Das hier ist die überarbeitete Version!


Welcome to the truth

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Bisher noch ungeklärter Mordfall in Englands Schule für Hexerei und Zauberei

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ereignete sich in Hogwarts, Englands Schule für Hexerei und Zauberei, eine Tragödie. Unter den wachsamen Augen der derzeitigen Schulleiterin Minerva McGonagall, die seit der Pensionierung von Albus Dumbledore die Leitung der Schule Inne hat, geschah ein grauenhaftes und verabscheuungswürdiges Gewaltverbrechen.

Die 17 Jährige Megan B., eine Musterschülerin des Internats und Beste ihres Jahrgangs in Ravenclaw, wurde gegen etwa zwei Uhr Nachts ermordet. Die Schülerin, die sich auf Grund eines Armbruchs, den sie sich am Nachmittag dieses Tages bei einem unglücklichen Sturz von einer Treppe zugezogen hatte, befand sich zu diesem Zeitpunkt im Krankenflügel von Hogwarts. Ersten Vermutungen zufolge könnte dies bereits der erste Mordanschlag auf die Schülerin gewesen sein.

Die Krankenschwester, Ginny Weasley, war zum Tatzeitpunkt in ihren privaten Räumen und konnte aus diesem Grund nicht auf die vermeintlichen Schreie, der um ihr Leben kämpfenden Megan B., aufmerksam werden.

Ms. Weasley fand am Freitagmorgen die Leiche der Schülerin, die von einem derzeit noch Unbekannten vergiftet wurde.

Das Ministerium reagierte auf diesen Vorfall mit der Entsendung eines Teams von Auroren, das noch am Freitagvormittag in Hogwarts eintraf, und die Ermittlungen aufnahm.

Jedoch ist dazu zu sagen, dass der Leiter der Aurorenabteilung und Mann der derzeitigen Zaubereiministerin, Adrian Singer, den Ermittlungen nicht persönlich bewohnt, sondern lediglich Kollegen mit der Aufklärung dieses Mordfalles betraute. Es scheint so, als sei der Leiter der Aurorenabteilung mit dringenderen Angelegenheiten, als dem Mord an einer Schülerin in Englands Zauberschule beschäftigt.

Stattdessen führt in diesem heiklen Fall niemand anderer als Harry Potter die Ermittlungen. Mr. Potter, der nach dem Ende des Unnennbaren keinesfalls aus den Zeitungen verschwunden ist, nahm nach seinem Sieg über den, dessen Namen nicht genannt werden darf, aufgrund freundschaftlicher Beziehungen einen Posten als Auror im Ministerium an. Obgleich der eine oder andere Fall von geringerer Bedeutung von ihm und seinem Team gelöst wurde, blieb sein einziger nennenswerter Verdienst doch der Sturz des Unnennbaren vor nun mehr zehn Jahren.

Bis jetzt haben sich in dem Mordfall noch keine erwähnenswerten Fortschritte verzeichnet, doch Harry Potter versicherte der Reporterin des Tagespropheten, dass er den Fall bis Samstagabend gelöst haben wird. Mit Details und Fakten hielt sich der Auror zurück, doch weiß der Tagesprophet von Adrian Singer, dass es bereits einen Verdächtigen gibt, gegen den eindeutige Beweise vorliegen.

Die Rede ist von Professor Severus Snape, der als Lehrer für Zaubertränke in Hogwarts arbeitet, und bereits von Harry Potter wegen dieses ersten Verdachts unter Arrest gestellt wurde.

Der Auror selbst machte hierzu keine Angaben.

Severus Snape, ein früherer Todesser, der aber in den Todesserprozessen vor zehn Jahren freigesprochen wurde, arbeitet bereits seit 26 Jahren als Lehrer für Zaubertränke in Hogwarts. Es scheint kein Zufall zu sein, dass Megan B. mit einem schnell wirkenden und auch sehr seltenen Gift ermordet wurde, zu dem außer Severus Snape in Hogwarts niemand Zugang hatte.

(…)

Außerdem sind dem Tagespropheten Gerüchte bekannt, laut denen Severus Snape, entgegen seiner Verantwortung gegenüber Schutzbefohlenen, eine Affäre mit der ermordeten Megan B. gehabt haben sollte. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, so wird sich Professor Snape auch für diese Straftat mit einer Haftstrafe in Askaban belangt werden.

(…)

Aufgrund dieser neuen, und zweifelsohne erschreckenden Nachrichten, die uns aus Hogwarts erreichen, sind die Befürchtungen und Ängste all jener Eltern, deren Kinder sich derzeitig in Hogwarts aufhalten, nur allzu leicht nachzuvollziehen. Letzten Endes können wir nur erahnen welche kriminellen Energien sich noch hinter den hohen Mauer dieser ehrwürdigen Schule verbergen, und hoffen, dass Minerva McGonagall in Zukunft gewissenhafter bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte sein wird.

Reporterin des Tagespropheten Rita Kimmkorn

Artikel wird fortgeführt auf Seite 4 und Folgende

# # #

Ich lasse die Zeitung sinken und starre den Artikel finster an.

„Ich bring sie um", sage ich tonlos, und starre weiter auf die Zeilen aus schwarzer Tinte und das Bild des Schlosses.

„Ich helfe dir", entscheidet Roger spontan, und trinkt einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse.

„Also gut, so machen wir es: Du ziehst ihr die schwarze Kapuze über den Kopf und ich werde sie von hinten ersteche. Wenn wir vorgehen wie Muggel, sind die Chancen geringer, dass man bei den Ermittlungen einen von uns verdächtigt."

Roger nickt zustimmend. „Einverstanden. Montagabend? Da hab ich frei."

„Gut, ich auch", antworte ich und nippe ebenfalls an meiner Kaffeetasse.

„Was Montagabend?", fragt Abby, die plötzlich neben mir steht.

Ich werfe einen Blick durch die Halle und bemerk mit einem Grinsen, dass die Blicke von beinahe allen Schülern auf Abby kleben geblieben sind. Kein Wunder. Der weiße Laborkittel, den sie über ihren Sachen trägt, bringt die schwarzen und teilweise zerrissenen Klamotten noch besser zu Geltung. Der Grund dafür könnte aber auch bei dem knallroten Lippenstift oder den zehn Zentimeter hohen Plateauschuhen zu finden sein.

„Montagabend ermorden wir Rita Kimmkorn", erzählt Roger bereitwillig und er macht sich nicht einmal die Mühe seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern zu senken.

Ich glaube langsam er nimmt das nicht ernst.

„Aha. Und wie wollt ihr sie dieses Mal um die Ecke bringen?", fragt Abby neugierig.

„Harry ersticht sie, damit der Verdacht nicht auf uns fällt", berichtet Roger und beißt herzhaft in sein Marmeladenbrötchen.

„Ich vermute mal der Grund dafür ist der Artikel in dem sie Minerva McGonagall bloßstellt, Harry als inkompetenten Schwachkopf darstellt und eine Hexenjagd auf Snape eröffnet?", fragt Abby und grinst.

„Wenn du das so sagst, klingt es wie Rache", antworte ich missmutig, und verziehe das Gesicht.

„Wenn ihr wollt, helfe ich euch. Es gibt da einen Franzosen, der behauptet, eine Emulsion erfunden zu haben, die jegliche Fingerabdrücke zu einhundert Prozent verschwinden lässt. Ich persönlich glaube zwar nicht, dass das tatsächlich funktioniert, denn solche Mittel sind niemals hundert Prozent zuverlässig, das liegt an der Geschwindigkeit der osmotischen Vermischung…"

„Danke Abby", unterbreche ich sie mit zusammengezogenen Augenbrauchen. Von so vielen unverständlichen Fachausdrücken bekomme ich schon am frühen morgen Kopfschmerzen.

„Vielleicht überlegen wir uns doch noch eine andere Methode."

Abby nickt eifrig. „Sagt mir bescheid, vielleicht kann ich euch trotzdem helfen."

Roger wirft mir einen Blick zu, den man nicht falsch verstehen kann. Seiner Meinung nach hat Abby nun endgültig den Verstand verloren. Vielleicht sollten wir das besser richtig stellen, bevor sie uns noch die Aufsichtsbehörde auf den Pelz rückt…

„Ähm, Abby hör mal, dir ist schon klar, dass wir …", doch ich breche ab, als ich das Grinsen sehe, das sich langsam auf Abbys Gesicht ausbreitet. Diese kleine Verrückte. Für einen Moment habe ich tatsächlich geglaubt, dass sie uns das allen Ernstes abgekauft hat.

„Was hast du für mich Abbs?"

„Ich habe da etwas Interessantes gefunden, das du dir ansehen solltest."

„Haben dir die Fingerabdrücke auf dem Zutatenschrank etwas gesagt?", erkundige ich mich, während ich mir ebenfalls ein Brötchen mit Marmelade bestreiche.

Meinen ersten Schreck an diesem Morgen habe ich schon hinter mir, da brauche ich was im Bauch für den zweiten, der sicher nicht allzu lange auf sich warten lassen wird.

„Klar, wir haben uns prima unterhalten. Aber das Glas war ein noch viel ansprechenderer Zeitgenosse."

Ich sehe Abby skeptisch an und lege den Kopf schief. Sie hat eindeutig schon mehr als ein Mal irgendwelche besorgniserregenden Dämpfe eingeatmet.

„Nun kommt schon", verlangt sie und tippelt mit ihren halsbrecherischen Schuhen in Richtung Hallentür.

Ich klopfe Roger, der ihr mit zusammengezogenen Brauen hinterher sieht, auffordernd auf die Schulter und trinke meinen Kaffee aus, bevor ich von meinem Stuhl aufstehe.

So viel zu meinem Frühstück.

# # #

Draußen in der Eingangshalle kommen gerade noch ein paar Slytherins aus den Kerkern, um zum Frühstück zu gehen - unter ihnen auch Luther Waisfield. Da es Sonntag ist, tragen alle Muggelkleidung, Jeans und Pullover. Auch Luther hat auf seinen Umhang verzichtet und trägt nur einen roten Pullover und eine blaue Jeans. Als wir an der Gruppe vorbei gehen, bleibt Luther stehen und spricht mich an.

„Guten Morgen, Mister Potter. Ich habe gehört, dass Sie Professor Snape unter Arrest gestellt haben."

Ich nicke. „Ja, das ist richtig."

„Und? Wann werden Sie ihn den Dementoren von Askaban übergeben?", erkundigt sich der Slytherin.

Ich stutze für einen kurzen Augenblick. „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen", antworte ich vorsichtig und sehe den Jungen prüfend an.

Luther sieht verwirrt aus. „Dann haben Sie noch einen anderen Verdächtigen?"

„Nein", stelle ich klar. „Aber ich werde erst jemanden nach Askaban schicken, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind."

Luther nickt. Anscheinend hat er sich wieder gefangen „Natürlich. Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg."

Damit gehen er und die Slytherins weiter.

„Na hoppla, da scheint es aber jemand besonders eilig zu haben Snape los zu werden", meint Roger, während wir in Richtung Kerker weiter gehen.

Ich ziehe die Brauen nach oben. „Ist das ein Wunder? Wir wären früher auch froh gewesen, ihn los zu werden und dabei hätte es uns nicht im Geringsten interessiert, ob man ihn umgebracht oder eingesperrt hätte."

Darauf fällt Roger nichts mehr ein.

# # #

Ein paar Minuten später stehe ich neben Roger und Hunt in einem alten Abstellraum, in dem Abby ihr Labor eingerichtet hat. Ich frage mich jedes Mal, wenn ich die ganzen Apparaturen sehen, wie sie es schafft das viele Zeug so zu schrumpfen, dass es in ihre Tasche passte. Selbst bei einem Zauber, der alles auf Stecknadelkopfgröße verkleinert, scheint es mir viel zu viel zu sein.

Abby lässt gerade das Glas, in dem das Gift war, vor uns in der Luft schweben und ich bin wirklich schwer beeindruckt, dass es ihr gelungen ist die Scherben wieder zusammen zu setzen. Wenn ich die Bruchstücke nicht mit meinen eigenen Augen gesehen hätte, wäre mir niemals der Gedanke gekommen, dass dieses Glas noch vor nicht allzu lange Zeit ein Scherbenhaufen gewesen war.

„Also, ich habe die Scherben zusammengesetzt und bin dabei auf etwas aufmerksam geworden. Siehst du, hier", Abby tippt mit ihrem Zauberstab an den Rand des Glases. „Das sind Snapes Fingerbadrücke."

Die fünf Abdrücke leuchten rot, als Abby den Zauber über das Glas legt.

„Und jetzt, sieh sie dir mal genau an", fordert sie.

Ich starre auf die roten Punkte, die auf dem Glas sichtbar sind. Es sind Fingerabdrücke. Etwas ratlos sehe ich wieder zu Abby und ziehe die Brauen hoch.

„Und?"

„Fällt dir nichts auf?", fragt Abby verständnislos, doch ich kann nur den Kopf schütteln. Wie schon gesagt, es sind Fingerabdrücke, das konnte ich gerade noch erkennen.

„Nein Abby mir fällt nichts auf und jetzt bitte spuck es schon aus, wir sind hier nicht bei der Galleonen-show!"

Abby rollt genervt mit den Augen.

„Ja, ist ja gut. Also sieh her. Der Mörder hat das Glas in der Hand gehabt und Megan das Gift damit eingeflößt. Snape ist Rechtshänder und die Abdrücke auf dem Glas stammen auch von einer rechten Hand, aber jetzt sieh dir mal an was passiert, wenn ich das Glas in die Hand nehme."

Abby legt einen weiteren Zauber über ihre Hände und legt dann ihre Finger genau über die Abdrücke. Doch egal wie sie ihr Hand auch zu drehen versucht, die Abdrücke passen nicht. Sie macht einen weiteren Schlenker mit ihrem Zauberstab und das Glas dreht sich mit der Öffnung nach unten. Jetzt passen ihre Finger zumindest der Richtung nach auf die Abdrücke.

„Sie sind falsch herum", stelle ich fest.

Abby nickt zufrieden.

„Genau. Und außerdem sind auf dem Glas genau fünf Fingerabdrücke, keiner mehr und keiner weniger. Das heißt entweder, der Mörder hat es die ganze Zeit über genau gleich in der Hand gehabt, ohne es anzustellen - noch dazu falsch herum - oder er hat Handschuhe getragen, und Snape hat Megan nicht umgebracht. Er hat es nach dem Benutzen mit einem Zauberspruch gereinigt und in seinen Schrank gestellt, und der echte Mörder hat es ihm zusammen mit dem Gift gestohlen, und absichtlich am Tatort liegen lassen. Wahrscheinlich um Snape den Mord in die Schuhe zu schieben."

„Aber dann müsste jemand in Snapes Räumen gewesen sein, um das Glas und das Gift zu stehlen, und glaub mir, das ist extrem schwierig ohne erwischt zu werden", gebe ich zu bedenken, und Roger sieht mich von der Seite her fragend an.

Ich übersehe diesen Blick lieber. Ich hab jetzt nicht die Zeit für lange Erklärungen.

„Dann sind wir uns einig, dass Snape nicht der Mörder ist, oder?", fragt Abby und ehrlich gesagt wird mir ihr Interesse an Snapes Unschuld langsam etwas unheimlich. Irgendwie klingt sie immer so enthusiastisch wenn sie von ihm redet…

Ich wiege nachdenklich den Kopf von einer Seite zur anderen. Die Fingerabdrücke auf dem Glas widerlegen, dass Snape Megan vergiftet hat, und auch die anderen Beweise sprechen dafür, dass Snape nicht unser Mörder ist, aber es wäre so schön gewesen ihn guten Gewissens in Askaban verschwinden zu sehen…

Als ich nicht sofort antworte, stemmt Abby entrüstet die Hände in die Hüften. Sieht hat dabei bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Molly Weasley…

„Ach komm schon, gegen die Fingerabdrücke auf dem Glas kannst du nichts machen! Sie sind nun mal verkehrt herum, und so kann er das Glas unmöglich gehalten haben. Und wenn er Handschuhe an gehabt hätte, hätte er nicht sein eigenes Glas mit seinen Fingerabdrücken drauf genommen!"

Ich hebe beschwichtigend die Hände um Abbys Redefluss zu stoppen. Dann werde ich wohl doch einsehen müssen, dass Snape gar kein so mieser Kerl ist.

„Okay ich sehe es ja ein. Zufrieden?"

Abby nickt und ein breites Grinsen erscheint auf ihrem Gesicht. Ich muss sie wirklich fragen was sie mit Snape für ein Problem hat, oder genauer gesagt, warum sie mit Snape kein Problem hat.

„Habt ihr noch andere Spuren in Snapes Räumen gefunden?", frage ich, denn wenn der Fall nicht bis heute Abend gelöst ist, dann bekomme ich kein Weihnachtsgeld und der Tagesprophet nimmt mich in der Montagsausgabe auseinander.

„Ja, wir haben Fingerabdrücke auf dem Schrank gefunden und ein paar davon gehören nicht Snape", berichtet Abby.

„Und wem dann?"

„Das wissen wir noch nicht. Jedenfalls stimmten sie nicht mit der Datenbank des Ministeriums überein."

„Okay, angenommen Snape war es nicht…", beginne ich und kassiere prompt einen missbilligenden Blick von Abby.

„Ist ja gut! Er war es nicht", stelle ich richtig und Abby nickt erneut.

„Warum sollte jemand das Gift und ein Glas von Snape klauen und dann Megan Burke damit ermorden? Und außerdem, warum sind von demjenigen keine Fingerabdrücke auf dem Glas oder der Skelewachsflasche?"

„Der Mörder muss Handschuhe getragen und das Glas absichtlich am Tatort liegen gelassen haben, um Snape den Mord anzuhängen", vermutet Abby.

Ich seufze. „Das heißt, wir stehen wieder am Anfang."

„Nicht unbedingt", meint Abby und als ich sie erstaunt ansehen zuckte sie mit den Schultern. „Immerhin wissen wir, dass es jemand sein muss, der Snape nicht leiden kann, wir haben die Fingerabdrücke auf dem Zutatenschrank, und den roten Fussel."

Ich hab es doch gesagt. Wir stehen wieder am Anfang, außer mir fällt in den nächsten zwei Minuten jemand ein, der einen roten Pullover hat und Snape gerne in Askaban sitzen sehen würde.

Moment…

Jemand der einen roten Pullover trägt und Snape gerne in Askaban wissen würde? Luther Waisfield ist doch gerade in einem roten Wollpullover an mir vorbei gelaufen…

Und plötzlich macht es Klick und der ganze Mord ergibt einen Sinn.

„Leute, ich hab den Fall gelöst", sage ich mit einem Grinsen, und je länger die Theorie Zeit hat sich in meinem Kopf auszubreiten, desto sicherer bin ich mir, dass es genau so abgelaufen ist.

„Megan hatte nie etwas mit Snape. Sie war lediglich in ihn verliebt - was auf einen schwerwiegende Persönlichkeitsstörung schließen lässt, aber das tut jetzt nichts zur Sache - und hat deswegen diese Gerüchte verbreitet. Die Hälfte der Schule hat ihr das abgekauft und Luther auch, vor allem nach dem Vorfall an Halloween. Als sie dann auch noch mit ihm Schluss gemacht hat, ist er durchgedreht und hat sich vorgenommen Megan für ihre Untreue bezahlen zu lassen, und es Snape in die Schuhe zu schieben. Wie er allerdings an das Gift und das Glas gekommen ist, weiß ich im Moment auch nicht", schließe ich nachdenklich.

„Und auf was stützen Sie Ihre Theorie, Potter?", fragt Hunt und zieht die Brauen hoch.

„Auf den roten Fussel den Abby an dem Glas gefunden hat. Luther Waisfield sitzt gerade in einem roten Wollpullover in der großen Halle beim frühstücken", verkünde ich triumphieren und Hunts Augenbraue wandert ihn astronomische Höhen.

„Ein roter Fussel?"

Doch bevor ich dazu komme ihr zu antworten, ist bei Roger ein Licht aufgegangen.

„Stimmt. Und er schien gar nicht glücklich damit, dass Snape noch nicht in Askaban sitzt."

Ich nicke nur, und klopfe mir innerlich selbst auf die Schulter. Gut gemacht, Harry.

„Das mag alles sein, aber wenn Sie dem Ministerialanwalt einen roten Fussel auf seinen Schriebtisch legen, kann er darauf noch lange keine Anklage stützen. Und die Fingerabdrücke, die wir haben sind nicht auf der Tatwaffe", meint Hunt skeptisch, und genau hier kommt der Fehler meiner kleinen Theorie zum Vorschein. Leider bin ich noch kein so hohes Tier, dass ich aufgrund meines Bauchgefühls eine Anklage erwirken könnte.

„Es sei denn, du hättest einen Augenzeugen", ergänzt Abby, doch als ich sie fragend ansehen, zuckt sie nur mit den Schultern.

Das wäre natürlich die Lösung meines Problems, aber diesen Augenzeugen werde ich nicht finde, weil es ihn nämlich nicht gibt.

„Wir sollten erst einmal Snapes Arrest aufheben. Vielleicht kann er unserem Puzzle noch ein paar Teile hinzufügen."

# # #

Wir sind gerade mal einen Korridor weit gekommen und um eine Ecke gebogen, als ich höre, wie jemand meinen Namen ruft.

„Sir Harry Potter?"

Verwirrt bleibe ich mitten im Korridor stehen. Na wunderbar, jetzt höre ich schon Stimmen. Das wird ja immer besser…

„Hier drüben, Sir Harry."

Erstaunt drehe ich mich zur Seite, von wo die Stimme herkam, und sie war ganz sicher keine Einbildung.

Neben mir, in einem schottischen Landschaftsbild steht Sir Cadogan, der Ritter in seiner albernen Rüstung, mit einem Sattel in der Hand, und neben ihm sein fettes, scheckiges Pony, das gelangweilt auf der Wiese grast.

„Sir Harry, Ihr seid es wirklich, welch Ehre Euch wieder zu sehen."

Faszinierend, dieser komische Möchte-gern-Ritter kennt tatsächlich meinen Namen noch. Einen Moment lang erwäge ich einfach zu flüchten, doch da er mir dann wahrscheinlich durch sämtliche Gemälde folgen wird, und dabei einiges an Chaos anrichten würde, gehe ich ein Stück näher an das Bild heran.

Roger folgt mir.

„Sir Cadogan", sage ich, doch es klingt eher wie ein Seufzen, „ich dachte nicht, dass Ihr Euch noch an meinen Namen erinnert."

Der Ritter in seiner silbernen, klappernden Rüstung legt den Sattel, den er in den Händen hat, auf den Boden und stellt sich aufrecht hin. Wahrscheinlich hat ihn sein Reittier diesmal samt Sattel abgeworfen.

„Oh nicht doch werter Herr, wie könnte ich jemals den Namen eines meiner unerschrockensten Mitstreiter vergessen?", fragt er beinahe beleidigt, und als er dabei wild mit den Händen herum gestikuliert, klappt ihm sein Visier runter.

Roger sieht mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, und Sir Cadogan schon gleich drei Mal nicht. Ich nicke nur und rolle mit den Augen, während ich einen Scheibenwischer mache. Sir Cadogan bekommt davon nichts mit, er versucht gerade sein Visier wieder hoch zu schieben, was er auch, nach einiger Anstrengung schafft.

„Oho, jetzt sehe ich es erst. Wer ist denn Euer edler Weggenosse dort, Sir Harry?", fragt Cadogan.

„Das ist Roger Wright. Wenn Ihr mich jetzt entschuldigt, ich bin sehr beschäftigt", antworte ich und ziehe Roger am Umhang, damit er sich bewegt, anstatt nur dastehen und Sir Cadogan anzustarren.

Schon am klappernden Geräusch von Metall weiß ich, dass uns dieser Trottel folgt, und schon sehe ich ihn in einem Bild mit griechischen Jungfrauen auftauchen. Er stolpert aus einer Ecke des Rahmens und stoppt gerade noch vor dem Tisch der Wein trinkenden Schönheiten.

„Sir Harry, so wartet doch. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr in unserem edlen Schloss einen dreisten Mörder sucht, entspricht das der Wahrheit?", fragt er und hat doch tatsächlich den Nerv nebenbei mit den halbnackten Griechinnen zu flirten. Die ignorieren ihn aber vollkommen.

„Ja, das ich richtig", antworte ich. Einfach gehen würde nichts bringen, dieser Kerl kann verdammt anhänglich sein.

„Mich dünkt, dass Ihr die Hilfe eines Ritters benötigt, um dieser frevelhaften Tat bei zu kommen. Erst heute Morgen sah ich von Rahmen meines Bildes aus wie die Hauselfen…"

Den Rest seiner Ausführung bekomme ich nicht mehr mit, denn da hat es in meinen Kopf bereits erneut Klick gemacht. Das ist die Lösung, die Bilder in Hogwarts!

„Ja, sehr schön. Sir Cadogan, könnt Ihr mir sagen, welche Bilder im Krankenflügel hängen?", frage ich und unterbreche Cadogan dabei einfach.

„Wie? Ähm… ja, selbstverständlich", meint er etwas aus dem Konzept geraten. „Dort hängt nur ein Bild und zwar das von Gunther dem Geknebelten. Es ist leicht zu übersehen. Alle anderen wurden abgehängt", erzählt Sir Cadogan, stolz, dass er mir, wie es scheint, helfen kann.

„Gunther der Geknebelte?", frage ich verwirrt. Diese Bilder haben wirklich eigenartigen Namen.

„Jawohl, Sir Harry. Der arme Teufel ist geknebelt und gefesselt und dazu verdammt, sein restliches Leben schweigend zu verbringen. Wenn ich mich recht erinnere war er Heiler und…"

„Danke Sir Cadogan, Ihr habt mir sehr geholfen!", unterbreche ich ihn, und Roger, der ebenfalls begriffen hat, was Cadogan uns gerade überaus Wichtiges erzählt hat, eilt schon den Gang entlang, während ich mich bemühe ihm hinterher zu kommen.

„Oh, habe ich das? Ähm, ja… aber natürlich habe ich das! Das war doch das Mindeste, was ich für Euch tun konnte, Sir Harry. Einen schönen Tag, wünsche ich!", ruft Sir Cadogan uns nach, als wir um die nächste Ecke biegen.

„Denkst du, was ich denke, das du denkst?", fragt Roger im Gehen, und dreht den Kopf zu mir.

„Ja, dieser Gunther der Geknebelte muss den Mord gesehen haben", antworte ich, und Roger nickt.

Und da habe ich meinen Augenzeugen. Dieser Gunther der Geknebelte muss den Mord und somit auch den Mörder gesehen haben, konnte uns aber nicht auf sich aufmerksam machen, da er ja gefesselt und geknebelt ist.

„Und was machen wir jetzt?"

„Wir gehen zuerst zu Snape, um seinen Arrest aufzuheben, dann sehen wir weiter, aber wir sollten uns auf alle Fälle mal mit diesem Bild unterhalten - soweit das zumindest möglich ist."

# # #

Als ich die Tür zu Snapes persönlichen Räumen öffne, finde ich den Meiser der Zaubertränke in einem hohen Sessel mit einem Buch in der Hand vor. Er sieht kurz auf, als Roger und ich den Raum betreten, doch dann senkt er seinen Blick wieder auf die Seiten, ohne uns weiter zu beachten.

„Mister Potter, war für eine Ehre", empfängt er uns gelangweilt, ohne ein weiteres Mal aufzusehen. „Übergeben Sie mich jetzt den Dementoren von Askaban?"

Leider nicht.

„Nein", informiere ich ihn steif. „Professor Severus Snape, ich hebe hiermit Ihren Arrest auf, Sie können gehen, wohin es Ihnen beliebt."

Snape klappt sein Buch zu und steht auf.

„Ich würde ja annehmen, dass Sie den wahren Mörder demnach gefasst haben, doch dann müsste ich Ihnen ein Mindestmaß an Intelligenz zugestehen, das Sie nun einmal leider nicht besitzen. Also woher kommt dieser plötzliche Sinneswandel?"

Am liebsten würde ich ihn doch nach Askaban schicken...

„Wir haben Beweise, die belegen, dass Sie nicht der Täter sind."

„Dann waren es zweifellos wieder einmal Ihre Kollegen, allen voran natürlich ihre brillante Miss Fox, die die Arbeit für Sie erledigt haben. Wie üblich, wenn man der Presse Glauben schenken darf", antwortet Snape mit einem höhnischen Grinsen.

Habe ich mich gerade verhört, oder hat er Abby als brillant bezeichnet? Irgendwie fehlte in diesem kleinen Wörtchen der sarkastische Unterton…

Aber das ist mir im Moment eigentlich egal. Wenn ich Snape dazu bringen könnte wütend zu werden, dann könnte ich ihn vielleicht doch noch nach Askaban schicken. Für tätlichen Angriff auf einen Auroren des Ministeriums bekommt man zwar nicht annähernd so lange wie für Mord, aber es ist der Gedanke, der zählt…

„Sie wissen genau, dass man das nicht darf", entgegne ich charmant, und erinnere ihn damit an die haarsträubenden Artikel über ihn selbst, die damals bei Voldemorts Fall im Tagespropheten aufgetaucht waren.

„Wenn Sie nicht einmal mit Kimmkorn fertig werden, wie wollen Sie dann einen Mörder fangen?"

„Das lassen Sie meine Sorge sein", antworte ich schroff. „Und jetzt werden Sie mir noch ein paar Fragen beantworten. Hatten Sie eine Affäre mit Megan Burke?"

„Ich habe weder die Zeit noch die Energie Ihnen jede Frage zehnmal zu beantworten, deshalb sage ich es Ihnen jetzt ein letztes Mal. Nein."

Ich übergehe diese offenkundige Provokation und stelle ihm die nächste Frage. Je eher wir damit fertig sind, desto besser.

„Ist es möglich, dass ein Schüler Ihnen das Glas und eine ausreichende Menge des Giftes hätte stehlen können?"

„Nein, das hätte ich zweifellos bemerkt. Ich habe schließlich auch Sie und Ihre kleinen Freunde damals erwischt", antwortet Snape mit einem gemeinen Grinsen.

Und wenn wir beide so alt werden wie Dumbledore wird er mir das noch vorhalten.

„Am Donnerstagnachmittag hat die 7. Klasse bei ihnen Unterricht, stimmt das?"

„Ja", bestätigt Snape und im selben Moment scheint es auch bei Snape Klick gemacht zu haben.

„Verdammt", flucht er leise und ballt seine Hände zu Fäusten. „Ich weiß, wer der Mörder ist."

Das finde ich jetzt hochinteressant. Ich bin mal gespannt, ob Snape zu dem gleichen Schluss gekommen ist wie ich.

„Dann erleuchten Sie mich mal."

„Luther Waisfield. Wie Sie eben sagten, der UTZ Kurs hatte Donnerstagnachmittag Unterricht bei mir", erklärt er und beginnt dabei im Zimmer auf und ab zu gehen.

„Wir hatten in den vergangenen Stunden einen Heiltrank gebraut, der Madame Pomfreys Reserven wieder auffüllen sollte. Bedauerlicherweise waren nur die wenigsten Ergebnisse tatsächlich verwendbar, und um einige der Tränke nachträglich zu korrigieren, habe ich Luther Waisfield zu meinem privaten Zutatenschrank geschickt, um einige Substanzen zu holen. Als er das Gift in meinem Schrank gesehen hat, sah er wohl eine günstige Gelegenheit seine lästige, kleine Freundin aus dem Weg zu räumen, und es praktischerweise auch noch mir anzuhängen."

„Hätten Sie es denn nicht bemerken müssen, dass eine der Phiolen, oder eines der Gläser gefehlt hat?", fragt Roger, und Snape sieht ihn daraufhin mit dem Blick an, der normalerweise nur für Neville reserviert ist.

„Ihm Gegensatz zu Ihnen hab ich wichtigere Dinge zu tun, als jeden Tag die nahezu unüberschaubare Anzahl an Phiolen und Gläsern nachzuzählen."

„Konnte Luther gewusst haben, wie viel Gift er stehlen muss, um eine tödliche Wirkung zu erzielen?", frage ich und Snape nicht nachdenklich.

„Ja, ich denke, das wäre möglich. Mister Waisfield ist einer der intelligentesten Schüler in meinem Abschlusskurs. Der Rest, der gegenwärtig versucht seinen UTZ's zu erreichen hat in etwa das gleiche Talent für mein Fach, wie Sie es haben, Potter. Ich bin immer noch erstaunt darüber, wie Sie es geschafft haben ihre Prüfungen in Zaubertränke mit einem E zu bestehen."

Da wären wir dann schon zwei.

„Nennen Sie es überdurchschnittliches Glück, wenn Sie wollen", antworte ich mich einem Grinsen.

„Würden Sie es Luther zutrauen, dass er Megan umgebracht hat?"

„Ich würde unter gewissen Umständen jedem Menschen einen Mord zutrauen. Aber um ihre Frage zu beantworten, ja, das würde ich."

„Ich danke Ihnen für ihre Kooperation, Snape. Ich hoffe wir werden nie wieder gezwungen sein uns wieder zu sehen", schließe ich betont höflich, und verlasse dann mit Roger Snapes Räume.

Als ich die Tür hinter uns Schloss gezogen habe, drehe ich mich zu ihm.

„Roger, ich möchte, dass du Luther Waisfield in der großen Halle abfängst, und in den Krankenflügel bringst. Aber lass dir etwas Zeit."

Roger nickt.

„Ja, kein Problem, und was soll ich ihm sagen?"

„Lass dir irgendwas einfallen. Meinetwegen sag ihm, dass ich noch mal mit ihm sprechen müsste, und noch im Krankenflügel zu tun hätte. Die Geschichte muss ja nicht unbedingt zusammenpassen. Vielleicht gelingt es uns ihn ein wenig nervös zu machen und dabei den Mord zu gestehen."

# # #

Obwohl ich immer noch versuche die Lösung dieses Falls meiner brillanten Kombinationsfähigkeit und meinem messerscharfen Verstand zuzuschreiben, muss ich doch wohl oder übel zugeben, dass ich dieses Mal verdammtes Glück gehabt habe. Wäre ich nicht in genau diesem Moment auf Sir Cadogan gestoßen, dann hätte ich zwar einen Verdächtigen gehabt, aber ich hätte nicht beweisen können, das Luther Waisfield Megan tatsächlich umgebracht hat.

Jetzt stehe ich im Krankenflügel und sehe mir zum ersten Mal bewusst die weißen Wände an. Hier hängt wirklich nur ein einziges Bild, und das ist nicht einmal besonders groß. Außerdem hängt es ganz hinten links in der Ecke, über einem kleinen Schrank. Ich muss mir wirklich keine Vorwürfe machen, jeder hätte dieses Bild übersehen. Genau.

Ich trete näher an das Bild heran, und werfe einen genaueren Blick darauf. Die Farbtöne sind sehr dunkel gehalten, und man kann kaum erkennen in was für einem Raum es gemalt wurde, wahrscheinlich in einer alten Burg. In der Mitte steht ein grobschlächtiger Kerl in Barocker Kleidung und Umhang, der mit einem weißen Tuch geknebelt und mit dicken, hellen Seilen gefesselt ist. Es scheint, als habe er sich an sein Schicksal gewöhnt, oder sich zumindest damit abgefunden. Etwas anderes ist ihm auch wohl nicht übrig geblieben.

„Hallo, mein Name ist Harry Potter", sage ich und stelle mich direkt vor das Bild.

Gunther der Geknebelte nickt lediglich.

„Ich weiß von Sir Cadogan, wer Sie sind, und ich hoffe, dass Sie mir helfen können."

Gunther der Geknebelte schnaubt abfällig, jedenfalls glaube ich, dass das seinen Absicht war, bevor er anfängt wütend und vollkommen unverständlich vor sich hin zu schimpfen und dabei, so gut es seine Fesselung zulässt, herum zu hüpfen.

Irgendwie kann ich denjenigen verstehen, der ihn geknebelt und gefesselt hat.

„Beruhigen Sie sich wieder. Ich kann Sir Cadogan auch nicht leiden, wenn Ihnen das hilft. Trotzdem muss ich Sie bitten mit einige Fragen zu beantworten. Entweder das, oder ich sorge dafür, dass man Sie abhängt und in eine Abstellkammer bringen lässt. Also, was wäre Ihnen lieber?"

Gunther legt den Kopf schief und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, bevor er wieder anfängt seltsame Geräusche von sich zu geben, doch diesmal bin ich daran schuld. So funktioniert das nicht. Keine Fragen die mit oder enden.

„In Ordnung ich hab schon verstanden. Werden Sie mir helfen?"

Ein klares Nicken.

„Vor zwei Nächten ist hier eine Schülerin ermordet worden, haben Sie den Mord gesehen?"

Wieder ein Nicken.

„Können Sie mir den Täter beschreiben?", frage ich, aber im selben Moment schlage ich mir bereits innerlich gegen die Stirn.

Es ist wirklich schwierig einen Zeugen zu befragen, der unfähig ist zu antworten.

Gunther beginnt wieder sich aufzuregen und ich hebe beschwichtigend die Hände.

„Schon gut. Entschuldigen Sie. Ich werde das anders formulieren. Haben Sie den Mörder gesehen?"

Gunther nickt erneut.

„War es ein Lehrer?"

Ein Kopfschütteln.

„Dann war es ein Schüler?"

Nun wieder ein Nicken.

„Konnten Sie das Haus erkennen?", frage ich und bekomme dafür ein Kopfschütteln.

„Dann trug er Muggelkleidung?", vermute ich und Gunther nickt.

„Hatte er braune Haare?"

Wieder ein Nicken.

„Würden Sie ihn wieder erkennen?"

Gunther nickt erneut.

„Gut, dann…", setze ich an, doch ich werde unterbrochen, als die Tür aufgeht, und als ich mich kurz umdrehe, sehe ich Roger mit Luther Waisfield hereinkommt.

Ich warte, bis Luther näher bei mir ist, und tue in der Zwischenzeit so, als würde ich mir interessiert dieses Gemälde anschauen. Tatsächlich aber mache ich mit den Augen eine Bewegung in Luthers Richtung, und sehe Gunther den Geknebelten fragend an. Der Mann auf dem Bild nickt kaum merklich, und ich forme mit den Lippen ein Danke, bevor ich mich zu Luther umdrehe.

„Luther", sage ich freundlich, und gehe einige Schritte auf ihn zu. „Danke, dass du noch einmal Zeit für mich hast."

Roger bleibt neben uns stehen, eine Hand in seinem Umhang und zweifellos an seinem Zauberstab, wenn ich mich nicht täusche. Luther bekommt davon nichts mit.

„Selbstverständlich Mister Potter. Ich will Megans Mörder genauso finden wie Sie", sagt er und sieht mir dabei geradewegs in die Augen.

Eins muss ihm lassen, der Junge ist gut. Wenn ich nicht bereits wüsste, dass er der Mörder ist, hätte ich ihm das vielleicht sogar abgenommen - aber nur vielleicht.

„Davon bin ich überzeugt", antworte ich charmant. „Also Luther, es geht um eine gestohlene Glasphiole, die Professor Snape seit seinem Unterricht am Donnerstagnachmittag vermisst."

In Luthers Gesicht zeigt sich für den Brauchteil einer Sekunde eine Regung, aber er schafft er einen fragenden Ausdruck aufzusetzen.

„Und was habe ich damit zu tun?"

Seine Stimme klingt ein wenig nervös, aber es gelingt ihm ganz gut seine wahren Gefühle zu verbergen.

„Du hattest zusammen mit dem Rest des UTZ Kurses am Donnerstagnachmittag Unterricht bei Snape, das ist richtig oder? Und es ist auch richtig, dass er dich letzten Donnerstag in seine Räume geschickt hat, um einige Zutaten zu holen, nicht wahr?"

Luther schluckt krampfhaft, bevor er mir antwortet.

„Ja, das ist richtig. Aber ich habe nur die Zutaten, die ich Professor Snape holen sollte, aus dem Schrank genommen, sonst nichts. Das schwöre ich."

„Ach daher kommen deine Fingerabdrücke auf den Zutatenschrank", sage ich verwundert, „wir hatten schon gedacht, du wärst bei Snape eingebrochen."

Ein bisschen zu Pokern kann nicht schade, außerdem verwette ich mein Weihnachtsgeld, dass diese Abdrücke tatsächlich von ihm sind.

Ich sehe zu Roger und spiele meine Rolle weiter. Ich hätte Schauspieler werden sollen…

„Ich bin nicht bei ihm eingebrochen", stottert Luther hastig. „Er hat mich geschickt, um die Zutaten zu holen. Und ich habe auch keine Glasphiole gestohlen."

„Nun es geht auch nicht direkt um die Phiole, es geht vor allem um das, was du in der Phiole gestohlen hast", stelle ich richtig.

„Ich habe überhaupt nichts gestohlen!", verteidigt sich Luther heftig, und ich kann deutlich sehen, wie sich Schweißtropfen auf seiner Stirn bilden.

„Bist du sicher?"

„Ja!"

„Auch kein Gift?"

Das bringt Luther nun endgültig aus dem Konzept, und ich sehe wie sich seine Atmung immer weiter beschleunigt. Aber es reicht noch nicht ganz. Ich lasse mir einen Moment lang Zeit, bevor ich zum entscheidenden Schlag aushole.

„Du hast Megan umgebracht! Sie musste sterben, weil du nicht damit klar gekommen bist, dass sie dich verlassen hat!", schleudere ich ihm ins Gesicht, und jetzt endlich bricht seine Fassade zusammen.

Er bekommt Panik, und will sich umdrehen, um aus dem Krankenflügel zu flüchten, doch er kommt keine zwei Schritte weit, dann ist er bereits Roger, der genau hinter ihm stand, in die Arme gelaufen.

„Du bleibst schön hier", meint Roger gelassen, und mit ein paar geschickten Handgriffen hat er Luthers Handgelenke hinter seinem Rücken eingefangen, und den Jungen wieder zu mir umgedreht.

„Das war dumm von dir, Luther", bemerke ich. „Du hättest auch gleich ein Geständnis ablegen können."

„Ich sage Ihnen gar nichts mehr", zischt Luther wütend, während er unsinnigerweise versucht sich gegen Rogers Griff zu wehren.

Ich muss wohl nicht erwähnen, dass er damit keinerlei Erfolg hat.

„Das musst du auch nicht", antworte ich gleichmütig. „Wir wissen bereits was passiert ist, und wir haben genügend Beweise, um dich festzunehmen. Eine Sache würde ich allerdings noch interessieren. Du warst für Megans Sturz auf der großen Treppe verantwortlich, nicht wahr?"

Luther sieht mich grimmig an, und ich kann in seinem Gesicht nicht das geringste Zeichen von Reue entdecken.

„Sie hat es verdient! Sie hat mich mit Snape betrogen, ausgerechnet mit diesem Schleimbeutel!"

Darüber kann ich nur verständnislos den Kopf schütteln. Ich hab von Anfang an nicht geglaubt, dass sich jemand freiwillig mit Snape einlassen würde.

„Luther, Megan hatte nie eine Affäre mit Snape."

Für einen Moment stockt er, aber dann schüttelt er entschieden den Kopf.

„Sie lügen!"

„Wenn du meinst", entgegne ich. „Roger, bring ihn weg."

Roger nick und zaubert ein paar Handschellen herbei, die er Luther anlegt.

„Luther Waisfield ich verhafte Sie hiermit, wegen des Mordes an Megan Burke."

Dann packt er den Jungen am Arm und führt ihn ab.

Das war's. Fall gelöst.

tbc.