Disclaimer:
Ich stehe hier und singe...
Oh nein!
...dass Harry Jooottt Kahhh Eeeerrr gehöööhrt...
Argh!!!
Und schöne Grüße von Q.
Schatten der Wahl
19. Sein liebster Diener
Teil 1
Draco las den Daily Prophet und runzelte dabei die Stirn. Tigris musterte seinen Bruder dabei interessiert. Er fragte sich, was seine Konzentration so einnahm. Den Kopf zur Seite neigend sah er ein Bild seiner Arbeit von letzter Nacht. Das Dunkle Mal hang über den qualmenden Ruinen eines Bauernhauses. Die Auroren waren klüger geworden. Sie quartierten sich nun in den Dörfern selbst ein, wo sie schneller Unterstützung herbeirufen konnten.
Das einzige was es brachte war, dass unschuldige Dorfbewohner mit in die Kämpfe hineingezogen wurden, etwas das Tigris in hohem Maße ärgerte. Er versuchte schon seit einiger Zeit, Percy zu überreden, diese Praxis zu verbieten. Leider blieb Percy, vielleicht aus fehlgeleiteter Sorge um seinen Bruder Ron, in diesem Fall stur.
Percy brauchte sich um Ron nicht die geringsten Gedanken zu machen. Nachdem so viele Auroren umgekommen waren, hatte das Ministerium die Ausbildungszeit verkürzt, was hieß, dass Ron inzwischen ein voll zugelassener Auror war. Nicht nur das, er hatte sich schnell an die Spitze gekämpft und war nun der Leiter einer der erfolgreichsten Einsatzgruppen des Ministeriums. Ron hatte in den letzten zwei Monaten drei von Bellatrix' Vergnügungstouren vereitelt, und sie damit äußerst aufgebracht. Er war auch einer der Auroren mit der höchsten Erfolgsquote, was Verhaftungen betraf. Die Zeitungen nannten ihn Red Fire, ihren neuen Hoffnungsträger. Nicht nur, weil er rote Haare hatte, sondern auch, weil er lautstark geschworen hatte ‚das Übel der Schwarzmagier ein für alle mal auszubrennen'. Er nahm es recht buchstäblich. Nein, Ron brauchte Percys Rückendeckung nicht. Jedenfalls nicht, um ihn vor Todessern zu beschützen. Was die Verwendung illegaler Zauber im Dienst betraf – nun, das war etwas anderes. Tigris hatte von den anderen Todessern gehört, dass Ron sich im Gegensatz zu anderen Auroren nicht sehr daran störte, wenn aus Versehen einer seiner Gegner ins Grass biss.
„Wolltest du das lesen?", fragte sein Bruder, die Zeitung hoch haltend.
Der weiße Tod schlägt erneut zu
Unter der schreienden Überschrift sah Tigris nun die Leichen, die auf dem Foto sichtbar waren. Je mehr der Krieg voranschritt, desto mehr verloren die Fotografen den Respekt vor den Toten und ihren Angehörigen.
„Ich fragte mich nur, was deine Konzentration so einnimmt.", sagte Tigris, und überflog den Text.
Er las Ausdrücke wie „beispiellose Gräueltaten" und „entsetzliches Blutbad", die er ziemlich amüsant fand. Wer immer das geschrieben hatte, hatte mit Sicherheit noch nie Bellatrix bei der Arbeit zugesehen. Sie verlieh dem Wort Blutbad eine ganz fassbare und ziemlich morbide Bedeutung.
„Findest du das etwa lustig?", fragte Draco.
„Nein, natürlich nicht.", sagte Tigris bemüht ernst.
„Doch das tust du.", sagte Draco anschuldigend. „Du bist krank. Weißt du, dass Familien in diesem Dorf gelebt haben? Zaubererfamilien, möchte ich hinzufügen."
Tigris wurde schlagartig ernst. „Es ist nicht meine Schuld, dass diese verdammten Auroren Zivilisten als Schutzschild benutzen!", sagte er ärgerlich. „Ich greife nie mit Absicht Zivilisten an, aber ich kann nichts dafür, wenn sie ins Kreuzfeuer geraten. Im Übrigen, es waren nicht meine Todesser, die für den Tod dieser Familie verantwortlich sind. Das war dieser Feigling William Calley und seine Auroren. Sie haben sie direkt in die Flüche hineinlaufen lassen, um sich selbst Deckung zu geben."
Es hatte Tigris besonderen Spaß bereitet, jeden einzelnen von ihnen dafür büßen zu lassen.
„Deine Todesser?", fragte Draco überrascht. „Was meinst du damit, du..." Er verstummte und bedachte Tigris mit einem ungläubigen Blick.
Tigris lehnte sich verblüfft zurück. „Sag mir nicht, dass du es nicht gewusst hast."
„Ich... du... Du bist der weiße Tod.", sagte Draco tonlos. „Nein, das habe ich nicht gewusst."
„Es ist ziemlich ironisch, findest du nicht? Dieser lächerliche Spitzname?", meinte Tigris. „Ich meine, lange Zeit war ich doch genau das für sie – ihr reiner weißer Junge, der ihren Nemesis für sie töten sollte. Eine unschuldige Waffe. Ein Widerspruch in sich selbst." Er lachte.
Draco starrte auf die Zeitung. „Ja, ziemlich ironisch.", sagte er.
Tigris bedachte seinen Bruder mit einem prüfenden Blick. Er machte sich Sorgen um Draco. Sein Bruder war seltsam still, wann immer das Thema auf die Anschläge kam, und er gab hin und wieder seltsame Bemerkungen von sich, so wie gerade eben.
„Vielleicht sollte ich dich bei unserer nächsten Aktion mitnehmen.", sagte Tigris spontan. „Es wird Zeit, dass du unserem Lord deinen Wert beweist. Du verlierst noch deinen ganzen Kampfgeist, immer eingeigelt in diesem Siechenhaus."
Draco versteifte sich und ließ die Zeitung sinken. „Warum? Ich tue doch bereits was ich kann für ihn. Ich heile seine Todesser und braue ihm seine Tränke. Warum muss ich unbedingt Leute umbringen?"
„Weil dies ein Krieg ist, und dieses Mal auf deinem Arm bedeutet, dass du auf unserer Seite kämpfst.", fauchte Tigris. „Glaubst du, einen Auror kümmert es, für was du deinen Stab benutzt hast? Du bist zum Kämpfen ausgebildet, es wird Zeit, dass du das auch tust. Wenn du nicht an meiner Seite kämpfst, wird Bellatrix die nächste sein, die fragt." Tigris wagte es sich nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn Draco ihr eine Absage erteilte. Begriff Draco nicht, dass sein Leben davon abhängen konnte, wie nützlich er ihrem Lord erschien?
Draco starrte einen Moment auf den Tisch, dann sah er auf. „Ich werde natürlich gerne alles tun, was unserem Lord dient.", sagte er.
Es klang nach einer auswendiggelernten Bekundung und beruhigte Tigris' Sorgen nicht im Geringsten.
o
Um Mai herum erschütterte der nächste große Skandal das Ministerium. Ein Todesser hatte es geschafft, mit Hilfe von Handmagie aus der Untersuchungshaft zu entkommen. Dies führte zu einer öffentlichen Diskussion darüber, ob Handmagie bei den Benutzern dunkler Magie weiter verbreitet sei als angenommen, und warum das Ministerium keine Maßnahmen dagegen ergriffen hatte. Es war natürlich Unsinn, dass Handmagie mit dunkler Magie zusammen hing. Es war einfach eine angeborene Gabe in etlichen alten Familien, die muggelliebende Ignoranten wie Dumbledore bisher ignoriert hatten. Es auf dunkle Magie zu schieben machte es leicht zu verdrängen, dass Muggelgeborene manche Dinge einfach nicht konnten.
Die neue Zeitschrift, die Lucius ins Leben gerufen hatte, Watchwizard, brachte einen beißenden Artikel dazu.
Etwa zu der gleichen Zeit begannen Polly und Mandy mit einem strenggeheimen Projekt, an dem Tigris nicht teilnehmen durfte. Voldemort war natürlich sofort ungemein daran interessiert, und Tigris tat sein Bestes, um herauszufinden, worum es sich handelte.
Was Tigris dabei enorm half, waren seine Beziehungen zu Percy Weasley. Nach einigem Drängen und Bitten, und einer Menge Betonung seiner wissenschaftlichen Neugier, war es ihm schließlich erlaubt, an dem Projekt teilzunehmen. Was er entdeckte, war ziemlich beunruhigend.
In der Zeit seines Praktikums war ein Stein entdeckt worden, in dessen Gegenwart Magie unbrauchbar wurde. Tigris erinnerte sich vage daran, hatte dem damaligen Befund jedoch keine Bedeutung beigemessen. Nun jedoch forschten Polly und Mandy an einer Möglichkeit, diese Eigenschaft des Steines auf andere Gegenstände zu übertragen. Wenn es ihnen gelingen würde... was für ein entsetzlicher Gedanke. Es würde bedeuten, dass ganze Gebäude entstehen konnten, in denen jeder Zauberer nicht besser war als ein gewöhnlicher Muggel. Ziel des Ganzen war es natürlich, es auf Askaban anzuwenden. Aber was, wenn das Ministerium nicht bei Askaban aufhörte? Was, wenn es Muggeln in die Hände fiel? Es konnte das Ende der Zaubererwelt bedeuten.
Tigris' erster Gedanke war natürlich, den Stein irgendwie zu zerstören. Leider hatte sich dies jedoch bereits bei ihren ersten Experimenten als unmöglich herausgestellt. Das verdammte Ding hatte nur zwei Eigenschaften, Magieblockade und Unzerstörbarkeit. Eigenschaften, wegen denen Tigris es zuvor als nichts als einen großen, unnützen Felsbrocken angesehen hatte, und die es nun plötzlich gefährlich machten.
Er mochte sich zu viele Gedanken machen. Möglicherweise war das Wissen um diesen Stein in der Vergangenheit verloren und all ihre Versuche würden vergeblich bleiben. Allerdings, Tigris wusste, wenn es jemandem gelingen konnte, das Geheimnis herauszufinden, waren es Polly und Mandy. Er wusste aus täglicher Erfahrung, wie brillant sie waren. Dies jedoch konnte er Voldemort unmöglich mitteilen. Wenn der Schwarzmagier es erfuhr, würde seine erste Reaktion darin bestehen, den Tod der beiden zu befehlen, und das konnte Tigris nicht zulassen. Er musste also eine andere Lösung finden.
Tigris wälzte Bücher und alte Schriftrollen in der Bibliothek seines Vaters, der des Dunklen Lords, und der Slytherins.
o
Um in die Slytherin-Bibliothek zu gelangen, musste Tigris Hogwarts besuchen. Dabei traf es sich gut, dass er inzwischen den Tränketeil seines Magisterstudiums begonnen hatte. Es war noch immer nicht Tigris' größtes Talent, aber er kam besser damit zurecht als während seiner Schulzeit. Eine große Hilfe war es, dass er inzwischen weitaus besser mit Snape zurecht kam.
Tigris genoss inzwischen seine Unterhaltungen mit dem Mann, und er blieb recht häufig abends noch etwas länger, nachdem sein Unterricht zuende war. Meistens um Schach zu spielen, wobei Tigris regelmäßig verlor.
Tigris hatte eine Menge über Snape erfahren, was er vorher nicht gewusst hatte, eingeschlossen, dass der Tränkemeister einer der wenigen noch existierenden Alchemisten in Britannien war. Alchemie war in den letzten Jahrhunderten in Verruf geraten, zunächst wegen der engen Zusammenarbeit der Alchemisten mit Muggeln, dann wegen ihrer Nähe zu den Dunklen Künsten. Albus Dumbledore war einer wenigen Alchemisten, die heutzutage nicht als Schwarzmagier galten, aber er war auch ein Schüler von Nicholas Flamel, der als einer der letzten wahren Weißmagier berühmt war.
„Das war eines der wenigen Dinge, die mich wirklich geneigt gemacht haben, mich dem Dunklen Lord anzuschließen.", sagte Snape an einem Abend, an dem sie beide bereits eine Menge Absinth getrunken hatten. „Es gibt sieben Grade der Alchemie, musst du wissen. Dumbledore ist ein Alchemist dritten Grades, Flamel hingegen besaß den höchsten, den siebten Grad. Die meisten Alchemisten kommen jedoch nicht über den ersten Rang hinaus, weshalb man sie als Schwarzalchemisten bezeichnet. Das hat nichts mit schwarzer Magie zu tun, aber da die Zaubererwelt zum größten Teil aus ungebildeten Idioten besteht, ist es kein Wunder, dass die meisten das glauben."
Snape hielt einen Moment inne und starrte nachdenklich in sein Glas.
„Von dem Moment an, an dem ich mich das erste Mal mit Alchemie beschäftigte, wusste ich, das ich mehr wollte. Aber nach dem, was mein Vater aus mir gemacht hatte..."
Tigris wusste in dem Moment, dass Snape bereits ziemlich betrunken sein musste, denn normalerweise redete er niemals über seinen Vater, nicht einmal beiläufig.
„...hatte ich niemals eine Chance im Rahmen legaler Magie über den ersten Rang hinauszukommen. Wenn man also Alchemie in schwarze und weiße Kunst aufteilen will, so bin ich ein durch und durch schwarzer Alchemist. Ironischerweise bedeutet das, dass der sechste Grad der höchste ist, den ich jemals erreichen werde, und dieser ist in der Sprache der Alchemisten der weiße."
Tigris hätte in diesem Moment natürlich liebend gern erfahren, welchen Grad Snape inne hatte, und Snape beantwortete ihm diese Frage. Er war ein Alchemist fünften Grades.
„Da man für den sechsten Grad verheiratet sein muss.", sagte er. „Und da ich bezweifle, dass dies in naher Zukunft geschehen wird, werde ich wohl auf dem fünften Grad bleiben."
„Warum konnten Sie nicht über den ersten Grad hinauskommen?", fragte Tigris. Er wusste, es war wahrscheinlich eine sehr persönliche Frage, aber er war neugierig. Er wusste nicht besonders viel über Alchemie, abgesehen von dem, was Snape ihm erzählt hatte.
Snape musterte ihn einen Moment, bevor er antwortete. „Weil man als weißer Alchemist für die zweite Stufe körperlich unversehrt sein muss.", sagte er dann. „Du siehst, wo das Problem liegt."
„Haben Sie je darüber nachgedacht, mit Draco darüber zu reden?", fragte Tigris vorsichtig. Er wusste, dass er sich mit diesem Vorschlag auf dünnem Eis bewegte. „Er würde sicher niemandem davon erzählen, und er ist ein brillanter Heiler."
Snapes Augen verengten sich ärgerlich, aber die boshafte Entgegnung, die Tigris erwartete, kam nicht. Stattdessen lehnte Snape sich in seinen Sessel zurück und atmete tief durch. „Vielleicht... Ich denke nicht, dass er etwas tun kann, aber ich werde darüber nachdenken."
Tigris war so überrascht über dieses Zugeständnis, dass er es dabei bewenden ließ.
„Ich mache mir Sorgen um Draco.", sagte er stattdessen.
Dies war etwas, was Tigris vor niemand anderem eingestanden hätte, aber er hatte entdeckt, dass er mit Snape ehrlicher sein konnte, als mit allen anderen Menschen in seinem Leben. Vielleicht sogar ehrlicher als mit sich selbst. War das Vertrauen? Tigris wusste es nicht genau. Aber er hatte bei Snape die Sicherheit, dass er jederzeit in seinen Geist sehen konnte, um nachzuprüfen, ob er ihn hinterging. Tigris tat das inzwischen nur noch sehr selten, aber es beruhigte ihn. Er hatte die Gewissheit, dass seine Geheimnisse hinter Snapes Okklumentikschilden sicher waren, solange der Mann sich nicht entschied, sie preis zu geben.
Sollte Snape das tun, würde Tigris es kurz darauf wissen, und das war die beste Versicherung dass Snape es nicht tun würde.
„Warum?", fragte Snape in einem neutralen Tonfall. Es war schwer zu sagen, ob er in irgendeiner Form von Tigris' Aussage beunruhigt war, oder ob er sie lächerlich fand.
„Ich frage mich, ob er Zweifel an unserem Lord hegt.", gestand Tigris zögernd.
Snapes schwarze Augen musterten ihn durchdringend. „Und wenn es so wäre? Was würdest du tun?"
„Ich weiß ich nicht.", sagte Tigris. Er starrte in die grüne Flüssigkeit in seinem Glas, als könnte sie ihm Antworten geben. „Das ist es ja gerade, ich weiß es nicht."
Snape lehnte sich zurück und betrachtete einen Punkt an der Decke. „Ich denke nicht, dass dies ein Grund zur Sorge ist.", sagte er. „Draco, musst du wissen, ist sein ganzes Leben lang darauf vorbereitet worden, dem Dunklen Lord zu dienen. Selbst wenn er Zweifel hätte, würde das nichts ändern. Seine Loyalität ist ein Teil von ihm. Etwas daran zu ändern würde ihm nie in den Sinn kommen."
Das war, so dachte Tigris, äußerst logisch. Er wusste, dass es die Wahrheit war. Es beruhigte ihn.
o
Die Antwort auf seine Frage bezüglich des Steins fand Tigris schließlich nicht in der Bibliothek Slytherins, sondern in der des Dunklen Lords. Es war das Zepter des Re, was ihm zu einer Lösung verhalf. In einer der alten Schriftrollen fand Tigris eine Erwähnung eines magieblockierenden Steines. Ein alter ägyptischer Zauberer hatte ihn auf einer seiner Reisen entdeckt, und war sehr beeindruckt davon gewesen. Er hatte herausgefunden, dass, ähnlich wie bei einem Magneten, die Wirkung des Steines in der Substanz des Steines selbst lag und nicht nachgemacht werden konnte. Folglich gab es auch keine Möglichkeit, den Stein zu zerstören. Es gab jedoch eine Möglichkeit, den Stein in kleinere Bestandteile – von dem ägyptischen Zauberer Münzen genannt – auseinander zu brechen. Diese Münzen hatten weitaus weniger Kraft als der gesamte Stein, aber konnten noch immer Magie blockieren. Dies nun brachte Tigris auf eine Idee.
„Mein Lord", sagte er, nachdem er dem Dunklen Lord von seinen Erkenntnissen berichtet hatte, „Ich habe mich gefragt, ob es nicht nützlich wäre, diese Steine dem Ministerium zu überlassen. Es würde sie in einem falschen Gefühl der Sicherheit wiegen."
In der letzten Zeit war in den Zeitungen vermehrt darüber diskutiert worden, ob es nicht besser wäre, Todesser sofort nach der Verhaftung hinzurichten. Tigris hatte es nicht leicht gehabt, Percy von dieser Idee abzubringen. Seine stärksten Argumente dagegen waren, dass es das Ministerium auf ein Level mit den Todessern bringen würde, und dass das Ministerium kein Recht hatte, Auroren zu Killern zu machen. Leider standen dem eine Menge Auroren gegenüber, die lautstark verkündeten, sie würden diese Aufgabe mit Freuden übernehmen. Zum Glück hatte Tigris Dumbledore und seine Leute auf seiner Seite, und Dumbledores Stimme war noch immer mächtig.
„Ich könnte aus diesen Münzen ein Artefakt herstellen, was Handmagie unterdrückt.", sagte Tigris. „Meine Gesellenarbeit steht ohnehin an. Wenn das Ministerium sicher ist, dass die Gefangenen keine Magie mehr verwenden können, wird das diese ganze Debatte über Hinrichtungen hoffentlich eindämmen. Zumindest kann ich Percy damit überzeugen. Er hat noch immer diese humane Ader, seine größte Angst besteht darin, Unschuldige zu verurteilen. Darum hat er es bisher nicht abgesegnet."
„Warum sollte es mich kümmern, ob diejenigen, die töricht genug waren sich verhaften zu lassen, hingerichtet werden?", fragte der Dunkle Lord. Er klang nicht verärgert, nur uninteressiert. „Tote Gefangene können nicht reden."
„Wenn ihnen Amnestie versprochen wird, sind sie wahrscheinlich geneigter, Verrat zu begehen.", wandte Tigris ein. „Außerdem werden sich die Auroren bestimmt nicht davon abhalten lassen, die Gefangenen zu befragen, und wenn sie danach hingerichtet werden, brauchen sie sich keine Sorgen zu machen, dass etwas von ihren Methoden an die Öffentlichkeit dringt. Solange unsere Leute leben, besteht die Möglichkeit, dass sie auf legalem Weg freikommen, oder dass wir sie befreien."
Der Dunkle Lord dachte einen Moment darüber nach. „Meinetwegen.", sagte er schließlich. „Aber ich will einige von diesen Münzen für uns. Wenn sie für das Ministerium von Nutzen sind, dann sind sie das für mich auch."
„Natürlich, mein Lord.", sagte Tigris. Wie er diese Münzen aus dem Hochsicherheitstrakt der Mysteriumsabteilung herausschmuggeln würde, darüber würde er sich später Gedanken machen.
o
„Draco, hallo!"
Draco drehte sich um, und war überrascht, Theodore und Richard zu sehen, die in der Eingangshalle standen. Sie trugen beide Muggelkleidung. Er hatte schon lange nichts mehr von Theodore gehört. Richard machte eine Menge von sich reden. Er war der Anführer einer sogenannten Friedensbewegung, die hauptsächlich aus jüngeren Hexen und Zauberern bestand. Sie veranstalteten Protestmärsche in Diagon Alley, sangen Lieder welche Liebe zwischen Muggeln und Zauberern forderten und ähnlichen Unsinn. Draco fand es ziemlich peinlich, und wunderte sich, warum Theodore sich noch immer mit diesem Träumer abgab.
„Hallo.", sagte er. „Was macht ihr hier? Ist einer von euch verletzt?"
„Nein, wir warten auf Hilda.", sagte Theodore. „Hilda Fleming, sie wollte mit uns und ihrer Freundin zusammen ins Kino."
Hilda war eine muggelgeborene Hexe, wie Draco wusste. Er hatte dies erst herausgefunden, als sie schon ziemlich gut befreundet waren, und dann erschien es recht lächerlich, die Freundschaft deswegen aufzukündigen. Es war ohnehin nur eine berufliche Freundschaft, und Draco versuchte seine politischen Überzeugungen aus seinem Beruf heraus zu halten.
„Und wo ist ihre Freundin, verlorengegangen?", fragte er amüsiert.
„Nein, sie ist ein Muggel.", erklärte Richard. „Wir haben vor, sie am Kino zu treffen."
„Warum kommst du nicht mit?", fragte Theodore. „Deine Schicht ist jetzt zuende, oder? Hilda hat schon eine Menge über dich erzählt, sie mag dich, und wir haben uns schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen."
„Mitkommen? In die Muggelwelt? Mit einem Muggel?", fragte Draco entsetzt. „Das ist nicht dein Ernst."
„Ich bin sicher, es ist ein ziemlicher kultureller Schock für dich.", sagte Richard mit einem, wie Draco fand, boshaften Grinsen. „Aber in Wirklichkeit sind es nur ein paar Schritte aus der Tür."
„Nein danke.", sagte Draco. „Sowas mache ich nicht."
„Ach komm, sei nicht so.", sagte Theodore. „Du tust geradezu, als wollten wir dich zu was Kriminellen überreden. Es ist nur die Muggelwelt. Sie beißen nicht. Sie sind sogar recht lustig, wenn man sie erst näher kennen lernt."
Draco fragte sich, ob Richards Verrücktheit ansteckend war, und musterte Theodore mit einem besorgten Blick.
„Sieh ihn dir an.", kicherte Richard. „Er denkt, du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank."
Theodore sah beleidigt aus. „Es ist wirklich so!", sagte er. „Du musst mal über deinen Tellerrand gucken. Komm schon, Draco. Es wird dir Spaß machen, das verspreche ich."
„Was habt ihr mit dem armen Draco vor?", fragte Hildas amüsierte Stimme hinter ihnen.
„Hilda, Schatz, du musst uns helfen.", sagte Richard sofort. „Wir haben ihn dazu eingeladen, mitzukommen, aber er will nicht."
„Oh Draco, warum nicht?", fragte Hilda. „Ich würde mich freuen, wenn du kommst, und Candace hat bestimmt auch nichts dagegen."
„Ich...", begann Draco. Er hatte gegenüber Hilda seine Meinung über Muggel nie eingestanden, und hatte auch merkwürdigerweise Hemmungen, das gerade jetzt zu tun. „Ich habe nichts anzuziehen!", sagte er schließlich, dankbar, eine Ausrede gefunden zu haben.
„Oh, das macht nichts!", sagte Richard mit einem breiten Grinsen. „Wir wollten ohnehin noch in unserer Wohnung vorbei, du kannst etwas von mir leihen."
„Großartig! Das ist so lieb von dir Richard!", rief Hilda. „Siehst du, es ist alles kein Problem."
Sie hakte sich bei Draco ein. Wie auf ein geheimes Stichwort tat Richard dasselbe auf Dracos anderer Seite. „Es ist ein hervorragender Film.", sagte er enthusiastisch. „Die Vorschau war mega-cool."
„Halt, ich...", stammelte Draco überrumpelt. „Ich habe wirklich nicht vor..."
„Ich gebe uns allen Popcorn aus!", verkündete Hilda. „Candace liebt Popcorn. Kino ohne Popcorn ist kein richtiges Kino."
Sie steuerten zielsicher zum Ausgang, Dracos halbherzige Versuche sich zu befreien unbeachtet.
„Fein, dann bezahlen Rick und ich die Getränke.", sagte Theodore. „Hast du schon jemals Coca Cola getrunken, Draco?"
„Nein.", sagte Draco, nicht ganz sicher zu was er nein sagte. Zu allem eigentlich, aber niemand hörte ihm zu.
Entführt von Muggelliebhabern, dachte er, kurz bevor sie apparierten. Konnte das Leben noch schlimmer werden?
o
„Wie machen sie das?", fragte Draco eine Weile später fasziniert. Er betrachtete die Muggel auf der Leinwand, die Dinge vollführten, die verdächtig nach Zauberei aussahen, aber in dem Film wurde es nicht so genannt. Gerade hatte ein kleiner Junge namens Erik ein großes Eisentor zerstört, nur mit einer ausgestreckten Hand.
„Es ist nur eine Illusion.", flüsterte Theodore. „Sie benutzen dazu ihre Technik, sie können das nicht wirklich. Es hat irgendwie was mit Licht und einem komischen Gerät namens Komuter zu tun. Richard hat es mir erklärt, aber ich habe es auch nicht ganz verstanden. Es ist so wie Pfeifenrauchfiguren oder Schattenspiele."
„Oh.", sagte Draco. „Natürlich."
Theodore hatte Draco zuvor erklärt, dass dieser Film eine Art gespieltes Märchen war, und all die Charaktere darin nicht wirklich existierten. Trotzdem fand Draco die Geschichte interessant.
Sie lenkte ihn davon ab, dass er ein ziemlich unbequemes Kleidungsstück namens Dschiens trug, das Richard ihm freundlicherweise geliehen hatte, und dass sich überall um sie herum Muggel befanden, die Merlin wusste was taten. Zum Glück saß Draco in der Mitte zwischen Theodore und Hilda, und lief nicht in Gefahr, dass diese Muggel ihn berührten. Schlimm genug, dass er die Muggel namens Candace hatte anfassen müssen. Sie hatte Theodore und Richard umarmt, zum Glück hatte sie das nicht mit Draco getan. Obwohl – so widerwärtig war sie gar nicht. Wenn Draco nicht gewusst hätte, dass sie eine Muggel war...
Wie auch immer, der Film zeigte klar, dass sein Vater recht hatte, was Muggel betraf. Da waren diese komischen Muggel mit ihren magieähnlichen Fähigkeiten, und was taten die anderen Muggel? Sie hassten sie und verfolgten sie. Einige wollten sie sogar umbringen. Da der Film von Muggeln gemacht war, versuchten die Helden der Geschichte natürlich, den Muggeln zu helfen, so wie Dumbledore. Dankten ihnen die Muggel dafür? Nein. Draco konnte es wirklich nicht verstehen, warum sie es überhaupt versuchten. Der Typ namens Magneto war seiner Meinung nach weitaus einfacher zu begreifen als der glatzköpfige Pseudo-Dumbledore. Da Magneto der Schurke in der Geschichte war, war er natürlich alles andere als sympathisch. Den Muggeln magische Fähigkeiten zu geben oder sie alle umzubringen ging ein wenig weit, Dracos Meinung nach. Den Muggeln magische Fähigkeiten zu geben war ein ziemlich furchteinflössender Gedanke, auch wenn Draco Magnetos Idee dahinter verstand. Selbstverständlich verlor Magneto in der Geschichte... anscheinend hätte der Zauber oder was es war mit dem er den Muggeln magische Kräfte geben wollte sie alle umgebracht... und wurde eingesperrt. Das war ein ziemlich enttäuschendes Ende, aber vorhersehbar. Warum sollten Muggel auch eine Geschichte erfinden, in der sie alle umgebracht wurden?
Nicht, dass Draco wollte, dass sie alle umgebracht wurden. Es musste einen anderen Weg geben. Wirklich gewonnen hatten die Helden in der Geschichte nicht. Sie waren noch immer so unbeliebt wie zuvor und mussten sich verstecken. Die Typen waren alle den Muggeln überlegen, warum taten sie sich nicht zusammen und übernahmen die Macht? Dann bräuchten sie keine Angst mehr davor haben, dass die Muggel sie einsperrten und Experimente mit ihnen machten oder sie umbrachten. Zugegeben, es gab nur recht wenige von den Typen mit Zauberfähigkeiten und eine ganze Menge Muggel, aber da war zum Beispiel dieser Dumbledore-Verschnitt der Gedanken manipulieren konnte, welche Chance hatten die Muggel gegen ihn? Oder diese seltsam aussehende Frau namens Mystique, die so etwas wie ein Metamorph war. Genau genommen hatte sie am Ende wirklich allen geholfen, indem sie das Muggelministerium infiltrierte, aber in dem Film hielten sie natürlich alle für böse. Nun, vielleicht war sie das, schließlich brachte sie im Laufe des Films etliche Leute um, aber letztendlich war sie im Recht, oder? Draco runzelte die Stirn.
Als sie das Kino verließen brütete Draco noch eine Weile vor sich hin, und schaffte es schließlich erfolgreich, Theodore davon zu überzeugen, dass er nach Hause wollte, obwohl die anderen unbedingt noch einen Muggel namens McDonald besuchen wollten.
Als er schließlich zuhause in seinem Zimmer war, kam Draco letztendlich zu dem Schluss, dass dieser Ausflug nicht ganz so schlimm gewesen war, wie er gedacht hatte. Er konnte verstehen, warum Theodore dieses Kino mochte, auch wenn die vielen Muggel darin beunruhigend waren. Solange sie nicht wussten, dass Zauberer unter ihnen waren, waren sie ja ganz in Ordnung. Ein wenig wie Werwölfe, solange es nicht Vollmond war. Aber wenn sie es wüssten... Draco schauderte. Er würde dieses Abenteuer wenn möglich jedenfalls nicht nochmals unternehmen.
o
Nach einiger Planung war es erstaunlich einfach, die Münzen aus der Mysteriumsabteilung zu schmuggeln. Da sie Magie blockierten, wurden sie von den Überwachungszaubern nicht wahrgenommen. Da sie Magie blockierten, mussten sie von Hand gezählt werden. Die einzige Schwierigkeit bestand somit darin, sie hinauszubefördern, bevor sie gezählt waren, und ohne dass es jemand merkte. Tigris tat dies mit einem versteckten Beutel unter seiner Robe. Er musste nur darauf achten, dass niemand in der Umkleide war, als er ging. Es kostete ihn eine Menge Nerven – er war es nicht gewöhnt, dass sein Erfolg nur von Glück abhing, und er konnte nicht zaubern, während er sie trug – aber er schaffte es.
Tigris hatte dem Ministerium gesagt, er habe den Zauberspruch für die Spaltung des Steines in der Bibliothek eines exzentrischen Zauberers gefunden, der gerne ungenannt bleiben wollte. Das war, genau genommen, nicht einmal gelogen. Das Ministerium kaufte es ihm ab, was eine Menge damit zusammen hing wer der Minister war. Polly, Mandy und Sally waren verständlicherweise nicht glücklich darüber, dass sie nicht mehr über die Herkunft des Zaubers erfuhren, aber sie gaben sich damit zufrieden, dass es funktionierte. Tigris fertigte als seine Gesellenarbeit das Artefakt an, über das er mit Voldemort gesprochen hatte. Er bekam dafür eine hübsche Medaille für ‚besondere Verdienste im Kampf gegen den Terror', und einen Artikel im Daily Prophet, in dem er in einer Zeile erwähnt, aber zumindest sein Name richtig geschrieben wurde.
Asmodeus und Tigris amüsierten sich köstlich darüber. Tigris fand den Mann noch immer unglaublich nervtötend, aber sie hatten begonnen, sich hin und wieder normal zu unterhalten. Tigris nahm an, es war einfach unmöglich, jemanden auf Dauer zu verabscheuen, wenn man regelmäßig Sex mit ihm hatte. Nicht dass er Asmodeus deswegen auf irgendeine Weise freundlicher behandelte. Zum einen genoss er es zu sehr, seine Frustrationen an ihm auszulassen, zum anderen... hatte Asmodeus eine Art ihn wütend zu machen, wie es zuvor nur Draco gekonnt hatte, als sie noch Feinde in Hogwarts waren.
o
Zu Yule war Voldemort wieder einmal außer Landes, dieses Jahr jedoch ohne Tigris. Sein Vater sagte ihm, dass er den Dunklen Lord darum gebeten hatte, dass Tigris dieses Yule mit seiner Familie verbringen konnte. Tigris fand es ein wenig beunruhigend, dass der Lord dieser Bitte tatsächlich stattgegeben hatte. Es hieß, dass sein Vater wieder in seiner Gunst gestiegen war, und Tigris war sich nicht wirklich sicher, dass dies etwas Gutes war.
Einige Wochen zuvor war jedoch ein Mitglied des Inneren Kreises ums Leben gekommen, und sein Vater war noch immer ein gewöhnlicher Todesser, also war diese Gunst im besten Fall flüchtig.
Tigris wusste, warum sein Vater darauf bestand, dass er an der Yulefeier teilnahm. Er hatte in der letzten Zeit zu viel getan, um sich ihm zu widersetzen, und das passte Lucius nicht. „Angst, dass ich außer Kontrolle gerate, hm?", konnte Tigris sich nicht enthalten zu spotten. „Hoffst du, ein wenig mehr Loyalität in mir zu wecken?"
Zu Tigris' Überraschung reagierte sein Vater jedoch relativ gelassen darauf. „Du solltest nicht vergessen, dass Loyalität zu deiner Familie etwas ist, was du wertschätzen solltest, und solange ich Oberhaupt bin, ist das Loyalität zu mir.", sagte er.
„Nur, weil ich mich freiwillig unterordne.", entgegnete Tigris. Er hatte noch immer nicht vor, das zu ändern. Nun, da er noch so viele andere Verantwortungen hatte weniger denn je. Er würde einige widerliche Tränke schlucken müssen, um sein magisches Potential zu unterdrücken.
„Das weiß ich.", sagte sein Vater. „Und ich weiß es zu schätzen."
Es wurmte Tigris, dass er nicht sagen konnte, was sein Vater wirklich dachte. Letztlich jedoch spielte es keine große Rolle. Wenn das Ritual Tigris dazu brachte, dass er nicht länger nach jedem Streit seiner Eltern den Wunsch verspürte, Lucius langsam und qualvoll umzubringen, war das im Großen und Ganzen wahrscheinlich eine gute Sache. Mehr Kontrolle über Tigris hatte es Lucius nie gegeben.
o
Als Tigris die Dämpfung seiner Armschienen für das Ritual heraufsetzen wollte, erlebte er eine positive Überraschung. Es war fast zwei Jahre her, seit er sie das letzte Mal abgenommen hatte, hauptsächlich weil er nicht dazu kam, sich in Slytherins Kammer zurückzuziehen, und wo sonst ließ sich ein fast ausgewachsener Basilisk verstecken? Nun, Tigris hatte dies auch nicht sonderlich nachgeforscht, denn als er es nun tat, entdeckte er, dass sich tief unter Malfoy Manor ausgedehnte Katakomben befanden, die durchaus dafür geeignet waren. Was Tigris jedoch feststellte, war, dass er sie nicht brauchte. Als er die Armschienen abnahm, fühlte er nicht den Drang, sich sofort zu verwandeln. Er konnte sie sogar fast eine halbe Stunde ab lassen, bevor er begann, sich unwohl zu fühlen. Wie es schien, hatte sich Tigris' Körper besser daran gewöhnt, mit größeren Mengen Magie umzugehen, und wurde nicht länger überwältigt. Leider hatte Tigris keine Zeit, das genauer zu erforschen, bevor das Yuleritual stattfand.
Die stärkere Dämpfung der Armschienen, kombiniert mit den Tränken die sein Vater ihm verabreichte, sorgte dafür, dass Tigris von dem Ritual selbst kaum etwas mitbekam. Er bewegte sich rein mechanisch, und fühlte die Magie des Hauses nur sehr schwach. Seine Wahrnehmung klärte sich erst, als sie sich bereits fast am Steinkreis befanden, und auch dann war Tigris noch so desorientiert, dass er sich auf Draco stützen musste. Das Ritual am Steinkreis war ganz wie Tigris es in Erinnerung hatte, auch wenn er diesmal die Magie des Ortes nicht so stark spürte. Einige Namen im Kreis fehlten, aber das war nicht überraschend. Der Krieg hatte bereits seinen Blutzoll bei den alten Familien gefordert. Was überraschend war, war ein Neuzugang einer alles andere als neuen Familie.
„Bill Weasley.", sagte die selbstsichere Stimme eines Mannes, hinter dem eine Reihe weiterer Gestalten standen. „Für die Weasley Familie."
Bill trug einen der alten Lichtsteine, und Tigris vermutete, dass er Haus Potter an sich gebunden hatte. Tigris hätte nie gedacht, dass Bill diese Tradition wieder aufnehmen würde, nun da er Familienoberhaupt war. Es wäre sicher nicht Arthurs Wunsch gewesen. Aber wahrscheinlich hatte er sich in Bill verschätzt. Tigris erinnerte sich daran, dass Molly Bill immer wegen seinen langen Haaren gescholten hatte. Von seinem Muggelhintergrund aus hatte Tigris einfach angenommen, dass Molly altmodisch war - aber was, wenn es genau das Gegenteil war? Bill war der Erbe der Familie, und es entsprach der Tradition, dass der Erbe sein Haar lang trug. Vielleicht war Bill ein wenig zu traditionsbewusst für Mollys Geschmack? Es würde sicherlich erklären, warum er nun hier war, und Fleurs Stimme sich zu dem Gesang der Frauen gesellte. Die Halbveela hatte eine beeindruckende Stimme, die so manch andere Sängerin neben ihr verblassen ließ.
o
Das folgende Jahr ging rasend schnell dahin. Tigris steckte Hals über Kopf in seinem Magisterstudium, und Draco bereitete sich auf seine Abschlussprüfung als Heiler vor. Nebenbei ging der Krieg weiter. Tigris leitete noch immer Überfälle auf Aurorenstützpunkte, aber es war zunehmend schwieriger geworden. Es wuchs eine neue Generation von Auroren heran, die nicht von Jahren des Friedens träge geworden war. Sie kämpften verbissener, und zögerten weniger ebenso heftig zuzuschlagen, wie es die Todesser taten. Noch hatte das Ministerium die Unverzeihlichen nicht freigegeben – und würde es auch nicht, solange Percy Minister blieb – aber es gab eine ganze Reihe grenzgängiger Flüche, die vom Ministerium großzügig toleriert wurden. Tigris hatte bisher keinen seiner Leute verloren, und er war stolz darauf, aber es hatte etliche Male Verletzte gegeben, und mehr als einmal waren sie gezwungen, sich zurückzuziehen. Voldemort hörte das nicht gerne, aber er tolerierte die Realität, dass man nicht immer gewinnen konnte – gelegentlich. Alles in allem entkam Tigris dem Cruciatus häufiger als die meisten anderen Truppführer, Bellatrix eingeschlossen. Es hatte ihn nicht gerade beliebt gemacht, aber das kümmerte Tigris nicht viel. Er war den Todessern nicht beigetreten, um einen Beliebtheitswettbewerb zu gewinnen. Seiner Meinung nach lag es daran, dass er im Gegensatz zu den anderen noch immer erfolgreicher war, aber etliche neidische Stimmen unkten, dass der Dunkle Lord Tigris aus Sympathie bevorzugte. Nur wer wie Tigris schon einmal im Geist des Schwarzmagiers gewesen war, konnte wissen, wie vollkommen absurd auch nur der Gedanke war. Voldemort empfand keine Sympathie, er sah es als eine Schwäche. Hätte er Sympathie für Tigris empfunden, hätte er ihn möglicherweise umgebracht, nur um sich selbst zu beweisen, dass er es nicht tat.
Vielen Dank für eure Reviews an: Imobilus, Indy, strega79, Giftschnecke, roman, Pady, Gandalf90, Dax, Zimtstern, Condor07, Nissa7, Reditus Mortis, Crowman, Mideon, Leila, Saleru
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch euch allen! Weiter geht's im nächsten Jahr...
A/N: Für diejenigen, die den Film nicht erkannt haben: Draco und Co schauen sich X-Men 1 im Kino an.
