Der spitze Schrei eines Mädchens ließ Faith aufschrecken. Hinter den ersten zwei Türen, die sie aufgestoßen hatte war nichts weiter zu finden, als steinerne Särge, die mitten in den Räumen standen und auf denen sich in den vergangenen Jahrzehnten eine dicke Schicht aus Staub, Spinnweben und Dreck angesammelt hatte.
Die Jägerin lief weiter geradeaus, in die Richtung aus der sie den Schrei vernommen hatte. Hinter einer weiteren massiven Tür konnte sie schließlich deutlich Stimmen hören. Sie drehte sich zu den anderen um, die ihr gefolgt waren und deute mit einem Kopfnicken auf die Tür. Ohne auf Bestätigung zu warten wand sie sich wieder von ihnen ab und trat Tür mit einem kräftigen Tritt ein. Laut scheppernd fiel die diese zu Boden. Faith trat einen Schritt in den Raum und sah sich in sekundenschnelle um. Mindestens ein Dutzend vermummter Vampire stand versammelt um eine Erhöhung in der Mitte des Raums. Auf ihr erkannte sie den vermissten Agent, McGee. Er war mit einer Hand an die Decke gefesselt, seine Beine hingen bewegungslos, halb kniend auf dem Boden. Zu Faith' Überraschung schien er nicht das einzige Opfer zu sein. Links neben ihm hing ein kleines Mädchen, dessen Füße nicht einmal bis auf den Boden reichten. Daneben eine Frau, bleich als sei sie tot – was angesichts der Blutpfütze, in der ihre bewegungslosen Beine hingen vielleicht sogar zutreffend war.
Vor den drei Opfern stand ein Vampir, schwarz vermummt wie die anderen. Er hielt ein blutverschmiertes Messer in der Hand und starrte jetzt verwirrt in Faith' Richtung.
„Oh, tut mir Leid. Ich war auf der Suche nach einem ruhigen Platz zum Beten."
Ohne eine weitere Sekunde zu zögern, den Überraschungseffekt ausnutzend, zielte Faith mit der Armbrust auf den Vampir, der sich schon wieder von ihr abgewendet und erneut nach der Hand des Mädchens gegriffen hatte. Sie betätigte den Abzug, noch bevor die anderen wussten, was geschah. Der spitze, hölzerne Pfeil bohrte sich im Bruchteil einer Sekunde von hinten in den Oberkörper des Mannes. Mit einem schrillen Schrei löste er sich in einen Haufen Staub auf.
„Nein!", rief einer der anderen Vampire aus und stürzte nach vorne, wo der Dolch zu Boden gefallen war. Faith lief ein paar Schritte, verpasste dem ihr nächsten Blutsauger einen kraftvollen Schlag gegen das Kinn, woraufhin dieser zurück taumelte. Ein weiterer griff sie von der Seite an und riss sie mit sich zu Boden. Sie schlug hart auf die steinerne Oberfläche, griff reflexartig nach dem Pflock in ihrem Hosenbund und rammte diesen in das Herz des auf ihr liegenden Angreifers. Durch den entstehenden Staub hindurch sah sie, dass ihr Robin und die beiden Agenten in den Raum gefolgt waren. Sekunden später stand sie wieder und versetzte bereits dem nächsten Vampir einen Tritt.
Als Gibbs, dicht gefolgt von Tony in den Raum trat, erschrak er innerlich für eine Sekunde, bei dem Anblick, der sich ihnen bot. Doch es blieb nicht viel Zeit, aus dem Augenwinkel sah er, wie Faith zu Boden gerissen wurde und kurz darauf stürzte sich auch einer der Vampire auf ihn. Die Faust des Angreifers erwischte ihn direkt an der Stelle unter dem Auge, an der ihn nur wenige Stunden zuvor der Schlag eines anderen Vampirs getroffen hatte. Gibbs stolperte ein paar Schritte zurückt, vertrieb jedoch den aufkommenden Schwindel durch ein kurzes Kopfschütteln und holte zum Gegenangriff aus. Er platzierte seinen Schlag direkt auf den Solarplexus seines Gegenübers. Der Vampir taumelte, Gibbs schlug erneut zu, diesmal ins Gesicht. Dann rammte er ihm, so kraftvoll wie er konnte, den Pflock ins Herz. Ein paar Sekunden starrte ihm der Vampir direkt in die Augen, Gibbs war sich nicht sicher, ob es funktioniert hatte doch dann begann sich sein Gegenüber zu einem Staubhaufen zu zerfallen. Von dem, was er soeben getan hatte erschrocken blieb Gibbs ein paar Sekunden starr, bis ihn plötzlich von hinten zwei Hände an den Schultern griffen, ein Arm legte sich um seinen Hals und begann ihn zu würgen. Überrumpelt von dem Angriff begann Gibbs mit den Händen durch die Luft zu schlagen, ohne etwas gegen den Angreifer ausrichten zu können. Dann bemerkte er plötzlich den Pflock, den er noch immer in der Hand hielt. Er rammt diesen mit aller Kraft, die er in dieser Situation aufbringen konnte dem Vampir ins Bein. Dieser ließ einen schmerzerfüllten Schrei hören und stieß Gibbs von sich weg. Der Ermittler umklammerte den Pflock fest und zog ihn aus dem Oberschenkel des Mannes, während er von diesem zu Boden gestoßen wurde. Mit dämonisch verzerrtem Gesicht stürzte sich der Blutsauger ein weiteres Mal auf ihn. Gibbs streckte ihm im richtigen Moment den Pflock entgegen und dieser bohrte sich in die Brust des Vampirs, der sich fast augenblicklich auflöste.
Tony sah, wie der erste Schlag Gibbs traf und wollte seinem Boss zu Hilfe eilen. Doch im selben Moment riss ihn ein heftiger Stoß von den Beinen. Er schlug hart gegen die Wand zu seiner Rechten und vor seinen Augen begann es schwarz zu werden. Eine Hand schloss sich um seinen Hals und drückte ihn gegen die Wand. DiNozzo kniff die Augen fest zusammen und blinzelte ein paar Mal um wieder ein klares Bild sehen zu können. Sein Kopf wurde plötzlich an den Haaren zur Seite gezerrt. Nicht sicher, ob es eine dumme Idee war, schlug Tony seinen Kopf nach vorne, gegen den seines Gegenübers. Sofort schoss ihm ein stechender Schmerz durch den Schädel, doch die Hand an seinem Hals löste ihren Griff langsam. Er stieß den Mann von sich, rang ein paar Mal nach Luft und griff dann nach dem Pflock, den er in seinen Gürtel gesteckt hatte. Auch der Vampir rappelte sich wieder auf und sprang ein weiteres Mal in Tonys Richtung. Reflexartig stieß dieser dem Angreifer den Pflock entgegen. Sekunden später rieselte eine Staubwolke auf ihn nieder.
Draußen starrte Ziva, ohne sich zu bewegen, in die Dunkelheit. Angestrengt lauschte sie nach einem Anzeichen der Soldaten, konnte jedoch nichts außer dem Rauschen des Windes hören.
Plötzlich raschelte etwas zu ihrer Linken. Ihr Kopf flog in die Richtung des Geräuschs. Dann hörte sie etwas anderes, Schritte, direkt hinter sich. Sie drehte sich um, konnte aber nichts in der Dunkelheit erkennen.
Dann traf sie der Blitz. So fühlte es sich jedenfalls an. Ihr ganzer Körper begann für einen Augenblick unkontrolliert zu zittern, elektrische Stöße durchfuhren sie, alles verschwamm um sie herum. Explosionen spielten sich vor ihren Augen ab, bevor sie nach hintern rollten und Ziva bewusstlos zu Boden fiel.
Faith hatte sich mittlerweile bis zu den drei Opfern durchgekämpft. Im Moment schien sie keiner der verbleibenden Vampire zu beachten, also machte sie sich an der Kette, die McGee fesselte zu schaffen. Sie war jedoch fest in der Decke verankert, keine Chance sie mit den bloßen Händen herauszureißen. Faith sah sich hektisch in dem Raum um, auf der Suche nach irgendetwas, womit sie die Opfer von ihren Fesseln befreien konnte.
„Faith!", hörte sie plötzlich Robins Stimme nach sich rufen. Suchend sah sie sich um. Er stand fast am anderen Ende des Raums und hielt die Axt hoch. Faith nickte kurz und Robin warf die Waffe quer durch den Raum. Faith fing sie sicher auf, drehte sich zurück zu McGee, der sie entsetzt ansah.
„Sie… sie wollen doch nicht etwa…", stammelte er ihr entgegen.
„Falls sie denken, dass ich ihnen die Hand abschlage, muss ich sie leider enttäuschen." Faith holte aus und schlug mit dem spitzen Ende der Axt in die Verankerung an der Decke. Steinbröckchen fielen ihr entgegen. Sie setzte einen zweiten Schlag hinterher, die Kette löste sich und fiel mit einem Rasseln zu Boden, gefolgt von einem geschwächten McGee.
Faith beachtete ihn nicht, sondern machte sich umgehen an der Kette zu schaffen, die das kleine Mädchen neben dem Agent fesselte. Als sie auch sie endlich befreit hatte drehte sie sich zu den anderen beiden Agents um.
„Schaffen sie die Beiden hier raus."
Gibbs hörte Faith Stimme, sein Blick flog durch den Raum und traf schließlich auf einen am Boden liegenden McGee. Er versetzte dem Vampir, der sich in dem Moment auf ihn stürzte einen kräftigen Schlag und eilte in Richtung seines Agents und ging neben ihm in die Knie.
„McGee?"
„Boss", antwortete Tim schwach, als er dessen linken Arm über seine Schulter legte. Gibbs stemmte McGee hoch und sah Tony auf sich zukommen.
„Nimm das Mädchen", sagte er knapp und begann den langsam bewusstlos werdenden McGee aus dem Raum zu schleifen.
Faith schlug heftig mit der Spitze der Axt auf die Verankerung ein, die das dritte Opfer an die Decke fesselte. Sie wusste nicht, ob die Frau noch am leben, oder bereits tot war. Der vierte Hieb löste die Kette schließlich und die Frau sackte leblos am Boden zusammen. Faith drehte sich kurz um und sah, wie Gibbs, McGee halb tragen, aus dem Raum verschwand. Neben ihr kniete Tony, der das verängstigte Mädchen vorsichtig auf den Arm nahm. Sie ließ den Blick kurz durch den Raum schweifen und sah Robin, wie dieser einem Vampir einen Pflock ins Herz rammte und gleichzeitig einem anderen einen Tritt versetze. Zeit für den Rückzug.
Als Faith sich bücken wollte, um die bewusstlose über die Schulter zu legen spürte sie plötzlich einen stechenden Schmerz, einen Schmerz, der ihr all zu vertraut war. Den gleichen Schmerz hatte sie damals gespürt, als Buffy sie beinahe erstochen hatte.
Vor Schock erstarrt blickte sie langsam an sich herunter und sah, wie sich auf ihrem schwarzen Shirt langsam ein dunkler Fleck ausbreitete. Aus seiner Mitte stach die silberne Klinge eines Dolchs.
„Faith!"
Wie in Trance sah sie hoch und erblickte am anderen Ende des Raums Robin, der sie angsterfüllt anstarrte.
Ihren Körper durchfuhr erneut ein stechender Schmerz, als die Klinge herausgezogen wurde. Faith spürte, wie ihre Beine nachgaben. Sie schluckte ein paar Mal und fiel schließlich zu Boden.
