Disclaimer:
Bezüglich deines letzten Disclaimers… Dumbledore lebt in dieser Geschichte noch. Genaugenommen lebt er sogar länger als im Original. Viel länger, da du sein Geburtsdatum außerdem auf 1833 vorverlegt hast und...
Ja, ja, ja…Moment! Du hast Recht! Ich hab gesagt ich bin nicht JKR, weil ich ihn früher umgebracht hätte, aber da er noch am Leben ist, heißt das ich muss JKR sein, RICHTIG?!
Äh… nein. Das heißt nur deine Logik ergibt absolut keinen Sinn.
Verdammt.
Es könnte heißen dass du ein Zauberer bist, da deren Verständnis von Logik bekanntlich erbärmlich ist…
*strahlt* Wirklich?
Nein!
*grummel*
Schatten der Wahl
Teil 2
31. Hamartiae
Er schwamm tiefer in die kühlen blauen Wasser und genoss den Frieden und die Ruhe dieses Ortes. Niemand störte ihn hier, niemand außer ihm würde jemals so tief in diese Wasser vordringen. Um ihn herum erklang ein leises Spiel von Tönen, die er wie ein Kitzeln auf der Haut wahrnahm. Die Cenote sang, ein Jahrtausende altes Lied was nur die geistlosen kleinen Kreaturen wahrnahmen, die so tief in den unterirdischen Höhlen noch überleben konnten, weit entfernt von Luft und Sonnenlicht. Wenn er sich auf den Boden der Höhle sinken ließ und sich um die Stalagmiten wand floss es durch seinen Körper wie Wind über die Saiten einer Harfe, und er konnte spüren, wie das Lied sich mit anderen Liedern verband, ein unendliches und zeitloses Lied. Wenn er lange genug zuhören würde, so dachte er, würde er jedes Geheimnis der Welt verstehen, und alle Fragen, die er sich vorstellen konnte, würden beantwortet werden. Wenn er nur Zeit genug hätte…
Jemand schüttelte ihn sanft an der Schulter, und Tigris erwachte plötzlich zu dem prasselnden Geräusch von Regen an Glas.
„Sir, Sie können jetzt aussteigen."
Er blinzelte müde und starrte einen Moment lang verständnislos auf die lächelnde Muggelfrau bis er sich erinnerte wo er war. Er zuckte etwas zurück und lächelte gezwungen. „Danke."
Tigris stieß die Fußstütze seines Sitzes nach unten und ließ sein Kissen achtlos zu Boden fallen. Die Sitze neben ihm waren bereits leer, und in dem Gang weiter hinten hörte er wie die anderen Muggel im Flugzeug sich darauf vorbereiteten, es zu verlassen. Er stand hastig auf bevor er ins Gedränge geraten konnte. Durch den Regenschleier am Fenster sah er auf die vertrauten Türme von London Heathrow. Er war wieder in England.
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Draco erstarrte als er den Raum betrat und sein Blick auf den blassen Patienten in dem rechten Bett fiel.
„Dies ist einer unserer John Does", sagte die Schwester, die dabei gewesen war, ihm seinen neuen Arbeitsbereich zu zeigen. „Wurde letzte Woche eingeliefert wegen einer Überdosis Morphin. Er ist inzwischen stabil, aber es ist spätes Stadium vier, nicht viel was wir tun können, bis, na ja. Die typischen Komplikationen – Candidasis, ADC, Kardiomyopathie. Er hat wohl eine Zeitlang Medikamente genommen, aber nur unregelmäßig, sieht nicht so aus als hätten sie angeschlagen. Dr. Finn gibt ihm noch einen Monat."
Draco nickte und schluckte. Er erkannte dieses Gesicht. Richard Willis. Richard war einmal einer der gutaussehendsten Slytherins gewesen, aber nun war er nur noch ein Schatten seiner selbst. Er war abgemagert, seine schwarzen Haare waren kurz geschnitten, und seine Haut war von Kaposi Sarkom entstellt. Was war mit ihm geschehen? Er wusste von Hermione, dass Theodore Nott seine Verlobte geheiratet hatte. Hatten er und Richard sich getrennt? Die Heirat war ein ewiges Streitthema zwischen den beiden gewesen. Richard hatte es nicht akzeptieren können, dass Theodore heiraten wollte, auch wenn seine Verlobte mit ihrer Beziehung einverstanden war. Draco konnte sich daran erinnern, wie aufgelöst Theodore nach vielen dieser Auseinandersetzungen gewesen war. Er war der einzige Erbe der Nott Familie, natürlich konnte er den Heiratsvertrag nicht aufkündigen. Es war absurd gewesen, das zu verlangen, aber Richard war immer arrogant und selbstsüchtig gewesen. Wusste Theodore hiervon?
„Hat er Besucher gehabt?", fragte er. Er fürchtete sich fast vor der Antwort. Was, wenn jemand in das Krankenhaus kam, der ihn erkannte? Er hatte zwar sein Aussehen verändert, aber ein alter Freund wie Theodore würde ihn sicherlich erkennen.
Die Schwester lachte. „Nein. Wie ich schon sagte, er ist ein John Doe."
Draco starrte auf das Bett. Die Antwort erleichterte ihn, aber zur gleichen Zeit machte sie ihn traurig. Wenn Hermione nicht gewesen wäre, hätte er auch so enden können? Er stellte sich vor, einsam und verlassen in einem Muggelkrankenhaus zu sterben, und erschauderte.
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„Was ist genau passiert?", fragte Tigris.
Seine Mutter schritt unruhig auf und ab. Er hatte erwartet, sie verzweifelt vorzufinden, aber sie war mehr als alles andere wütend. Tigris konnte sich nicht erinnern, wann er sie das letzte Mal wütend erlebt hatte. In den letzten Jahren hatte er nicht viel Kontakt mit ihr gehabt.
„Der Dunkle Lord hatte von einem Kreis von Verschwörern erfahren, die Medikamente und Nahrungsmittel nach Hogwarts liefern. Dein Vater sollte der Sache nachgehen, aber sie haben davon Wind bekommen. Er und seine Leute wurden erwartet. Die Verschwörer entkamen, und er wurde entführt. Das ist nun drei Tage her."
„Der Dunkle Lord…"
„Er tut nichts!", rief sie ärgerlich. „Er sagt, dass es seine eigene Schuld war, und dass er nichts von Wichtigkeit weiß. Er sagt, dass es die passende Strafe dafür ist, dass er versagt hat!"
„Ich werde mit ihm reden", sagte Tigris resolut.
Narcissa lachte, und erinnerte ihn plötzlich erschreckend an Bellatrix. „Du bist ein Narr! Er wird dir nicht zuhören! Hast du die letzten Jahre überhaupt nicht aufgepasst was hier vorgeht? Das einzige was ihn interessiert ist Hogwarts einzunehmen und Dumbledore umzubringen. Sieh dich um! Sieh dir an was aus England geworden ist! Das Ministerium wird opportunistischen Kreaturen beherrscht, die nur von Gier und ihren verdorbenen Gelüsten motiviert werden, und unserem Lord ist das völlig egal. Alles was ihn kümmert sind die widerlichen Speichellecker, die ihn umgeben, und seine persönliche Vendetta. Hast du gesehen, was sie aus unserem Land gemacht haben? Es ist widerlich. Die ganze Welt verabscheut uns und alle unsere Verbündeten lassen uns im Stich, weil sie sehen können, dass er niemals einlösen wird, was er versprochen hat. Es hat ein paar von uns gegeben, die versucht haben, mit ihm zu reden, und sie sind alle in Ungnade gefallen oder er hat sie umgebracht. Warum würde er dir zuhören?"
„Mutter…" Tigris atmete tief durch. „Ich muss es zumindest versuchen."
Sie schnaubte verächtlich. „Glaube mir mein Sohn, er wird nur wütend sein, dass du ohne seine Erlaubnis zurück nach England gekommen bist. Dein Vater kümmert ihn nicht. Die alten Familien sind ihm alle völlig egal. Was soll man auch anderes von einem Halbblut erwarten?"
„Du solltest nicht…"
Sie hob die Hand und zeigte mit ihrem Finger auf ihn. „Sag mir nicht was ich in meinem eigenen Haus sagen darf und was nicht. Meine Worte sind die schlichte Wahrheit, und sie werden mich nur dann in Schwierigkeiten bringen, wenn du mich verrätst. Es mag dir egal sein dass ich dich zur Welt gebracht habe, aber wenn du mich genauso hintergehst wie deinen Vater und deinen Bruder, ich schwöre dir, du wirst den Rest deines Lebens verflucht sein."
Tigris trat einen Schritt zurück. Es überraschte ihn, wie sehr diese Worte ihn verletzten. „Vater hat mir vergeben", sagte er. „Ich war ein Kind, blind vor Rachsucht."
„Das war die Entscheidung deines Vaters, und ich respektiere sie", sagte sie kühl. „Meine Gefühle sind meine eigenen."
Tigris schluckte und sah zur Seite. „Ich werde dich nicht verraten", sagte er gepresst. „Das würde ich niemals tun. Du bist meine Mutter."
„Wenigstens hast du noch etwas Loyalität zu deinem eigenen Blut." Narcissa klang eisig. „Geh zu deinem Lord, wenn du es nicht lassen kannst, aber wenn er deine Bitte ausschlägt, was wirst du dann tun? Deinen Vater sterben lassen, um diesen Wahnsinnigen glücklich zu machen?"
Tigris öffnete den Mund, und schloss ihn wieder. Plötzlich stand er vor einer Entscheidung, die er Jahre vor sich hergeschoben hatte, und er wusste, was immer er nun tat, er würde diesen Weg nie zurückgehen können. „Nein", sagte er schließlich. „Wenn unser Lord uns nicht helfen will, dann hole ich ihn alleine zurück."
„Gut", sagte Narcissa.
Sie lächelte, und Tigris erkannte plötzlich, wie lange er sie schon nicht mehr lächeln gesehen hatte. Er hatte ihr nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die sie verdient hatte. Plötzlich erinnerte er sich an Abriella und ihre Worte, und die Erkenntnis schmerzte umso mehr. Es gab so vieles, was er seiner Mutter gerne gesagt hätte, so vieles was er schon viel früher hätte sagen sollen, aber nun war nicht der richtige Zeitpunkt.
Er wandte sich ab, und ging.
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„Dr. Jackson, geht es ihnen gut?"
Draco lehnte sich gegen die Wand. „Ja, nur Kopfschmerzen." Er sah der Eule nach, die in die Ferne davonflog, und fragte sich, ob sie ihr Ziel erreichen würde. Was er getan hatte war töricht, er wusste das, aber er konnte Richard nicht einfach alleine und vergessen sterben lassen. Er hatte sich in der Nachtschicht in den Raum geschlichen und mit seinem Handy ein Foto gemacht, das er ausgedruckt und mit der Adresse des Krankenhauses versehen hatte. Vielleicht wäre er nie auf die Idee gekommen, wenn er die Eule nicht gesehen hätte, aber er hatte sie gesehen. Sie hatte in dem Baum vor Richards Fenster gesessen und gewartet. Auf was? Darauf, dass ihr Herr starb? Draco wusste es nicht, aber ihre Augen hatten ihn verfolgt bis er schließlich nachgegeben hatte.
Die Schwester sah ihn besorgt an. „Vielleicht sollten Sie nach Hause gehen."
Er schüttelte den Kopf. Es hatte verflucht weh getan, diese Eule anzufassen. Er war ein Narr, und womöglich hatte er sich gerade sein Grab gegraben, nur für einen Mann den er nicht einmal besonders gemocht hatte, als er jung war. „Ich habe ein paar Rimafen genommen, es wird schon besser." Vielleicht sollte er das wirklich tun. Er hatte es nie ausprobiert, vielleicht half die Muggelmedizin gegen den Fluch.
Er stieß sich von der Wand ab. „Ich lege mich eine halbe Stunde hin und mache dann die Visite."
„Wie Sie meinen, Doktor." Die Schwester bedachte ihn mit einem Blick, der klar besagte, dass sie ihn für einen idiotischen Gryffindor hielt, auch wenn Muggel nicht wussten, was ein Gryffindor war. Draco grinste schief.
„Ich weiß, was Sie denken, und Sie haben absolut Recht, aber ich bin der Arzt, und ich kann tun was ich will."
Sie lachte. „Es ist ihr Leben."
Ja, dachte Draco. Es war sein Leben.
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Als Tigris im Hauptquartier apparierte, stank die Luft nach Blut und Furcht, und das erdrückende Gefühl schwarzer Magie war stärker als jemals zuvor. Er hatte es bei all seinen vorigen Besuchen niemals so sehr wahrgenommen, aber nun wurde ihm bewusst, dass es in den letzten Jahren stetig zugenommen hatte.
Er hörte Stimmen aus dem Refektorium, und jemand schrie. Gelächter folgte, und es dauerte einen Moment bis er die manisch kichernde Frauenstimme als Blaises erkannte.
Tigris zögerte einen Moment, bevor er die Tür öffnete. In der Halle waren etwa ein Dutzend Todesser um einen Tisch versammelt. Der innere Kreis.
Über ihnen an der Decke baumelte kopfüber ein kleiner Mann und versuchte zur Erheiterung der Todesser Nagini zu entkommen, die sich unter ihm aufgerichtet hatte und nach ihm schnappte wie ein träger Hund nach einem Knochen.
Sarin zischte in Abscheu. „Die große Naga ist ein Hofnarr geworden."
Nagini fuhr herum, und die Aufmerksamkeit aller richtete sich auf sie. Am Kopf des Tisches stand der Dunkle Lord auf.
„Tigris. Du bist zurückgekommen. Mit guten Nachrichten, nehme ich an."
Tigris zögerte einen Moment, dann trat er näher und kniete nieder. Der Boden war blutbesudelt und er musste sich zwingen, den Saum von Voldemorts Robe zu küssen. „Es tut mir leid, mein Lord. Marius Gioia lehnt es ab, uns zu unterstützen."
„Was?", zischte der Dunkle Lord. „Du hättest mehr tun müssen, um ihn zu überzeugen! Welchen Grund könnte er haben, sich zu weigern? Hast du ihn beleidigt?"
Tigris gefror. Er konnte die gierige Erwartung der anderen Todesser spüren, die sie schweigend beobachteten. Sie freuten sich, ihn in Ungnade zu sehen, und erwarteten, dass er bestraft werden würde. Als Tigris aufsah, wusste er, dass sie Recht hatten. In den Augen des Dunklen Lords loderte eine an Wahnsinn grenzende Wut. Er wusste in diesem Moment, dass es sein Tod wäre, wenn er ihm die Wahrheit sagen würde.
„Ich habe mein Bestes getan", sagte Tigris vorsichtig. „Er hat Angst. Er will seine Familie keiner Gefahr aussetzen."
Voldemort schnaubte abfällig. „Ich habe ihm immer gesagt dass diese Obsession mit seiner Familie eine Schwäche ist."
Tigris spürte, wie ein paar der Todesser hinter ihm sich unruhig hin und her bewegten. Nicht allen von ihnen gefiel diese Aussage.
„Hat jemand von euch einen Kommentar dazu abzugeben?", fragte Voldemort eisig, und sie wichen ängstlich zurück.
Tigris blinzelte überrascht. Seit wann war der Dunkle Lord so empfindlich? Er wusste natürlich, dass Voldemort sehr viel mehr wahrnahm, als er seine Gefolgsleute normalerweise wissen ließ – erst die letzten Jahre hatten ihm bewusst gemacht wie viel mehr – aber der Magier machte das normalerweise nicht so offensichtlich.
„Du hast mich enttäuscht", sagte Voldemort.
Tigris sah zu ihm auf. „Das ist mir bewusst, und ich bedaure es, mein Lord."
Der Dunkle Lord richtete seinen Stab auf ihn. „Crucio."
Tigris war so überrascht, dass ihm der Schmerz im ersten Moment kaum bewusst wurde. Voldemort hatte ihn seit Jahren nicht vor seinen anderen Gefolgsleuten bestraft. Es war Teil seiner Strategie, Tigris unantastbar erscheinen zu lassen. Tigris hatte erwartet, dass er ihn bestrafen würde, aber nicht hier, vor seinem gesamten inneren Kreis.
Er war froh, dass seine Okklumentikfähigkeiten in den letzten Jahren besser geworden waren. Er hatte auf seinen Reisen viel Zeit gehabt, sich mehr an seine Basiliskform zu gewöhnen, und es hatte ihm sehr geholfen, seine Gedanken zu ordnen. Er konnte nun leicht entscheiden, welche Gedanken er Voldemort sehen lassen wollte, und welche er für sich behielt, ohne sein wahres Ich in Gegenwart des Schwarzmagiers völlig zu verdrängen. Es half auch dabei, seinen Körper auf den Fluch reagieren zu lassen, ohne dass er den Schmerz bewusst wahrnahm. Als Voldemort den Fluch beendet hatte zog er sich auf die Knie. „Danke, mein Lord. Ich werde mich das nächste Mal mehr anstrengen, euch zufriedenstellend zu dienen."
Der Dunkle Lord betrachtete ihn. Er wirkte nun ruhiger als bei seinem Eintreten. Nach einem Moment blickte er auf den Mann über dem Tisch und sein Mund verzog sich abfällig. Er schwenkte seinen Stab und der Mann fiel tot auf den Tisch, wo sich Nagini sofort auf ihn stürzte. Tigris erkannte nun den Apotheker namens Jiggers, der sein Geschäft in Diagon Alley gehabt hatte, und fragte sich was er wohl getan hatte, um dieses Schicksal zu verdienen. Er hatte ihn immer für einen Sympathisanten gehalten. Keiner der Todesser schien überrascht oder besonders angewidert von dem Schauspiel, anscheinend war es bereits alltäglich geworden. Sarin wand sich enger um Tigris Arm, und er wusste, dass sie sich sehr beherrschen musste, nichts zu sagen. Er erinnerte sich erneut daran, wie sehr Sarin Nagini verabscheute.
„Folge mir", sagte der Dunkle Lord, und Tigris stand mit etwas Mühe auf und gehorchte.
Es war eine Sache, den Schmerz aus seinem Geist zu verdrängen, aber er konnte sich nicht in der Gegenwart Voldemorts heilen. Er reinigte dennoch seine Kleidung, während sie die Treppe nach oben gingen.
„Noch immer so empfindlich", sagte der Dunkle Lord spöttisch.
„Bei allem Respekt, der Boden da unten ist widerlich", sagte Tigris.
Voldemort lachte. „Du kannst gerne sauber machen, wenn es dich so stört."
„Ich bin kein Hauself. Wo sind die Hauselfen? Arbeiten sie nicht mehr?"
„Severus hat ein paar für irgendwelche Experimente verbraucht. Ich habe eine, wie du weißt, aber sie ist an meine Räume gebunden. Hauselfen können einen Haufen Probleme verursachen, dein Vater hat das erfahren."
Tigris holte tief Luft. „Meine Mutter hat mir gesagt, er wurde vom Widerstand gefangengenommen."
„Ja. Glücklicherweise ist er nicht mehr so wichtig wie er mal war, nun da ich die Mittel des Ministeriums zur Verfügung habe."
Tigris biss sich auf die Lippen. Seine Mutter hatte Recht gehabt. „Ich hatte gehofft…", begann er.
„Dass ich Leute schicke um ihn zu befreien?" Der Dunkle Lord lachte. „Ich habe nicht die Angewohnheit, Dummheit zu belohnen, mein Junge."
Tigris zuckte unwillkürlich zusammen. Fünfzehn Jahre, und er hasste diese Worte noch immer. Voldemort grinste, und Tigris wusste plötzlich, dass der Dunkle Lord das genau wusste. Er hatte immer in seinen Gedanken gelesen wie in einem Buch.
Voldemort griff nach seiner Schulter. „Du kommst besser nicht auf den Gedanken, ihn selber zu befreien. Ich brauche dich für wichtigere Dinge."
„Ja, mein Lord."
Der Schwarzmagier stieß ihn in sein Schlafzimmer. „Ich habe dich vermisst. Du bist noch immer mein liebster Schüler, Tigris, du weißt das. Darum lasse ich dir so viel durchgehen. Stell meine Geduld nicht zu sehr auf die Probe."
„Es tut mir leid, dass ich Euch enttäuscht habe", sagte Tigris, sich ausziehend.
Voldemort drückte ihn auf das Bett und grub seine krallengleichen Finger in Tigris' Schultern. „Es macht dir Spaß, mich herauszufordern. Du bist noch immer ein arroganter Junge, aber das amüsiert mich. Alle meine anderen Gefolgsleute sind in den letzten Jahren unglaublich langweilig geworden."
„Vielleicht weil Ihr all die interessanten umgebracht habt."
Voldemort fuhr mit seinen Fingern über seinen Brustkorb und Tigris schrie als sie blutige Kratzer hinterließen. Aus irgendeinem Grund erinnerte er sich plötzlich, wie der Magier während ihres Besuchs in Libyen dem al'Serab das Herz herausgerissen hatte. Er hatte gesehen, wie der Mann es genossen hatte, aber er hatte es verdrängt. Er hatte gedacht… er wusste selbst nicht mehr, was er gedacht hatte. Er war ein Narr. Er hatte sich eingebildet, dass es ein Laster war, so wie andere Männer hin und wieder ein Glas Alkohol zu viel tranken. Er hatte glauben wollen, dass er alle Zeit der Welt hatte, Antworten auf seine Fragen zu finden, aber Namaku hatte Recht gehabt… er wusste nicht einmal die Frage.
Die Magie zwischen ihnen verdichtete sich, und erinnerte ihn daran wie er sich gefühlt hatte, bevor er den Trank der Batmeraris gebraut hatte. Er starrte auf das Netz schwarzer Magiestränge die von Voldemort ausgingen und plötzlich wusste er, was sie bedeuteten, was er all die Jahre ignoriert hatte. Verbindungen. Verbindungen aus Magie und Lebenskraft. Er hatte es gefühlt, als er sein Dunkles Mal erhalten hatte, aber er hatte auch das verdrängt, sich nie wirklich bewusst gemacht was es hieß. Er hatte dies seit Jahren gewusst, aber er hatte es ignoriert um sich in Voldemorts Erinnerungen zu versenken, besessen von dem Wissen und der Macht die sie ihm versprachen. Er hatte niemals wirklich wissen wollen, was sie bedeuteten.
Das war die wirkliche Frage, nicht wahr?
Wollte er wirklich wissen, was Voldemort unsterblich machte? Wollte er wirklich die Entscheidung treffen, die er würde treffen müssen, wenn er es wusste? Denn wenn er es wusste, war er für alles verantwortlich, was danach geschah. Er war verantwortlich für jeden weiteren Tag, an dem er nichts tat, und er hatte diese Verantwortung nie wirklich gewollt.
Tigris atmete tief durch. Er dachte an die Wut seiner Mutter, und Jiggers leblose Augen. Er dachte an all die Nachrichten, die er über England gelesen hatte, und den Abscheu und die Verachtung in den Augen ihrer Verbündeten, die er immer wieder ignoriert hatte. Er dachte an Blaise und ihren zunehmenden Wahnsinn, den er vorgegeben hatte nicht zu sehen. Er dachte an die Menschen die er getötet hatte, und an die die gestorben waren weil er nichts getan hatte. Er dachte an seine Schwester, an Snape, an die Potters, an seinen Vater der einmal gekommen war um ihn aus der gleichen Situation zu retten, in der er sich nun selbst befand, und schließlich an Draco, und seine Überzeugung, dass er Voldemort niemals töten würde, wie er versprochen hatte.
Du bist verliebt in die Kämpfe, die Magie, die Bewunderung, die Macht.
Ich werde dir beweisen, dass ich anders sein kann.
Er öffnete die Augen, und sah.
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„Ich weiß, wo Vater sich befindet."
Seine Mutter stand in der Mitte der Eingangshalle, still wie eine Statue. Sie bedachte Tigris mit einem messenden Blick, dann schwenkte ihren Stab in seine Richtung, und er fühlte, wie seine Wunden sich schlossen. „Ich komme mit dir."
„Ich verstehe, dass du helfen willst, Mutter", sagte Tigris. „Aber ich denke..."
Narcissa machte einen Schritt auf ihn zu und packte ihn am Kragen seiner Robe. Ihre Augen glitzerten ärgerlich.
„Hör mir zu, mein Junge, und hör mir gut zu!", zischte sie. „Ich war schon eine Todesserin, als du noch nicht einmal ein Wollknäuel beim Spinnrocken der Nornen warst, also erzähl mir nicht was ich tun und was ich nicht tun kann. Jetzt hör auf der Stelle auf, mich wie ein zerbrechliches kleines Dummerchen zu behandeln, oder bei Morgana, du wirst genauer erfahren was ich damit meine, als dir lieb ist!"
Tigris zuckte zurück. Er hatte sie noch nie zuvor so aufgebracht erlebt. Sie hatte Angst, wurde ihm plötzlich klar. Angst um seinen Vater. „Ich habe dich noch nie kämpfen sehen", sagte er skeptisch. Er hatte sie noch nie in irgendeiner Form Gewalt anwenden sehen. Er hatte natürlich gewusst, dass sie das dunkle Mal auf ihrem Arm hatte, aber er hatte immer gedacht, sie unterstütze Voldemort auf andere Weise. Durch die Informationen, die sie mit Hilfe ihrer Legilimentik erhielt und… um ehrlich zu sein, er hatte nie wirklich darüber nachgedacht.
„Hast du gedacht, meine Schwester wäre die einzige von uns, die gelernt hat, die dunklen Künste zu benutzen?", fragte sie kühl. „Ich kann dir versichern, ich habe manches Duell mit ihr gewonnen, als wir jünger waren."
Ihm lag eine sarkastische Bemerkung darüber auf der Zunge, wie lange das vermutlich her war, aber er unterdrückte sie. „Gegen Vater hast du nie deinen Stab erhoben."
„Er ist mein Ehemann!" Sie atmete tief durch. „Dies ist keine Diskussion, die wir jetzt führen sollten. Ich weiß, du verstehst es nicht. Du weißt wo er ist? Lass uns gehen."
Sie schwenkte ihren Stab, und ihr Kleid verwandelte sich in die schwarze Robe der Todesser.
Tigris seufzte und nickte schließlich.
Sie apparierten am Rande einer Lichtung. Das Haus, das nicht weit von ihnen entfernt stand, war von Apparierbarrieren umgeben, aber er konnte keine Wächter sehen.
„Denken sie, niemand würde diesen Ort je finden?", fragte seine Mutter verblüfft.
„Der Ort ist unortbar. Was sie nicht bedenken ist, dass der Zauber nicht mehr funktioniert, wenn man sich bereits innerhalb seiner Grenzen befindet."
„Wie…"
Tigris hob die Hand und streckte seine Sinne aus um zu erkennen, wie viele Widerständler sich in dem Haus befanden.
„Es sind zwölf Leute in und unter dem Haus", sagte seine Mutter. „Es ist auf alten Katakomben gebaut."
Er konnte fühlen, dass sie Recht hatte. „Woher…"
Sie lächelte kühl. „Keiner von ihnen ist ein Okklumens."
Tigris war ein wenig schockiert davon, wie weit ihre Fähigkeit offenbar reichte. „Ich habe die Warnzauber ausgeschaltet", sagte er.
Sie nickte. „Keiner von ihnen beachtet die Umgebung des Hauses. Lass uns gehen."
Bevor er sie davon abhalten konnte, war sie bereits in Richtung des Hauses gerannt. Tigris fluchte innerlich und folgte ihr. Er musste zugeben, dass sie leichtfüßig und wendig war, und sie war nicht außer Atem nach dem kurzen Sprint. Anscheinend war sie besser in Form, als er gedacht hatte. Er hoffte, dass zumindest ein Teil ihrer Behauptung etwas vom Kampf zu verstehen auch stimmte, selbst wenn ihr Wissen ein paar Jahrzehnte alt war. Er konnte nicht seine ganze Aufmerksamkeit darauf verwenden, sie zu beschützen.
Als er das Haus betrat, lagen die zwei Zauberer, die am Tisch gesessen und gegessen hatten bereits am Boden, und seine Mutter verschwand unter einer Falltür, die anscheinend in die Katakomben führte.
Tigris hastete ihr nach.
Sie war schnell, dachte er ein wenig später mit ungläubiger Bewunderung. Schnell und effizient. Es war offensichtlich, dass sie ihre Legilimentik zu ihrem Vorteil einsetzte. Sie setzte ihre Gegner außer Gefecht, bevor sie dazu kamen, ihre Stäbe zu ziehen, und Tigris konnte eigentlich kaum mehr tun als ihr dabei zu assistieren. Alle Zauber, die in ihre Richtung kamen, blockte sie, bevor sie sie erreichten. Es sah aus wie ein Tanz, aber es war ein tödlicher Tanz. Seine Mutter hatte nicht gelogen, als sie behauptet hatte, die dunklen Künste zu beherrschen.
„Er ist nicht hier." Narcissa klang zugleich enttäuscht und anschuldigend. Der Kampf war schneller vorbei gewesen, als er begonnen hatte, aber die Katakomben waren leer.
„Er ist hier." Tigris war sich sicher, dass sein Vater an diesem Ort war, aber es stimmte, dass er ihn nicht fühlen konnte. „Es muss noch etwas anderes hier geben."
Er legte seine Hand auf den Boden. Jitendra hatte ihm gezeigt, wie man die Schwingungen der Erde wahrnehmen konnte. „Da ist noch etwas unter uns."
Seine Mutter folgte seinem Beispiel, und zeichnete mit ihrem Finger ein paar Schriftzeichen auf den Boden. Tigris erkannte nun, dass dies chinesische Zauberkunst war. Kunst der Platzierung.
Ein schimmerndes Bild stieg aus dem Boden auf.
„Hier." Sie zeigte auf einen Gang, der laut der leuchtenden Karte direkt unter ihnen verlief. „Sie haben ihn verborgen. Fidelius?"
„Nein, dann würden wir ihn nicht sehen. Eine andere Art von Schutzzauber."
Er schloss die Augen, um mehr darüber herauszufinden.
„Spielt keine Rolle." Narcissa hatte ein Messer gezogen und zerschnitt die Robe eines der gefallenen Zauberer. Sie stieß das Messer die Brust des Zauberers, dann in den Boden zwischen ihnen. Es sank in den Stein. Sie begann zu singen, und schlug plötzlich ihre blutige Hand auf den Stein. Der Boden teilte sich. Tigris wich hastig zurück, als der Riss sich vergrößerte, bis sie auf den Tunnel unter ihnen hinunter blicken konnte.
Jemand rief eine Warnung. Tigris stieß seine Mutter zurück, als ihnen ein Fluch von unten entgegen kam. „Das war unüberlegt! Sie wissen nun, dass wir hier sind!"
„Das ist mir egal!" Sie entwand sich seinem Griff und schleuderte einen Fluch in die Grube zurück, dann sprang sie hinunter.
„Merlin und Morgana", murmelte Tigris. Wenn sie so gewesen war, als sie jünger war, fand er einen neuen Grund, seinen Vater zu bewundern. Er sprang ihr nach, und rollte zur Seite, als er augenblicklich angegriffen wurde.
Der Tunnel flackerte, so als wäre er zugleich da und nicht da. Es musste ein dem Fidelius ähnlicher Zauber sein, der ihn beschützte. Unglücklicherweise beschützte er ihre Gegner gleichermaßen, denn er konnte nur anhand der Flüche die ihm entgegenkamen schätzen wo sie sich befanden.
Tigris ließ sich zu Boden fallen und murmelte einen Zauber, den Jitendra ihm beigebracht hatte.
Der Schutzzauber brach, und er verfluchte den Mann, der ihn angriff. Seine Mutter war in ein Gefecht mit einem weiteren Zauber verwickelt, und der Schutzzauber schien sie nicht sehr beeinträchtigt zu haben, im Gegenteil, ihr Kampfstil hatte an Aggressivität zugenommen.
Tigris konnte seinen Vater nun spüren, und er nahm an das traf auf sie auch zu.
Ihr Gegner fiel, und sie rannte den Gang hinunter ohne sich zu ihm umzusehen.
Wenig später fand er sie mit seinem Vater in dem Raum, in dem er gefangen gehalten worden war. Er war überrascht davon, wie unverletzt Lucius war.
Lucius traf seinen Blick mit einer Mischung auf Furcht und Erleichterung.
„Dies waren Longbottoms Leute", sagte er, bevor Tigris etwas sagen konnte. „Dumbledores, wenn man so will."
„Neville Longbottom?", fragte Tigris schockiert.
Sein Vater nickte, während seine Mutter die Ketten löste, mit denen er an die Wand gefesselt war. „Er arbeitet für den Phönixorden. Wir haben das schon eine Weile vermutet, aber wir konnten ihm nichts nachweisen. Er hat nur oberflächlichen Kontakt mit Weasley."
Er massierte seine Handgelenke. „Sie haben mir Veritaserum gegeben."
„Hat es gewirkt?"
Sein Vater zögerte einen Moment, dann nickte er.
Tigris lachte heiser. Er wusste, dass Snape seinen Vater regelmäßig mit einem Gegenmittel versorgte. Wie es schien, hatten Dumbledores Leute davon gewusst. Wie wenig überraschend das im Grunde war.
„Sie haben offensichtlich nicht erwartet, dass du entkommst."
„Sie hatten vor, mich hinzurichten." Narcissa griff Lucius' Hand und umklammerte sie.
„Hinrichten?", fragte Tigris spöttisch. „Was, mit einem Gerichtsverfahren und allem?"
„Sie halten sich für das rechtmäßige Ministerium."
Tigris schüttelte den Kopf. Dumbledores Leute waren noch immer so selbstgerecht, es war ein Wunder, dass sie so lange überlebt hatten. Er hielt seinen Eltern den Portschlüssel-Federkiel hin, den er vorbereitet hatte. Sie griffen ihn, und wenige Sekunden später erschienen sie im Wohnraum eines Hauses.
Lucius' Augen weiteten sich überrascht. „Roussillon?"
„Der Dunkle Lord hat mir verboten, dich zu befreien."
Lucius stand vorsichtig auf. Er bewegte sich langsam, offenbar war er nicht völlig unverletzt geblieben. „Ich verstehe."
„Lucius, setz dich hin, bitte."
Narcissa half seinem Vater zu einem Sessel und begann, Heilzauber auf ihn zu sprechen. Ihre Todesserkleidung hatte sie verschwinden lassen, und von der kämpferischen Hexe der letzten Stunden war nichts mehr zu bemerken.
Sein Vater schloss einen Moment die Augen. „Mir geht es gut, Narcissa. Nur ein paar Prellungen vom Kampf. Sie haben selbst meinen gebrochenen Arm geheilt."
„Lass mich einen Blick darauf werfen…"
„Mir geht es gut!"
Narcissa wich einen Schritt zurück. „Wie du willst." Sie verschränkte die Arme. „Wie konntest du so dumm sein, dich gefangen nehmen zu lassen?"
Lucius warf Tigris einen Blick zu. „Sie haben mich überrascht", sagte er missmutig. „Einer von ihnen hat mit einem Schleuderfluch erwischt, ich bin gegen eine Wand geprallt und bewusstlos geworden. Als ich aufgewacht bin war ich in einer Zelle."
„Hast du ihnen etwas Wichtiges erzählt?"
Lucius schüttelte müde den Kopf. „Sie haben nicht die richtigen Fragen gestellt. Das einzige, was unserem Lord hätte schaden können, wären die Einzelheiten seiner Abmachung mit Gringotts gewesen."
„Er hat gesagt, du wüsstest nichts von Bedeutung."
Lucius ballte kurz die Fäuste, aber schwieg.
Tigris richtete seinen Stab auf ihn. „Ich würde dich gerne mit einem Verschwiegenheitszauber belegen, nur falls ein Legilimens…"
Sein Vater nickte, und Tigris sprach den Zauber. Er sah zu seiner Mutter. „Wir sollten nach Hause zurückkehren. Es ist besser, wenn wir dort sind, falls es bekannt wird dass Lucius entkommen ist. Hoffentlich haben wir Zeit, uns eine plausible Geschichte zu überlegen."
„Sicher werden sie nicht so schnell davon erfahren", sagte Narcissa widerstrebend.
„Er hat Recht", sagte sein Vater. „Wenn Severus involviert war…"
Seine Mutter erhob sich widerstrebend. „Ich werde dich bald besuchen kommen", beteuerte sie.
Lucius sah zu Tigris, suchte offensichtlich nach einer Antwort auf eine ungestellte Frage und fand sie nicht. „Danke, meine Liebste."
Narcissa küsste ihn, dann wandte sie sich resolut ab und berührte die Rune über dem Eingang mit ihrem Stab. Die Tür schimmerte, und die Bibliothek im Malfoy Herrenhaus wurde sichtbar. Sie trat hindurch.
„Bleib wo du bist", sagte Tigris eindringlich, und sein Vater lächelte müde.
„Wohin sollte ich gehen?"
Tigris trat durch das Portal, und es verschwand hinter ihnen.
Narcissa ließ sich erschöpft in einen der Sessel sinken und strich ihre Haare zurück. „Ich bin froh, dass er in Sicherheit ist, aber…"
„Ich weiß." Tigris setzte sich in einen anderen Sessel. Das Haus in Roussillon war mit dem Fidelius-Zauber geschützt, und alten blutgebundenen Zaubern die nur Mitglieder der Familie einließen. Lucius konnte sich lange Zeit dort verstecken, aber er war ein Gefangener in dem Haus. Der dunkle Lord würde nach ihm suchen, sobald herauskam, dass er entkommen war, und er würde wissen wollen, wie er entkommen war. Voldemort hatte bereits gesagt, dass er Lucius für seine Gefangennahme verantwortlich machte, es war nicht vorherzusagen, was er tun würde, wenn er ihn fand. Jahre zuvor wäre Tigris überzeugt gewesen, dass er ihn davon abhalten konnte, Lucius umzubringen, aber nun war er sich dessen nicht länger sicher.
Einen Augenblick später brannte sein dunkles Mal, und er wusste, dass ihre Zeit bereits abgelaufen war.
Narcissa wechselte einen Blick mit ihm. Sie war offenbar nicht gerufen worden. Tigris hielt ihr seinen Stab hin, und sie sprach einen schnellen Zauber um die Erinnerung an die letzten getätigten Zauber auszulöschen.
Voldemort war zusammen mit Blaise und Rodolphus, als Tigris im Hauptquartier erschien. Blaise war nicht gut gealtert, dachte Tigris. Sie war mager, und ihre Augen hatten einen ewig hungrigen Ausdruck, der ihn an seine Tante erinnerte. Rodolphus andererseits sah besser aus als er ihn in Erinnerung hat. Der Tod seiner Frau hatte ihn offenbar nicht sehr mitgenommen, im Gegenteil. Er hatte gehört dass der Mann in den letzten Jahren von einer weitaus jüngeren Frau zur nächsten gewechselt war, bis es selbst den Daily Prophet langweilte, darüber zu berichten.
„Wie es aussieht, ist dein Vater dem Widerstand entkommen", sagte der Dunkle Lord, sobald Tigris auf ihn zu trat.
„Wirklich?", fragte Tigris gespielt überrascht. „Das sind gute Neuigkeiten! Wo ist er?"
Der Dunkle Lord musterte ihn misstrauisch. „Ich weiß es nicht. Wie es aussieht, ist er nicht nur vor ihnen, sondern auch vor mir geflohen. Vielleicht ist er nicht wirklich geflohen, wie sie behaupten, sondern sie haben ihn gehen lassen. Ich denke, er hat mich verraten."
„Ich denke nicht…"
„Habe ich dich um deine Meinung gefragt?"
Tigris senkte hastig den Kopf. „Nein, mein Lord. Wenn Ihr wollt, dass wir ihn töten, müsst Ihr es nur sagen. Verräter oder nicht, Euer Wunsch ist uns Befehl."
„Er hat mich einmal zu viel enttäuscht", sagte der Schwarzmagier ungehalten. „Ich bin seine ewigen Entschuldigungen müde. Er hat keinen Nutzen mehr für mich, und nun rennt er vor mir davon und beantwortet meinen Ruf nicht. Tötet ihn, wenn ihr ihn findet."
Tigris verbarg seine wirkliche Überraschung. Er hatte nicht erwartet, dass sein Vater einen direkten Ruf des Dunklen Lords ignorieren würde. Das war Selbstmord. Er hatte gehofft, dass Voldemort ihn nicht so schnell rufen würde.
„Wie Ihr wünscht", sagte er stattdessen.
Voldemort wandte sich ab und ließ sie stehen. Blaise zögerte einen Moment, dann rannte sie ihm nach, leise und eindringlich auf ihn einredend.
Rodolphus sah ihnen mit einer Mischung aus Bewunderung und Verachtung nach.
„Als ich in Italien war, habe ich jemanden getroffen, den du anscheinend kennst", sagte Tigris, froh dass sich so schnell eine Gelegenheit ergab, sein Versprechen einzuhalten. „Hagar Sinistra."
Rodolphus fuhr zu ihm herum und erbleichte. „Was?"
„Sie schien dich nicht besonders zu mögen. Hat mir gesagt dass ich dir sagen soll dass du sterben wirst, bevor die Tage wieder kürzer werden, und dass sie lächeln wird wenn sie davon hört."
„Ich vermute, das habe ich verdient", sagte Rodolphus heiser.
„Eine verschmähte Liebe?", fragte Tigris neugierig.
Rodolphus verzog den Mund. „Wenn ich sie nur verschmäht hätte. Nein, Malfoy, ich habe diese Frau geliebt wie keine andere in meinem Leben. Sie hat mir einen Erben geboren. Bella… Bella hat es herausgefunden. Ich war zu feige, sie zu beschützen. Wie schon gesagt… Ich hoffe…" Er schüttelte den Kopf. „Was geht das dich überhaupt an?"
Er wandte sich ab und apparierte. Tigris sah ihm verblüfft nach. Wie es aussah war heute ein Tag der Überraschungen.
Als er gerade apparieren wollte, erschien plötzlich Cornelia Nerva. Ihr war das Alter noch schlechter bekommen als Blaise, dachte Tigris gehässig. Sie hatte an Gewicht gewonnen, und ihre dunklen Haare waren nicht länger lockig. Sie hatte sie abgeschnitten, und es betonte nur ihr teigiges rundes Gesicht. Sie warf ihm einen nervösen Blick zu.
„Ich muss mit unserem Lord reden, wo ist er?"
„Was ist passiert?"
Nerva rang die Hände. „Die Kobolde… Sie haben Gringotts geschlossen."
In der Tat ein Tag der Überraschungen. „Ist das je zuvor passiert?", fragte er fassungslos.
„Natürlich! Vor sämtlichen Koboldkriegen. Hast du Binns niemals zugehört? Wo ist unser Lord?"
„Ich habe dich gehört, Cornelia." Der Dunkle Lord kam die Treppe von seinen Räumen herunter, Blaise dicht hinter ihm. „Das beseitigt dann die letzten Zweifel. Offensichtlich hat der liebe Lucius mich verraten. Ich habe es im Grunde immer erwartet. Blut lässt sich nicht verleugnen. Wie der Vater, so der Sohn."
Tigris versteifte sich.
Voldemort winkte abfällig. „Mit ein paar seltenen Ausnahmen. Dennoch, ich sehe immer gerne Beweise der Loyalität. Ich weiß, du kannst ihn finden, Tigris. Bring ihn zu mir. Ich hatte vor ihm einen schnellen Tod zu gönnen, aber dies… dafür will ich ihn leiden sehen."
Tigris verbeugte sich.
„Ich kann ihm helfen!", sagte Blaise eifrig. „Bitte, mein Lord, ich kenne Lucius…"
„Nein, meine Liebe." Voldemort warf ihre einen gönnerhaften Blick zu. „Ich brauche dich im Ministerium. Wer sonst kann diesen Schaden beheben?"
„Natürlich, natürlich. Danke für Euer Vertrauen, mein Lord!" Sie küsste Voldemorts Hand, griff Nerva, die einen erschrockenen Laut von sich gab, und apparierte.
„Warum bist du noch hier?", fragte der Schwarzmagier. „Ich habe dir gerade einen Befehl gegeben."
Tigris verbeugte sich erneut. „Wenn mein Lord sonst nichts von mir wünscht…"
„Geh, und tu was ich dir aufgetragen habe!", sagte Voldemort ärgerlich.
Tigris apparierte hastig.
Am Apparierpunkt des Herrenhauses kam ihm seine Mutter entgegen, die offenbar auf seine Rückkehr gewartet hatte. „Was ist passiert?", fragte sie nervös.
„Gringotts hat geschlossen. Unser Lord glaubt, Vater sei verantwortlich dafür."
Sie rang nach Luft. „Der törichte… Wie konnte er!"
„Du denkst, er hat Recht?"
„Natürlich war es Lucius!", rief seine Mutter aufgebracht. „Wer sonst! Was für ein unsinniger, lebensmüder, schwachsinniger…"
„Warum würde er so etwas tun?", fragte Tigris verständnislos.
Narcissa sank in sich zusammen. Sie sah plötzlich alt aus. „Weil er wusste, dass unser Lord ihn für nutzlos hält. Damit sein Tod einen Wert hat."
„Der dumme… Ich hätte…"
Seine Mutter legte einen Hand auf seinen Arm. „Unser Lord wollte ihn tot sehen… du hättest auch so nichts daran ändern können. Es war absehbar. Als Draco uns verraten hat…" Sie stockte. „Es war nur eine Frage der Zeit. Er hat uns nie vergeben. Er vergibt nie."
Ihre Hand umklammerte sein Handgelenk. „Er hat dir den Auftrag gegeben, ihn zu finden, nicht wahr?" Sie nickte, als er nicht sofort antwortete und starrte in die Ferne. „Er hält das für amüsant. Oh, ich weiß… so viele Dinge über unseren Lord. Ich habe so viel mit Cassiopeia geredet."
„Cassiopeia?", fragte Tigris beunruhigt. Er hoffte, der Schock war nicht zu viel für sie gewesen.
Sie blinzelte und lächelte verlegen. „Cassiopeia Black. Ihr Porträt ist im Familienflügel, Tigris."
„Oh." Er lachte verlegen. „Ich dachte…"
„Was, dass ich mit toten Verwandten rede?" Sie lachte. „So verrückt bin ich nicht, mein Sohn."
Tigris verbiss sich eine Bemerkung. Sie hatte einmal eine Zeit lang ihren Verstand verloren.
Sie strich über seine Hand. „Ich weiß, dass er sicher ist, Tigris. Mach dir keine Sorgen um mich. Du musst dich um dich selbst kümmern. Er wird wütend sein, wenn du ihn nicht findest."
„Also wisst ihr, wo er ist."
Sie fuhren herum. Severus Snape trat aus den Büschen heraus.
Narcissa zog ihren Stab. „Nenn mir einen Grund, warum ich dich nicht verfluchen sollte. Verräter."
„Du hast keinen Beweis ohne deinen Ehemann", sagte Snape unbewegt. „Ich kann ihm helfen."
„So wie deine Freunde Draco geholfen haben?", fragte Tigris bissig. „Was tust du hier, versteckt in den Büschen wie ein Spion?"
„Ich bin hierher appariert, als ich von Gringotts erfahren habe. Es war Zufall, dass ich euch überhört habe. Ich habe Lucius nicht dazu gebracht, sich gegen den Dunklen Lord zu wenden, aber nun, da er es getan hat…"
„Unsere Familie hat dir vertraut", fauchte Narcissa. „Wie lange schon? Ich sollte dich verfluchen egal was du sagst. Wie konntest du…"
„Ich hatte nichts damit zu tun was mit Draco passiert ist."
„Woher soll ich wissen, ob das die Wahrheit ist? Du hast uns seit Jahren angelogen. Du hast meinen Ehemann geopfert. Du hast versprochen, deine Tränke würden ihn beschützen!"
„Sie hätten ihn an Weasley ausgeliefert wenn das Serum nicht gewirkt hätte!"
Narcissa presste ihren Stab gegen Snapes Hals und er machte keinen Versuch, sie abzuhalten. „Du gibst es also zu!"
„Ich kann ihm helfen."
„Wann hast du uns je wirklich geholfen?", fragte sie bissig, und wandte sich ab.
Snapes Züge verhärteten sich, und er wandte sich an Tigris. „Was planst du zu tun?"
Tigris atmete tief durch. „Wir sollten uns unterhalten."
.
„Bist du dir sicher?", fragte Snape, als Tigris geendet hatte. „Es wird nicht einfach werden."
Tigris starrte einen Moment lang aus dem Fenster. Er hatte gewusst, dass es keinen Weg zurück gab, als er sich entschlossen hatte, seinen Vater zu befreien. Dies war nur ein weiterer Schritt.
„Ich habe mich immer für den leichten Weg entschieden", sagte er. „Damit ist nun Schluss. Ich weiß es wird nicht einfach sein zu tun was getan werden muss. Ich habe immer gewusst, dass diese Entscheidung die Richtige ist, aber ich hatte Angst vor den Konsequenzen. Angst vor der Verantwortung die mich erwartet, Angst vor einer Zukunft die ungewiss ist. Mehr als das, ich wusste immer, dass ich es nicht allein tun kann, und ich bin nie gerne von anderen abhängig gewesen. Die Seherin hatte Recht, das einzige was ich tun musste um die Wahrheit zu erkennen war mir selbst ins Auge zu sehen. Das einzige was mir im Weg stand war meine eigene Schwäche. Ich bin vor dem geflohen, was ich bin, und was ich wirklich will. Vielleicht musste etwas wie dies geschehen damit ich endlich aufhören konnte, vor mir selbst wegzulaufen. Ich weiß nun, was ich tun muss."
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