Bewegungslos starrte Robin an die Stelle, wo vor Sekunden noch Faith gestanden hatte. Jetzt stand an ihrer Stelle ein Vampir, dreckig grinsend, mit einem blutverschmierten Dolch in der Hand.

Ein lauter Knall ließ ihn zusammenschrecken. Plötzlich, wie aus dem nichts bereitete sich ein dichter Nebel in dem Raum aus. Die am Boden liegende Jägerin schien in ihm zu versinken.

„Faith!", rief Robin erneut und lief in ihre Richtung.


Tony hielt das kleine Mädchen noch immer fest im Arm, drückte ihr Gesicht fest an seine Brust, um ihr den Anblick zu ersparen. Sie hatte bei weitem genug mitmachen müssen.

Der Knall ließ auch ihn zusammenzucken. Der dichte Rauch kam ihm nur all zu bekannt vor. Hektisch begann er sich umzusehen. Robin kam auf ihn zugelaufen und ließ sich neben Faith' leblosen Körper zu Boden fallen.

Dann packten Tony plötzlich vier starke Hände und rissen ihn nach hinten. Er stolperte zurück, das kleine Mädchen fest an sich gedrückt. Der Rauch brachte ihn zum husten, die Umgebung verschwamm in einem einheitlichen Grau. Die Hände zogen ihn unweigerlich nach hinten, in Richtung Ausgang.


Robin hielt Faith Oberkörper fest, schlug ihr sanft auf die Wange, um sie bei Bewusstsein zu halten. Der dichte Rauch stieg ihm in die Augen und Lunge, doch er kümmerte sich nicht darum. Verzweifelt redete er auf Faith ein, die bewegungslos dalag.

„Komm schon. Hörst du mich… bitte… bitte."

Dann wurde auch er von zwei Händen gepackt, die ihn nach hinten rissen. Für eine Sekunde ließ er Faith los und stolperte rückwärts. Er riss sich jedoch los und ging erneut neben ihrem Körper auf die Knie. Die Hände kamen nach nur wenigen Sekunden zurück und begannen erneut an ihm zu zerren. Robin wehrte sich nach Kräften bis er plötzlich einen dumpfen Schlag verspürte und das Grau einem Schwarz wich.


Als Gibbs ins Freie trat. Sah er sich plötzlich zwei Soldaten gegenüber, die mit Waffen auf ihn und McGee zielten.

„Auf den Boden", war der kurze Befehl.

Gibbs schluckte, bevor der begann den mittlerweile bewusstlosen McGee vorsichtig herunter zu lassen.

„Ich sagte auf den Boden." Gibbs spürte einen heftigen Schlag gegen die Schulter und fiel nach vorne. Tims regungsloser Körper schlug neben ihm auf den Boden.

„Wir sind Bundesagenten", versuchte er zu erklären, während einer der Männer seinen Kopf auf den Boden drückte. Für einen Moment überlegte Gibbs sich zu wehren, doch die Situation schien aussichtslos. Er spürte, wie die andere Hand des Soldaten anfing ihn zu durchsuchen. In der Innentasche seiner Jacke fand er schließlich seinen Ausweis.

Ohne von Gibbs abzulassen griff er nach seinem Funkgerät. „Special Agent Gibbs", sagte er knapp.

„Sauber", antwortete eine vertraute Stimme Sekunden später.

Der Druck auf seinen Kopf ließ nach und Gibbs drehte sich langsam auf die Seite. Er schenkte den Soldaten keinen Moment seiner Aufmerksamkeit, sondern begann McGees Vitalfunktionen zu überprüfen. Er atmete schwach aber regelmäßig.

„Wir brauchen dringend einen Krankenwagen. Da drinnen sind –"

„Wir haben die Situation unter Kontrolle, Agent Gibbs", unterbrach der Soldat mit entschiedener Stimme.

Gibbs versicherte sich, dass er McGee ein paar Sekunden unbeobachtet lassen konnte, stand dann auf und stellte sich dem in Schwarz gekleideten Soldaten dicht gegenüber.

„Unter Kontrolle? Da drin ist eine Frau am verbluten. einige meiner Leute sind noch da drin. Sagen sie mir nicht, dass sie irgendetwas unter Kontrolle haben!"

Gibbs blickte seinem Gegenüber direkt in die Augen und erkannte, dass der Mann begann unsicher zu Schlucken.

„Boss!", rief Tony, der stolpernd aus der Gruft gelaufen kam. Sofort stellte sich ihm ein Soldat in den Weg, die Waffe im Anschlag.

„Er gehört zu mir!" rief Gibbs und lief auf seinen Agent zu.

Erst als er vor ihm stand sah er das Mädchen, das Tony im Arm hielt und sie mit seiner Jacke vor dem Rauch schützte. Da es offensichtlich war, dass DiNozzo eine kurze Verschnaufpause brauchte nahm Gibbs ihm das verängstigte Kind ab. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnte waren ein paar Soldaten.

„Boss", rief Tony erneut, als Gibbs sich mit dem Mädchen im Arm von ihm wegdrehte um dieses in sicheren Abstand zu der ganzen Szenerie zu bringen.

„Was?"

„Die haben Faith erwischt."

Gibbs sah seinen Agenten einen Moment erschrocken an. Dann wendete er sich an einen der Soldaten. „Wir haben eine weitere Verletzte da drinnen. Sie müssen sie rausholen!" rief er ihm entgegen.

„Agent Gibbs", sagte die gleiche Stimme, die er vor wenigen Sekunden über das Funkgerät gehört hatte. Riley Finn kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. „Meine Männer haben die Situation unter Kontrolle."

"Spezialeinheit ist die mehr oder weniger die offizielle Bezeichnung, allerdings wäre Todesschwadron wohl angemessener."

Giles Worte schossen Gibbs durch den Kopf als er Riley starr in die Augen sah. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren drehte er sich zu Tony, der neben McGee in die Hocke gegangen war und beobachtete, wie einer der Soldaten seinen Kollegen versorgte.

„Tony", sagte Gibbs knapp und übergab dem aufgestandenen Agent das Mädchen, welches sich panisch in seine Jacke gekrallt hatte.

„Boss, was hast du –"

„Ich gehe wieder rein", entgegnete Gibbs, schon auf dem Weg zum Eingang der Gruft. Er ließ seine Leute nicht zurück. Das galt für McGee und jetzt galt es auch für Faith. Es war ihm im Moment egal, was sie in der Vergangenheit getan hatte. Sie hatte offenbar gerade ihr Leben riskiert um seinen Kollegen zu befreien.

Noch bevor Gibbs den Eingang erreichte, sah er, wie zwei Soldaten aus der Gruft traten. Sie trugen Atemmasken und schleiften einen regungslosen Körper hinter sich her. Gibbs erkannte wenige später, dass es sich um Robin Wood handelte.

Ihnen folgte ein weiterer Mann, der eine Frau über die Schulter gelegt trug. Ihre Arme hingen leblos herunter. Bei dem Anblick der fehlenden Hand schluckte er.

Dann traten zwei weitere Soldaten ins Freie. Beide hielten die Arme einer Frau, die sie zwischen sich aus der Gruft schliffen. Ihr Kopf hing nach vor über, eine rote Spur zog sich hinter ihr her. Gibbs erstarrte.

Einige Meter weiter ließen sie Faith Körper zu Boden fallen und rissen sich die Atemmasken aus den Gesichtern. Sofort war ein weiterer Soldat zur Stelle und begann nach einem Lebenszeichen der Jägerin zu suchen.

Gibbs trat langsam an sie heran, mit schweren Augen sah er runter auf den leblosen Körper. Dann, plötzlich, begannen ihre Lieder zu flattern und sie sah ihn an. Gibbs ging sofort neben ihr in die Hocke.

„R-Robin?", fragte sie mit schwacher Stimme. Ihre Zähne waren rot, mit Blut verschmiert. Langsam begann eine dünne, rote Linie sich ihren Weg aus ihrem Mundwinkel über die Wange zu bahnen.

„Ihm geht's gut", antwortete Gibbs, ohne zu wissen, ob es der Wahrheit entsprach.

„Sagen… sagen sie ihm… Danke."

Ihre Lieder flatterten erneut, Faith schloss die Augen. Gibbs hörte ein paar kurze, hektische Atemzüge, dann wich jegliche Anspannung aus dem Körper der Jägerin und sie wurde still.

Gibbs schloss die Augen, schluckte und blickte hoch zu Tony, der sie aus einiger Entfernung beobachtet hatte. Langsam schüttelte Gibbs den Kopf, fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und seufzte leise. Sie hatte es nicht verdient zu sterben.