Disclaimer:
Ich bin keine Ente! Ich bin der Lektor der...
Bist du doch.
Bin ich nicht.
Doch.
Nicht.
Doch.
Nicht!
Wohl.
Nein, bin ich nicht!
Bist du nicht!
Bin
ich wohl!
/grins/ Sag ich doch.
Arrgh!
Schatten der Wahl
13. Bündnisse 2
Der nächste Tag war ein schlechter Tag, sowohl für Tigris als auch für Slytherin. Das ganze Haus stand unter Anspannung, insbesondere die jüngeren Jahrgänge. Es fiel Tigris schwer, es zu akzeptieren, aber offensichtlich hatten sich die meisten von ihnen NICHT bewusst gemacht, was ein Verrat an der Schattengemeinschaft bedeutete, trotz der wiederholten Warnungen von ihm, Blaise und den anderen Anführern. Tigris sah seiner Gruppe an diesem Abend nicht gerade mit Freude entgegen. In Alte Runen war er geistesabwesend, etwas, was in Professor Toths Gegenwart niemals gut war. Tigris war noch nie zuvor das Opfer von den Kreidewürfen des Professors gewesen, und es kam als eine unangenehme Überraschung, dass Toth die Kreide offenbar gegen Verschwindezauber behext hatte. Er hatte beim Mittagessen noch immer Kreidestaub in den Haaren, zur großen Erheiterung von Millicent und Pansy, deren Hang zu Klatsch ihnen dieses Los schon öfter eingebracht hatte.
Es heiterte Tigris ein wenig auf, dass McGonagall versprochen hatte, dass sie an diesem Tag einen weiteren Schritt in ihrem Animagustraining machen würden. Die meisten im Verwandlungskurs waren in ihrer Meditation soweit fortgeschritten, dass sie eine vage Vorstellung davon hatten, welches Tier ihre Animagusform verkörperte. Blaise meinte, ihr Animagus wäre etwas Vierbeiniges, Hundeartiges, vielleicht ein Wolf. Theodore war sich ziemlich sicher, dass er eine Art Vogel war. Selbst Daphne erzählte jedem, der es wissen oder nicht wissen wollte, dass sie ein Wassertier war, wahrscheinlich ein Krokodil oder ein Delphin... Tigris schien der einzige im Kurs zu sein, der bisher nicht die geringste Vorstellung hatte, was seine Tierform war. Er machte sich jedoch keine großen Gedanken darüber. McGonagall hatte gesagt, dass es manchmal vorkommen konnte, dass die Tierform dem Zauberer so fremd war, dass allein mit Meditation keine Verbindung erreicht werden konnte. Es war selten, aber es kam vor. Genau da setzte der nächste Schritt in ihrem Training an.
Snape hatte ihnen offenbar den Animagustrank gebraut, den sie an diesem Tag einnehmen würden. Der Animagustrank diente nicht, wie der Name vermuten ließ, der Verwandlung eines Zauberers in einen Animagus. Er war dazu da, dem Zauberer, der sich auf die Animagusverwandlung vorbereitete, Kontakt zu seinem Seelentier zu ermöglichen. Wenn dieser Kontakt erst einmal bestand, war es am Ende möglich, die Verwandlung durchzuführen, auch wenn es noch immer ein langer Weg war.
Tigris war schon sehr gespannt auf seine Animagusform, wie alle anderen in der Gruppe auch. Er wusste, dass es nicht der Basilisk war, denn... nun, er wusste es einfach. Der Basilisk war keine willentliche Verwandlung, nicht im Geringsten wie das, was McGonagall ihnen über Animagi erzählt hatte. Tigris konnte selbst nicht genau sagen, warum das so war, aber es war so.
McGonagall wartete bereits auf sie, als sie den Klassenraum betraten. Vor ihr auf dem Pult standen eine Reihe Fläschchen mit einer silberblauen Flüssigkeit.
„Bist du auch so aufgeregt?", flüsterte Blaise. „Bist du sicher, dass du mir nicht doch verraten willst, was du bist?"
„Ja, ich bin sicher.", erwiderte er amüsiert. Er hatte niemandem gesagt, dass er bisher nicht wusste, was er war. Er hatte einfach gesagt, dass er es nicht verraten wollte. Es ging keinem etwas an, außerdem wusste er ja, dass es vollkommen normal war, also warum sollte er sich mit all den lästigen Fragen abgeben?
McGonagall erklärte ihnen noch einmal den Vorgang des Ganzen, nachdem sie sich gesetzt hatten. Tigris hörte ihr nur halb zu, er war mit seinen Gedanken noch immer bei Barny und der Schattengemeinschaft. Der Junge war bisher nicht aufgewacht. Da der kleine Verräter mit Dumbledore geredet hatte, war es anzunehmen, dass er noch eine längere Zeit im Koma bleiben würde. Er schenkte der Lehrerin wieder Aufmerksamkeit, als sie die Fläschchen auf den Tischen verteilte. Tigris hatte zuvor darüber nachgelesen, und wusste, dass man den Inhalt einfach auf einmal schlucken musste, um dann die Meditation zu beginnen.
Er öffnete auf McGonagalls Anweisung hin das Fläschchen und wich unwillkürlich zurück, denn die Flüssigkeit roch absolut abstoßend. Nicht dass das bei Snapes Tränken etwas Neues war. Blaise trank den Inhalt des Fläschchens ohne zu zögern, Tigris bewunderte sie dafür. Aber vielleicht mangelte es ihr auch einfach an Geschmackssinn. Schließlich atmete er tief durch und tat, was er mit allen widerlichen Tränken in seinem Leben getan hatte – er schluckte das Gebräu in einem Zug herunter und unterdrückte den Würgereiz. Dennoch war ihm danach ausgesprochen übel.
Tigris wartete darauf, dass die Übelkeit abklang und war ein wenig überrascht, als das nicht passierte. Dann plötzlich war seine Kehle wie zugeschnürt und er bekam keine Luft mehr. Sein erster Gedanke war, dass er vergiftet worden war, aber das war unmöglich. Alle in der Klasse hatten den gleichen Trank getrunken und ohnehin, er sollte immun gegen die meisten Gifte sein. Er blinzelte, als das Klassenzimmer vor seinem Augen verschwamm, aber die Dinge weigerten sich, wieder scharfe Konturen anzunehmen. Das letzte, was er wahrnahm, war eine alarmierte McGonagall, die in seine Richtung kam, dann verspürte er einen stechenden Schmerz, der seinen rechten Arm hinauf in seine Brust schoss, und verlor das Bewusstsein.
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Draco sah von seinen Hausaufgaben auf, als eine kalkweiße Blaise in den Gemeinschaftsraum kam, von Millicent, Daphne und Theodore gefolgt, die alle sehr besorgt aussahen. Das ungute Gefühl, das ihn schon vor einer Weile überfallen hatte, gewann schlagartig Substanz.
„Was ist passiert?", fragte er.
„Tigris ist auf der Krankenstation.", flüsterte sie. Wenn sie unauffällig sein wollte, gelang ihr das nicht sehr gut, der ganze Gemeinschaftsraum lauschte atemlos. „Ich weiß nicht genau, was passiert ist... Wir waren in Verwandlungen und haben den Animagustrank getrunken, und auf einmal ist er zusammengebrochen! Mme. Pomfrey hat uns nicht erlaubt, zu bleiben..."
Sie schluchzte plötzlich, und Draco war sehr froh, dass Tracey neben ihr auftauchte und den Arm um sie schlang. Weinende Mädchen waren ganz und gar nicht sein Ding.
„Mir wird sie es erlauben.", sagte er, aufstehend. „Vincent, Gregory…"
Die beiden standen sofort auf, um ihn zu begleiten.
Draco beachtete sie nicht sonderlich, er war bestrebt herauszufinden, was passiert war. Tigris war nicht in Lebensgefahr, das hätte er gespürt, aber es ging ihm auch alles andere als gut. Draco hatte sein Bauchgefühl auf die Aufregung geschoben, die in Slytherin herrschte, aber nun, das er es besser wusste, konnte er es deuten.
Als er auf der Krankenstation ankam, war Mme. Pomfrey gerade dabei, aufzuräumen. McGonagall und Snape hatten wohl gerade mit ihr geredet und waren dabei, zu gehen. Draco wich dem Blick seines Paten unwillkürlich aus. Ihr Gespräch am Tag zuvor war nicht sehr angenehm gewesen, und er war froh, dass Blaise und Tigris beschlossen hatten, Severus einzuweihen. Severus gab Draco immer das Gefühl, völlig durchschaut zu sein, selbst wenn er sicher war, dass seine Okklumentikschilde intakt waren, und er hasste es, seinen Paten anzulügen.
„Ah, Mister Malfoy.", sagte Mme. Pomfrey. „Ich habe Sie bereits erwartet. Sie können bleiben, aber Ihre Freunde muss ich bitten, wieder zu gehen. Ich will nicht, dass meine Patienten mehr als nötig gestört werden."
Draco zögerte einen Moment, dann nickte er Vincent und Gregory zu, die widerstrebend gingen. Immer seit dem Vorfall mit Weasley ließen sie ihn nur sehr ungern alleine.
„Was ist passiert?", fragte er die Medohexe, mit dem Blick nach seinem Bruder suchend. Er lag auf dem Bett direkt neben Barny.
„Er hatte einen anaphylaktischen Schock.", sagte Mme. Pomfrey. „Ich habe ihn stabilisiert, und er wird sich ganz einfach gesund schlafen. Es sah einen Moment lang kritisch aus, aber jetzt gibt es keinen Grund mehr zur Sorge."
„Er ist allergisch gegen einen Bestandteil des Animagustranks?", fragte Draco verblüfft. Allergien waren unter reinblütigen Zauberern im Grunde inexistent. Er war froh, sich flüchtig mit Muggelmedizin beschäftig zu haben, als er in einem der neueren Heilkundebücher auf das Thema gestoßen war.
Mme. Pomfrey warf ihm einen überraschten Blick zu. „Ja, gegen Hahnenzunge. Professor Snape sagt, es ist einer der Schlüsselbestandteile, also wird Ihr Bruder seinen Plan, Animagus zu werden, wohl aufgeben müssen. Das ist zwar schade, aber erfolgreiche Animagi sind ohnehin selten."
Draco nickte nachdenklich. Er bedauerte Tigris ein wenig. Sein Bruder war so sicher gewesen, dass er die Verwandlung schaffen würde. Wenn er wüsste... Draco schüttelte den Kopf und sah auf. „Kann ich bleiben, bis er aufwacht?"
Die Medohexe nickte. „Sie werden Ihrem Vater eine Eule senden wollen, nehme ich an."
„Ich bin sicher, Blaise hat das bereits getan.", erwiderte er. Er wollte nicht so schnell gehen. Sein Vater würde möglicherweise verärgert sein, wenn er keine persönliche Nachricht erhielt, aber ehrlich gesagt kümmerte das Draco nicht sehr. Er setzte sich neben Tigris' Bett.
Mme. Pomfrey ging in ihr Büro, und für eine Weile saß Draco nur da und dachte nach. Er fasste Tigris nicht an. Seit seine Heilerinstinkte voll erwacht waren, kostete es ihn immer eine Menge Energie, das zu tun. Tigris' Magiestruktur war eine der ungewöhnlichsten, denen er bisher begegnet war. Draco hatte sie als dissonant beschrieben, aber sie war mehr als das. Die des Dunklen Lords, nun, die war wirklich dissonant. Es schmerzte, ihn anzufassen, und Draco war froh, dass der Schwarzmagier so berührungsscheu war. Tigris hingegen... es war, als würde man in einen Wirbelsturm blicken, es drehte Draco den Magen um. Nicht, weil es abstoßend war, aber es war, als fühle er ihn und zu gleichen Zeit nicht. Wenn Draco Tigris anfasste, suchte sein Instinkt automatisch nach einem Muster und er fand es nicht. Vielleicht war er einfach noch nicht geübt genug dafür, aber er zögerte, Firenze um Rat zu fragen. Er hatte dem Zentaur bereits zuviel verraten.
Draco wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sie Tür aufging und zwei Jungen in den Krankenflügel gehumpelt kamen. Es waren Ravenclaws, Erstklässler, von der Größe her. Er stand auf und ging zu ihnen hinüber.
„Was haben wir denn hier?"
Sie sahen eingeschüchtert zu ihm hoch. Das schlechte Gewissen war ihnen an der Nasenspitze anzusehen. „Wir hatten einen Unfall.", sagte der Tapferere von beiden.
Draco grinste. „Aha, einen Unfall? Nun, dann wartet mal hier, damit ich Mme. Pomfrey Bescheid sagen kann."
Er ging zum Büro der Medohexe, und war überrascht, als er sie nicht antraf. Das Feuer war jedoch an, also war sie vermutlich weggerufen worden. Zögernd ging er zu den beiden Kindern zurück.
„Mme. Pomfrey im Moment nicht da, ihr müsst warten, bis sie wiederkommt."
Die Unterlippe des kleineren Jungen zitterte und seine Augen begannen sich mit Tränen zu füllen. „Aber..."
„Na na...", sagte Draco hastig. Er konnte mit weinenden Kindern nicht viel besser umgehen wie mit weinenden Mädchen. „Wo tut es denn weh?"
Der Junge schniefte und zeigte auf sein Bein.
Draco zögerte einen Moment, dann seufzte er. „Fein, lass mal sehen." Er packte den Jungen und setzte ihn auf eins der Betten. Das Hochschlagen der Robe offenbarte eine blutige Schramme, die von Knie bis zum Knöchel verlief.
„Du siehst aus, als wärst du von einem Besen gefallen.", kommentierte Draco, während er seinen Stab schwenkte, um die Wunde zu reinigen und zu schließen.
Der kleine Junge presste die Lippen zusammen und sah schuldbewusst zu Boden.
Draco lachte. „Habt ihr euch etwa in den Quidditchschuppen geschlichen? Geschieht euch ganz recht, dass ihr verletzt seid. Seid froh, dass ich kein Vertrauensschüler bin."
Er gab dem geheilten Bein einen Klaps und wandte sich dem anderen Jungen zu. „Und was ist mit dir?"
„Mein Knöchel tut weh.", sagte der Junge ein wenig schmollend.
Draco setzte ihn neben seinen Freund. Sein Diagnosezauber ergab, dass es lediglich eine Verstauchung war. Draco holte etwas Murtlapessenz aus Pomfreys Tränkeschrank und rieb den Knöchel damit ein. „So, so gut wie neu."
Die beiden sahen ihn misstrauisch an und hopsten von dem Bett. „Danke."
Draco rollte mit den Augen. „Nun verschwindet schon, bevor ihr erwischt werdet."
Die kleinen Unruhestifter grinsten und rannten zur Tür.
„Und zwanzig Punkte von Ravenclaw!", hielt eine Stimme sie auf.
Die beiden stöhnten und ließen die Köpfe hängen. „Ja, Mme. Pomfrey."
Draco sah sich überrascht um. Mme. Pomfrey stand in der Tür zu ihrem Büro.
„Entschuldigung, ich habe sie nicht gesehen, Madame."
Ihre Augen zwinkerten. „Ich wollte Sie nicht stören, wo Sie gerade meine Arbeit erledigt haben. Ich hätte Ihnen sogar Punkte gegeben, hätten Sie mir ordnungsgemäß Bericht erstattet." Sie betrachtete ihn interessiert. „Das war außergewöhnlich nett von Ihnen."
Draco schnaubte und setzte sich wieder zu Tigris. „Sie waren nicht da, und die Bälger waren nervig."
Die Mundwinkel der Medohexe zuckten amüsiert. „Hmm." Sie wandte sich zum Gehen, doch dann zögerte sie. „Ich war überrascht, dass Sie über Allergien Bescheid wissen. Ich hatte nicht gewusst, dass Firenze auch Muggelmedizin in seinem Unterricht behandelt."
Draco sah sie erstaunt an. Er hatte nicht gedacht, dass die Medohexe wusste, dass er in Firenzes Klasse war. „Das tut er auch nicht. Ich habe es in einem Buch gelesen... aus privatem Interesse."
Mme. Pomfrey musterte ihn neugierig. „Denken Sie über eine Karriere als Heiler nach, Mister Malfoy?"
Draco wandte sich ab und zuckte mit den Schultern. Er wusste, was sie ihm sagen würde. Er war nicht geeignet dafür. „Mir fehlt der NEWT in Verwandlungen."
„Oh.", sagte sie. „Haben Sie Professor McGonagall einmal gefragt, ob sie Sie die Prüfung mitschreiben lässt? Es wird natürlich schwierig, ohne die praktische Übung..."
„Ich habe sie schon zu Beginn des Schuljahres gefragt.", sagte Draco ärgerlich. „Sie hat mich nicht in ihren Kurs gelassen. Sie sagt, die Heilerlaufbahn ist nichts für mich."
Mme. Pomfrey sagte nichts darauf und Draco sah sich zu ihr um. Er war überrascht zu sehen, dass sie rot angelaufen war. „Madame?", fragte er zögernd.
„Ich hatte nicht gewusst, dass Minerva auf einmal eine Autorität im Bereich Heilkunde geworden ist.", sagte die Medohexe sehr spitz. „Ich werde ihr gratulieren müssen, wenn ich sie das nächste Mal sehe. Es ist fürwahr eine seltene und bisher unbekannte Gabe, eine Heilerbegabung allein aufgrund flüchtiger Bekanntschaft zu erkennen."
Draco war verblüfft davon, wie zornig die sonst so nette kleine Hexe auf einmal klang. Wahrscheinlich war selbst Mme. Pomfrey empfindlich, was ihr eigenes Fach anging.
Die Medohexe hatte die Hände in die Hüften gestemmt. „Wissen Sie was, Mister Malfoy? Wenn Sie noch immer Interesse an dieser Karriere haben, kommen Sie bei mir vorbei wann immer Sie wollen. Ich bin sicher, ich werde Ihnen besser sagen können, ob dieser Beruf etwas für Sie ist. Doch von dem, was ich von Firenze über Sie gehört habe, denke ich, meine Ansicht wird deutlich von der Professor McGonagalls abweichen."
Draco sah sie ungläubig an. „Ist das Ihr Ernst? Ich meine, sind Sie sicher?"
„Ich hoffe, Sie ziehen nicht meine geistige Verfassung in Zweifel.", sagte sie streng. „Ich meine gewöhnlich, was ich sage. Und um die Wahrheit zu sagen, ich habe diese verdammten Hausvorurteile mehr als satt. Ich hatte gedacht, Minerva würde über derartigem stehen. Das Gegenteil zu erfahren finde ich sehr enttäuschend, und das werde ich ihr auch sagen, zweifeln Sie nicht daran."
„Ich schließe daraus, dass Sie kein Gryffindor waren?", meinte Draco lächelnd.
Mme. Pomfrey straffte sich. „Ich war ein Dachs, und ich bin sehr stolz darauf."
Draco zupfte unbewusst an der Bettdecke von Tigris' Bett. „Denken Sie, Sie können sie umstimmen?"
Mme. Pomfrey sank ein wenig in sich zusammen. „Ich weiß nicht.", seufzte sie. „Professor McGonagall kann sehr stur sein. Eine Schottin durch und durch, ein Schädel wie ein Hochlandrind." Sie sah auf. „Aber wissen Sie was? Wenn Sie mir beweisen, dass Sie talentiert sind, werde ich sehen, was ich für Sie tun kann. Ich kann Ihnen nichts versprechen, aber... Sie wissen ja, dass der Krieg kommt, und St. Mungos hat mich schon mehrmals um Unterstützung gebeten. Ich könnte jemanden gebrauchen, der mich vertritt, wenn ich abwesend bin."
Draco war einen Moment lang sprachlos. Dann musste er sich beherrschen, um nicht zu grinsen wie ein Idiot. Er hatte sich schon seit langer Zeit nicht mehr so glücklich gefühlt. „Ich... Danke, Madame.", sagte er dann. „Sie haben ja keine Ahnung, was mir das bedeutet."
„Oh, ich kann es mir vorstellen.", sagte sie leichthin. Sie lächelte ihm zu, und ging beschwingt zu ihrem Büro. Draco sah ihr einen Moment nach, dann grinste er doch. Er würde Pomfrey beweisen, dass er es wert war, egal was sein Vater oder McGonagall oder sonst jemand sagte. Der Gedanke machte ihm das Herz bedeutend leichter. Seltsam, von dieser Seite hatte er als allerletztes Hilfe erwartet. Er hatte bisher immer den Eindruck gehabt, dass Pomfrey ihn nicht besonders gut leiden konnte.
Er hörte die Medohexe in ihrem Büro leise vor sich hinsummen, und ihm ging zum ersten Mal auf, dass die Erwachsenen in dieser Schule letztendlich auch ganz normale Menschen waren. Sie mochten zurückhaltender sein, geübter es zu verbergen, aber letztendlich gab es zwischen ihnen die gleichen Querelen und Eifersüchteleien, die er von den Slytherin kannte. Pomfrey freute sich offenbar diebisch darüber, McGonagall eins auswischen zu können. Nun, Draco war ihr dabei gerne behilflich – insbesondere, wo es zu seinem Vorteil war.
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Severus Snape schritt ärgerlich in seinem Büro auf und ab. Das Ultimatum, das er seinen Slytherins gegeben hatte war um, aber bislang war keiner von ihnen aufgetaucht. Wie auch? Tigris lag noch immer auf der Krankenstation – und Severus wunderte sich noch immer, ob der Bengel es nicht mit Absicht getan hatte. Allergisch auf Hahnenzunge? In seiner ganzen Laufbahn hatte er so etwas noch nicht gehört. Snape wusste es war kindisch, aber es fühlte sich an wie eine Beleidigung gegen ihn persönlich. Seit er Tränkemeister von Hogwarts war, hatte noch niemals ein Schüler einen seiner Tränke nicht vertragen. Wie auch immer – Draco war natürlich bei seinem Bruder, und damit blieb Blaise übrig. Blaise, das verlogene kleine Biest. Er war froh, dass Bellatrix es auf sich genommen hatte, das Gör auszubilden. Die beiden waren ein himmlisches Paar. Oder sollte das eher höllisch heißen? Er hielt inne, als es an seiner Tür klopfte, und atmete tief durch. Er war gespannt, was sie ihm jetzt bieten würde.
Zu Snapes Überraschung war es jedoch nicht Blaise, die den Kopf zur Tür herein steckte, sondern Theodore Nott. Er zog unwillkürlich eine Braue hoch.
„Bitte, kommen Sie herein, Mister Nott."
Nott nickte und schloss die Tür hinter sich. Snape schirmte den Raum automatisch ab. Nach so vielen Jahren war es bereits zur Gewohnheit geworden.
„Ich nehme an, Sie wissen noch immer nicht, was mit Barny passiert ist.", sagte Nott.
Snape musterte den Jungen. „Ich nehme an, Sie können mir mehr darüber verraten?"
„Verraten...", sagte Nott. „Was für ein hässliches Wort. Als was fragen Sie denn? Als Professor, oder als Todesser, oder als Slytherin?"
Snape musterte denn Jungen nachdenklich. Die richtige Antwort war nicht schwer zu erraten, mehr als das, sie war wahr. „Als ein Slytherin."
Nott lächelte unverbindlich. „Das trifft sich gut, denn wenn ein Slytherin mehr über diese Sache herausfinden wollen würde, müsste er sich nur Freitagabend zu dem Porträt der Maeve Sangre in den unteren Kerkern begeben. Am besten um neun Uhr herum."
Der Tränkemeister betrachtete den Jungen fasziniert. „Ich nehme an, er sollte allein sein."
„Selbstverständlich. Und selbstverständlich sollte er niemandem etwas über diese Sache mitteilen, denn sollten rein zufällig, sagen wir, der Schulleiter oder der Dunkle Lord davon erfahren, würde dieses Angebot auf mysteriöse Weise verschwinden, zusammen mit allen damit verbundenen Informationen. Das wäre doch traurig, stimmen Sie mir da nicht zu?"
„Ganz und gar."
„Sehr gut. Ich wusste, wir würden uns verstehen." Nott lächelte ihm zu. „Wollten Sie sonst noch etwas, Professor?"
Snape neigte den Kopf etwas zur Seite. „Nein, ich habe alles was ich brauche, vielen Dank, Mister Nott. Sie können gehen."
Nott neigte höflich den Kopf, und ging. Snape sah ihm nachdenklich nach. Theodore Nott. Er hätte es sich denken sollen.
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Am Freitagabend stand der Hausvorstand von Slytherin vor dem Porträt einer hässlichen alten Hexe und wurde langsam ungeduldig. Er wartete nun bereits eine halbe Stunde. Einerseits traute er seinen Slytherins, insbesondere Blaise und Theodore, nicht zu, ihm einen solchen Streich zu spielen. Nicht, wenn er so offensichtlich zu ihnen zurück zu verfolgen war. Andererseits kam er sich zunehmend lächerlich vor. Snape trug nicht seine Lehrerrobe, da er nach der Vereinbarung nicht als Lehrer hier war, sondern eine schlichte dunkle Robe mit der er sich in Hogwarts ein wenig fehl am Platz fühlte. Wenn jemand ihn sah, insbesondere der Schulleiter, würden sie bestimmt Fragen stellen. Die Hexe warf ihm hin und wieder schräge Blicke zu und kicherte zwischen ihren gelben Zähnen. Plötzlich hörte Snape Gelächter und versteifte sich. Zum Glück kam so gut wie nie jemand hier herunter und wenn, dann waren es Slytherin.
Es waren auch diesmal Slytherin. Zwei Viertklässler, Malcolm Baddock und Kira O'Brien. Sie waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ihn zu bemerken. Mit Küssen, um genau zu sein. Malcolm lehnte sich außer Atem gegen die Wand und zog das Mädchen in einen weiteren hitzigen Kuss. Ihre Roben waren bereits unordentlich, ihre Hüte hatten sie wohl vergessen und beider Gesichter waren gerötet. Snape öffnete den Mund, um sie anzuschreien, und erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass er nicht als Professor hier war. Vielleicht war dies ein Test. Er räusperte sich, als Kira begann, Malcolms Robe aufzuknöpfen.
Sie sahen auf, nicht im Geringsten beschämt.
„Oh, hallo, Severus.", sagte das Mädchen atemlos. „Was tust du hier?"
Snape biss die Zähne zusammen. Definitiv ein Test.
„Ich warte auf jemanden."
„Wirklich? Na ja, dann sollten wir vielleicht woanders hin gehen."
Sie nickten ihm zu und gingen. Snape starrte ihnen nach. Wenn das ein Streich war, würde es ein paar Leuten am nächsten Morgen sehr leid tun. Plötzlich spürte er jemanden hinter sich, aber hatte keine Zeit zu reagieren, bevor jemand seine Schultern packte und ihn daran hinderte sich umzudrehen. Ein Stab drückte sich gegen seinen Hals.
„Nicht umsehen."
Snape erstarrte und sein Herz schlug einen Takt schneller. Er kannte die Stimme nicht, was bedeutete, jemand hatte seine Stimme verzaubert, um sie anders klingen zu lassen.
„Vertraust du dem Wort eines Slytherin?"
„Woher kann ich sicher sein, dass Sie ein Slytherin sind?"
„Beantworte die Frage."
„Ja." Eine zweckmäßige Lüge.
„Ich gebe dir mein Wort als ein Slytherin, dass dir nichts geschehen wird, wenn du tust was wir sagen."
Diese Stimme kannte Snape. „Draco."
Sein Patensohn trat vor ihn und streckte die Hand aus. „Gib mir deinen Stab."
Snape zögerte einen Moment, dann gehorchte er. Er vertraute Draco, bis zu einem gewissen Grad. Wenn er dennoch Probleme bekommen sollte – dies waren nur Schüler, und er hatte noch den ein oder anderen Trick im Ärmel. Draco steckte den Stab ein. Sein Gesicht verriet nicht das Geringste.
„Wenn du mit uns kommen willst, wirst du zulassen, dass ich dir die Augen verbinde."
Snape wich unwillkürlich etwas zurück, aber wurde von zwei Paar Händen hinter ihm festgehalten. Er war automatisch versucht, sich umzudrehen, aber Vernunft hielt ihn davon ab und er fixierte stattdessen Draco mit seinem Blick. Dessen graue Augen begegneten ihm kühl.
„Du brauchst es nur zu sagen und wir verschwinden, aber dann erfährst du nie, was du wissen willst."
Snape riss sich zusammen. Er hatte schon Schlimmeres getan als das Spiel dieser Kinder mitzuspielen. Es war nicht schwer zu erraten, warum sie dies taten. Sie wollten einen Vertrauensbeweis. Er sollte sich für die Einweihung in ihre geheime Gruppe hilflos und verwundbar fühlen. Sie waren kaum die ersten, die so etwas praktizierten. Unglücklicherweise waren solche Rituale nicht umsonst so beliebt, sie hatten sich als effektiv erwiesen. „Tu es.", sagte er heiser, die Augen schließend. Ein Tuch wurde ihm umgebunden. Es war primitiv, ritualistisch. Sie hätten auch einfach einen Zauberspruch benutzen können, um ihn zu blenden.
„Ich werde dir die Hände auf den Rücken binden.", fuhr Draco fort. Er gab Snape wie zuvor die Gelegenheit, zu widersprechen. Snape unterdrückte eine Reaktion und hielt seinem Patensohn seine Hände bereitwillig hin. Dass sie keine Magie benutzten, machte das Ganze rein symbolisch, aber es war dennoch unangenehm. Sein Instinkt schrie danach, dem Ganzen ein Ende zu setzen, aber er unterdrückte ihn. Er war inzwischen wirklich neugierig, was es mit dieser Gruppe auf sich hatte und die Neugier überwog sein Misstrauen. Es trug natürlich dazu bei, dass Draco da war, und dass Snape wusste, dass sein Stab sich in Reichweite befand, sollte er ihn wirklich brauchen.
Die Hände wurden ihm auf den Rücken gebunden, fest, aber nicht zu fest. Er zerrte einmal prüfend an den Fesseln und war nicht überrascht, dass sie nicht nachgaben. Hände packten seine Arme rechts und links.
„Komm."
Snape ließ sich von den beiden Unbekannten führen. Zweimal blieben sie stehen, um eine Tür zu öffnen, dann gingen sie eine Treppe hinunter, die endlos in die Tiefe zu führen schien. Schließlich hörte er Stimmen. Sie mussten in einer größeren Halle sein, denn es klang nach vielen Leuten. Eine Tür öffnete sich. Sie blieben stehen und das Gemurmel wurde lauter. Offensichtlich waren die Anwesenden verblüfft, ihn zu sehen. Ein fast sanfter Stoß nach vorne, und Snape fühlte den Luftzug eines offenen Raumes, im Gegensatz zu dem engen Gang, durch den sie gekommen waren. Von den Geräuschen her musste er sich auf einer Erhöhung über den restlichen Anwesenden befinden.
„Du bist hierher gekommen, weil du vermutet hast, dass es eine Gemeinschaft gibt, die dazu dient, uns Slytherin zu verteidigen.", sagte eine kalte Stimme, die offenkundig Tigris Malfoy gehörte. Die Stimme hallte wie in einem großen Gewölbe. Wo befanden sie sich? „Diese Gemeinschaft existiert, du befindest dich vor ihr. Wenn du uns beitreten willst, dann nenn uns jetzt deinen Namen und deine Gründe, so dass wir entscheiden können, ob du dessen würdig bist."
Eine Hand legte sich auf Snapes Schulter und er wurde unsanft auf die Knie gestoßen. Der Tränkemeister biss die Zähne zusammen. Er wurde langsam zu alt für solche Eskapaden.
„Antworte!", flüsterte Draco neben ihm.
Snape hob den Kopf und starrte blind in die Richtung, aus der Tigris' Stimme gekommen war. „Severus Snape.", antwortete er so ruhig wie möglich. „Aus Neugier, nehme ich an."
Tigris lachte, ebenso wie einige andere im Raum.
„Bindet ihn los.", befahl der Junge.
Die Fesseln und die Augenbinde lösten sich. Snape blinzelte kurz, dann sah er sich um. Blaise und Theodore standen hinter ihm. Wenn sie nervös waren, konnten sie es gut verbergen. Snape kniete auf einem Vorsprung, von dem eine Treppe in eine große Halle hinunter ging. Vor ihm standen, wie es schien, sämtliche Slytherin aus allen Jahrgängen. Es war wahrhaft verwunderlich, dass dies so lange allen entgangen war.
Decke und Boden der Halle waren aus grün schimmernden Serpentinitgestein, in das Reliefs von Schlangen eingemeißelt waren. Lucius' zweiter Sohn stand auf einem etwas erhöhten Teil auf der anderen Seite der Höhle. Hinter ihm war ein großes Mosaik, das eine grüne Schlange mit silbernen Streifen darstellte, die sich im Kreis um die Rune Algiz wand. Draco, Blaise und Theodore gingen die Treppe hinunter. Draco und Blaise gesellten sich zu Tigris. Snape fragte sich, was nun von ihm erwartet wurde. Er ließ sich auf seine Fersen zurücksinken und betrachtete die Menge vor sich. Hinter ihm war eine steinerne Tür, auf der ebenfalls Schlangen abgebildet waren. Er war in dieser Höhle mit den Verschwörern eingeschlossen. Snape lächelte trocken. Der Gnade seiner Slytherins ausgeliefert. Aber er wusste noch immer nicht, was sie hier taten.
„Was du vor dir siehst, ist die Schattengemeinschaft.", sagte Tigris, als hätte er Snapes Gedanken erraten. „Diese Vereinigung dient niemandem außer ihren Mitgliedern und dem Haus Slytherin. Sie existiert um uns zu schützen und um uns beizubringen, wie man sich verteidigt. Nicht mehr, und nicht weniger."
Tigris hielt kurz inne. „Du kannst dich entscheiden. Wenn du dieser Gemeinschaft beitrittst, wirst du alle ihre Geheimnisse mit uns teilen. Du wirst außerdem unter ihrem Schutz stehen, solange du in dieser Schule lebst. Es heißt allerdings auch, dass du mich als Anführer dieser Gemeinschaft akzeptierst. Du wirst einen Eid schwören, und die Konsequenzen tragen, wenn du ihn brichst, Konsequenzen die schwerwiegend sind. Noch hast du die Gelegenheit, dich dagegen zu entscheiden, aber wenn du das tust, sind der Preis dafür deine Erinnerungen an alles, was du hier gesehen und gehört hast."
Snape runzelte die Stirn. Es war keine leere Drohung, Tigris war ein hervorragender Legilimens. Er wusste, der Junge konnte seine Erinnerungen löschen, wenn er es wollte. Insbesondere, da er ihm nichts entgegensetzen konnte.
„Was erwartet ihr von mir, wenn ich euch Loyalität schwöre?", fragte er langsam.
„Das du uns verteidigst wie wir dich verteidigen, dass du die Existenz dieser Gruppe geheim hältst und dass du uns unterstützt. Ich bin sicher, wir können dir nichts mehr beibringen, also wäre es vielleicht angemessen, wenn du unterrichtest."
Etliche der Anwesenden sahen bei diesem Vorschlag begeistert aus.
Snape fühlte sich amüsiert. „Und was soll ich deiner Meinung nach unterrichten?"
„Verteidigung natürlich. Das ist der Grund dafür, dass diese Gruppe existiert."
Spott kroch gegen seinen Willen in Snapes Tonfall. „Ihr seid eine Art Anti- DA, verstehe ich das richtig?"
Tigris verzog das Gesicht. „So haben wir angefangen. Aber ich denke, dass wir inzwischen ein wenig mehr sind. Du wirst es verstehen, wenn du uns beitrittst. Also, Severus – wie entscheidest du dich?"
„Langsam.", sagte Snape ruhig. „Wir beide wissen, dass dies nicht der einzige Grund ist, aus dem ich hier bin. Zuerst möchte ich wissen, was mit Mister Dunstan passiert ist."
Tigris verzog das Gesicht und einige der Anwesenden wirkten beunruhigt. „Er hat seinen Eid gebrochen.", sagte Tigris ein wenig ärgerlich. „Er wusste, dass dies Konsequenzen haben würde, aber er hat sich entschieden, dies zu ignorieren. Er hätte mich nur fragen müssen, wenn er die Gemeinschaft verlassen wollte, aber stattdessen hat er sich entschieden uns zu verraten. Ich bin sicher, niemand hier wird seinen Fehler wiederholen."
Snape ließ seinen Blick über die Kinder vor ihm wandern. Einige wenige schienen gespaltene Gefühle darüber zu haben, aber etliche nickten entschieden.
„Also ist er für den Rest seines Lebens verflucht?", fragte er kühl.
Tigris sah etwas überrascht aus. „Nein, natürlich nicht. Die Dauer des Fluchs ist davon abhängig wie groß sein beabsichtigter Verrat war. Wenn er Dumbledore alles über uns erzählen wollte, wie ich glaube, wird er ohne Zweifel mehr als zwei Wochen bewusstlos bleiben."
„Zwei Wochen voller Alpträume."
„Ich habe nie gesagt, ein Verrat wäre billig. Wenn der Fluch endet, wird er hoffentlich etwas daraus gelernt haben."
Snape begegnete Tigris' Blick nachdenklich. Ihm gefiel diese ganze Sache ganz und gar nicht. Aber diese Vereinigung war offensichtlich zu einem festen Bestandteil von Slytherin geworden. Diese Kinder brauchten jemanden, der auf sie aufpasste, und das konnte er kaum tun, wenn er von nichts wusste. Tigris würde die Gemeinschaft nach Ende dieses Schuljahres verlassen, aber die Gemeinschaft würde offensichtlich weiter existieren. Außerdem, hatte er nicht immer schon Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten wollen? Nicht zu vergessen, sie hatten es geschafft, diese Vereinigung vor Dumbledore geheim zu halten. Etwas zu wissen, was Dumbledore entging – das war sehr verlockend. Snape verzog zynisch den Mund. Was für ein kindischer Gedanke. Er hatte das Gefühl, er war dabei, einen fatalen Fehler zu begehen, aber was war einer mehr in seinem Leben?
„Ich werde beitreten.", sagte er laut.
„Dann komm zu mir hinunter."
Snape erhob sich, und sah, wie Tigris zur Rückseite der Plattform ging und aus einer verborgenen Kammer einen Kelch hervorholte, der mit Runen bedeckt war. Die Slytherins wichen auseinander, als er zu ihrem Anführer hinunter ging. Als Snape den grauhaarigen Jungen vor sich sah hatte er plötzlich ein sehr ungutes Gefühl, aber er unterdrückte es und trat auf die Plattform.
Tigris sah ihn mit einem unleserlichen Ausdruck an. „Knie nieder und nimm diesen Kelch, zum Zeichen, dass du bereit bist dieser Gemeinschaft beizutreten, ihr und ihren Mitgliedern Respekt zu erweisen und dich ihren Regeln zu unterwerfen."
Snape tat es widerstrebend, aber akzeptierte, dass es Teil des Rituals war. Dies erinnerte ihn unangenehm an ein anderes Ritual in seinem Leben. Er schloss seine Finger über Tigris' um den Kelch und zuckte beinahe zurück, als er die Tätowierung auf Tigris' Handgelenk sah.
Als er danach Ausschau hielt, sah er sie auch bei Draco und Blaise. Warum hatte er sie zuvor nie gesehen? Ein Teil von ihm weigerte sich anzuerkennen, dass diese Kinder derart fortgeschrittene Magie beherrschten, doch der Beleg dafür war vor seinen Augen.
Tigris schien seine Gedanken zu erahnen, denn er runzelte leicht die Stirn und deutete auf sein Handgelenk.
„Ist das ein Problem für dich? Wenn ja, sag es jetzt, wenn wir fortfahren gibt es kein Zurück mehr."
Snape unterdrückte seinen Abscheu. Er hatte sich bereits entschieden, dies zu tun, ein lächerliches Tattoo machte keinen Unterschied. Dennoch... „Kann es... wieder entfernt werden?", fragte er zögernd.
„Ja, aber nur von mir."
„Das heißt es ist..."
„Ja.", unterbrach ihn Tigris. „Nicht so schmerzhaft, aber ja."
Snape hatte eine Menge Fragen, ‚Wie?' die herausragendste davon, aber er wusste dies war nicht der richtige Zeitpunkt.
„Ich gebe dir mein Wort als ein Zauberer:", sagte Tigris so leise, dass nur sein Lehrer ihn hörte. „Wenn du jemals von mir verlangst, deine Erinnerungen an diese Gruppe zu löschen und dieses Mal zu entfernen, werde ich es tun, ohne weitere Konsequenzen."
Snape neigte kaum merklich den Kopf. Er hätte nicht alle seine Bedenken äußern können, aus so vielen Gründen... aber dies war, was er hatte hören müssen.
„Dann fang an."
Tigris nickte und lächelte flüchtig.
„Diese Vereinigung dient niemandem außer ihren Mitgliedern und dem Haus Slytherin. Sie existiert um uns zu schützen und um uns beizubringen, wie man sich verteidigt. Nicht mehr, und nicht weniger.
Schwörst du, Severus Snape, Loyalität zu dieser Vereinigung und dem Haus Slytherin?
Schwörst du ihr Geheimnis zu bewahren, was immer die Umstände auch sein mögen,
ihre Mitglieder und deine Hausgenossen mit all deinen Fähigkeiten zu beschützen,
solange du in dieser Schule bist,
deinen Anführern im Rahmen dieser Gemeinschaft zu gehorchen,
und immer dein Bestes zu tun, damit sie ihre Ziele erreicht?"
Snape zögerte nur einen winzigen Moment. „Ich schwöre."
Tigris reichte Snape den Kelch und der Lehrer trank, dabei versuchend den Trank zu entschlüsseln, den der Kelch enthielt. Es gelang ihm nicht, aber er schmeckte unangenehm vertraut.
„Reich mir deine linke Hand.", sagte Tigris.
Snape war überrascht, wieviel Überwindung es ihn kostete, das zu tun, aber er tat es.
Tigris nahm die Hand und berührte mit der Spitze seines Stabes das Handgelenk.
„Signum Proteanum!"
Silbernes Feuer leckte um Snapes Handgelenk. Im selben Moment begann das Dunkle Mal zu brennen. Der Tränkemeister biss die Zähne zusammen um nicht aufzuschreien. Die Realität vermischte sich mit Erinnerungen.
o
„Schwörst du mir treu zu dienen bis zum Tod?"
„Ich schwöre."
„Mit diesem Mal sollst du mein sein... Signum Morsmordre!"
Severus sah in Lucius' graue Augen, als sein Arm brannte, und biss auf seine Lippen um nicht aufzuschreien. Es kümmerte ihn nicht, dass Blut über sein Kinn lief, alles was wichtig war, war, dass seine Schuld nun beglichen war. Er hätte alles für den älteren Jungen getan.
„Gut gemacht. Du wirst mir ein nützlicher Diener sein, Severusss.", zischte der schlangengleiche Mann vor ihm, dem er gerade sein Leben verkauft hatte.
Er war sechzehn.
o
Der Schmerz war doppelt so stark wie damals, aber Snape hatte seit damals Fortschritte darin gemacht, seine Gefühle zu verbergen. Er schrie nicht. Als er aufblickte, sah er den flüchtigen Schock in Tigris' Augen. Das war keine normale Reaktion? Natürlich nicht! Fast hätte er aufgelacht, aber dann hätte er auch geschrieen. Keiner dieser Schüler trug das Dunkle Mal. Endlich verebbte der Schmerz. Es war nicht einfach ein zufälliger Ruf gewesen, der Drang zu apparieren, der dies normalerweise begleitete, fehlte. Dieser Schmerz – es war, als hätte er das Dunkle Mal von neuem empfangen. Snape zitterte kaum merklich. Tigris hielt noch immer seine Hand. Um sein Handgelenk wand sich nun eine kleine, grün – silberne Schlange.
„Es tut mir leid.", flüsterte Tigris. „Ich wusste nicht, dass das passieren würde."
Snape schüttelte den Kopf. „Wie hättest du es wissen sollen?"
Tigris half ihm auf die Füße. „Willkommen in der Schattengemeinschaft, Severus."
Snape lächelte gezwungen und nickte. Ihm war übel, aber er war es gewohnt es zu verbergen, wenn es ihm nicht gut ging. Es schien, dass außer ihm und den dreien direkt vor ihm – die zu seinem Glück Todesser waren – niemand wirklich mitbekommen hatte, was passiert war.
„Ich muss mich einen Moment mit Severus unterhalten.", sagte Tigris laut. „Beginnt schon mal ohne mich. Theodore, kannst du meine Gruppe übernehmen? Danke."
Tigris führte Snape in einen Raum hinter dem Mosaik, den er zuvor nicht bemerkt hatte. Es schien ein Besprechungsraum zu sein. In der Mitte war ein großer Tisch, umgeben von mehreren Sesseln und einer Couch an der Seite. Snape ließ sich dankbar in einen der Sessel fallen und umklammerte seinen Arm.
Tigris reichte dem Tränkemeister wortlos eine Phiole mit einem Heiltrank. Nachdem er daran gerochen hatte und sich sicher war, was es war, leerte Snape sie in einem Zug. Es ging ihm sofort besser.
„Danke."
Tigris musterte ihn mit einem unleserlichen Blick. „Ich hätte nicht gedacht, dass Blaise recht behalten würde. Ich war sicher, Sie würden sich weigern."
„Sind wir wieder formell?", meinte Snape ein wenig amüsiert. „Ich habe gerade begonnen, mich an eure Vermessenheit zu gewöhnen."
Tigris grinste flüchtig. „Wenn es Ihnen wirklich etwas ausmacht, bin ich sicher, sie werden es verstehen."
Snape verzog das Gesicht. „Ich habe die grauenhafte Vorstellung, dass sich eines Tages einer von ihnen verspricht."
Tigris zuckte mit den Schultern. „Ein akzeptables Argument, Sir. Ist es zuviel gefragt, wenn ich wissen will, warum Sie zugestimmt haben?"
Snape lehnte sich in den Sessel zurück. „Willst du sagen, ich hatte wirklich eine Wahl?"
„Ich habe die Wahrheit gesagt. Sie hätten gehen können."
„Ohne meine Erinnerungen. Denkst du nicht, es ist genug, dass ich dich meine Gedanken sehen lasse? Denkst du, ich lasse dich auch noch in ihnen herumpfuschen? Ich bin auch ein Slytherin, vergiss das nicht."
Tigris grinste schief. „Sie sehen aus, als würden Sie mich am liebsten verfluchen."
„Vielleicht werde ich das noch, wenn Draco mir meinen Stab zurückgegeben hat.", erwiderte Snape trocken.
„Was?" Tigris sah überrascht aus. „Oh Merlin! Er hat es vergessen. Das ist eine Premiere."
„In jeder Hinsicht."
Tigris seufzte. „Es tut mir wirklich leid, Sir."
„Erspar es mir, bitte."
Tigris lächelte flüchtig. „Ruhen Sie sich noch etwas aus, ich hole Ihren Stab und rede mit den anderen. Übrigens... Ich bin froh, dass Sie sich für uns entschieden haben."
„Das bezweifle ich nicht.", murmelte Snape. In Gedanken mischte er die Karten auf seiner Hand. Dies war ein interessantes neues Blatt. Es blieb abzuwarten, ob er es nutzen konnte, oder ob es ihn ruinieren würde. Wie auch immer, das Spiel war noch lange nicht zuende.
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