Disclaimer:

Ich bin der Geist, der stets verneint...

Auch das noch.

Ich hüte mich, mit dir zu brechen... Auch wenn dir Harry Potter nicht gehört.

Ich denke, ich muss mal mit dem Hundefänger sprechen. Ich hatte schon immer etwas gegen Pudel.


Schatten der Wahl

5. Meine Pläne, deine Pläne, Meisterpläne

Tigris erwachte in einem leeren Kerkerraum. Er wusste, dass er noch immer in Hogwarts war, auch wenn er nicht sagen konnte warum, doch er wusste nicht wo. Irgendwo in den Kerkern, offensichtlich. Recht weit unten, wie sich aus der Feuchtigkeit der Wände schließen ließ. Sein Stab und Sarin waren verschwunden und er hatte Kopfschmerzen. Missmutig stand er auf.

Tigris wusste nicht, wer ihn angegriffen hatte, aber er hatte eine starke Vermutung. Sein Bruder hatte bei ihrer Diskussion zuvor viel zu leicht aufgegeben, und Draco war in dieser Nacht bei Athena gewesen. Außerdem hatte außer Draco nur Blaise gewusst, dass Tigris früh am Morgen gehen wollte, und Blaise würde ihn nicht aufhalten. Er würde ein ernstes Wort mit seinem Bruder reden müssen… nachdem er aus diesem Raum entkommen war.

Er versuchte, die Tür zu öffnen, aber sie war natürlich verschlossen. Leider war Tigris' Handmagie noch immer sehr unzuverlässig, wenn es nicht um die Black- Zauber ging. Er brachte einen Lumos und auch einen Alohomora zustande, wenn er sich sehr anstrengte, aber was immer die Tür verschloss war zu stark für einen Erstklässlerzauber.

Er trat die Tür ärgerlich. Tigris wusste nicht, wie spät es war, aber es war sicher schon nach dem Frühstück. Der Dunkle Lord würde seine Leute bald zusammenrufen, und er saß in diesem Raum fest. Woher kam es, dass Geschwister immer glaubten, dass sie wüssten, was das Beste für ihre Anverwandten war? Draco hatte sicherlich gedacht, ihm einen Gefallen zu tun, sonst hätte Tigris früher gespürt, was er beabsichtigte. Das war der Hauptgrund, warum Tigris seinen Bruder verdächtigte – hätte sein Angreifer eine wirklich böse Absicht gehabt, hätte er ihn rechtzeitig bemerkt.

Hätte Tigris nicht Sorge gehabt, dass Überwachungszauber auf dem Raum lagen, hätte er seine Armschienen abgenommen. Was immer die Tür geschlossen hielt, einem Schwall unkontrollierter Magie würde es wohl kaum Stand halten. Er wollte jedoch sein Geheimnis nicht so einfach preisgeben.

Tigris tigerte eine Weile zornig auf und ab, der Lösung kein Stück näher, als sich plötzlich Sarin unter der Tür durch schlängelte. Er stieß beinahe einen Freudenschrei aus, als er sah, dass sie seinen Stab im Maul hatte.

„Sarin, du bist die Beste!", rief er. „Wie hast du das geschafft?"

Es war nicht einfach, Meister.", sagte die Schlange selbstzufrieden, sich um Tigris' Arm windend. „Euer Nestgefährte hat den Stab gut bewacht. Ich musste ihn beißen, um ihn zu bekommen."

Du hast ihn gebissen?", fragte Tigris erschrocken, unabsichtlich zu Parsel wechselnd.

Keine Sorge, er schläft nur.", beruhigte Sarin ihn. „Ich weiß, Ihr wollt nicht, dass ich ihn verletze."

„Gut.", sagte er zufrieden.

Die Zauber an der Tür waren schwerer zu durchbrechen, als Tigris gedacht hatte, aber es gelang ihm schließlich. Ein Zeitzauber sagte ihm, dass es inzwischen früher Mittag war. Er eilte aus dem Schloss, zum Glück niemanden antreffend. An der Bahnstation beschloss er, direkt nach London zu apparieren. Die Station war gerade außerhalb der Anti- Apparier- Barriere.

Es war keinen Augenblick zu spät. Sobald er in Knockturn Alley appariert war, fühlte Tigris die dumpfe Hitze des Rufs. „Morsedo.", murmelte er, und apparierte zu dem Punkt, zu dem der Ruf ihn zog.

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Tigris apparierte in der Ruine einer alten Burg. Ein Teil der Mauern stand noch, aber um sie herum erstreckte sich Wald. Auf den Zinnen wuchsen bereits Bäume und der ehemalige Hof war aschebedeckt, wo ein Feuer vor kurzer Zeit Schösslinge und Sträucher vernichtet hatte.

Der Dunkle Lord stand auf der Plattform des letzten verbleibenden Turms und sah auf seine eintreffenden Gefolgsleute herunter.

Als die letzten appariert waren, knieten sie gemeinsam nieder.

„Willkommen.", sagte der Dunkle Lord lediglich. Danach begann er, einen nach dem anderen der Anwesenden zu sich zu rufen.

Die Restlichen blieben knien und warteten. Es war eintönig, aber Tigris wusste, er musste Geduld haben. Es war dem Dunklen Lord sicher nicht entgangen, dass er hier war, aber es gab etliche Anwesende, deren Berichte wichtiger waren als die Angelegenheiten eines Schülers.

Schließlich erwärmte sich das Mal auf seinem Arm erneut, diesmal mit einer stärkeren Intensität. Tigris fragte sich, was wirklich der Unterschied zwischen diesem Mal und dem Dunklen Mal war, außer dass Dumbledore sein Mal anscheinend nicht erkennen konnte. Bisher hatte das Mal alle Eigenschaften, die er von dem richtigen Dunklen Mal kannte. Warum benutzte der Dunkle Lord ein Mal, das Dumbledore erkennen konnte? Warum benutzte er überhaupt ein so offensichtliches Zeichen, wenn es seine Todesser in die Gefahr brachte, enttarnt zu werden? Tigris verbannte diesen Gedanken, als er auf die Plattform vor den Dunklen Lord apparierte und auf die Knie fiel. Er küsste den Saum der Robe des Dunklen Lords und versuchte, Pettigrew zu ignorieren, der hinter ihnen in den Schatten kauerte. Wie es schien hatte sich der Dunkle Lord noch immer nicht der miserablen Ratte entledigt. Welchen Nutzen der erbärmliche Feigling für ihn haben mochte entging Tigris, aber wer war er, den Dunklen Lord in Frage zu stellen?

„Tigris.", sagte der Dunkle Lord. „Ich muss zugeben, deine Anwesenheit hier überrascht mich. Ich bin neugierig, welchen Grund du hast, Hogwarts zu verlassen und Verdacht auf dich zu lenken."

Tigris zuckte unwillkürlich zusammen. Er hätte daran denken sollen, dass das den Dunklen Lord nicht glücklich machen würde.

„Ich habe Neuigkeiten zu berichten, mein Lord, und einen Plan der Eurer Zustimmung bedarf."

Der Dunkle Lord winkte ihm, fort zu fahren.

„Wie Ihr vielleicht wisst, plant Dumbledore dieses Jahr einen Halloweenball abzuhalten und hat angeordnet, dass alle Anwesenden sich entsprechend dem Muggelbrauch verkleiden sollen."

Der Dunkle Lord verzog das Gesicht, als hätte er etwas Widerliches gerochen, unterbrach Tigris jedoch nicht.

„Wir… das heißt ich und die anderen Slytherins… halten dies für eine gute Gelegenheit, die Autorität des alten Mannes zu untergraben." Tigris schilderte kurz die Pläne, die sie für ihre Verkleidung gemacht hatten.

Der Dunkle Lord starrte ihn nachdenklich an. „Ist das alles?", fragte er dann.

„Nein.", sagte er hastig. „Ich dachte, wir könnten diese Maskerade nutzen, um Dumbledore noch härter zu treffen. Es ist jedoch ein gefährlicher Plan, ich bin unsicher, ob er Eure Zustimmung finden wird…"

„Erzähl mir davon.", sagte der Dunkle Lord kalt.

Tigris senkte den Blick und legte mit stockender Stimme seinen Plan dar, den Plan von dem er noch niemandem erzählt hatte. Plötzlich, während er vor dem rotäugigen Magier kniete, schien es eine schlechte Idee, eine irrationale Idee, aber nun gab es kein Zurück mehr. Als er geendet hatte blickte er zögernd auf.

Der Dunkle Lord lächelte. Es jagte Tigris Angst ein, dass er nicht sagen konnte, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Vielleicht hatte er seine Kenntnis des Mannes überschätzt? Wie viel konnte man schon wirklich aus einer gedanklichen Verbindung erfahren, die bestenfalls instabil war; eine Verbindung, die ihn mit flüchtigen Gedanken und Erinnerungen neckte, ohne ihm jemals wirklich Zugriff auf den anderen Geist zu geben? Ja, Tigris wusste einiges über den Dunklen Lord, aber konnte er wirklich sagen, dass er ihn KANNTE? Plötzlich erfüllte ihn der panikartige Gedanke, dass Draco Recht hatte und er einen fatalen Fehler beging.

„Interessant.", meinte der dunkle Zauberer, und Tigris vermeinte zu seiner Erleichterung, Amüsement in der schlangenhaften Stimme zu hören. „Anmaßend und waghalsig, ja… Deine Vermessenheit ist deinen Vorfahren würdig, junger Malfoy. Aber dennoch, ich kann nicht abstreiten, dass deine Idee… interessant ist."

Tigris schluckte. Der Dunkle Lord drehte seinen Eibenholzstab abwesend zwischen seinen langen weißen Fingern. Der Magier mochte seine Idee interessant finden, aber das hieß nicht, dass Tigris nicht verflucht werden würde. Er hatte das Gefühl, dass der Dunkle Lord sehr versucht war, ihn zu verfluchen. Er fragte sich nur, warum er es nicht bereits getan hatte.

„Crucio.", zischte der Dunkle Lord, beinah gelangweilt. Pettigrew, der noch immer in ihrer Nähe gekauert hatte, wand sich mit schrillen, nagtierartigen Schreien auf dem verfallenen Steinboden. Tigris wurde an all die Stunden erinnert, in denen er im Trainingsraum seines Vaters fette, hässliche Nager verflucht hatte. Es gab wirklich keinen Unterschied.

Vielleicht, dachte er trocken und seltsam unbeteiligt, behielt der Dunkle Lord die Ratte dafür in seiner Nähe.

„Ich werde darüber nachdenken.", sagte der Dunkle Lord, als würde sich nicht gerade ein kleiner glatzköpfiger Mann zu seinen Füßen vor Schmerzen winden. „Komm nächste Woche wieder und bring mit, was immer du benötigst, für den Fall, dass ich dir die Erlaubnis gebe, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Du wirst diesen Trank nicht ohne meine Aufsicht brauen."

„Ja, mein Lord.", erwiderte Tigris atemlos.

„Oh, und Tigris?"

„Mein Lord?"

Ein kalter weißer Finger strich über seine Wange und sandte einen Schauer über seinen Rücken. Es fühlte sich an, wie die Berührung eines Toten.

„Lass dich nicht erwischen. Ich würde nur ungern erfahren müssen, dass du mir Grund zur Enttäuschung gibst."

„Ja, mein Lord.", sagte Tigris heiser.

Der Dunkle Lord lächelte, und erneut konnte Tigris sein Lächeln nicht deuten. „Geh. Du musst zu einem Schloss zurückkehren, wenn ich mich nicht irre."

Tigris verneigte sich, und apparierte.

Als er in der Nähe von Hogsmeade apparierte, erneut über den Umweg von London, fragte Tigris sich, weshalb er, obwohl seine Unternehmung erfolgreich verlaufen war, das Gefühl hatte als würde sich ein Unwetter über ihrer aller Köpfe zusammenbrauen. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und machte sich auf den Weg zu Honeydukes. Vielleicht war es nur die Tatsache, dass die Nähe Voldemorts niemals eine angenehme Erfahrung war. Nur, warum hatte er dann nie zuvor so empfunden?

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„Deine verdammte Schlange hat mich gebissen!"

Tigris betrachtete seinen Bruder mit stiller Erheiterung. Draco war wütend.

Sarin auf seinem Arm nahm Dracos Ärger mit weniger Humor als er, sie hatte sich aufgerichtet und zischte drohend, Entrüstung und Beleidigungen miteinander vermischend.

„Wenn ich mich nicht sehr irre, bist du es, der mich verhext und eingesperrt hat.", entgegnete Tigris ruhig. „Sarin sieht es nicht gern, wenn man mir meinen Stab stielt."

„Ja, fein.", schnaubte Draco. „Das habe ich gemerkt. Ich habe es zu deinem Besten getan, wie du sehr wohl weißt."

„Aber da ich noch lebendig und wohlbehalten bin, musst du wohl zugeben, dass du dich geirrt hast."

„Wunder geschehen immer wieder. Aber darum geht es nicht. Dein Hausreptil hat mich gebissen! Du hast versprochen, dass sie mich niemals angreifen würde!"

„Solange du mich nicht zuerst angreifst. Sie hat dir keinen Schaden zugefügt, mehr kannst du kaum erwarten, nachdem du mich hinterrücks überfallen hast."

„Das mag ich jetzt wissen, aber als sie mich gebissen hat war mir das nicht so klar! Ich dachte, meine letzte Stunde hat geschlagen!"

Tigris seufzte. Ihm wurde klar, dass Draco mehr geschockt als wirklich wütend war. Wer konnte es ihm verdenken? Sarin war eine tödlich giftige Schlange, wenn sie wollte.

„Es tut mir Leid.", sagte er. „Aber ich kann dir kaum versprechen, dass es nie wieder passiert. Sarin ist meine Vertraute. Sie tut, was sie für notwendig hält, um mich zu beschützen. Ich würde es auch nicht anders haben wollen. Im Übrigen, ich habe nächste Woche ein erneutes Treffen mit dem Dunklen Lord. Versuch nicht, mich erneut aufzuhalten. Unserem Lord wird es kaum gefallen, wenn ich zu spät komme, und du wirst deine Vorhersagen sicher nicht selbst wahr machen wollen."

Draco starrte zu Boden. Er ballte für einen Moment die Fäuste und atmete tief durch. Dann setzte er sich auf seine Bettkante. „Wie es aussieht, hast du es ja geschafft, unseren Lord von deiner wahnwitzigen Idee zu überzeugen. Ich sollte dir wahrscheinlich gratulieren, aber wie kann ich das, wenn du so leichtfertig mit deinem Leben spielst? Manchmal denke ich, dies ist alles nur ein Spiel für dich, aber hier geht es um mehr als Spielsteine. Ich weiß nicht… Ich verstehe nicht, wie du so sorglos sein kannst."

Tigris schloss die Augen und rieb sich müde über die Stirn. „Es ist mein Leben, Draco. Ja, ich gehe Risiken ein, aber ich weiß, was ich riskiere. Du kannst nicht einfach Entscheidungen für mich treffen."

„Wie kann ich NICHT Entscheidungen für dich treffen, wenn du so waghalsig und rücksichtslos bist?", rief Draco aus. „Kannst du nicht verstehen…"

„… dass du dir Sorgen um mich machst?", beendete er den Satz. „Das verstehe ich, Draco. Aber DU musst auch verstehen, dass ich meine eigenen Fehler machen muss. Ich bin vorsichtig, auch wenn es dir nicht so vorkommen mag. Ich bin immer vorsichtig."

Draco schlug mit der Faust auf sein Kissen ein. „Warum habe ich das Gefühl, wir entfernen uns immer mehr voneinander, wenn wir uns nie wirklich nahe gestanden haben? Es ist gerade mal ein Jahr, dass ich dich Bruder nenne, und dennoch… Ich habe das Gefühl, als würde ich dich mein Leben lang kennen und nun würdest du dich plötzlich in eine Person verwandeln, die mir vollkommen fremd ist."

Tigris verzog das Gesicht. Er verstand nicht wirklich, was Draco meinte, und er musste zugeben, dass es ihn nicht wirklich kümmerte. Draco hatte vielleicht Recht, aber er war nicht besonders gut in all diesen Gefühlsangelegenheiten. Draco blieb sein Bruder, egal was er tat, oder? Er würde immer für Draco da sein, wenn Draco ihn um Hilfe bat. Das änderte sich nicht, egal was sonst geschah. Vielleicht hatte er sich verändert. Aber war es nicht selbstverständlich, dass das geschah? Menschen veränderten sich im Laufe ihres Lebens. Sie lernten hinzu, wurden erwachsen. Vielleicht war er einfach nur erwachsener als Draco.

Als würde Draco seine Gedanken erahnen schüttelte er plötzlich den Kopf, wie um lästige Gedanken zu vertreiben, und sah auf. „Wie auch immer. Hast du Lust auf eine Partie Backgammon? Wir haben schon lange nicht mehr gespielt."

„Sicher.", entgegnete Tigris lächelnd. Er war zufrieden, dass Draco das Thema fallen ließ. „Rot oder Weiß?"

Draco lächelte zurück, auch wenn das Lächeln seine Augen nicht wirklich erreichte. „Ich denke, ich lasse dir die Wahl."

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Tigris lehnte in der Tür und betrachtete Snape, der wieder einmal dabei war, Aufsätze zu korrigieren. Das war wahrscheinlich die Kehrseite davon, dass der Tränkmeister seine Schüler ständig mit Hausaufgaben überhäufte. Snape musste längst bemerkt haben, dass er da war, dennoch ignorierte er ihn. Eins musste man dem Mann lassen, er war stur.

Tigris räusperte sich. „Guten Abend, Professor."

Snape machte sich nicht die Mühe, aufzusehen. „Was kann ich diesmal für Sie tun, Mister Malfoy? Wenn ich mich nicht irre, ist es weniger als eine Woche her, dass wir uns zuletzt unterhalten haben. Sicher denken Sie nicht, dass meine Loyalitäten sich innerhalb von drei Tagen ändern."

„Ihre Loyalitäten haben mich niemals gekümmert, Professor.", sagte er, sich von der Tür abstoßend. „Nur Ihre Handlungen."

Tigris stieß die Tür mit seinem Fuß zu und rief die Schutzzauber herauf.

„Haben Sie bereits ein Kostüm für unseren Halloweenball?"

Snape warf ihm einen bösen Blick zu. „Wenn Sie hier sind, um Smalltalk zu betreiben, muss ich Sie bitten zu gehen. Wie Sie sehen, habe ich zu arbeiten."

Tigris grinste ohne sich zu bemühen, freundlich zu erscheinen. „Haben Sie eines?"

Er beneidete denjenigen nicht, dessen Aufsatz Snape gerade bewertete. „Nein, habe ich nicht.", zischte der Professor.

„Welch ein glücklicher Zufall. Sehen Sie – ich habe ein Kostüm für Sie."

Snape sah ungläubig auf. „Genügt es Ihnen nicht, in meinen Erinnerungen herumzutrampeln?", fauchte er dann. „Müssen Sie mich auch noch vor der gesamten Schule demütigen?"

Tigris lachte amüsiert. „Sie wissen doch noch nicht einmal, was es ist, Professor."

Snape ballte wütend die Fäuste. Es war ein Wunder, dass die Feder in seiner Hand nicht brach.

„Wie Sie wahrscheinlich nicht wissen,", sagte Tigris ungerührt, „haben wir Slytherins als Haus entschieden, unsere Kostüme nach einem bestimmten Thema auszuwählen. Es ist nur angemessen, wenn Sie als unser Hausvorstand dazu passen." Er warf Snape eine silberne Halskette zu, die dieser etwas verwirrt, aber mit bemerkenswert guten Reflexen fing. „Legen Sie sie um."

„Was ist das?", fragte Snape misstrauisch.

„Sie werden sehen. Legen Sie sie um.", wiederholte Tigris.

Snape zögerte einen Moment, dann öffnete er widerwillig die Kette und legte sie um. Es war beeindruckend zu sehen, wie der Zauber funktionierte. Ein glitzernder Schimmer umgab Snape für einen Moment, bevor sein Aussehen sich veränderte. An Snapes Stelle befand sich nun ein bärtiger blonder Mann in keltischer Kleidung. Sein missmutiger Gesichtausdruck blieb jedoch unverändert.

Tigris musste sich ein Lachen verbeißen. Snapes Gebaren passte nicht im Geringsten zu den sanften Gesichtszügen des Sehers und Barden.

Er schwenkte seinen Stab und ein Spiegel erschien vor ihnen im Raum.

Der Professor starrte auf sein Spiegelbild und hielt dann seine Arme vor sich, wie um zu überprüfen, dass es keine Täuschung war. Danach verzog er das Gesicht. „Und wen soll das Ihrer Meinung nach darstellen?"

Tigris grinste. „Aber Professor… Sicher erkennen Sie eine der berühmtesten Figuren der Geschichte."

Snape runzelte die Stirn.

„Hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, dass Draco zugestimmt hat, Ihnen seine Harfe zu leihen?"

Snapes Augen weiteten sich in Erkenntnis. „Taliesin?", fragte er ungläubig. „Nein, Mister Malfoy, Sie sind verrückt, wenn Sie glauben, ich spiele für Sie einen Barden." Aus Snapes Mund klang das wie eine Beleidigung. Nun, Snape konnte vermutlich selbst eine Liebeserklärung wie eine Beleidigung klingen lassen, wenn er wollte.

„Warum nicht?", fragte Tigris erheitert. „Sie haben eine gute Stimme, wie ich mich von Litha her erinnere."

Snape zischte wie eine gereizte Katze. „Ich wusste, ich hätte mich niemals von Narcissa dazu überreden lassen sollen."

„Der Schulleiter wird bestimmt begeistert sein."

„Oh, daran zweifle ich nicht!"

„Ich wette, er wird Sie auffordern, zu singen."

„Ich wette dagegen, da ich dieses Kostüm nicht tragen werde!", fauchte Snape.

„Abgemacht.", grinste Tigris.

„Was?" Es war ein lohnenswerter Anblick, den für seine Friedfertigkeit bekannten Kelten so außer sich zu sehen.

„Ich habe mit Ihnen gewettet, dass der Schulleiter Sie auffordern wird, zu singen, und Sie haben dagegen gehalten.", sagte Tigris. „Nun zu den Bedingungen…"

„Ich habe nicht mit Ihnen gewettet!", schnappte Snape.

„Das sehe ich anders.", entgegnete Tigris belustigt. „Soll ich Ihre Worte wiederholen?"

Snape bebte vor Zorn. „Fein, ich habe mit Ihnen gewettet. Um was haben wir gewettet?"

„Zuerst werden Sie einen Eid schwören, mit niemandem darüber zu reden, mit wem Sie gewettet haben und um was."

„Sie haben dies geplant!", knurrte Snape zornig.

„Sie haben mich durchschaut, Professor!" Tigris ließ seine fröhliche Fassade fallen. „Nun schwören Sie."

Snape ballte die Faust. „Darf ich zumindest fragen, warum?"

„Alles was Sie wissen müssen, ist, dass unser Lord mit meinen Handlungen einverstanden ist.", erwiderte Tigris. Snapes Gesichtsausdruck war beinahe drollig. „Nun schwören Sie."

Snapes Gesicht versteinerte sich und er legte seinen Stab auf seine Handfläche.

„Ich, Severus Snape, schwöre, mit niemandem darüber zu reden, mit wem und über was ich heute gewettet habe."

Der Stab wirbelte herum und kam ruckartig zum Stillstand.

„Nun hoffe ich klären Sie mich auf, um was ich gewettet habe?", sagte Snape dann eisig.

Tigris lächelte kalt. „Natürlich, Professor. Es ist ganz einfach."

Die blauen Augen drückten Wut nicht halb so gut aus, wie es die schwarzen taten, als Tigris Snape erklärte, was er von ihm wollte. Er hätte dennoch wetten können, das Taliesin niemals in den zweihundert Jahren seines Lebens so erbost ausgesehen hatte – und er hatte sich sagen lassen, dass Slytherins niemals wetteten, wenn sie nicht sicher waren zu gewinnen.

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Tigris stand in der Dusche und ließ das Wasser auf sich herunter prasseln, ein angenehmes Gefühl nach einem anstrengenden Tag. Plötzlich fühlte er zwei Hände, die über seine Schultern glitten, dann ertönte ein weiblicher Aufschrei. Er stellte das Wasser aus und trat aus der dampfenden Duschkabine heraus, um zu sehen, was passiert war. Eine halbnasse Blaise stand im Duschraum und keuchte wie ein begossener Pudel.

„Blaise!", sagte Tigris halb amüsiert, halb empört. „Was tust du hier? Was, wenn jemand herein kommt?"

„Ich habe einen Zauber auf die Tür gelegt.", sagte Blaise indigniert. „Wie kannst du das aushalten, das ist ja kochend heiß!"

Tigris betrachtete sie erheitert. Die Körperteile von ihr, die mit in der Dusche gewesen waren, hatten eine krebsrote Farbe angenommen. Sie sah gleichzeitig bezaubernd und lächerlich aus.

„Ich mag es so.", erwiderte er schulternzuckend. „Vielleicht, weil die Muggel mit denen ich aufgewachsen bin niemals warmes Wasser für mich übrig hatten. Ich habe es immer als einen Luxus betrachtet, in Hogwarts heiß duschen zu können."

„Du siehst aus wie ein Krebs.", sagte sie, ihre Fassung zurück gewinnend.

„Und du siehst aus wie ein gefleckter Krebs.", gab Tigris zurück. „Die anderen Jungen werden es dir nicht danken, dass du sie alle aus den Duschen ausgesperrt hast."

Sie schmollte. „Heißt das, du willst nicht mit mir duschen?"

„Das habe ich nicht gesagt." Er zog sie zu sich. „Mal sehen, ob wir eine Temperatur finden können, die du angenehmer findest. Du musst sie natürlich testen."

„Natürlich.", grinste sie. „Wie es scheint, ist dein zweites Treffen gut verlaufen?"

Tigris lächelte und rief seinen Stab zu sich, um einen Schutzzauber auf den Raum zu legen. Dann bannte er den Stab zurück zu seiner Kleidung und stellte das Wasser wieder an. Diese einfachen Zauber konnte er inzwischen leicht mit der Hand ausführen.

„Unser Lord war zufrieden. Er erwartet natürlich, dass ich Erfolg habe. Das bringt mich zu dem Teil, bei dem ich deine Hilfe brauche."

„Oh? Ich werde natürlich gerne tun, was immer unser Lord wünscht."

Tigris lehnte sich gegen die Wand der Dusche und genoss das Gefühl ihrer Hände, die Schaum auf seiner Brust verrieben.

„Ich wusste, dass du das sagen würdest. Keine Sorge, ich bin sicher, es wird dir gefallen."

Ihre braunen Augen musterten ihn neugierig. „Du hast nichts davon gesagt, dass es noch einen anderen Plan gibt."

„Ich wollte erst sicher sein, dass unser Lord seine Zustimmung gibt."

„Mein Junge ist erwachsen. Er macht seine Pläne ganz alleine.", sagte sie mit einem spöttischen Seufzen. „Ich fühle mich so alt und überflüssig."

Tigris zog sie zu sich. „Oh, ich versichere dir, du bist nicht überflüssig. Im Gegenteil, du bist sehr, sehr wichtig."

„Gut.", sagte sie. „Dann lass hören."

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In der Woche vor Halloween waren alle damit beschäftigt, ihre Kostüme fertig zu stellen. Am Montag war Slytherins Kammer angefüllt mit aufgeregten Erstklässlern, die alle in ihren kleinen Kesseln rührten, um den letzten Schritt der Artefaktherstellung durchzuführen. Diejenigen von ihnen, die in Snapes NEWT- Kurs waren, hatten zuvor den benötigten Trank gebraut. In der letzten Stufe musste nun jeder selbst sein Amulett und das gewünschte Photo oder Gemälde hinzugeben und einen einfachen Spruch aufsagen. Bisher hatten alle das ohne Probleme geschafft.

Einige der Kinder waren nun fertig und man sah ein paar würdevolle Zauberer und Hexen ausgelassen durch den Raum tanzen und sich in den Spiegeln, die zu diesem Zweck aufgestellt worden waren bewundern.

Draco sah zu, wie zwei Kobolde – Sameth und Melvyn – ein paar erhabene Druiden durch die Halle jagten. „Es ist beeindruckend.", sagte er. „Ich frage mich, ob man diese Amulette nicht auch noch anderweitig nutzen könnte."

„Inwiefern?", fragte Tigris geistesabwesend. Er war beschäftigt damit, aufzupassen, dass nichts schief ging. Man konnte schließlich nie wissen. Einerseits hatten selbst Vincent und Gregory die Amulette ohne Schwierigkeiten fertig bekommen. Andererseits gab es immer ein paar Unverbesserliche, die selbst die simpelste Aufgabe in Chaos verwandeln konnten.

„Nun, sie sind besser als jeder Maskierungszauber, den ich kenne, und halten länger als Vielsaft. Überlagern sie auch die magische Signatur?"

Tigris runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich habe das nicht getestet. Aber es sollte nicht schwierig sein, dem Amulett ein paar dementsprechende Runen hinzuzufügen." In Gedanken ging er das dazu nötige Ritual durch. „Ich bin allerdings nicht sicher, dass es nur mit einem Photo funktioniert."

„Was würde man brauchen?"

„Etwas von der Person, die man darstellen will. Vorzugsweise Blut."

„Das würde es dann auf jeden Fall illegal machen, wenn es das Ministerium nicht ohnehin verbietet, sobald sie hiervon erfahren."

„Ja." Wie es aussah, waren alle mit ihren Amuletten fertig. Blieben noch knapp sechzig für die nächsten Tage.

„Dennoch, es ist sehr nützlich. Ich frage mich, ob unser Lord…"

„Wir sollten das besser besprechen, wenn wir unter uns sind.", unterbrach Tigris Draco. Sie standen ein wenig abseits von den anderen, und es konnte niemand weitererzählen, was er während des Trainings überhörte. Dennoch. „Blaise und ich wollten dich ohnehin fragen, ob du uns bei etwas… fortgeschrittenerem… Training Gesellschaft leisten wirst. Wir sollten alle nicht aus der Übung kommen."

„Also denkst du, das Blaise soweit ist, ohne Aufsicht trainieren zu können?"

„Ja, sie hat sich sehr schnell angepasst. Ich denke nicht, dass sie noch Probleme hat."

„Ich denke, ich gehe lieber schlafen. Du weißt, was ich von diesem Training halte."

Tigris betrachtete Draco nachdenklich. „Du wirst es früher oder später brauchen. Spätestens wenn das Schuljahr zu Ende ist."

Draco verzog das Gesicht. „Ich weiß. Aber es ist schließlich nicht so, als wollte ich um jeden Preis in den inneren Kreis. Nicht jeder ist so eifrig in seinen Anstrengungen wie Tante Bella."

Sein Bruder klatschte in die Hände, bevor Tigris etwas entgegnen konnte. „Wie es aussieht, habt ihr es alle geschafft.", rief er, zu den anderen hinüber gehend. „Sehr gut! Seid ihr alle mit euren Kostümen zufrieden?"

Enthusiastische Zustimmung schlug ihm entgegen.

„Gut.", sagte Draco lächelnd. „Dann packt eure Amulette gut weg, damit ihr sie Freitag auch wieder findet. Es ist spät geworden, ich bin sicher, ihr seid alle müde."

Einige der Kinder waren widerwillig, ihr Spiel aufzugeben, aber schließlich hatten alle historischen Gestalten wieder Schülern Platz gemacht und die Kammer leerte sich. Etwas später gesellte Blaise sich zu ihnen.

„Was deine Idee betrifft…", sagte Tigris zu Draco. „Ich habe dem Dunklen Lord bereits von den Amuletten erzählt. Er ist auch der Meinung, dass sie sich als nützlich erweisen werden. Es bleibt natürlich die Frage, wie lange das Ministerium braucht, um Detektionszauber gegen sie zu entwickeln."

Draco war ein wenig überrascht. „Das klingt, als wärst du inzwischen bei unserem Lord in der Gunst gestiegen."

Tigris zuckte mit den Schultern. „Er mochte meine Ideen. Es bleibt abzuwarten, wie lange das so bleibt."

Draco betrachtete ihn nachdenklich, dann nickte er. „Ich verabschiede mich für heute."

Als sein Bruder gegangen war, wandte Tigris sich Blaise zu. „Wir sind allein. Hast du vorbereitet, was wir abgesprochen haben?"

Sie nickte. „Es ist ein wenig kompliziert, aber es sollte funktionieren. Haben wir Zeit, es vor Freitag zu testen?"

„Wir müssen es auf jeden Fall testen.", entgegnete er. „Möglichst, wenn Draco anderweitig beschäftigt ist. Morgen vielleicht."

Sie nickte, und zog eine Pergamentrolle aus dem Ärmel. „Hier ist übrigens das Gedicht, nach dem du gefragt hast. Guinevra hat ein wenig Zeit gebraucht, aber ich denke, es ist gut geworden."

Tigris überflog die Zeilen und grinste. „Ja, wer hätte gedacht, dass Gregorys kleine Nichte solches Talent besitzt. Danke. Wollen wir anfangen?"

Sie nickte. „Ich nehme an, du hast alles, was wir brauchen."

„Natürlich." Tigris grinste ihr zu. „Ich habe schließlich gelernt, dass gute Vorbereitung das wichtigste an jedem Plan ist."


Vielen Dank für eure Reviews an: Lobarie, PadfootLi, Nissa7, Dax, SoleilNoir, Brirdy, burningangel84, Condor, babada, Antarial, alge28

Das nächste Kapitel kommt in ein bis zwei Wochen!

Außer den Malfoys wissen nur die Zwillinge und Dumbledore, dass Tigris Harry Potter war.

Nein, Tigris hat nicht an Ginny gedacht.

Alle die auf Draco getippt haben, können sich nun gratulieren. :)