They betrayed me

Kapitel 13 – Die silberne Schlange

Die Nacht war dunkel, ruhig und die Wolken am Himmel über der Nordsee wurden nur stellenweise vom Mondlicht durchbrochen. Der Himmel über Azkaban jedoch war ein Chaos... grün erhellt, von Schreien unterlegt und von Blitzen durchzuckt tobte er über den Zinnen der unheiligen Festung, die für viele die ultimative Hölle auf Erden war.

Auf den Zinnen prangten hässliche Statuen, Gargoyles, mit entblößten Reißfängen, die von den zuckenden Blitzen erleuchtet wurden. Der Himmel schien zu pulsieren, zu leben... Die Wolken zogen sich zu einem Wirbel zusammen, der sich um den höchsten Turm von Azkaban wand. Mehr und mehr Blitze zuckten duch die Nacht, schlugen in Zinnen ein, donnerten, wenn sie auf den Stein trafen.

Das grüne Licht, das von Azkaban ausging, wurde immer intensiver... so hell, bis sich schließlich ein grüner, gebündelter Strahl in den Wolken über Azkaban entlud. Oder eher, bis sich ein Strahl aus den Wolken in Azkaban entlud. Ein unnatürlicher Schrei durchschnitt die Nacht, dann verstummte Azkaban.

Von alldem bekam Bellatrix wenig mit, als sie in ihrer fensterlosen Zelle hockte und mit Abscheu den Brei anstarrte, den man ihr als „Essen" vorsetzte. Sie war sich sicher, dass diese Zeug alles andere war, als Essen. Ihre Gedanken schweiften wieder zu Regulus... warum war er hier? Sie selbst hatte gehört, wie der Dunkle Lord das Todesurteil über ihn gesprochen hatte, einen Tag nachdem er die Ränge der Todesser verlassen hatte. Und wenn der Dunkle Lord jemanden tot haben wollte, so würde dieser jemand auch sterben. Meistens zumindest, wie es schien.

Bellatrix stand wackelig auf und trat an die Zellentür. Nur wenige Meter entfernt befand sich Regulus auf derselben Ebene wie sie und hockte in seiner Zelle. Wenn er die gesamte Zeit, in der sie ihn tot geglaubt hatte, hier verbracht hatte, dann wartete er bereits seit 17 Jahren auf seinen Tod hier in Azkaban. Doch Dementoren gewährten einem nicht die Gnade der Erlösung... nein, sie warteten so lange, bis der Wille starb, bis der Verstand brach und nichts mehr übrig blieb, was auf Gnade hoffen konnte.

Das war Azkaban. Und Bellatrix senkte den Kopf, als die Tränen zu fließen begannen. Tränen, die sie seit Jahren nicht vergossen hatte, suchten sich den Weg über ihr blasses Gesicht und mit der Erkenntnis, dass sie in Azkaban für immer "leben" und schlißlich sterben sollte, war sie einen Schritt näher an den Abgrund zum Wahnsinn getreten.


994 nach Chr. - Januar

Harry zog die Decke weiter über sich. Seine Stirn brannte, und Schweiß bedeckte in kleinen Perlen sein Gesicht. Sein Körper, verhüllt und leidlich erwärmt von der Decke, zitterte, von Fieberkrämpfen erschüttert. Die Geräusche seiner kurzen, unregelmäßigen Atemzüge wurden nur von den beunruhigten Gemurmel von Matthew und seiner Frau, Amanda, übertönt. Noch nie in seinem Leben hatte Harry derartige Kopfschmerzen gehabt und obwohl er direkt am Ofen lag, frierte er unter der Decke.

Amanda beugte sich zu ihm hinunter und legte ihre kühle Hand auf seine Stirn. Besorgnis zeichnete sich deutlich auf ihrem Gesicht ab, als sie ihm einen kalten Lappen auf die Stirn legte. Das Dorf war von einfachen Bauern bewohnt, und nur wenige von ihnen wussten annähernd, wie man Fieber behandelte, abgesehen von kalten Auflagen.

„Wann kommt der Lord?", fragte Amanda. Sie war eine verhältnismäßig junge Frau, mit langen, glatten braunen Haaren und einem hübschen Gesicht. In den Monaten, die Harry bei ihnen verbracht hatte, hatte sie ihn lieb gewonnen, auf ihre eigene, fürsorgliche Weise. Mehr als einmal hatte sie ihm etwas zusätzliches zu essen gebracht, wann auch immer Matthew meinte Harry müsse härter arbeiten, um auch mehr zu kriegen.

„Ich habe Joseph zum Anwesen geschickt... vor einer Stunde. Er müsste bald zurückkehren, hoffentlich zusammen mit Lord Grey."

„Ich verstehe nicht, warum sein Fieber nicht zurückgeht... wir haben bereits alles Erdenkliche versucht. Normalerweise müsste er längst abkühlen..."

Harry versuchte die Stimmen aus seinen Kopf auszublenden. Sie stachen in seinem Verstand, bereiteten ihn noch mehr Kopfschmerzen... Er hatte selber nur eine vage Vermutung, was es mit dem Fieber auf sich hatte, und sollte sie zutreffen, so hoffte er dass sie bald eintreffen würde... Ihm war kalt und heiß gleichzeitig, übel und er fühlte sich schwach.

Ein Klopfen an der Tür zog die Aufmerksamkeit von Amanda und Matthew auf sich.

„Endlich...", murmelte Amanda erleichtert, als Matthew die Tür öffnete und Dorian hineintrat, in einen dicken Wintermantel gehüllt.

Harry wandte seinen Kopf auf dem Kopfkissen zur Seite und konnte hinter Dorian vage ausmachen, dass ein Karren vor dem Haus auf der Straße stand. Er blickte auf und starrte Dorian durch halb gesenkte Augenlider ins Gesicht.

„Hallo, Sir...", murmelte er schwach. Ein Lächeln erschien auf Dorians besorgtem Gesicht und er antwortete „Hallo Harry... schön dich wohlauf zu sehen." Er zog sich die Handschuhe aus und legte eine seiner Hände auf Harrys Stirn, dann auf seine Brust, und dann auf seinen Rücken.

Harry spürte, wie ihn Wärme durchfloß, wohlige, heilende Wärme, doch sobald Dorian seine Hände wieder von Harrys Rücken nahm, verließ ihn das Gefühl. Als er Dorian erneut anblickte, bemerkte er, dass Dorian flach atmete, als hätte er gerade hunder Meter rennend hinter sich gebracht.

„Ich weiß, was er hat.", sagte er schließlich. Seine Augen suchte die von Matthew und Amanda.

„Er wird zurück aufs Anwesen kommen, dort können wir ihn versorgen." Amanda nickte, doch Matthew schien ein wenig enttäuscht zu sein. Harry hatte nach dem zweiten Monat, Mitte November, damit begonnen, verkaufbare Waffen herzustellen und seine letzten Arbeiten waren hochwertig.

„Er wird zurückkommen, sobald er geheilt ist. Er ist nur vorrübergehend gefährdet." Harry wandte schwerfällig seinen Kopf Amanda und Matthew zu. Er gab ihnen ein müdes, schwaches Lächeln und fiel dann in einen unruhigen, geschüttelten Schlaf.


1996 nach Chr. - September

Eine Woche nach Harrys Sturz durch den Torbogen

Remus hockte auf einem Stuhl und starrte auf seine Hände. Sie waren noch nass von den Tränen, die er eben noch unbemerkt vergossen hatte. Er konnte es nicht fassen... Harry... Angeschuldigt und ermordet... Harry...

Ein leises Stöhnen und das Rascheln einer Decke weckte seine Aufmerksamkeit. Das Krankenzimmer war bisher ruhig gewesen, nichts außer das ruhige Atmen von Nym war zu hören gewesen, bis jetzt. Nym, tief im Koma versunken, hatte nichts von alldem mitbekommen... Nichts von... Harry...

„Harry? Bist du hier?" Nyms Stimme war müde, als wäre sie gerade aus einem Traum erwacht und dennoch hoffnungsvoll.
Remus stand auf, trat an den Vorhang der Nyms Bett umgab und zog ihn auf.

„Hallo Tonks.", sagte er, seine Stimme war dick und schwer. Ein Klumpen steckte in seinem Hals und seine Augen glänzten. Nym bemerkte den Ausdruck auf Remus' Gesicht nicht und lächelte ihn an.

„Hi Remus... weißt du wo Harry ist?" Nym schien einen Teil ihres Gedächtnisses verloren zu haben, denn sie schien weder von ihrem Streit zu wissen, noch davon dass sie in der Privet Drive gewesen war.

Remus drehte sein Gesicht weg, als eine Träne aus seinem Auge kullerte. Hier war sie, Nym, gerade aus einem magischen Koma erwacht und das erste was sie tat war nach Harry zu fragen... Es brach Remus das Herz.

„Ja... ich mein, nein..." der letzte Teil des Satzes hing in Remus hals fest. Er starrte noch immer weg von ihr, wollte das hoffnungsvolle Gesicht nicht sehen, nicht wissen, dass er ihr die Hiobsbotschaft überbringen sollte.

„Remus? Alles in Ordnung? Geht's dir gut?", fragte Nym, Besorgnis war eindeutig in ihrer Stimme zu hören.

Remus setzte sich zu ihr ans Bett und schüttelte langsam den Kopf.

„Nein, Tonks... nichts ist gut..."

Nym runzelte die Stirn, dann erschien ein Grinsen auf ihrem Gesicht.

„Aaaach komm schon Remus... ich glaube du hast Liebeskummer, hm?" Sie zwinkerte ihm zu, und sein Herz zerbrach in noch mehr Teile. Als sich sein Gesichtsausdruck nicht änderte, verschwand auch das Lächeln von Nyms Gesicht und besorgt legte sie ihre Hand auf seinen Arm.

„Remus... wenn du reden willst, ich bin hier und habe immer ein offenes Ohr, okay? Und... wenn es um irgendwas... ähm... Privates geht, dann sprich mit Harry. Er ist ein sehr guter Zuhörer." Nyms Gesichtsausdruck wurde verträumt, als sie an Harry dachte... Scheinbar hatte sie auch die Sache mit Hestia Jones und Dawlish vergessen.

Remus schüttelte den Kopf, presste sich die Hände auf die Ohren. Er konnte es nicht... er konnte es ihr nicht sagen. Mehr und mehr Tränen liefen seine Wangen herab und als Nym das sah, öffnete sie ihre Arme und zog ihn in eine tröstenden Umarmung. Sie hatte keine Ahnung, warum Remus weinte.

„Remus... jetzt sag mir was los ist. Oder rede wenigstens mit Harry darüber. Bitte Remus..."

Remus befreite sich aus ihrer Umarmung, schüttelte den Kopf und stand auf. Er sah sie mit einem flehenden Blick an, bevor er sagte, „Verzeih mir. Verzeih mir, Nymphadora..." Dann verließ er den Raum.

Nym saß in ihrem Bett und versuchte, die Szene zu verarbeiten... langsam fragte sie sich, wo Harry blieb. Sie hätte erwartet, dass er besorgt Tag und Nacht an ihrem Bett gesessen hätte, so wie sie es getan hat.

Sie hatte keine Ahnung, warum Remus weinte.


994 nach Chr. - Januar

Dorian seufzte frustriert, als er ein weiteres Mal an den mentalen Schilden von Harry scheiterte. Harry, schweißüberströmt, lag vor ihm im Bett, rollte von Fieberträumen geplagt hin und her und brabbelte sinnloses, unverständliches Zeug.

Sein Zustand hatte sich nicht gebessert, und Dorian wusste ganz genau warum... Es war der letzte Beweis, dass Harry ein Sohn der Schatten war. Wenn er Dorian jedoch nicht in seine Gedanken, in sein Inneres lassen sollte, so würde er bald sterben.

„Sophie! Eine neue Auflage!", sagte er. Sophie, die neben dem Bett gestanden hatte, warf einen besorgten, für sie ungewöhnlichen, Blick auf Harry und verschwand dann in das neben gelegene Badezimmer.

Dorian nahm Harrys Hand in seine und presste ein wenig seiner eigenen Energie durch die entstandene Verbindung... wenn er jedoch zu viel Energie abgeben würde, so würde er selber sterben.

„Komm schon, Harry. Vertrau mir!", flüsterte er, so nahe wie möglich an Harrys Ohr gebeugt. Dorian war erstaunt, wie stark Harrys Okklumentikschilde waren, obwohl er sich im Fieberdelirium befand, an der Schwelle zum Tod und sollte er Dorian nicht einlassen, so würde dieser nichts tun können, um Harry davor zu bewahren diese Schwelle zu überqueren.

Dorian nahm Harrys Hand in beide seiner Hände und presste sie gegen seine Stirn. Endlich, mit einem Seufzer der Erleichterung bemerkte er, dass Harry ihn gehört hatte.

Das Laken, auf dem er lag war schweißnass und Sophie warf Harry einen weiteren besorgten Blick zu, bis sie bemerkte, dass ihr Lord Harrys Hand gegen seine Stirn gepresst hatte und fortwährend leise murmelte, in einer Sprache, die sie nicht verstand.


Harry befand sich in seinem Inneren... er befand sich so intensiv, so vollkommen in sich selbst, wie er es noch nie gewesen war. Ein ständiges Rütteln und Ziehen an seinen Okklumentikschilden sagte ihm, dass jemand in seinen Verstand eindringen wollte. Vor ihn pulsierte sein magischer Kern und er sah, dass der Riss, den er das letzte Mal bemerkt hatte, größer geworden war und das goldene Licht aus dem Innern des Kerns nun den ganzen Raum erhellte. Dennoch, die schwarze, dünne nebelige Schicht war noch nicht verschwunden und Harry überlegte, ob er den Riss nicht einfach mit seinen Händen weiter öffnen sollte, der reinen Neugier wegen, als er Dorians Stimme vernahm.

„Komm schon, Harry, vertrau mir!" Harry zögerte noch, bis er bemerkte, wie ein Teil aus Dorians Energie in ihn überfloß, ihn stärkte.

Als er seine Schilde runterfuhr, spürte er, wie Dorians Presenz stärker wurde. Das unnatürliche Pochen in seinen Ohren, das von seinem magischen Kern auszugehen schien, wurde lauter und in Harry schlich sich langsam aber sicher Angst ein.

Er hatte keine Ahnung, warum er sich hier befand, noch wusste erwas dies zu bedeuten hatte.

„Harry, kannst du mich hören?", hörte Harry Dorian fragen.

„Ja... was soll ich tun?"

„Überlege selber, Harry. Wie fühlst du dich im Moment?"

„Schwach... und müde..."

„Genau... und wie fühlt sich dein magischer Kern an? Geh ruhig näher, dir kann er nichts anhaben."

Harry nickte und machte einige, vorsichtige Schritte auf den pulsierenden Energieball zu. Je näher er dem Kern kam, umso kräftiger, umso gesünder fühlte er sich. Als er schließlich am Kern angelangt war, legte er seine Hand auf die Stelle, wo der Riss lag. Eine Welle der Macht und der Reinheit durchfloss ihn, so intensiv, dass er zurückweichen musste.

„Sag mir Harry, wie fühlt er sich an?", fragte Dorian abermals.

„Unglaublich... kraftvoll... mächtig...", antwortete er, während er noch immer das schwache Kribbeln in seinen Fingerkuppen spürte, dort, wo er den Kern berührt hatte.

„Das ist richtig Harry... der Zeitpunkt der Entscheidung ist gekommen... Du sagst er fühlt sich mächtig an? Doch sei dir bewusst, dass du nur einen kleinen Teil der Macht verspürt hast, nur soviel, wie durch den Riss herrausdringen kann. An dir liegt es nun, zu entscheiden, ob du die Macht im Ganzen spüren und nutzen möchtest oder nicht."

Harry blickte hinab auf seine Hände. Wollte er das? Macht? War es nicht genau das, was Fudge wollte? Was Voldemort wollte?

„Aber um welchen Preis?", flüsterte er bedrückt. Dorian wartete einen Augenblick, bevor er antwortete.

„Einige hatten im Laufe der Zeit die Macht, die du haben kannst Harry... Doch nur wenige von ihnen haben es gewagt, sie zu entfesseln... und noch weniger von ihnen haben dabei ihren Verstand, ihre Menschlichkeit bewahrt... entscheide nun, Harry. Was willst du? Macht?"

Harry schloß die Augen und holte tief Luft. Er hoffte, er würde diesen Entscheidung nicht bereuen, als er sagte, „Vielleicht, aber nicht um diesen Preis... nicht um den Preis der Menschlichkeit."

Harry war sich sicher, Dorian lächeln zu sehen, als er ihm antwortete.

„Eine weise Entscheidung Harry... aber wir werden die Barriere wieder verschließen müssen, ansonsten wirst du sterben. Die austretenden Energie ist zu gebündelt und schadet dir in dieser Form."

„Was muss ich tun?", fragte er mit entschlossener Stimme.

„Begib dich wieder zu dem Riss... du solltest trotz deiner Entscheidung spüren, welche Macht du entschieden hast abzulehnen. Leg deinebeiden Hände auf je eine Seite des Risses und schließ die Augen."

Harry tat wie geheißen, und sobald er die Augen geschlossen hatte, spürte er wieder, wie ihn die Welle von Macht und Reinheit durchfloss, wie ein Strom, der ihn mit Leben füllte. Nach einigen Sekunden spürte er, wie der Fluss stärker wurde, verlangender... er spürte, wie der Kern mehr und mehr Energie in ihn hineinpumpte und das Maß der Macht erschreckte ihn... nun wusste er, was Voldemort so verlockend an Macht fand und einen Moment dachte er darüber nach, wie es wäre, diese gesamte Macht zu kontrollieren.

„WILLST DU DIE MACHT HARRY?", donnerte Dorians Stimme. Sie klang final, entscheidend. Eine Frage, die sein Leben für immer beeinflussen sollte, und er gab die Antwort, die ihm seine Menschlichkeit bewahren würde.

„NEEEEEEIN!" Mit all seinem Willen unterbrach er den Energiefluss und presste mit aller Kraft die Seiten zusammen, bis der Riss schließlich verschwand und der Kern Harry freigab. Bevor er jedoch in die erlösenden Dunkelheit stürzte, hörte er noch, wie Dorian voller Stolz sagte,

„Wahrlich... du bist ein echter Sohn der Schatten Harry... und es macht mich Stolz, dein Vertrauen haben zu dürfen."


1996 nach Chr. - September

Am Tag nach Nyms Erwachen

Nym spielte nervös mit ihrer Bettdecke, während sie sich wunderte, wo Harry blieb... Es passte nicht zu ihm, nicht bei ihr zu sein, nicht da zu sein wenn sie ihn brauchte. Die goldenen Sonnenstrahlen, die durch das Fenster auf ihr Bett fielen erinnerten sie daran, dass es erst Morgen war und sie wartete darauf, dass einer der Ärzte käme um sie zu entlassen.

Als die Tür aufging, ließ sie einen erleichterten Seufzer heraus, da sie dachte Harry wäre schlußendlich gekommen. Das Lächeln auf ihrem Gesicht, das vor Hoffnung schien, erstarb, als Scrimegeour, gefolgt von Remus und ihren Eltern hineingetreten kam. Sie alle trugen ohne Ausnahme Ausdrücke der Trauer auf ihren Gesichtern. Ein beklemmendes Gefühl schlich sich in Nym hoch und ihre Hände fingen an zu zittern, als sie ihre Finger in ihre Decke krallte.

Scrimegeour blieb stehen, während sich Ted und Andy zu ihr ans Bett setzten. Tränen waren in Andys Augen und Ted schien schwer getroffen zu sein. Sie wandte sich Remus zu, der auf einem Stuhl auf der anderen Seite des Raumes zusammengesackt war. Als er aufblickte, sah sie abermals, dass Tränen sein Gesicht hinunterliefen.

„Was... was ist passiert? Und wo ist Harry?", fragte sie und blickte dabei ihre Eltern an.

„Mum? Dad? Was ist denn?", fragte sie erneut, als ihr keiner antwortete. Sie blickte zu Scrimegeour auf... er schien älter, verwundbarer als beim letzten Mal, wo sie gemeinsam in London gegen die Todesser gekämpft hatten.

Sie spürte, wie Andy ihre Hand auf ihre legte und sie drückte. Sie wandte ihren Kopf um und blickte ihrer Mutter tief in die Augen.

„Nymphie...es... es ist etwas passiert, während du im Koma lagst...", sagte Andy zögerlich, ihre Stimme dick vor Verzweiflung.

Nym runzelte die Stirn. Sie mochte die Richtung nicht, in die dieses Gespräch zu führen schien.

„Wo. Ist. Harry?", fragte sie, erneut, und das beklemmende Gefühl in ihr wurde stärker. Die Ausrücke auf den Gesichtern ihrer Eltern sagten alles... doch sie wollte sich die Wahrheit nichteingestehen, die sie so sehr fürchtete.

„Auror Tonks", sagte Scrimegeour, ungewöhnlich leise „Mister Potter wurde des Mordes an vier Dutzend Menschen angeklagt... und verurteilt. Die Gerichtsverhandlung war schnell vorrüber... ohne Zeugen waren Mister Potters Chance mehr als schlecht. Das Urteil lautete lebenslänglich nach Azkaban wegen der Ermordung von dreiundvierzig Menschen, der Zerstörung von Surrey und der Nutzung von dunkler Magie. Sie wurden am "Tatort" gefunden und befanden sich in einem tiefen, magischen Koma."

Nym riss die Augen auf. Es schien Klick bei ihr gemacht zu haben, denn mit einem Mal kam alles zu ihr zurück... die Briefe von Lestrange, der Streit mit Harry... Surrey, brennend... Harry, am Boden...

„Aber... aber als ich ihn gesehen habe, in Surrey... er lag am Boden, und ein Todesser stand über ihm! Er konnte es nicht gewesen sein! Er ist unschuldig!", rief sie verzweifelt. Ihre Hände zitterten immer heftigerund sie spürte, wie Andy ihre Hand fester drückte.

„Das ist nicht mehr wichtig, Auror Tonks.", antwortete Scrimegeour und schaute dann weg von ihr. „Mister Potter wurde verurteilt,aber er konnte mit meiner Hilfe den Dementoren entkommen..." Nym ließ erleichtert den Atem aus, den sie unbewusst angehalten hatte. Deswegen sahen sie alle so traurig aus... Harry war untergetaucht und wurde gesucht, das war alles. Jetzt, wo Nym wach war würden sie Harrys Namen klären können und er würde zu ihr zurück kehren können... oder?

„Jedoch wurde das Ministerium wenige Momente später darauf aufmerksam... Mister Potter flüchtete in die Mysteriumsabteilung, wo er von mehr als einem Dutzend Auroren, sowie von Snape und Dumbledore gestellt wurde. Er zog es vor, zu kämpfen, anstatt sich zu ergeben."

Inzwischen kamen Nyms Atemzüge flach und stoßartig, während ihre Hände zitterten und sich ihre Fingernägel in die Handfläche ihrer Mutter krallten. Sie betete inständig, dass Scrimegeour nicht das sagen würde, was sie befürchtete. Dass Scrimegeour jetzt grinsen würde, Harry in den Raum treten und sie küssen und umarmen würde... dass das alles nur ein Scherz sei.

„Ich konnte nichts mehr tun... die Auroren die dabei waren, wurden obliviert und niemand scheint mehr zu wissen, was sich dort abgespielt hat... doch eines ist sicher, Auror Tonks... Mister Potter ist tot. Es tut mir Leid."

Nein

Nyms Hände hörten auf zu zittern und sie starrte Scrimegeour an, verzweifelt nach Anzeichen eines schlechten Scherzes suchend... vergebens. Einen nach den anderen blickte sie ins Gesicht, erst ihre Mutter, dann ihren Vater und schließlich Remus.

Ihr herzzerreissender Schrei war durch das gesamte Hospital zu hören.


994 nach Chr. - Januar

Am Tag darauf

Harry öffnete langsam ein klein wenig seine Augen. Er fühlte sich müde, ein wenig schwach, doch seine Kopfschmerzen waren fort und er fühltesich sonst weitgehend normal. Er befand sich wieder in dem Zimmer, in dem er vier oder fünf Monate zuvor aufgewacht war.
Eine Stimme, rein und sanft, wie er sie selten gehört hatte, erfüllte leise singend den Raum und die Melodie erinnerte Harry entfernt an das Lied des Phoenix. Als er seine Augen ein wenig weiter öffnete, sah er, dass Sophie, ihren Rücken ihm zugwandt, sich an einer Teekanne zu schaffen machte. Er setzte sich auf, indem er sich auf die Ellbogen stützte. Die Decke rutschte von seinem Oberkörper und er bemerkte, dass er kein Hemd trug.

Sophie, von dem Geräusch aufmerksam gemacht, wandte sich mit einer Tasse in der Hand um und ließ sie bei seinem Anblick prompt fallen. Bevor die Tasse jedoch auf dem Boden zerschellen konnte, ließ Harry seine Hand nach vorne schnellen und die Tasse blieb einige Zentimeter über den Boden stehen, bevor sie sich richtig herum darauf hinabsenkte.

Als er aufblickte, bemerkte er, dass die Decke noch weiter, bis auf seine Hüfte, hinuntergerutscht war und dass Sophies Blick nun eindeutig weiter unten an ihm haftete. Als sie bemerte, dass sie ihn anstarrte, lief sie feuerrot an, drehte sich herum und warf im Hinausflüchten die Teetasse um. Sie bekam nicht mehr mit, dass Harry genauso feuerrot angelaufen war wie sie.


Eine Woche später

„Perfekt.", sagte Dorian. „Perfektes Wetter..."

,Perfekt?', fragte sich Harry ungläubig. In seinen Augen war das Wetter weit entfernt von Perfekt... eine dicke Schneeschicht hüllte den Boden in einem weißen Meer, so pur, dass es in seinen Augen funkelte. Der Himmel war klar, nur vereinzelt waren Wolken zu sehen, die gemächlich über das Antlitz des Himmels zogen.

Das Übungsschwert, das Harry an seiner Seite trug, stach einige Zentimeter in den Schnee und er wunderte sich, was zur Hölle Dorian an diesem Wetter perfekt fand. Oder eher, wofür er es perfekt fand.

„Die nächsten drei Wochen, die du hier verbringen wirst, bevor du zurück ins Dorf zu Matthew gehst, wirst du damit verbringen, dich morgens zu strecken, dann viermal um den See zu laufen, und dann mit mir zu trainieren. Der See ist dort drüben, du hast zwanzig Minuten Zeit. Ab jetzt."

Harry starrte Dorian einen Augenblick lang an, dann wandte er sich um. Der Schnee war dick, und er war fest. Es würden die längsten zwanzig Minuten seines Lebens werden.

„Ein Krieger", rief Dorian, während er dem Hieb von Harry auswich, der ihn enthauptet hätte „darf niemals Schwäche zeigen!" Harry blockte den Angriff von Dorian und rollte sich zur Seite ab.

„Ein Krieger" Harry rollte im Schnee zur Seite, als Dorian sein Schwert in die Stelle stieß, auf der er gerade gelegegen hatte „muss immer die Hilfesuchenden beschützen!" Harrys Stirn stand voller Schweiß und er war völlig außer Atem, ganz im Gegensatz zu Dorian, der sich leichtfüßig im Schnee hin und herbewegte, trotz seines Alters.

„Ein Krieger" Harry setzte zu einem Schlag auf Dorians linke Hüfte an „muss stets den heiligen Codex befolgen und Gott ehren!" Ein metallisches Klang hallte durch die Luft, als Dorian einen Schritt nach hinten tat, sich herumdrehte und in der Bewegung mit seinem Schwert das von Harry so schnell traf, dass es einigen Meter wegflog und sich in den Schnee bohrte.

Dorian setzte Harry die Spitze seines Schwertes auf die Brust, bevor er sagte,

„Ein Krieger muss jedoch über allen anderen sich selber treu bleiben und im Einklang stehen mit dem, was er tut...

Steh auf, du hast dich passabel geschlagen für deinen ersten Schwertkampf."

Harry nahm Dorians dargebotene Hand und folgte ihm zurück in das Anwesen. Seine Trainingseinheiten mit Tonks waren lächerlich gewesen im Gegensatz zu dem, was Dorian ihn am ersten Tag machen ließ. Nachdem er den See viermal umrundet hatte, was mit der Schneedecke um Längen anstrengender war als normales Joggen, hatte Dorian von ihm verlangt, dass er im Schnee Dutzenden Liegestütz und Sit-Up´s machte... natürlich wusste Dorian nicht, dass die Übungen so hießen, doch er ließ sie Harry nichtsdestotrotz mehr als ausführlich durchführen.

Sein Schwertkampf war... nun ja, Harry war sich nicht sicher, ob er das, was er mit seinem Schwert angestellt hatte, kämpfen nennen konnte. Wenn er wirklich darüber nachdachte, dann hatte er eigentlich immer nur aus Reflexen und Instinkten gehandelt und die Trockenübungen, die ihn Dorian in der vergangenen Woche im Anwesen hat machen lassen, völlig ignoriert. Im Endeffekt dachte er, dass er sich doch besser als "passabel" geschlagen hatte, doch er würde es niemals sagen, alleine wegen seinem Respekt vor Dorian.


„Setz dich dorthin, den Nachmittag wirst du dich in der nächsten Woche mit der Geschichte der Linie der Schattensöhne beschäftigen, und mehr Flüche und Zauber lernen, als dir lieb und teuer ist. Hör jetzt gut zu, denn mehr als einmal erkläre ich selten..."

Es sollte ein noch längerer Nachmittag werden, als Harry erwartet hatte.


Harry hatte Mühe, seine Augen offen zu halten, auch wenn ihn das Thema interessierte. Seine Muskeln schmerzten, er war völlig erschöpft und sein Verstand war von den vielen aufgenommenen Informationen schwummerig. Es war bereits draußen dunkel und ein Feuer flackterte vor ihnen im Kamin. Dorian hielt, genau wie er, eine dampfend heiße Schockolade in der Hand, die Sophie ihnen gebracht hatte.

„Ähm... Sir?", fragte er zögerlich. Dorian blickte auf und sah, dass Harry sich nichtmehr auf das Buch konzentrierte sondern Mühen hatte, wach zu bleiben.

„Ich sehe schon Harry, du solltest schlafen gehen. Morgen früh vor Sonnenaufgang draußen. Eine angenehme Nacht wünsche ich dir."

Harry nickte dankbar und erhob sich, nur um schmerzhaft zu erfahren, wie verkrampft seine Muskeln waren und sein Nacken steif war.

Dorian lachte auf.

„Sophie!", rief er. Sophie, in einem schlichten Hemd gekleidet, trat in das Wohnzimmer und verneigte kurz den Kopf.

„Gib dem jungen Herrn eine Massage, Sophie." Harry errötete, und zu Dorians Überraschung auch Sophie.

„Oh...oh- oh! Nein, nein, danke, aber das ist nicht nötig, Sir. Es tut auch garnicht weh, sehen sie, ich kann ganz einfach – Ahhh... okay, vielleicht doch nicht..."

Er wollte bereits aus dem Raum flüchten, als Sophie schließlich, noch ein wenig rot an den Wangen sagte, „Nein... ich mein, ja! Natürlich mein Lord, wie ihr wünscht. Wir müssen ins... ähm, ins Schlafzimmer."

Harry hätte wetten können, dass Dorians Grinsen nicht noch breiter werden konnte.


Harry seufzte genüsslich, als Sophies Hände die Verkrampfungen und den Schmerz aus seinem Rücken weg massierten. Er lag ohne Hemd auf seinem Bauch in seinem Bett und Sophie hatte sich neben ihn gesetzt und ließ ihre Hände erfahren über seinen Rücken wandern. Langsam aber sicher merkte er, wie der Schlaf kam und ihn schließlich umhüllte.

„Danke.", murmelte er noch, dann sank er in einen ruhigen Schlaf. Er sah das warme Lächeln auf Sophies Gesicht nicht... ein Lächeln, das selten bei ihr zu sehen war. Unter ihnen im Wohnzimmer saß Dorian vor dem Feuer und legte grinsend den Spiegel weg, in dem er die Szene beobachtet hatte.

Er hoffte, dass Sophie Harry nicht nur lehren, sondern auch von ihm zu lachen lernen würde.Denn schlußendlich benötigte Sophie genauso Hilfe wie Harry.

Die folgende Woche verlief ohne Zwischenfälle. Harry würde aufstehen, mit Dorian trainieren und am Nachmittag mit ihm lernen, um am Abend mit einer Massage und angenehmen Gesprächen mit Sophie einzuschlafen. Als die Woche schließlich vorrüber war, wusste er nicht, ob er sich auf die Arbeit bei Matthew, die ihm ja eigentlich Freude bereitete, freuen sollte oder nicht.

Dorian hatte über den Vorfall mit seinem Magischen Kern bisher vehement geschwiegen und meinte, dass er noch die zwei Monate warten könnte, bis die wirkliche Ausbildung beginnen sollte. Dennoch, Harry hatte bemerkt, dass er scheinbar doch einen kleinen Teil der Energie aufgenommen hatte, denn er fühlte sich von Tag zu Tag kräftiger und ihm fiel es leichter, seine Magie passiv zu lenken.

Dorian hatte ihm einen neuen Zauberstab zugestanden, wenn er in zwei Monaten aufs Anwesen zurückkehren würde, und er hoffte, dass sich die beiden verbleibenden Monate nicht allzu lang hinziehen würden, auch wenn er Matthew, Amanda und die restlichen Dorfbewohner mochte.

Er ließ seinen Blick über die noch immer verschneiten Ländereien schweifen und dachte daran, wie sehr er die vergangene Woche genossen hatte, trotz des harten Trainings und der anspruchsvollen Lerneinheiten.

Das Geräusch von Hufgetrappel weckte seine Aufmerksamkeit und er wandte sich zu Dorian um, der auf dem Rücken eines schwarzen Hengstes auf ihn zugetrabt kam. Sein Atem stieß kleine Schwade in die Luft und aus den Nüstern des Pferdes glaubte Harry Dampf zu sehen.

„Steig auf, Harry... wenn du wieder hier bist, werde ich dir wohl noch das Reiten beibringen müssen.", sagte er zwinkernd und bedeutete ihm, hinten aufzusteigen.

Als er sich auf den Rücken des Pferdes hinter Dorian hinaufschwang, sah er, wie Sophie an der Tür zum Anwesen stand und ihm mit einem Lächeln zuwinkte. Er wusste, dass Dorian breit grinste, als er ihr zurückwinkte und rollte mit den Augen.

„Keine Angst, du wirst sie ja in zwei Monaten wieder sehen..."


Harry fuhr mit seinen Fingern den Griff des Schwertes entlang, das Dorian ihm gegeben hatte, damit er in den folgenden beiden Monaten trainieren konnte. Es hatte die selbe Form und das selbe Aussehen wie das von Dorian, nur war es qualitativ ein wenig schlechter und weniger verziert. Harry überlegte sich, ob er nicht einfach versuchten sollte, ein eigenes Schwert für sich zu schmieden, wenn er wieder bei Matthew war, als er Rauch am Horizont erblickte.

„Dorian... Rauch!", sagte er mit weit aufgerissenen Augen. Dorian hatte darauf bestanden, dass Harry ihn mit Vornamen ansprach und Harry folgte dieser Bitte gern. Einige hundert Meter entfernt standen mehrere Rauchsäulen in der Luft, genau dort, wo das Dorf sein musste. Dorian zog an den Zügeln und das Pferd kam zum Stehen.

„Verdammt..." murmelte er, bevor er sich zu Harry umdrehte und ihn einen kurzen Moment lang anstarrte. Harry wusste, was Dorian im Stillen fragte und ohne einen zweiten Gedanken zu verschwenden, nickte er.
Auf Dorians entschlossenem Gesicht erschien ein kurzes, anerkennendes Lächeln. Dorian steckte seine Hand in eine seiner Taschen und holte etwas heraus...

Mit gerunzelter Stirn beobachtete Harry, wie Dorian sich einen Käfer vor das Gesicht hielt und mit ihm in einer Sprache zu sprechen schien, die er nicht mal annähernd verstand. Nach einigen Momenten warf er den Käfer in die Luft und blickte dann wieder Harry an.

„Wir müssen in das Dorf und die Angreifer dort binden... In einer halben Stunde werden die Ritter aus meiner Burg eintreffen, sollte alles glatt laufen."

,Burg? Was für eine Burg?', fragte sich Harry, hatte er doch in einem Anwesen gewohnt, das zwar groß, aber noch lange keine Burg war. Dorian schüttelte nur den Kopf, sagte „Später." und zog dann sein Schwert.

Harry zog seines ebenfalls und schloß für einen kurzen Moment die Augen, als Dorian das Pferd antrieb. Er führte einen Teil seiner Energie in seine Hand und stärkte damit die Kraft darin und die Kontrolle, die er damit über sein Schwert hatte.
„Das ist dann wohl die Feuertaufe...", murmelte Dorian, als sie im schnellen Galopp durch das Waldstück preschten, das sie noch von dem Dorf trennte. Schwerterklirren und Schreie waren bereits gedämpft zu hören und der Geruch von verbranntem Holz lag in der sonst kalten Luft. Es war kurz nach Mittag und die Sonne, die vor wenigen Stunden erst aufgegangen war, schien golden auf das Schlachtfeld hinab, das das Dorf bildete.

Harry konnte über Dorians Schulter hinweg bereits die ersten Häuser erkennen und er hörte, wie Dorian mahnend sagte, „Beschütze die Hilfesuchenden." Er wusste es nicht, doch Dorian und er, völlig in schwarz gekleidet und auf dem Rücken eines schwarzen, donnernden Hengstes, schienen wie Schatten, die rauschend aus dem Dunkel des Waldes herausgebrochen kamen.

Harry und Dorian galoppierten mitten auf einen der Angreifer zu, der seinen Rücken zu ihnen gewandt hatte, da er mit seinem Bogen auf den Rücken eines Bauern zielte, der gerade versuchte seine Frau zu verteidigen. Als er sich umwandte, hatten sie ihn bereits erreicht und Dorian ritt ihn einfach nieder.

„Ich muss zu Matthew!", rief Harry. Dorian nickte, wurde aber nicht langsamer, da ihnen Pfeile um die Ohren sirrten.

„Lass deine Instinkte wirken, Harry! Du bist geboren, um ein Krieger zu sein! Jetzt spring!"

Harry schloß die Augen und stieß sich von Rücken des Pferdes hoch, um sich in der Luft einmal zu überschlagen und schließlich wie ein Raubtier in der Hocke zu landen, das Schwert erhoben und zum Kämpfen bereit.

Ein grobschlächtiger Mann mit einem kaputten Kettenhemd und einem Morgenstern grunzte, und rannte auf Harry zu. Harry zögerte keinen Augeblick, als die Stachelbewehrte Kugel auf ihn hinuntersauste. Er duckte sich zur Seite weg, drehte sich und trat mit seinem Stiefel in die Kniekehle des Mannes. Der Mann knickte mit einem „Uff!" ein und sackte auf die Knie. Harry hob das Schwert und ließ es hinunterschnellen. Der Mann hatte keine Chance mehr, sich zu verteidigen, als Harrys Schwert ihm oberhalb seines eisernen Kragens den Nacken durchtrennte.

Harry wirbelte herum und wich einem Pfeil aus, der ihm bestimmt war. Er wusste nicht, wer diese Männer sind, doch er wusste, dass sie hier waren um zu töten. Genau wie er.


Harrys Kleidung war Blutbespritzt und die Klinge seines Schwertes war rot, vom Blut seiner Feinde getränkt. Wie in Trance wich er aus, parierte und schlug zu... Er hatte kein Empfinden, kein Mitleid, keine Gnade. Seine Feinde sahen selten mehr, als einen dunklen Wirbel, dann waren sie meist tot oder blind. Überall wo er vorbei kam, brannten entweder Häuser oder es wurde gekämpft. Harry betete, dass Dorians Männer bald eintreffen würden, denn er begann sich müde und ausgelaugt zu fühlen und er sah immer mehr tote Körper von Bauern, die versucht hatten sich zu verteidigen.

Als er um die letzte Ecke sprintete, sah er, wie Matthew, ein gewaltiges Schwert in beiden Händen, gegen drei Widersacher kämpfte. Amanda stand hinter ihm an der Wand zur Schmiede und ihr Kleid war aufgerissen.

Gerade als Harry die Männer angreifen wollte, kamen aus einer anderen Abzweigung drei Reiter in grünen Trachten und silber- schimmernden Rüstungen. Harry schluckte. Diese Männer sahen weit beeindruckender und gefährlicher aus, als die lausigen Banditen, gegen die er bisher gekämpft hatte.

Ohne ein Wort zu wechseln, preschten alle drei Ritter auf ihn los, die Schwerter hoch erhoben. Harry zog einen Dolch aus seinen Gürtel, den Dorian ihn hat einstecken lassen und schleuderte ihn mit aller Kraft auf den linken Reiter. Zu seiner unglücklichen Überraschung wehrte der Reiter den Dolch mit seinem Schild ab und beschleunigte sein Tempo. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, dass die Banditen von Matthew abgelassen hatten und beobachteten, wie die Reiter Harry mit hoher Wahrscheinlichkeit einfach in Grund und Boden reiten würde.

Harry fluchte. In so einer Situation hätte er einen Zauberstab gut gebrauchen können.

Ohne weiter zu überlegen, rannte er den Angreifern entgegen, fest entschlossen, ihnen ein Ende zu bereiten. Er hielt auf den Linken zu, damit die anderen beiden erstmal keine Möglichkeit hatten, ihn anzugreifen, da sie alle drei auf gleicher Höhe nebeneinander ritten. Im Rennen hob er einen Stein vom Boden auf und schleuderte ihn mit aller Kraft auf den Kopf des Ritter zu, kurz bevor er ihn erreichte. Wie er erwartet hatte, blockte der Ritter den Angriff erneut, doch nun war Harry bereits auf seiner Höhe.

Sirrend schnitt Harrys Schwert durch die Luft und durchtrennte sauber den Oberschenkel des bis dahin abgelenkten Reiters. Ein Schmerzensgepeinigter Schrei entwich ihm, bevor er vom Pferd stürzte und liegen blieb, den blutigen Stumpf krampfhaft umfassend.

Die beiden verbliebenen Ritter starrten durch ihre Visiere, die nur ihre Augen sichtbar ließen, auf ihren gefallenen Kameraden. Der eine schien zu zögern, während der andere einen wütenden Schrei ausstieß und kehrt machte, frontal auf Harry zu.

„Fuck!", fluchte Harry und wandte sich dann um. Er hatte keineswegs vor, zu flüchten, doch er musste den Ritter irgendwie von seinem Pferd hinunter bekommen. Erst jetzt erkannte er, wie sehr ein berittener Krieger einem Krieger zu Fuß überlegen war.

So schnell er konnte rannte er auf die Banditen zu, die Matthew und Amanda bedroht hatten, den wütenden Ritter genau auf seinen Fersen. Die Banditen waren so verwirrt, oder vielleicht auch verängstigt, dass sie sich nicht rührten, was Matthew ausnutzte und einen von ihnen mit einem gewaltigen Hieb niederstreckte.

Harry holte noch im Laufen aus und schlug dem zweiten so stark wie er konnte mitten ins Gesicht. Sein Kopf schnellte zurück und das Kracks verriet ihm, das er schon wieder eine Nase gebrochen hatte. Er packte den Banditen am Kragen, wirbelte herum und nutzte ihn als Schild gegen das hinabsirrende Schwert, das dem Banditen durch den Rücken stach und ihn augenblicklich tötete. Ohne zu zögern ließ Harry den Körper fallen, packte den Arm des Ritters und warf sich auf dem Boden.

Wie er gehofft hatte zog den Ritter das Gewicht seiner Rüstung hinunter und er fiel scheppernd auf den Boden.

Harry rappelte sich auf und stürzte sich auf den am Boden liegenden Ritter. Mit einer blitzenden Bewegung hatte er den Dolch aus dem Gürtel des Mannes gezogen und ihn durch den Schlitz im Visir gestoßen. Der Mann zuckte einen Moment lang, dann lag er still.

Harry stand schwankend auf. Sein Atem ging schnell und er war völlig aus der Puste. Sein Körper fühlte sich an, als hätte er ein halbes Dutzend blaue Flecken, aber zum Glück nichts Schlimmeres. Er hob sein Schwert vom Boden auf und starrte den letzten verbliebenen Ritter an, der ruhig auf seinem Pferd saß, zwanzig Meter von ihm entfernt. Das gurgelnde Geräusch hinter ihm sagte Harry, dass Matthew den letzten Banditen auch niedergestreckt hatte.

Er wusste nicht warum, doch der verbliebene Ritter schien ihm am gefährlichsten. Als er auf den am Boden liegenden Krieger blickte, bemerkte er, dass dieser kein Wappen trug, im Gegesatz zu seinem verbliebenen Widersacher.

Ruhig, fast schon gemächlich setzte er sich in Bewegung. Das Schwert, das er zwischenzeitlich wieder in die Scheide gesteckt hatte, zog er langsam hervor. Die Sonne ließ es majestätisch glänzen und Harry wusste sofort, dass dieser Mann von einem anderen Kaliber war, als die anderen beiden.

Als er in den Galopp überging erkannte Harry, dass er keine Chance mehr hatte. Alleine die Art, wie er das Schwert scheinbar locker an der Seite hinunterhängen ließ, doch in Wirklichkeit völlig konzentriert war, schrie nur so vor tödlicher Erfahrung.

Harry hob sein eigenes Schwert und nahm eine defensive Position ein. Er hoffte, dass er den Mann lange genug aufhalten könnte, bis die Ritter Dorians eintreffen würden. Die Welt schien für ihn wie in Zeitlupe abzulaufen, und sein gesamtes Denken fokussierte sich nun auf den herangaloppierenden Angreifer.

Mit einem Mal beschleunigte sich die Welt wieder und Harry brachte in einer blitzenden Bewegung sein Schwert über seinen Kopf und blockte damit knapp den Schlag des Reiters, der ihn im Vorbeireiten niederstrecken wollte.

Harry drehte sich herum, so dass er wieder frontal zu seinem Gegner stand. Aus seinen Augenwinkeln sah er, wie Matthew langsam und möglichst unauffällig aus der Sichtbereich des Ritters entfernte und sein Schwert hob.

Der Reiter setzte sich wieder in Bewegung und preschte diesmal mit einem Schrei los. Als er die Stelle, wo sich Matthew befand, passierte, sprang Matthew hervor und versuchte, den Reiter mit einem Hieb zu treffen, doch er schien das vorrausgeahnt zu haben und lenkte sein Pferd so, dass er Matthew beinahe überrannte.

„Verdammt noch mal!", fluchte Harry abermals und rannte los. Jetzt war der Moment gekommen, seine wahre Feuertaufe. Er sprang so hoch er konnte und stürzte sich auf den abgelenkten Ritter. Mit einem Krachen rauschten sie ineinander und der Schwung von beiden Bewegungen riss sie beide vom Pferd.

Überraschender Weise rappelte sich sein Feind sofort auf und hob sein Schwert, ohne eine Sekunde zu warten.

Harry parierte den Angriff und trat seinem Gegner in den Magen, während er versuchte ihn mit einem Hieb von der Seite zu treffen. Der Mann revanchierte sich, in dem er Harry mit seiner eisenbewehrten Faust in den Magen schlug, so hart, dass es ihm die Luft aus den Lungen drückte.

Er stolperte einige Schritte zurück, rollte sich dann unter dem nächsten Hieb ab und packte den Mann von hinten am Helm. So heftigwie er konnte schlug er immer und immer wieder mit dem Griff seines Schwertes auf ihn ein und zog ihm schließlich den Helm vom Kopf.

Halblange, schwarze Haare fielen wirr an den Seiten eines scharfen, jungen Gesichtes hinab. Eine Narbe verlief an der Seite des vielleicht zwanzig, zweiundzwanzig jährigen Mannes.

Verdammter Muggel!", zischte er, bevor er Harry ins Gesicht schlug. Harry stolperte einige Schritte zurück, während der Parselmund sein Schwert erhob, um ihm endgültig ein Ende zu bereite.

Harry wäre an diesem Tage gestorben, wären Dorians Ritter nicht doch noch schlußendlich erschienen.

Als der Mann die näher kommenden Ritter sah, ließ er sein Schwert fallen und rannte zu seinem Pferd. Harry hatte nicht mehr die Kraft, aufzustehen und ihm hinterher zu rennen. Als der Mann kurz davor war, Harry zu töten, hatte er sein Wappen vollständig offenbart.

Nur langsam konnte Harry die gewonnenen Informationen zusammensetzen.

Eine silberne Schlange auf grünem Grund und die Fähigkeit, Parsel sprechen zu können...

Harry blickte auf, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte.

„Warst du das, Junge?", fragte einer der Ritter, während er mit der anderen Hand auf die toten Feinde deutete. Harry nickte schwach und blickte das Wappen des Ritters an.

Ein graues Tor auf schwarzem Grund zierte die Schilder und Uniformen der Ritter Dorians.

Mühsam schleppte er sich zu Matthew, der gerade von Amanda versorgt wurde.

„Danke, Harry. Du hast uns gerettet...", murmelte Amanda und drückte ihn an sich. Tränen rollten ihre Wangen hinab und Harry klopfte Matthew sachte auf die Schulter.

„Wer waren diese Männer?", fragte er. Matthew schüttelte nur den Kopf, und Amanda antwortete für ihn.

„Keiner weiß es... diese schmutzigen, einfachereren Krieger waren Banditen, aber diese Ritter... man weiß es nicht. Und da du die beiden getötet hast, werden wir wohl von ihnen auch keine Antwort bekommen können."

Er nickte und starrte einen der toten an. Soviel Morden in nur so wenig Minuten. Die vierzig Minuten, die er gekämpft hatte, kamen ihm wie Ewigkeiten vor und in diesen wenigen Minuten hatte er ohne Gnade getötet, mehr Männer, als er an zwei Händen abzählen konnte.

Als die Reiter Dorians, die den Parselmund verfolgt hatten, zurückkehrten und sagten, dass er entkommen sei, hatte Harry eine leise Ahnung, wer die grün- silbernen Ritter gewesen sein könnten...


Author's Note:

oO oO oO! 7000 Wörter Leute! (Das ist megalang für mich)

Erstmal: Fettes Thx an Jean, die bis zum qualmen gebetat hat, und ohne die ihr mit 10000 Wortwiederholungen hättet leben müssen ;). Tjoa, da hattet ihr mal 'ne Menge Action, Blut und Böse, Fiese Typen drin;) Was gibt's eigentlich noch groß zu sagen? Ja, ich hoffe einfach mal, dass euch das Chap gefallen hat und mir was zum Lesen hinterlasst (weitgehend wird das auch unter „Review" verstanden ;) Achja, und zu Sophie... na seid gespannt, es wird hot :P naja, vielleicht.

Danke an – Jean (oO hast du mal gesehen wie viele mails in den letzten beiden tagen hinundher gegangen sind?;)), Rudi, Elektra v. Helsing (hm, ursprünglich wars nich so gedacht, aber durch dich ists jetzt so, wies ist ;)), C0m3t, silvertrust, teddy172 (sorry, kommt vielleicht blöd, aber bist du m oder w:P)JC, HIGGIE, Katzura, blab, Gerd, Marry Hiwatarie, Supersnik, master, Azura und Sycronn! Thx, ihr seid echt dufte! ;)