneller und entgnomst deinen Garten, bevor das Ungeziefer sich zu stark darin ausbreitet."
"Entgnomen?", lachte Jenny, "du bist ja witzig, Sirius, diese kleinen Kerlchen würden keiner Menschenseele etwas zuleide tun." Sie nahm einen kleinen Gartenzwerg mit roter Zipfelmütze, Gießkanne und Harke aus einem anderen Beet und reichte ihn Sirius. "Da, schau her! Er ist aus Ton und bunt lackiert! So was stellen sich sentimentale 'Muggel' in den Garten, weil sie den Kitsch schön finden!"
Sirius starrte auf das kleine, unschuldige Spielzeug und grinste. Irgendwie war diese Welt faszinierend... so völlig anders von der, die er kannte, liebenswert und doch irgendwie... total durchgeknallt!
Er stellte den Gartenzwerg zurück in das Beet und richtete den Zauberstab auf ihn. "Nanus Vivendi", murmelte er und plötzlich begann das kleine Kerlchen eifrig, im niedrigen Gras um ihn herum zu rechen und die Stauden am Rand des Beetes zu gießen.
Jenny und Sirius sahen ihm eine Zeit lang kichernd zu, dann setzten sie ihre Suche nach einer Bleibe für die Nacht fort.
Das übernächste, das sie besichtigten, gefiel ihnen auf den ersten Blick. Es war ein recht großes Häuschen, das ihnen schon weitem auffiel, weil es inmitten eines Rosengartens stand. Es besaß eine kleine Kochnische, einen Tisch auf dem frische Blumen in einer schlanken Flasche standen, und ein großes Bett mit vielen farbigen Kissen, das einladend und gemütlich aussah.
Jenny fand ein paar Kerzen und Sirius zündete sie an. Die langen Schatten, die an die Wand fielen, sahen gespenstisch aus und hüpften mit dem Flackern des Lichtes auf und ab. Sirius fand ein Radio und schaltete es mit einem leichten Wink seines Zauberstabes ein. Ein alter Schlager sang von Sehnsucht und Schmerz, und Sirius schaltete das Radio mit einem weiteren Wink wieder ab.
"Ich habe einen Bärenhunger!", seufzte Sirius und zog den Beutel mit Lilys Verpflegung aus der Jackentasche.
"Und ich erst...", bestätigte Jenny. Sie fanden einen Kanister mit frischen Wasser und Jenny pflückte in einem der Beete ein paar Blätter Pfefferminze, während Sirius den Kessel auf der Kochplatte beaufsichtige und Lilys Butterbrote, Obst und Joghurt auf dem Tisch ausbreitete.
Sie aßen mit viel Appetit und ließen nur einen kleinen Rest übrig. "Und jetzt will ich ins Bett!", verkündete Jenny und ließ sich ohne Vorwarnung von ihrem Stuhl auf das Bett kippen.
"He, und wer muss abspülen?", rief Sirius im Spaß.
"Du kannst ja noch einen Gartenzwerg verzaubern", murmelte Jenny müde und schob sich ein paar Kissen unter den Oberkörper.
"Das könnte dir so passen!", lachte Sirius. Er löschte alle Kerzen bis auf eine und kletterte zu ihr ins Bett.
"Du willst doch nicht etwa die Schuhe und deine Klamotten anlassen, Sirius Black!", schalt Jenny ihn.
"Und was ist mit dir?", konterte Sirius.
"Ich bin viel zu müde", antwortete sie und grinste.
"Kommt überhaupt nicht in Frage!", widersprach Sirius ihr und warf seine Schuhe in hohem Bogen auf den Boden. Hose und Hemd folgten.
Jenny sah ihm schweigend zu, dann bat sie ihn: "Wo ist das Nachthemd, dass Lily mir ausgeliehen hat?"
Sirius kramte in seiner Jackentasche und zog eine Tasche mit Klamotten hervor.
Wenig später lagen sie aneinander gekuschelt im Halbdunkel.
"Jenny...", begann Sirius nach einer Weile.
"Ja, Sirius", antwortete Jenny, "ich weiß, was du sagen willst."
"Du weißt...?" Sirius war wieder einmal überrascht.
"Ich liebe dich auch, Sirius", antwortete sie. Ihre rechte Hand wanderte über seinen nackten Oberkörper und zog ihn näher zu ihr heran.
