Disclaimer:

Der Mensch ist nur ein armer Spieler...

Q, du hast hier nichts zu suchen. Geh und ärgere Jean-Luc.

Ich bin eine allmächtige Wesenheit, ich kann sein wo ich will. Ich kann dir auch sagen, das Harry Potter JKR gehört.

Wetten dass?


Schatten der Wahl

15. Wahlen

Draco atmete tief durch, bevor er das Büro seines Vaters betrat. Er wusste, diese Unterhaltung würde nicht einfach werden. Aber er würde nicht klein beigeben, nicht diesmal. Es war sein Leben um das es ging, und seine Entscheidung.

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Lucius sah auf, als Draco eintrat. Er hatte das Gefühl gehabt, dass sein jüngerer Sohn mit ihm über etwas reden wollte. Draco war seit seiner Ankunft auf Bahnsteig 9 ¾ seltsam nervös gewesen. Es war nicht offensichtlich, aber für jemanden, der Draco sein Leben lang kannte leicht zu erkennen.

Es beunruhigte Lucius, als Draco zuerst seinem Blick auswich, und ihn dann geradezu feindselig anstarrte. Was hatte sein törichtes Kind getan?

„Draco. Du wolltest mit mir reden."

„Ja, Vater."

Draco atmete tief durch, so als wolle er Mut schöpfen, und Lucius' ungute Vorahnung nahm zu.

„Ich wollte mit dir darüber reden, was ich tun werde, nun, da ich die NEWTs bestanden habe."

„Du hast mir nicht geschrieben, was du machen willst, so hatte ich keine Gelegenheit, Vorbereitungen zu treffen, wie bei deinem Bruder.", sagte Lucius. „Aber es ist nicht zu spät, etwas zu arrangieren. Es gibt immer ein paar Leute im Ministerium, die mir einen Gefallen schulden."

„Das wird nicht nötig sein.", sagte Draco. „Ich habe bereits eine Stelle."

„Ich bin sicher du... Was?" Lucius Hand verkrampfte sich unwillkürlich um seine Stuhllehne.

„Ich habe bereits eine Stelle.", wiederholte Draco, nun mit einer trotzigen Zielstrebigkeit. „Mme. Pomfrey hat eingewilligt, mich für das kommende Jahr als ihren Assistenten einzustellen, so dass ich nächstes Jahr in St. Mungos die Ausbildung zum Heiler beginnen kann. Sie kennt einen anerkannten Heiler dort, Heiler Smethwyk. Sie wird mir ein Empfehlungsschreiben geben, und er hat eingewilligt, mein Mentor zu sein, wenn sie mir nach diesem Jahr ein gutes Zeugnis geben kann."

Lucius' Herz machte einen Satz. Er versuchte, mit eisernem Willen, ruhig zu bleiben. „Ich bin beeindruckt.", sagte er so neutral er konnte. „Du hast den Ehrgeiz, diese Ausbildung zu machen und hast bewiesen, dass du auch ohne meine Unterstützung erreichen kannst, was du willst. Du hast meinen Respekt."

Draco sah überrascht aus.

„Du hast gezeigt, dass du unabhängig bist.", fuhr Lucius fort. „Nun können wir darüber reden, was du wirklich dieses Jahr tun wirst."

Dracos Gesicht wurde steinern. „Ich habe dir bereits gesagt, was ich tun werde.", fauchte er.

Lucius' Hände umfassten die Stuhllehne vor sich fester, bis dass seine Knöchel weiß hervortraten. Er kannte diese Art von Sturheit nur zu gut. Sein Sohn war besessen davon, diesen wahnsinnigen Plan durchzuziehen. „Sei kein Narr, Draco.", sagte er gepresst. „Es geht hier um mehr, als dein pubertäres Streben danach, unabhängig zu sein. Du willst das nächste Jahr in Hogwarts verbringen? Du weißt, dass das unmöglich ist. Denk nach, Junge! Du hast dem Dunklen Lord einen Eid gegeben! Du bist eingeschworen, diesen Sommer dein Mal zu empfangen. Du kannst nicht einfach unter Dumbledores Nase herumwandern, während du dabei bist, unserem Lord deinen Wert zu beweisen. Was diese Fixierung von dir darauf, Heilkunde zu studieren betrifft – wir haben bereits darüber geredet."

Lucius hatte kaum geendet, da wusste er schon, dass seine Rede keinen Effekt auf seinen Sohn hatte. Draco hatte die Lippen zusammengepresst und seine ganze Haltung drückte Auflehnung aus.

„Ich bin sicher, unser Lord wird auch bereit sein, noch ein Jahr zu warten, bis ich mein Mal empfange.", sagte sein Junge mit unbeirrbarem Trotz. „Wenn ich durchgefallen wäre, oder aus einem anderen Grund in Hogwarts bleiben müsste, wäre es schließlich auch nicht anders."

Unbeachtet der Tatsache, wie lächerlich allein der Gedanke war, dass Draco bei den NEWTs hätte durchfallen können. Als wenn der Dunkle Lord jemandem nur nach Lust und Laune das Privileg gewährte, vor seinem Abschluss in seine Reihen aufgenommen zu werden. Lucius zwang sich, ruhig zu atmen, und sich nicht von der Wut überwältigen zu lassen, die sich wie eine glühende Schlange in seiner Brust ringelte.

Draco hielt unsicher inne. „Er wird es verstehen."

Lucius lachte beinahe hysterisch. „Bist du von allen guten Geistern verlassen, Draco? Er wird es verstehen? Du erwartest Verständnis von dem Dunklen Lord? Du hast keinen Wert für ihn, nicht mehr als ein Käfer an der Wand, und wie einen Käfer der ihn ärgert wird er dich vernichten, wenn du dich ihm widersetzt. Er hat erfahrenere und lange in seinem Dienst befindliche Zauberer für weniger umgebracht. Beende diesen Wahnsinn. Du wirfst dein Leben weg für eine kindische Obsession!"

„Du verstehst es nicht!", schrie Draco. „Du hast es von Anfang an nicht verstanden! Dies ist keine fixe Idee von mir, es ist was ich bin! Es ist mein Leben, meine Bestimmung! Ich bin mit dem Blut eines Heilers geboren, es ist das Blut unserer Familie. Alles was du mir beigebracht hast über unsere Geschichte, über Tradition, über das was wir sind... was uns unterscheidet einfachen Schlammblütlern, das ist unsere Geschichte! Eine Bestimmung die in unserem Blut liegt seit Generationen. Ich werde mich dem nicht widersetzen und mein Leben lang unglücklich und mittelmäßig bleiben nur um dich zufrieden zu stellen. Er wird das verstehen, auch wenn du es nicht tust!"

„Hast du vor dem Dunklen Lord zu sagen was du bist?", schrie Lucius zurück, nun absolut die Beherrschung verlierend. „Begreifst du nicht, dass das Selbstmord ist?"

„Ich werde ihm sagen, dass ich ein normaler Heiler bin!", rief Draco. „Er weiß, dass die Begabung zu heilen in unserer Familie liegt. Dein Vater war ein Heiler, du hast mir selbst gesagt, dass er deshalb neutral geblieben ist!"

„Ja, und er ist gestorben dafür!", schrie Lucius, außer sich.

Draco starrte ihn mit großen Augen an und einen Augenblick lang herrschte Stille zwischen ihnen.

„Ja, ich habe dir das niemals erzählt, nicht wahr?", sagte Lucius, noch immer bebend vor Zorn. Er fühlte sich hilflos, weil es ihm nicht gelang Draco umzustimmen. Er konnte nicht zulassen, dass sein Sohn tat, was er vorhatte. „Hast du dich nie gefragt, warum ich Neleus Snape umgebracht habe? Er hat deine Großeltern auf Befehl des Dunklen Lords vergiftet. Jeder dachte, sie starben durch einen Unfall, dass dein Großvater sich an Drachenpocken angesteckt hätte und sie nicht rechtzeitig einen Heiler erreichten, als sie das Reservat besuchten. Aber ich kenne die Wahrheit. Der Bastard, er prahlte damit, als er sah, dass ich das Mal empfangen hatte. Der Dunkle Lord befahl ihren Tod, weil sie sich ihm nicht anschließen wollten, und er hat sie niemals getroffen. Sie haben ihm niemals ein Versprechen gegeben. Glaubst du wirklich, er wird dich am Leben lassen?"

Draco war sehr bleich geworden, aber er hatte seine Fäuste geballt. „Ich habe mich ihm bereits angeschlossen.", sagte er stur. „Ich werde ihm meinen Wert beweisen, sobald ich Hogwarts verlasse. Er wird es verstehen, ich weiß dass er es wird. Er wird mich vielleicht bestrafen, weil ich es ihm nicht früher gesagt habe, aber er wird mich nicht umbringen. Du willst nur, dass ich tue was du sagst, aber das werde ich nicht. Ich habe gekämpft für diese Chance, und ich werde sie nicht verschenken, nicht für dich."

Lucius packte Draco und schüttelte ihn, als könnte er Verstand in ihn hineinschütteln. „Es geht hierbei nicht um mich, Kind. Es geht um dein Leben, bist du wirklich so dumm?"

„Ja, es ist mein Leben!", entgegnete Draco trotzig. „Es ist mein Leben, und meine Entscheidung was ich damit tue."

„Deine Entscheidung es wegzuwerfen?", rief Lucius zornig. „Offensichtlich bist du lang noch nicht erwachsen genug, Entscheidungen zu treffen! Ich nehme sie dir ab, verstehst du mich? Du wirst tun was ich sage, und diesen Irrsinn vergessen!"

„Nein!", schrie Draco. „Du kannst mich nicht dazu zwingen!"

„Ich kann und ich werde!", schrie Lucius. Er traf nicht einmal die bewusste Entscheidung, Draco zu schlagen, er tat es einfach. Er hatte sich noch nie in seinem Leben Draco gegenüber so hilflos und frustriert gefühlt.

Draco hob instinktiv die Arme um sich zu schützen und Lucius' Stock traf seinen Unterarm. Es gab ein hässliches Knacken, als der Knochen brach. Draco fiel zu Boden, den verletzten Arm an die Brust gepresst und die Augen weit vor Schock und Schmerz.

Der zweite Schlag traf Dracos Schulter und er schrie auf.

„Bitte, Vater, hör auf! Es tut mir leid, bitte!"

„Wirst du mir gehorchen?", fragte Lucius, blind vor Wut.

Draco sah zu ihm auf. Seine Lippen bebten. „Nein."

Der dritte Schlag traf den gebrochenen Arm erneut und Draco schrie vor Schmerzen. Beim vierten schaffte er es, sich aus dem Weg zu rollen.

„Bitte Vater! Stopp!" Draco schaffte es auf die Beine und brachte den Tisch zwischen sie.

„Du kannst mir nicht für immer davonrennen.", zischte Lucius.

„Ich weiß." Draco benutzte seinen heilen Arm, um an dem Kragen seiner Robe zu zerren. „Nimm die Peitsche." Die Robe löste sich und Draco schluchzte auf, als er seinen verletzten Arm bewegen musste, um sie ganz auszuziehen, doch er schaffte es. Der Arm verfärbte sich bereits purpurn. Draco duckte sich aus Lucius Reichweite, dann fiel er in der Mitte des Raumes auf die Knie. „Bitte, Vater, nimm die Peitsche."

Lucius schlug ihn beinahe ein weiteres Mal, aber er fing sich und schleuderte seinen Stock von sich weg in den Raum. Er fiel klappernd zu Boden. „Warum?", rief er. „Warum kannst du nicht einfach tun was ich dir sage?"

„Weil es mein Leben ist.", sagte Draco erstickt.

Lucius packte Dracos Haare und riss seinen Kopf zurück. „Ich habe es dir gegeben, dieses Leben. Ich werde nicht zulassen, dass du es wegwirfst, für... für..."

„Eine fixe Idee?", fragte Draco bitter, Tränen in den Augen. „Es ist mein Leben. Mein Leben."

Lucius atmete tief durch. Er wollte nichts mehr, als seinem fehlgeleiteten Sohn Verstand einprügeln, aber er erkannte auch, in diesem Moment, dass es sinnlos war. Nichts würde Dracos Vorsatz ändern, nichts, abgesehen davon ihn zu brechen. Lucius war dazu fähig, er hatte vor langer Zeit gelernt, wie einfach es war einen Menschen zu zerstören und neu zusammenzusetzen. Aber das wäre nicht viel anders als Draco umzubringen.

Lucius sah auf den Jungen vor sich hinunter. Er hatte ihn aufwachsen sehen, von seinen ersten, unsicheren Schritten an über alle seine kindlichen Torheiten bis zu dem willenstarken, wenn auch fehlgeleiteten Mann, der nun vor ihm kniete. Er hatte ihn beschützt, so gut es ein Vater konnte. Aber wie alle Eltern irgendwann war er an dem Punkt angekommen, wo alles was er tun konnte vergeblich blieb.

Lucius erinnerte sich an die Persönlichkeiten, die seine Kunst hervorgebracht hatte, und er konnte es nicht tun. Es wäre nicht mehr Draco. Es mochte das Muster all dessen sein, was er sich wünschte, aber es wäre nicht mehr die Person, an die er sein törichtes Herz gehangen hatte. Als wenn ihn die Vergangenheit nicht ausreichend gelehrt hatte, wie sinnlos es war, sich an Menschen binden, die so wankelmütig und verwundbar waren. Er war nicht Voldemort. Er hatte es nie geschafft, seinen Verstand über sein Herz siegen zu lassen.

Er konnte sich nicht dazu bringen, es zu tun, nicht einmal, um seinem Sohn das Leben zu retten. Einen Moment lang erfüllte ihn seine Schwäche mit Bitterkeit. Nun, wo die Wut nachgelassen hatte, blieb nichts als die nagende Furcht zurück, ein weiteres Kind zu verlieren. Und zugleich war ein Teil von ihm unbestreitbar stolz auf seinen Sohn.

„Lass mich zuerst mit ihm reden.", sagte er, den Schmerz in seiner Brust ignorierend. „Wenn ich es ihm sage, vielleicht hat sein Zorn dann wenn er dich sieht genug nachgelassen, dass er dich leben lässt." Aber noch während er es sagte wusste Lucius, das war nichts als eine schöne Lüge.

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Draco lag in seinem Bett und starrte an die Decke. Sein Vater hatte ihm einen Trank gegeben, aber der Knochen war dreimal gebrochen gewesen und heilte noch immer. Dennoch, der resignierte Blick seines Vaters schmerzte mehr, als die Schläge. Dachte er wirklich, der Lord würde ihn umbringen? Draco konnte sich nicht dazu bringen, das zu glauben. Er war kein Narr, er wusste, wie leicht es dem Dunklen Lord fiel, jemanden zu töten. Aber er war überzeugt, dass der Lord sehen würde, dass er noch immer nützlich für ihn war. Oh, er würde wütend sein, er würde ihn bestrafen, Draco erwartete nichts anderes. Er rieb seinen Arm geistesabwesend. Er würde ihn bestrafen, aber er würde ihn nicht umbringen. Draco war sich sicher. Aber es schien, er war der einzige.

Tigris war wütend gewesen, als er gesehen hatte, dass Draco verletzt war, aber als Draco ihm gesagt hatte warum, war er noch wütender geworden. Er weigerte sich mit Draco zu reden, weil Draco nicht bereit war seine Meinung zu ändern. Er hatte selbst gedroht, Draco zu verhexen. Er hatte erst aufgegeben, als Draco sagte, dass das nicht das Geringste ändern würde.

Warum konnten sie es nicht verstehen? Warum begriffen sie nicht, wie wichtig dies für Draco war? Es war keine Besessenheit, keine alberne Idee von der er nicht lassen wollte. Es ging darum wer er war, und wenn er aufgab, würde er ein anderer Mensch sein, jemand der nur ein halbes Lebens führte. Aufzuhören zu heilen war nicht anders, als wie seine Magie zu verlieren oder einen anderen ausschlaggebenden Teil seines Selbst. Er konnte es nicht. Er würde eher sterben.

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Als der Tag schließlich da war, schlug Tigris' Herz wie ein gefangener Vogel in seiner Brust. Es war der Tag, an dem der Pakt endgültig besiegelt werden würde, den er getroffen hatte. Er stand mit den anderen Todessern in ihrem Kreis und begegnete dem Blick des Dunklen Lords mit Zuversicht.

Die roten Augen musterten ihn wohlwollend.

„Dies ist ein großer Tag für dich, Tigris."

Tigris warf sich dem Lord vor die Füße. Er fühlte keine Bedenken. Dies war, was er gewollt hatte.

„Ich habe ihn lange herbeigesehnt, mein Lord."

Voldemort winkte ihm mit der Hand.

„Steh auf, Junge."

Tigris gehorchte. Voldemort lächelte ihm zu, ein wohlwollendes Lächeln.

„Du hast mir in dem letzten Jahr gute Dienste erwiesen, Tigris. Ich freue mich, dich nun als vollständiges Mitglied in meinem Kreis willkommen zu heißen. Ich weiß, du wirst mich nicht enttäuschen."

Tigris senkte den Blick. „Ihr ehrt mich, mein Lord."

Die Todesser stampften mit ihren Füßen auf die Erde, ein Rhythmus wie Trommelschlag.

„Erneuerst du deinen Eid? Schwörst du mir zu dienen, mit jedem deiner Gedanken, jedem Herzschlag, mit allem was du bist?"

„Ja, ich schwöre."

Der Dunkle Lord berührte mit der Spitze seines Stabes Tigris' Stirn, Tigris' Brust und schließlich seinen Mund. Eine widerlich schmeckende Flüssigkeit füllte seine Kehle, und Tigris schluckte sie herunter, gegen die Übelkeit ankämpfend.

„Gib mir deinen Arm."

Ohne zu Zögern schob Tigris seinen Ärmel hoch und hielt dem Dunklen Lord seinen linken Arm hin. Spinnengleiche Finger schlossen sich um Tigris' Handgelenk und die schwarze Schlange auf seinem Arm wurde sichtbar.

Der Dunkle Lord deutete mit seinem Stab darauf.

„Mit diesem Mal sollst du mein sein, mir zu dienen als deinem Lord und Meister, mit Leib und Geist, meinem Willen zu folgen als wäre es dein eigener, mich zu wertschätzen über allem anderen, bis dass der Tod deinen Dienst beendet. Signum Morsmordre."

Ein weißer, brennender Schmerz schoss Tigris' Arm hoch und er brach beinahe in die Knie. Er hatte gedacht, es würde nur eine Sekunde andauern, aber der Schmerz verschlang ihn, brannte in jeder Faser seines Körpers. War das der Preis, den er für ein Jahr Freiheit zu zahlen hatte? Tigris schrie nicht, aber er schloss die Augen und krümmte sich. Der Schmerz verschlimmerte sich nur und er fiel doch.

Tigris fühlte ein Ziehen in seinem innersten Kern, der Quelle seiner Magie, seiner Lebensenergie. Alles in ihm strebte danach, dagegen anzukämpfen, aber er gab nach. Es war Bestandteil des Zaubers. Tigris fühlte, wie seine Essenz sich an etwas band, flüchtig, fast unbemerkbar. Eine winzige Menge seiner Kraft folgte diesem Band und verschwand. Mit ihr verringerte sich der Schmerz.

Schließlich fand Tigris sich auf den Knien wieder. Der Dunkle Lord hielt noch immer sein Handgelenk. Der Schmerz verschwand vollständig, aber die Verbindung blieb. Sie entzog Tigris einen kleinen, aber stetigen Teil seiner Lebensenergie. So wenig, dass es ein gewöhnlicher Zauberer nicht bemerkt hätte. Es war nicht genug, ihn schneller altern zu lassen, jedenfalls nicht wesentlich. Schlimmstenfalls würde es seine Lebenserwartung um ein, zwei Jahre reduzieren. Tigris musste sich anstrengen, seinen Ärger und seine Neugier zu verbergen. Was hatte das zu bedeuten? Er riss sich zusammen und öffnete die Augen. Der Dunkle Lord ließ ihn los und Tigris kam taumelnd auf die Füße. Er sah auf seinen Arm, auf dem nun das Dunkle Mal zu sehen war und lächelte.

„Willkommen in meinen Reihen.", sagte der Dunkle Lord.

„Habt Dank, mein Lord."

Er verbeugte sich, setzte seine Maske wieder auf und wich in den Kreis der Todesser zurück. Nun war er wirklich einer von ihnen.

Blaise trat vor. Sie war blass, aber entschieden.

„Auch du hast mir gute Dienste erwiesen.", sagte Voldemort. „Bist du bereit, das Mal zu empfangen?"

„Mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mein Lord." Oh, Blaise...

Voldemort lächelte wieder und streckte die Hand aus.

„Ich wünschte, alle meine Gefolgsleute wären so treu wie ihr, Kinder."

Sobald Voldemort die Worte des Bindezaubers gesprochen hatte, schrie sie. Sie fiel auf die Knie und obwohl sie offensichtlich versuchte, nicht in Krämpfe zu verfallen, gelang es ihr nicht ganz. Trotzdem bewegte der Dunkle Lord sich nicht im Geringsten, ohne ihr Handgelenk loszulassen. Die Stärke des Mannes erstaunte Tigris. Als Blaises Körper sich beruhigt hatte senkte sie beschämt den Kopf. „Verzeiht, mein Lord."

Der Dunkle Lord strich ihr über den Kopf. „Mach dir keine Gedanken, Kind. Du warst sehr tapfer."

Sie sah überrascht auf und lächelte dann dankbar. Der Dunkle Lord erwiderte das Lächeln. „Willkommen in meinen Reihen."

„Danke, mein Lord."

Blaise stand auf und trat neben Tigris. Er fand ihre Hand und drückte sie, ohne den Blick von ihrem Meister abzuwenden. Blaise erwiderte den Händedruck, ohne sonst eine Regung zu zeigen. Ihre Hand war kalt und zitterte leicht.

Draco betrat den Kreis und warf sich vor dem Dunklen Lord zu Boden. „Mein Lord..."

Ärger wallte in Tigris auf, aber er unterdrückte ihn. Dies war nicht der Ort dafür. Draco würde seine Unterstützung an diesem Tag brauchen, mehr als jemals zuvor.

„Ja?"

„Wie Ihr ohne Zweifel wisst, habe ich eine Assistentenstelle in Hogwarts angenommen. Ich werde noch ein weiteres Jahr dort sein..."

Die Augen des Dunklen Lords verengten sich etwas. „Hast du gesehen, was die Beiden vor dir gespürt haben, als sie ihr Mal empfingen?", fragte er mit einem boshaften Unterton. „Der Schmerz, den sie fühlten, wird sich verdoppeln, für jedes Jahr, das der Empfang des Mals hinausgezögert wird."

„Ich bin dazu bereit, mein Lord.", erwiderte Draco, aber seine Stimme zitterte leicht.

„Bist du das?", zischte der Lord. „Und was gibt dir das Recht, deine persönlichen Bedürfnisse über die meinen zu stellen? Ich habe erwartet mit dem heutigen Tag drei meiner Gefolgsleute hier zu sehen, doch bereit mein Mal zu empfangen sind nur zwei. Wie kannst du es wagen, eine solche Entscheidung zu treffen, ohne es mit mir abzusprechen?"

Er umkreiste Draco bedrohlich.

Draco regte sich nicht. „Vergebt mir, mein Lord."

Tigris schloss die Augen und biss die Zähne zusammen. Draco, du sturer Narr...

„Crucio."

Tigris taumelte, als der Schmerz durch die Verbindung zwischen ihm und seinem Bruder strömte, aber schoss Draco nicht aus. Sein Bruder brauchte ihn jetzt.

Eine Hand packte Tigris' Kinn und zwang ihn dazu die Augen zu öffnen. Tigris starrte in die roten Augen des Dunklen Lords.

„Was ist los mit dir, Tigris? Gibt es ein Problem?"

Er rang nach Luft. Voldemort hatte den Fluch nicht aufgehoben und Draco schrie noch immer. „Nein, mein Lord. Aber Draco ist mein Zwillingsbruder, wir sind verbunden."

Der Dunkle Lord strich mit dem Finger die Seite von Tigris' Maske entlang. „Tatsächlich? Interessant. Also fühlst du, was er fühlt?"

„Zum Teil, ja, mein Lord."

„Willst du, dass ich aufhöre?"

„Nein, mein Lord. Er hat seine Strafe verdient. Wenn ich als sein Bruder nicht verhindern konnte, dass er Euch enttäuscht, ist es nur richtig, wenn ich auch einen Teil davon empfange."

Tigris sah zu Boden und verstärkte die Verbindung noch etwas. Es war zu lange, wenn der Lord nicht bald aufhörte konnte auch er nicht mehr verhindern, dass Draco ernsthaften Schaden nahm.

Plötzlich endete es. Draco lag vor den Füßen Voldemorts und hustete Blut.

„Zu schade, dass du nicht ein wenig mehr der Ergebenheit deines Bruders besitzt.", sagte der Dunkle Lord gefühllos. „Um seinetwillen lasse ich dich am Leben und gebe dir noch ein Jahr. Danach beweist du mir besser deinen Wert, oder du wirst das gleiche Schicksal erleiden, wie deine Schwester."

„Ja, mein Lord.", brachte Draco mühsam hervor.

Voldemort wandte sich ab und beachtete ihn nicht mehr.

Tigris lenkte genug seiner Kraft in Draco, dass dieser zu Blaise und ihm kriechen konnte, dann half er ihm auf die Füße. Blaise stützte Draco wortlos auf der anderen Seite.

Der Lord sprach noch mit einigen Mitgliedern seines inneren Kreises und ein paar Todessern, die Tigris nicht kannte, dann entließ er sie. Tigris apparierte mit Draco zum Herrenhaus und ließ ihre Todesserroben verschwinden. Draco war nicht in der Verfassung, zu zaubern.

Ihr Vater tauchte kurz nach ihnen auf. Er warf Draco einen kurzen Blick zu und nickte Tigris dann zu. „Ich bin stolz auf dich, Tigris. Hilf deinem Bruder in sein Zimmer und komm dann zu mir nach unten. Wir sollten diesen Tag nicht ohne eine Feier verstreichen lassen."

Tigris lächelte. „Natürlich, Vater. Vielleicht wollen Tante Bella und Onkel Rodolphus sich uns anschließen?" Nicht, dass er sich wirklich mit diesen Beiden abgeben wollte, aber er genoss den Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters.

„Ich dachte an eine private Feier. Die Hauselfen könnten uns eine Flasche alten Wein nach oben bringen."

„Oh." Tigris hielt seine Stimme sorgfältig frei von Gefühlen. „Sicher. Ich bin unten, sobald ich mich um Draco gekümmert habe. Morgen ist Litha. Bis dahin muss er sich erholt haben."

Sein Vater musterte Draco gleichgültig, gefühllos. „Dein Bruder ist zäh. Er kommt wieder auf die Beine, keine Sorge."

Tigris verbarg den Ärger, der in ihm aufflammte, und half Draco die Treppe nach oben. Sein Bruder schien von dem Gespräch unberührt. Aber wahrscheinlich hatte er kaum etwas davon mitbekommen. Seine Augen waren vor Schmerz verengt, und Tigris konnte fühlen, wie Dracos Muskeln noch immer unkontrolliert zitterten. Ein Teil von ihm wusste, dass Draco dies seiner eigenen Dummheit zuzuschreiben hatte, aber das war der Teil, der für den Dunklen Lord bestimmt war. Er hatte sich bei diesem Treffen erschöpft, Tigris konnte sich nicht länger einreden, dass er nur auf Draco ärgerlich war. Abgesehen davon, sein Ärger war irrelevant. Im Moment war es wichtig, Draco in sein Zimmer zu bekommen, wo sicher Heiltränke auf ihn warteten – und ein Bett zum Schlafen, wenn sein Bruder es nach diesen Ereignissen konnte.

Das Dunkle Mal brannte noch immer auf seinem Arm – oder vielleicht war das nur seine Einbildung. Dies war was Tigris gewollt hatte. Er hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Er hatte ihn ersehnt. Der Tag, der ihn seinem Ziel einen entscheidenden Schritt näher bringen würde. Alles hatte reibungslos funktioniert, Voldemort war verdammt noch mal vernarrt in ihn. Tigris sollte feiern.

Er fragte sich, warum die dumpfe Übelkeit in seinem Magen dann trotz alledem nicht weggehen wollte. Warum die Vorstellung, sich neben Draco auf dem Bett zusammenzurollen so viel verführerischer war, als zu seinem Vater hinunter zu gehen, um mit seinem verfluchten Wein anzustoßen. Aber Tigris hatte seine Wahl getroffen, und sich im Bett zu verkriechen war nicht Teil davon. War es niemals gewesen.

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Es war ein wundervoller Tag für Litha. Der Himmel war klar, die Sonne schien, und die Zauberer und Hexen die sich im Garten des Malfoy-Herrenhauses versammelt hatten waren gut gelaunt und ausgelassen.

Eine Reihe von Dracos und Tigris' Klassenkameraden war da, und nutzten das Fest, um ihren Abschluss nachzufeiern.

Es hatte Tigris überrascht, dass auch Theodore und Richard da waren. Dies war ein Fest der Fruchtbarkeit, und während gleichgeschlechtliche Paare in der Zaubererwelt nicht ungewöhnlich waren, waren sie bei diesem Fest doch eher selten zu sehen. Der Grund wurde klar, als Theodores Stiefmutter mit einem blassen, dunkelhaarigen Mädchen ankam. Anscheinend war es Gwendoline Rowan, Theodores Verlobte. Sie schien sich bei diesem Treffen ebenso unbehaglich zu fühlen, wie Theodore, und es war offensichtlich, dass die beiden sich das erste Mal in ihrem Leben begegneten. Es half nicht gerade, dass Richard besitzergreifend an Theodores Arm hing und nicht im Geringsten einen Hehl daraus machte, wie genau sie zueinander standen.

Die Sache war gerade dabei einen hässlichen Gang zu nehmen, als Libentina – Theodores Stiefmutter – Richard einen lüsternen Draufgänger nannte. Was ein wenig dreist war von einer Frau, deren Kleid nichts zu erahnen übrig ließ, und die sich nicht im Geringsten von der Tatsache dass sie verheiratet war davon abhalten ließ, mit allem zu flirten was einigermaßen attraktiv und männlich aussah.

Sie wurden durch Narcissas Auftauchen gerettet, bei deren Anblick Libentina schlagartig die Flucht ergriff. Narcissa wechselte ein paar höfliche Worte mit Gwendoline und verschwand wieder.

Draco ließ sich daraufhin zu ein paar spitzen Bemerkungen über „Frauen die ihre Finger nicht bei sich behalten können" und die Zielgenauigkeit von den Castia-Flüchen ihrer Mutter hinreißen.

Zu aller Überraschung war es Gwendoline, die als erstes herzhaft darüber zu lachen begann, und danach stellte sich heraus, dass sie einen Freund in Beauxbatons hatte und nicht im Geringsten durch die Beziehung ihres Zukünftigen mit Richard beleidigt war. Im Gegenteil, wenn überhaupt erschien sie erleichtert.

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Tigris holte sich gerade etwas zu trinken, als er seinen Vater mit einer Gruppe ausländischer Gäste sah, denen er offenbar das Gelände zeigte. Zu seiner Überraschung war Verdandi Hatkee eine davon. Sie wurde von einem alten Mann begleitet, den Tigris vom Aussehen her für ihren Vater hielt. Er hätte liebend gerne mit ihnen geredet, aber war sich nicht sicher, ob seine Gesellschaft erwünscht war. Das Dilemma löste sich, als sein Vater ihn zu sich winkte.

„Ich möchte Ihnen meinen Sohn Tigris vorstellen", sagte er, als Tigris zu ihnen trat. „Er studiert Artefaktkunde im Ministerium. Tigris – dies ist Seine Hoheit Ekun. Seine Tochter Verdandi kennst du ja bereits."

Tigris verbeugte sich in die Richtung des alten Mannes, überrascht zu hören, dass Hatkees Vater ein Adliger war. „Es ist mir eine Ehre."

Der Mann musterte ihn mit höflichem Desinteresse, ohne etwas zu erwidern. Dann sagte er etwas zu Tigris' Vater, das Tigris nicht verstand. Lucius antwortete in der gleichen Sprache, und deutete zu den Lagerfeuern. Tigris nahm an, der Mann hatte nach Draco gefragt. Ekun hatte eine volle, tiefe Stimme, und er unterstrich seine Worte offenbar gerne mit Gesten. Er klang jedoch etwas gelangweilt. Hatkee sagte etwas, das den Unterton einer Aufforderung hatte, aber ihr Vater wandte sich von ihr ab und betrachtete die Feuer.

„Es freut mich, dich wiederzusehen, Tigris", sagte Hatkee.

Lucius deutete auf den blonden Mann neben ihnen. „Tigris, dies ist der deutsche Botschafter, Lech Schatzhauser."

Der Mann hielt ihm die Hand hin und nickte etwas steif, als er sie schüttelte. Der kleine, dickliche Südländer neben ihm grinste.

„Neben ihm ist Michele Andolini, sein Geschäft sind magische Antiquitäten."

„Obwohl ich auch mit neueren Artefakten handele, wenn es sich ergibt. Es ist ein faszinierendes Feld."

„Ja, das ist es", erwiderte Tigris.

„Was macht dein Bruder?", fragte Hatkee, als die Gruppe langsam in Richtung der Tische weiter ging. Lucius unterhielt sich auf Deutsch mit Schatzhauser, und Andolini, der anscheinend die Sprache verstand, warf hin und wieder ein Wort ein.

Tigris erzählte es ihr. Sie war sehr interessiert an allem, was seit ihrer Abreise passiert war.

„Woher kennen Sie meinen Vater eigentlich?", fragte Tigris schließlich. Es war eine Frage, die ihm schon lange auf der Zunge brannte.

„Mein Vater war sein Lehrer in Nigeria", antwortete Hatkee. „Damals war ich in deinem Alter und Lucius war nicht viel älter. Ich fand ihn unheimlich faszinierend. Er war der erste Weiße, den ich zu Gesicht bekam." Sie lachte.

„Ich wusste nicht, dass mein Vater in Nigeria war", sagte Tigris, und versuchte sich zu erinnern, ob sein Vater je davon gesprochen hatte.

„Oh ja. Er war vier Jahre bei uns. Ich gestehe, ich war ein wenig verliebt in ihn."

Tigris starrte sie ungläubig an. Ekun, der die Landschaft betrachtet hatte, drehte sich zu ihr um.

„O s'eru sinmi." Er klang ein wenig ungehalten.

Lucius sah sich zu ihnen um, einen verärgerten Ausdruck im Gesicht, aber wandte sich fast sofort wieder ab.

Hatkee schien es nicht zu kümmern. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich war ein junges Mädchen, und er war ungewöhnlich, exotisch. Anders, als alle anderen Männer, die ich kannte. Natürlich wurde nie etwas daraus. Es war nur eine hübsche Einbildung, und mehr als das, einseitig. Das einzige, was Lucius zu der Zeit interessierte, war unsere Art, Magie zu anzuwenden."

Sie lachte plötzlich, und sagte etwas zu ihrem Vater, was Tigris nicht verstand. Der Mann sah einen Moment lang etwas verärgert aus, aber dann lachte er ebenfalls, ein dröhnendes Lachen das seinen ganzen Körper schüttelte.

Lucius lächelte als hätte er in eine saure Zitrone gebissen, und tat so, als hätte er die Unterhaltung nicht mitbekommen. Tigris fragte sich, was er da gerade verpasst hatte.

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Als der Tag voranschritt wurde der Wein weniger, und nach einer kurzen Erfrischung im See fanden sich die meisten auf der Liegeweise ein. Ein paar Hexen und Zauberer hatten sich zusammengefunden um Musik zu spielen, und eine Reihe der Anwesenden tanzten und sangen die Lieder mit, die sie kannten.

Es waren, wie Blaise Tigris erklärte, altbekannte Zaubererlieder, aber er kannte keines davon, und so hörte er abwesend zu, während sie mit Draco, Richard, Theodore und ein paar anderen picknickten. Sie waren alle guter Laune, auch Draco, der am frühen Morgen noch etwas steif gewesen war. Tigris wusste, dass sein Bruder einen Kosmetikzauber benutzte, um seine Prellungen vom Abend vorher zu verbergen, aber die Heiltränke hatten gute Arbeit geleistet. Draco zuckte nicht einmal zusammen, als ein Tigris unbekanntes Mädchen sich auf ihn stürzte, um ihn zu umarmen.

Draco hatte vor einer Weile mit Athena Schluss gemacht. Bei der Abschlussfeier war er mit Indira zusammen gewesen, was aber wohl nur den Zweck verfolgt hatte, deren Ex Helena zu verärgern. Ein Abschiedsgeschenk, sozusagen.

Das blonde Mädchen wurde als Juliette Marybeth vorgestellt, eine Cousine aus Kanada, und wich den Rest des Abends nicht mehr von Dracos Seite. Tigris verlor den Faden nach der Hälfte von Dracos Erklärung, wie genau sie mit ihnen verwandt war. Allzu nah konnte es jedenfalls nicht sein. Außerdem wurde er abgelenkt von den silbernen Strähnen, die sie aus unerfindlichen Gründen in ihre Haare gezaubert hatte, vermutlich damit sie zu ihren lächerlich wirkenden golden gezauberten Augen passten.

Tigris fand jedenfalls Blaise und die Musik interessanter. Die Hexe die sang hatte eine gute Stimme.

„Hör zu.", sagte Blaise. „Kennst du das nicht? Es handelt von Morgana."

Tigris hörte zu, aber sein verwirrter Blick musste Blaise zeigen, dass er nicht verstand, was sie meinte.

„Es steht ein Mädchen mit rotem Haar
am Strand von Avalon
Ihre Stimme ist hell und klar
gar lieblich ist ihr Ton

Mein Liebster es brennen Feuer
mein Liebster verlass mich nicht
mein Liebster ich sehe die Tränen
von Müttern in der Gischt

Die Schlangen sind ihr gewogen
ihr Herz ist stark und rein
ein Rabe kommt geflogen
verdeckt der Sonne Schein

Ach Liebste lass mich ziehen
der Rauch ist schwarz und dicht
die Raben müssen fliegen
damit das Feuer erlischt."

Für Tigris klang es nicht anders als die restlichen schnulzigen und teilweise frivolen Liebeslieder, die für Litha üblich waren, und die selbst Zauberer wie Draco, die sonst nichts damit am Hut hatten, an diesem Tag zu mögen schienen.

„Der Rabe.", erklärte Blaise geduldig. „Der Rabe ist immer Morganas Wappentier gewesen."

„Also symbolisieren die Raben diejenigen, die Morganas Ansichten teilen?", sagte Tigris mit plötzlicher Erleuchtung. Das gab dem Lied einen ganz neuen Sinn, und er betrachtete die Sängerin genauer.

Das meiste was sie sang waren Vorschläge der Anwesenden, aber Tigris war überrascht, als er genauer zuhörte.

„Es war ein kleiner Hexer
eine Feder an seinem Hut
in seinem Stab ein Knick
in seiner Tasche kein Knut"

„Schsch mein Kind
trau ihm nicht
der dir Treue leicht verspricht...", sangen die Anwesenden.

Offensichtlich war auch dies ein Lied, das gut bekannt war.

„Ein Muggel kam des Weges
die Taschen dick und schwer
Kleiner Hexer hex für mich
ich geb dir Wegezehr...

Ein Mädchen sitzt in Glasgow
so schön wie Elbengold
Komm hex mir kleiner Hexer
dass mir das Mädchen hold."

Tigris runzelte die Stirn. Sein Blick traf Richards und er bemerkte dass Theodores Freund die Sänger mit einem düsteren Blick bedachte. Wenn er darüber nachdachte, Richard hatte dies schon seit einer Weile getan.

„Gar schön sind Mut und Ehre
den Hunger still'n sie nicht
gebraut sind Liebestränke
zu schnell im Dämmerlicht

Drei Tropfen gib am Abend
in ihren süßen Wein
so sollen ihre Augen
dir wohl gewogen sein

Schsch mein Kind,
trau ihm nicht
der dir Treue leicht verspricht...

Das Mädchen war versprochen
die Unschuld ihr verdarb
die dunkle kalte Themse
sie wurde ihr zum Grab

Der Teufel war im Bunde
so riefen eilig sie
der Hexer hat uns betrogen
mit dunkler, schwarzer Magie

Der Muggel stand eifrig Zeuge
der Hexer ward verbrannt
von seinem Hut und Stecken
man nur die Feder fand

Schsch mein Kind
trau ihm nicht
der dir Treue leicht verspricht..."

„Wirklich, können sie nichts anderes singen?", fragte Richard ungehalten. „Es gibt doch wirklich bessere Lieder in unserer Folklore."

„Warum denn?", fragte Draco. Er hatte inzwischen eine Menge Wein getrunken und war sichtlich angeheitert. „Was ist denn falsch daran, alte Zaubererlieder zu singen? Mir gefällt's."

Juliette kicherte und goss ihm Wein nach. Tigris lehnte sich gegen Blaise zurück. Gut, vielleicht hatte er selber ein oder zwei Gläser Wein zuviel, aber dies war ein Tag, an dem man es sich leisten konnte. Außerdem fühlte sich sein Kopf noch klar an, er war nur angenehm entspannt.

Tigris aß ein paar Weintrauben, die Blaise ihm hinhielt und musterte Richard, über dem sich ein Gewitter zusammen zu brauen schien.

„Hey, sei doch nicht so ein Spaßverderber.", sagte er, Blaise einen Kuss gebend. „Es sind nur Lieder."

„Das zeigt nur, dass du nicht richtig zuhörst.", entgegnete Richard. „Ich frage mich, warum solche Ereignisse immer zu einem Festival der Bigotterie ausarten müssen."

„Rick!", sagte Theodore schockiert.

Dracos Augen verengten sich.

„Oh, das ist aber wirklich hässlich und unhöflich.", sagte Juliette vorwurfsvoll. Tigris hatte plötzlich ein lebhaftes Bild vor Augen, wie sie, zwanzig Jahre älter, beim Dinner saß und ihren Sohn kritisierte, weil er vergessen hatte, die Salatgabel zu benutzen. Die gerümpfte Nase würde sicher ganz genauso aussehen.

„Richard kann nichts dafür, Juliette.", sagte Blaise in einem gelassenen Tonfall. „Das ist seine Art. Er hatte schon immer ein paar eher... seltsame... Ansichten, und er hat dieses unstillbare Bedürfnis, sie mit uns zu teilen. Ist es nicht so, Richard?"

Richard öffnete den Mund, aber Theodore unterbrach ihn hastig. „Vielleicht sollten wir eine Weile spazieren gehen. Mrs. Malfoy hat einen sehr bemerkenswerten Garten angelegt, denkst du nicht, Rick?"

„Das Leben ist ein Würfelspiel.
Wir würfeln alle Tage.
Dem einen bringt das Schicksal viel,
Dem and'ren Müh' und Plage.", sang die Hexe.

„Prost darauf.", sagte Draco, und leerte sein Weinglas.

Tigris fragte sich, wie betrunken Draco genau war, insbesondere als sein Bruder diese Bemerkung zum Anlass nahm den Refrain mitzusingen.

„Drum frisch auf, Kameraden,
Den Becher zur Hand,
Zwei Sechsen auf den Tisch.
Die eine ist für unsere Ahnen,
Die andere ist für mich."

Draco lachte und zog Juliette zu sich, die seinen Kuss eifrig erwiderte.

„Noch würfeln wir um unser Glück
Und um ein gut Gelingen.
Vielleicht auch bald um das Genick,
Wenn erst die Flüche singen.

Drum frisch auf, Kameraden,
Den Becher zur Hand,
Zwei Sechsen auf den Tisch.
Die eine ist für unsere Ahnen,
Die andere ist für mich."

„Was dir fehlt, Richie, ist Identität.", sagte Draco, eine Hand an Juliettes Brust und die andere an seinem Weinglas. „Du solltest dich mal daran erinnern, was du bist. Eines Tages brichst du noch deinen Zauberstab in Stücke und wirst, wie nennen sie es... Eklektriker?"

Juliette kicherte lauter, in einer schrillen, nervtötenden Weise die Tigris auf den Magen schlug.

„Oder vielleicht denkst du daran eine Organisation zu gründen.", fuhr Draco grinsend fort. „Dieses Schlammblut hat es getan, und ich bin sicher du hältst sie für ein großartiges Vorbild. Du könntest sie SPAM nennen. Du weißt schon, Society for the Preservation of aboriginal Muggles."

Richard wand sich aus Theodores Griff, ärgerlich. „Ich denke, vielleicht sollte ich das Repertoire ein wenig aufbessern."

„Nein, Rick, wirklich...", sagte Theodore, aber Richard stolzierte bereits in Richtung der Musikgruppe, wie ein Stier, der ein rotes Tuch erblickt hatte. Nicht aufzuhalten.

Theodore seufzte und rieb sich fahrig mit den Händen über das Gesicht. Draco klopfte ihm ermutigend auf die Schulter.

„Mach dir nichts draus, du kannst nichts dafür, dass dein Freund ein Idiot ist."

Das schien Theodore nicht gerade aufzubauen.

Richard war unterdessen in eine hitzige Diskussion mit der Musikgruppe vertieft, was ihm bereits ungehaltene Blicke einbrachte, weil die Musik aufgehört hatte.

Schließlich griff Richard sich die Concertina und schob sie zusammen, was einen recht unangenehmen Ton erzeugte.

„Ich würde gerne mal ein bisschen was anderes singen.", sagte er laut. „Nur um das Spektrum etwas zu erweitern, ihr wisst schon."

Theodore schien im Boden versinken zu wollen.

„Dies ist ein Muggel-Song.", fuhr Richard fort, ignorant gegenüber den ärgerlichen Blicken, die er sich einfing. „Aber hey, auch Muggel können Musik machen. Also dann:"

Theodore stöhnte und murmelte vor sich hin, aber was genau er sagte war nicht zu hören, weil er das Gesicht in den Händen vergraben hatte.

„Mein Lied für euch heut Abend, es soll euch nicht traurig machen
und nicht beitragen zu den Sorgen unseres geplagten Lands
doch kürzlich hab ich nachgedacht und es geht mir nicht aus dem Sinn
Zwei Freunde, einst gute Freunde von mir, sind es von denen ich sing."

Obwohl es ein recht ruhiges, angenehmes Lied war, schaffte es Richard irgendwie, aggressiv zu klingen. Tigris hatte das Gefühl, dies konnte nicht gut ausgehen.

„Allan Bell aus Banagh lebte gleich gegenüber von mir
ein großartiger Mann für die Musik, das Tanzen und den Reel;
O'Malley kam von South Armagh um die junge Alice zu gewinnen,
Wir trafen uns oft an der Ryan Road und man hörte Gelächter erklingen.

Auch wenn Allan Protestant war und Sean Katholik
waren sie gute Freunde, wie es selten Freunde gibt;
Und so manches Mal spät am Abend hörten wir Trommelschall
und wir sagten, wir bleiben uns einig, es bringt uns nichts zu Fall."

„Weißt du Theo, ich sage dir das als ein Freund:", sagte Draco. „Was deinem Liebhaber fehlt ist ein gesunder Schlag auf den Kopf, um all den Schwachsinn daraus zu vertreiben."

Blaise grinste und Theo stöhnte erneut. Juliette kicherte immer noch. Hatte dieses Mädchen keinen Ausschalter?

„Denn unsere Erde ist die gleiche und unserer Väter Land
Die Orte an denen wir beten werden nur anders genannt
Wir gedachten gestorbener Freunde, und hofften es bliebe dabei
Wenig wussten wir damals, was die Zukunft hielt bereit."

Tigris wusste nicht genau, was Richard damit bezweckte, ein Lied über Muggel zu singen, die sich gegenseitig umbrachten – und dies schien alles was es war, da Allan bereits in der nächsten Strophe ermordet wurde - aber einige der Gäste wurden ungehalten. Er stützte sich auf Blaises Schulter, um aufzustehen und seinen Vater zu suchen. Da sein Bruder Juliettes Ausschnitt offenbar tausendmal interessanter fand, als sich um derlei zu kümmern.

Sein Vater war wirklich der einzige, der einen Gast höflich darum bitten konnte, sich zu verabschieden.

Tigris hörte abwesend zu, während er in Richtung Haus ging, aber hielt inne, als sein Vater ihm entgegen kam.

Es schien, die Muggel in dem Lied brachten gerade Sean aus Rache für Allan um, was wirklich nicht den geringsten Sinn ergab.

„Allan war mein Freund!, versuchte er sie zu beschwören,
doch Jahrhunderte des Hasses haben Ohren die nicht hören.
Auge um Auge, mehr dachten sie nicht
und ein weiteres Auge um ein weiteres Auge, bis jedermann blind ist."

„Ich denke, Theodores Freund hatte ein wenig zuviel Wein.", sagte Tigris. Das war nicht wirklich die Wahrheit, aber es war besser, als zu sagen, dass Theodores Freund nicht von seiner Begeisterung für Muggel lassen konnte. Tigris konnte sich gut vorstellen, wie sein Vater darauf reagieren würde.

„Ja, das sehe ich.", sagte sein Vater ruhig, Richard mit einem undefinierbaren Blick musternd.

„Mein Lied für euch heut Abend, es soll euch nicht traurig machen
und nicht beitragen zu den Sorgen unseres geplagten Lands
doch kürzlich hab ich nachgedacht und es geht mir nicht aus dem Sinn
Zwei Freunde, einst gute Freunde von mir, sind es von denen ich sing...

Ich kenn nicht die Moral dabei oder das Ende dieses Lieds
doch frag' ich mich: Wie viele Kriege werden zwischen guten Freunden geführt?
Wer immer die Befehle gibt, jene sterben nicht
sondern Bell und O'Malley und Menschen wie du und ich."

Richard verbeugte sich in einer zornigen Gerste, und gab dem Musiker, dem er sie abgenommen hatte die Concertina zurück.

Theodore sprang hastig auf und zog Richard zur Seite. „Wie konntest du... Du hast mir versprochen..."

Er erstarrte, als sein Blick auf Tigris' Vater fiel. „Es tut mir wirklich leid, Mister Malfoy."

„Ich denke, es ist das Beste, wenn Sie Ihren Freund nach Hause begleiten.", sagte Lucius seidig. „Antonios Wein hat es in sich dieses Jahr, nicht jeder verträgt ihn."

Richard schien etwas Ärgerliches entgegnen zu wollen, aber Theodore hielt ihm mit einer uncharakterisch nachdrücklichen Geste die Hand über den Mund.

„Natürlich, Mister Malfoy. Ich entschuldige mich nochmals für die Unannehmlichkeiten. Ich bin sicher, Richard wird es genauso leid tun, wenn er wieder nüchtern ist."

„Ich bin nicht...", protestierte Richard unverständlich durch Theodores Hand hindurch. Theodore machte eine ärgerliche Bewegung hinter seinem Rücken, und Tigris beobachte fasziniert, wie Richard, der definitiv nicht betrunken gewesen war, taumelte und mit einem überraschten Ausdruck gegen Theodore fiel. Theodore schlang den Arm um ihn.

„Morgen früh wird ihm das Ganze schrecklich peinlich sein."

„Dessen bin ich mir sicher.", erwiderte Tigris Vater gedehnt, Theodore mit einem nachdenklichen Blick bedenkend. „Einen schönen Abend noch, Mister Nott." Er hielt einen Moment inne. „Ihr Vater ist enttäuscht, habe ich gehört.", sagte er dann, scheinbar zusammenhanglos.

Theodores Blick wurde kühl. „Wirklich?", entgegnete er in einem täuschend beiläufigen Tonfall. „Das bin ich auch." Er sah kurz zu Boden, dann begegnete er Lucius' Blick ohne zu Blinzeln. „Ich wünsche Ihnen noch ein angenehmes Litha, Mister Malfoy." Er nickte Tigris zu. „Dir ebenso."

Theodore winkte Draco und den anderen kurz zu, dann zog er Richard mit sich in Richtung Ausgang.

„Interessant.", kommentierte sein Vater. „Du wirst dich bald mit Blaise verabschieden, nehme ich an?"

Tigris sprach einen beiläufigen Zeitzauber. „Ja, ihre Eltern wollten gegen Acht gehen, wegen Sameth."

„Gut. Wir sehen uns Ende der Woche." Sein Vater ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. „Und sag deinem Bruder, er soll ins Haus kommen. Cousin Gary wird nicht erfreut darüber sein, wenn er erfährt, dass seine Lieblingstochter ihre Jungfräulichkeit auf einem Picknickplatz verloren hat, selbst wenn es an Litha ist."

Tigris zuckte zusammen, aber bevor er etwas entgegnen konnte, war sein Vater bereits gegangen.


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A/N: Tut mir leid, diesmal hat es wirklich extrem lange gedauert, aber das nächste Kapitel kommt schneller, versprochen! Es gibt jetzt auch ein Forum, in dem ihr über die Geschichte diskutieren könnt, wenn ihr wollt. Schwarze Katze: Warum passt es?

1 ‚Das Leben ist ein Würfelspiel' basiert auf einem Volkslied

2 Richards Lied ist eine freie Übersetzung von Tommy Sands „There were Roses"