Zusammentreffen

Erster Abschnitt

Eomer wanderte in seinem Zimmer unablässig auf und ab und fühlte sich wie ein eingesperrtes Tier, das den Weg in die Freiheit suchte. Schweißperlen rannen in Bächen sein Rückgrat herunter und ein einziger Gedanke erfüllte seinen Geist und erstickte sein übriges Denken.
Der Palantir lag, gebettet auf ein Kissen, auf dem Tisch, nur von einem schwarzen Tuch bedeckt, und schien in stumm, aber eindringlich zu rufen. Vor seinem Auge sah Eomer deutlich die Beschaffenheit des Steins, rund, eben und glatt, mit seiner unergründlichen Tiefe, die darum bat, von ihm ergründet zu werden. Doch tief in seinem Inneren kämpfte sein Verstand mit der Versuchung.
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und legte den Kopf in den Nacken. Was um alles in der Welt hatte ihn nur dazu getrieben, den Stein an sich zu nehmen, ihn regelrecht aus Gandalfs Besitz zu stehlen? Seinem Freund und treuen, ehrlichen Ratgeber, wann immer er dessen Hilfe benötigte. Er hatte den Zauberer hintergangen und sein Vertrauen schändlich missbraucht, aber seit er den Palantir vor einiger Zeit berührt hatte, war er ihm nicht mehr aus dem Sinn gegangen, eingenistet im hintersten Winkel seines Kopfes. Dort hatte er sich festgesetzt und angefangen zu drängen und zu rufen, damit er ihn zu sich holte, und genau das hatte Eomer jetzt auch getan.

Er ging unsicher einige Schritte auf den Tisch zu, verharrte einen Moment und wog die Möglichkeiten seines Handelns ab, doch eine unsichtbare Macht zog ihn schließlich immer näher an den Stein heran. Mit zitternden Fingern streckte er die Hand aus und bekam ein Ende des Tuches zu fassen, um es dann ganz langsam herunter zu ziehen und das Geheimnis preis zu geben.
Fast wie gefesselt ruhte sein Blick auf dem Inneren des Steins und ließ sich nicht mehr davon ablenken. Panik ergriff Eomer, als er es dennoch versuchte, aber es ihm nicht gelang und er gezwungen wurde, das zu erblicken, was er nie wieder hatte sehen wollen!
Ich bin verloren, schoss es ihm durch den Sinn, dann wurden seine Gedanken fortgerissen...

Am nächsten Morgen erwachte Aragorn schon sehr früh, geweckt von den Strahlen der Sonne, die durch das Fenster drang und sein Gesicht wärmte. Geräuschlos, um Arwen nicht zu wecken, stand er auf und kleidete sich an, schlich leise aus dem Zimmer und machte sich auf den Weg zu einen Spaziergang, wobei er sich die Kapuze seines Mantels tief ins Gesicht zog, um unerkannt zu bleiben. Er eilte die noch leeren Gänge des Palastes entlang und trat dann ins Freie, wo er sich sofort im Schatten verbarg, sodass die Wachposten ihn nicht sehen konnten. Rasch hatte er den Hof hinter sich gelassen und durchschritt das erste Tor, tauchte, in der dort schon anwesenden Menge der Menschen, unter und verließ im dichten Gedränge schließlich die Stadt, ohne auch nur von einer Menschenseele wahrgenommen worden zu sein. Zielstrebig hielt er auf den nahen Wald zu.

Dort angelangt atmete er erleichtert auf, denn es war einfach herrlich den Wald fast für sich alleine zu haben. Nur selten begegnete ihm ein Händler oder eine der Frauen, die auf der Suche nach frischen Beeren waren, um ein Mahl zu versüßen. Aragorn wanderte auf gewundenen Pfaden zu einer kleinen Lichtung, die verborgen inmitten von einem dichten Laubwäldchen, eingeschlossen war. Nur wenige Vertraute kannten diesen Ort, an den er sich oft alleine zurückzog, um in Ruhe nachzudenken, oder einfach nur, um dem hektischen Treiben in der Feste zu entgehen. Eine Quelle, deren Wasser einen kleinen Bachlauf entlang floss und sich dann in einem Becken sammelte, entsprang auf der Lichtung und hatte eine ungewöhnliche Wärme, die selbst im Winter zu einem entspannten Bad einlud.
Als Aragorn sein Ziel erreichte, setzte er sich auf einen großen Stein in die Sonne und lauschte den Geräuschen des Waldes, bis seine Gedanken schnell wieder zu dem Gespräch mit Gandalf zurückwanderten, dass sie am Abend zuvor geführt hatten und noch immer beschlich ihn dieses ungute Gefühl, dass der Freund ihm etwas verschwieg, als er ihm von den Beobachtungen erzählt hatte, die er in Mittelerde gemacht hatte.

Es verstrich geraume Zeit, in der er versuchte, sich noch einmal die genauen Worte von Gandalf in Erinnerung zu rufen, als er plötzlich die Gegenwart einer Person spürte. Ein Prickeln machte sich auf seinem Rücken breit, sicherer Beweis dafür, dass sich die Augen eines Beobachters auf ihn gerichtet hatten. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr und ohne sich umzudrehen richtete er das Wort an den Anwesenden.
"Havo dad, Legolas!" (Setz dich)
Legolas trat neben ihn und sah ihn überrascht an.
"Woher hast du gewusst, dass ich es war?", fragte er dann verblüfft.
"Du vergisst, dass ich fast mein ganzes Leben in den Wäldern verbracht habe! Ich habe dich schon bemerkt seid du mir nach der Wegbiegung gefolgt bist!"
Legolas setzte sich zu Aragorn und eine Weile sprach keiner der Beiden, sondern genossen nur die Gegenwart des anderen.
"Was bedrückt dich, Aragorn?", brach schließlich der Elb das Schweigen.
"Kann man es mir so deutlich anmerken? Ich wollte dich eigentlich davon verschonen!"
"Ich kenne dich gut, Freund! Die lange Zeit unserer Reise verbindet uns und ich merke sofort, wenn du dir Sorgen machst!"
Aragorn schwieg, denn er konnte Legolas nicht erzählen, was ihn beschäftigte, damit würde er Gandalf in den Rücken fallen, der ihn um absolutes Stillschweigen gebeten hatte. Einen Augenblick war er entzweigerissen zwischen der festen Freundschaft die sie verband und seinen Pflichten als König. Aber Legolas war sein Freund und er vertraute ihm mehr, als sonst einem Elben oder Menschen, abgesehen von Arwen. Vielleicht konnte er ihm ja sogar weiterhelfen und eine Lösung finden, die er bisher noch nicht entdeckt hatte. Schließlich hatte Legolas das sonderbar zugeknöpfte Verhalten von Gandalf am Abend bei Tisch ebenfalls bemerkt und hatte einen Verdacht, warum sich der Freund so verhielt.

Legolas holte ihn aus seinen Gedanken.
"Was erfüllt dein Herz mit Sorge? Oder macht deine alte Verletzung dir noch zu schaffen?"
Aragorn hielt in seiner Bewegung inne und sein Kopf fuhr zu Legolas herum. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass er sich die ganze Zeit über seine Schulter gerieben hatte und ließ seine Hand schnell sinken.
"Ich weiß nicht was Arwen dir erzählt hat, aber meine Wunde ist verheilt!", entgegnete er eine Spur zu schnell und zu schroff und Legolas zog wissend die Augenbrauen hoch.

Erneut trat schweigen ein und Aragorn wich dem prüfendem Blick seines Freundes aus, damit er die Spuren seiner anstrengenden Nacht nicht in seinen Augen entdecken konnte. Lange nachdem Arwen eingeschlafen war, hatte er noch wach gelegen und dann hatten sich die ziehenden Schmerzen wieder in seiner Schulter bemerkbar gemacht und ihn gequält, bis er endlich, weit nach Mitternacht, in einen unruhigen Schlaf gesunken war.
Er seufzte und richtete dann das Wort an Legolas, ohne ihn dabei anzusehen.
"Verzeih, aber es gibt nun einmal Dinge, die kann ich dir nicht erzählen, auch wenn ich wollte, denn ich schätze deine Meinung sehr!"
Legolas legte ihm eine Hand auf die Schulter und als er zu sprechen begann, hörte Aragorn die Sorge in seiner Stimme mitschwingen.
"Schon gut, aber versprich mir, dass du zu mir kommst, wenn du Hilfe brauchst... was es auch sein mag!"
Aragorn konnte nicht umhin, ihn bei diesen Worten anzusehen und zu lächeln! Es bedurfte eigentlich nicht Legolas' Zusicherung, um ihm seine Loyalität zu bekunden. Er wusste es auch so, aber es war nur zu deutlich, dass der Elb damit auch seine Heilkenntnisse angeboten hatte und wohl nur zu genau wusste, dass es ihm doch nicht so gut ging.
Ebenso genügte nun sein Blick, um dem Freund zu danken und mit einem Kopfnicken zu bedeuten, dass er verstanden hatte.

Sie saßen noch einige Zeit zusammen und tauschten sich über Neuigkeiten aus, denn der Elb war erst am Vortag gemeinsam mit Gimli eingetroffen und bald lachten und scherzten sie, wobei die Erzählungen der Missgeschicke des Zwergs zu ihrer guten Laune beitrug. Bald machte sich jedoch ihr Hunger bemerkbar und sie kehrten zur Feste zurück.

Gandalf stand am Fenster der großen Halle und hatte den Blick unverwandt auf Aragorn und Legolas gerichtet, die langsam wieder den Pfad zur Burg herauf kamen. Die beiden Freunde gingen in stillem Einvernehmen nebeneinander her und auf den ersten Blick konnte man nichts ungewöhnliches feststellen, aber wer sie so gut kannte wie Gandalf, blieb nicht verborgen, dass Aragorn, trotz der frühen Stunde, bereits einen sehr erschöpften Eindruck machte und Legolas ihm immer wieder verstohlen einen Seitenblick zuwarf.
Gandalf seufzte. Als ob er sich nicht schon genug Sorgen um alles mögliche machen musste, kam jetzt auch noch der Gesundheitszustand des Königs dazu. Bereits gestern bei ihrem Gespräch war ihm aufgefallen, dass Aragorn einen matten und kraftlosen Eindruck erweckt hatte und Gandalf hatte deshalb auch nichts von seinen Befürchtungen über das Land Mordor erzählt, die er seit geraumer Zeit hegte. Er kannte Aragorn nur zu gut und wusste, dass dieser sofort etwas unternommen hätte, egal wie er sich fühlte!

Mordor, dachte er verbittert. Ja, es bestanden nur noch wenig Zweifel, dass sich in den tiefen des Landes ein Unheil zusammenbraute. In den letzten Jahren war er regelmäßig ausgezogen und hatte das ehemalige Land des finsteren Herrschers durchkämmt und glücklicherweise nie etwas Ungewöhnliches entdeckt. Doch bei seiner letzten Erkundung, die er mit Hilfe seines Freundes Gwaihir unternommen hatte, war ihnen ein roter Schimmer aufgefallen, der an der Ruine von Barad-Dûr aufgeleuchtet hatte. Als sie näher herangeflogen waren, hatten sie sehen können, dass das Land von tiefen Rissen durchzogen war, aus dem das heiße, rotglühende, flüssige Gestein des Schicksalsberges geflossen war und Gandalf war von einem Unheil verkündendem Gefühl übermannt worden, das bis jetzt noch nicht nachgelassen hatte.

Wieder entschlüpfte ihm ein Seufzer und er zwang sich, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, denn schließlich war er aus einem erfreulicherem Grund nach Minas Tirith gekommen und seine Beobachtungen aus Mordor waren nicht so dringend, als dass sie keinen Aufschub geduldet hätten.
In zwei Tagen jährte sich der Tag des alten Bündnisses, dass sie in Bruchtal geknüpft hatten, um den Ringträger zu begleiten, zum achten Mal und Arwen hatte sie alle geladen, um in alten Erinnerungen zu schwelgen und auch, weil sie sich alle zwei Jahre nicht mehr gesehen hatten.

Heute sollten die Hobbits aus Edoras eintreffen, wo sie Halt gemacht hatten, um bei Eomer zu rasten und gemeinsam mit ihm das letzte Stück ihres Weges zurück zu legen. Auch Faramir und Eowyn würden in den nächsten Tagen eintreffen, denn auch wenn sie nicht zu den neun Gefährten gehört hatten, so waren sie doch zu unentbehrlichen Verbündeten und Freunden geworden, die auf keinen Fall fehlen durften.
Trotzdem wurden alle auch immer wieder schmerzlich an den Verlust von Boromir erinnert, der aus ihrer Mitte gerissen wurde und vor allem Aragorn und Faramir schmerzte dieser Verlust besonders. Faramir hatte seinen Bruder verloren und Aragorn machte sich immer noch insgeheim den Vorwurf, dass er mehr für Boromir hätte tun können und müssen; und das in vielerlei Hinsicht...!

Aragorn und Legolas hatten jetzt die Tore zur Feste erreicht und Gandalf löste sich vom Fenster, um sich ebenfalls auf den Weg zur Halle zu machen, wo mit Sicherheit bereits ein großes Frühstück auf sie warten würde.

Zweiter Abschnitt

Freudestrahlend eilte Frodo die letzten Stufen zur Burg herauf, dicht gefolgt von Sam, Merry und Pippin, und lief geradewegs auf Gandalf zu. Der Zauberer ging lachend in die Knie und fing den Hobbit mit offenen Armen auf.
"Gandalf! Wie schön dich endlich wiederzusehen! Ich bin ja so gespannt, was du alles zu berichten hast und welche Geschichten du uns diesmal erzählen wirst!"
Frodo wollte den alten Mann gar nicht mehr loslassen und drückte ihn fest an sich.
Schließlich löste er sich doch aus der innigen Umarmung und betrachtete das faltige, freundliche Gesicht seines Gegenübers, der ihn ebenso herzlich begrüßte.
Nicht weniger stürmisch wurden auch die anderen Freunde von den Hobbits begrüßt und nur allzu gerne erwidert.

Nachdem die Halblinge ihren Ansturm beendet hatten, schritt auch Eomer die Stufen zu den Wartenden hoch und verbeugte sich, als Zeichen seiner Ehrfurcht, erst vor Aragorn und Arwen und auch vor Gandalf, denn auch wenn dies kein Besuch eines offiziellen Anlasses war, so erwartete die Bevölkerung doch die angemessene Ehrerbietung vom König der Rohirim.
Aragorn wartete geduldig ab, doch kaum hatte Eomer sich wieder erhoben, trat er die Stufe herunter und zog ihn in seine Arme, wobei er Eomer freundschaftlich auf die Schultern klopfte.
"Mae govannen, Eomer! Schön, dass du kommen konntest! Erzähl, was gibt es Neues aus Rohan?"
Er zog den überrumpelten Eomer hinter sich her und folgte den übrigen Freunden in die Halle, wo bereits eine Erfrischung für die Reisenden bereit stand.

Wenig später saßen sie vor einem wärmenden Feuer und einer stärkenden Mahlzeit in kleinen Gruppen beisammen und tauschten sich die Neuigkeiten aus ihrer Heimat aus, aber ließen auch alte Erinnerungen wieder aufleben. Das hielt die Hobbits aber nicht davon ab, eine Unmenge von Essen zu verputzen und Gimli konnte nur mit Mühe noch ein Stück eines Bisquitkuchen ergattern, bevor er von Pippin verschlungen wurde.

Die Gruppe war erst am späten Nachmittag in Minas Tirith eingetroffen und inzwischen hatte sich längst die Nacht über das Land gelegt, aber durch das Essen gestärkt, verspürte die Gesellschaft noch keinerlei Müdigkeit. Merry versuchte gerade anschaulich Pippins Gesicht nachzuahmen, als dieser damals Baumbart das erste Mal gesehen hatte, was natürlich die erwünschte Reaktion hervorrief, denn alle brachen in schallendes Gelächter aus. Pippin revangierte sich natürlich prompt und bald waren sie damit beschäftigt, sich gegenseitig mit ihren Schilderungen zu übertreffen!

Frodo richtete sich währenddessen an Gandalf, der genüsslich an seiner Pfeife zog und schmunzelnd den beiden Hobbits lauschte. Er wandte sich jedoch gleich zu Frodo, als dieser ihn ansprach und sofort fiel ihm der besorgte Gesichtsausdruck des Halblings auf.
"Weist du, was mit Aragorn los ist?", fragte Frodo im Flüsterton, sorgsam darauf bedacht, dass niemand seine Frage hörte. "Er macht einen fürchterlich geschafften Eindruck auf mich!"
Gandalf wog sehr bedacht seine folgenden Worte ab, denn er wollte sich nicht anmerken lassen, dass auch er sich Gedanken um Aragorn machte und Frodo nicht das Herz mit seinen trübsinnigen Vermutungen beschweren. Doch der Hobbit besaß sehr viel Feingefühl und Gandalfs Zögern verstärkte noch das mulmige Gefühl in seinem Magen.
Gandalf räusperte sich.
"Nun, ich kann dir wohl nichts vormachen, dass sehe ich dir an der Nasenspitze an! Was genau die Ursache ist, vermag jedoch auch ich nicht mit Sicherheit zu sagen, doch ich vermute, dass es mit seiner alten Verletzung zusammenhängt, denn er reibt sich immer wieder die Schulter, wenn er meint, dass niemand es sieht."

Gandalf ließ geräuschvoll die Luft aus seinen Lungen entweichen und sah an Frodo vorbei, den Blick auf Aragorn gerichtet. Frodo tat es ihm gleich und beobachtete den Freund, der sich angeregt mit Legolas unterhielt, aber dessen Gesicht blass war und seine Züge scharfkantig hervor traten.
Gandalf und Frodo stellten gemeinsam Vermutungen an, was die Ursache für Aragorns Zustand sein könnte, aber all ihre Überlegungen schienen viel zu fadenscheinig und bald zuckten sie besorgt die Schultern und nahmen sich vor, ihn in den nächsten Tagen nicht aus den Augen zu lassen.

Sie waren so in ihr Gespräch vertieft, dass weder Frodo noch Gandalf Eomer wahrnahmen, der ein Stück entfernt von Frodo saß und scheinbar den anderen Hobbits lauschte. Ab und zu lehnte er sich jedoch etwas nach hinten, um den Worten zu lauschen, die Gandalf und der Halbling miteinander wechselten. Es entging ihnen auch das gefährliche Lächeln, dass bei Gandalfs Worten auf sein Gesicht trat und sein Blick wich keinen Moment mehr von Aragorn, bis dieser sich spät in der Nacht von den Freunden verabschiedete und sein Schlafgemach aufsuchte.

Am nächsten Vormittag trafen auch Faramir und Eowyn endlich ein, was besonders Merry sehr freute. Seit der Schlacht auf den Pelennor-Feldern, aber auch schon auf dem langen Ritt dorthin, hatte sich eine besonders feste Freundschaft und Zuneigung zwischen den beiden entwickelt und bald trennten sie sich von den anderen und schlenderten in Richtung der Gärten, um alleine zu sein.
Legolas und Arwen zogen sich ebenfalls gemeinsam zurück. Arwen hatte Nachrichten von Thranduil erhalten, als sie das letzte Mal in Düsterwald gewesen war und hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, diese an Legolas weiter zu geben.
Aragorn wurde von seinen Pflichten gerufen, denn es gab in der Stadt immer etwas zu regeln und oft mussten kleine Streitigkeiten unter zwei Händlern geschlichtet werden oder auch das umliegende Land an neue Siedler aufgeteilt werden.

So zerstreuten sich die Gefährten und bald saß nur noch Gandalf in dem kleinen Kaminzimmer und starrte in das knisternde Feuer. Die Flammen tanzten und leckten an den Holzscheiten und Funken flogen auf, die dann schnell erloschen.
Beim Anblick der roten Glut musste Gandalf unwillkürlich wieder an das Feuer des Schicksalsberges denken und an die Risse im Erdreich, die er zusammen mit Gwaihir in Mordor entdeckt hatte.
Was um alles in der Welt hat das zu bedeuten, überlegte er und versuchte eine Erklärung für diese Beobachtungen zu finden, doch es wollte ihm nichts einfallen, was sein Gemüt etwas beruhigen würde. Er musste wohl noch einmal nach Mordor reiten und sich ein genaues Bild machen, um dann abwägen zu können, ob es sich lediglich um eine Laune der Natur handelte, oder sich doch neues Unheil anbahnte, dass es zu verhindern galt.
Plötzlich überkam ihn das seltsame Gefühl, nicht alleine im Raum zu sein und er hob den Kopf, doch niemand war unbemerkt eingetreten, seit die Freunde ihrer Wege gegangen waren. Gandalf hätte schwören können, dass er deutlich Blicke auf sich gespürt hatte und immer noch fühlte er sich seltsam beobachtet. Er schloss die Augen und versuchte mit Hilfe seiner Sinne die Quelle seiner Gefühle auszumachen, doch gerade als er glaubte die Richtung zu erfassen, erlosch die Wahrnehmung.
Zutiefst verunsichert und auch besorgt, zog er die Augenbrauen zusammen. Das gefiel ihm überhaupt nicht, denn sein Gespür hatte ihn bestimmt nicht getäuscht! Er war beobachtet worden, doch wer könnte ein Interesse daran haben, zu sehen, wo er sich gerade aufhielt? Und wie hatte dieser Jemand das angestellt? Fragen über Fragen, auf die er keine Antworten fand und schließlich machte er sich auf den Weg in die Gewölbe von Minas Tirith, um die Schriftrollen nach Hinweisen zu durchsuchen, die ihm vielleicht weiterhelfen konnten.